Resonanzkatastrophe

Zerstörung von Bauwerken oder Bauelementen durch Anregung bei Resonanzfrequenz
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Die Resonanzkatastrophe bezeichnet in der Mechanik und Konstruktion die Zerstörung eines Bauwerkes oder einer technischen Einrichtung durch angeregte Schwingungen. Ursache dafür ist die Resonanz: Die Energie wird bei periodischer Anregung optimal übertragen und im System gespeichert. Durch die Speicherung und weitere Energiezufuhr schwingt das System immer stärker, bis die Belastungsgrenze überschritten ist.

Schutzmassnahmen

Zum Schutz der Konstruktion werden Schwingungstilger verbaut, die im Bereich der Resonanzfrequenz stark dämpfen und somit den Energieeintrag abführen (etwa beim höchsten Bauwerk 2005, dem Taipei 101, durch ein massives Tilgerpendel über mehrere Stockwerke). Ferner wird die Konstruktion auf eine Eigenfrequenz ausgelegt, die typischerweise nicht im Betrieb auftritt. In Erdbebengebieten richtet man sich dabei nach den lokal typischen Schwingungsfrequenzen der Erderschütterungen. Die Vermeidung von Resonanzkatastrophen ist Schwerpunkt jeder Bau-, Flugzeug- und Trägerkonstruktion. Durch eine Schwächung von Bauelementen verschiebt sich die Resonanzfrequenz, so dass die Bruchgefahr des Gesamtsystems durchaus sinken kann.

Auf Freileitungen können Resonanzeffekte zur Zerstörung der Isolatoren und zu elektrischen Kurschlüssen führen. Als Abhilfe werden Stockbridge-Schwingungstilger auf den Leiterseilen eingesetzt.

Beispiele

Für eine Resonanzkatastrophe werden häufig die folgenden Beispiele angeführt:

  • Am 12. April 1831 marschierten 74 britische Soldaten über die Hängebrücke von Broughton. Die Brücke stürzte durch Schwingungen ein; 40 Soldaten fielen in die Irwell, 20 von ihnen wurden verletzt. Am 16. April 1850 marschierten 485 französische Soldaten im Gleichschritt über die Hängebrücke von Angers. Die Brücke geriet in heftige Schwingungen und stürzte ein; 226 Soldaten fanden dabei den Tod. Es ist daher vielfach untersagt und in Deutschland nach § 27 StVO verboten, im Gleichschritt über eine Brücke zu marschieren. Dies betrifft vor allem Soldaten, die gewöhnlich in dieser Gangart marschieren.
Einsturz der Tacoma-Narrows-Brücke
  • Am 7. November 1940 geriet die Tacoma-Narrows-Brücke im US-Bundesstaat Washington durch zunehmenden Wind in selbsterregte Torsionsschwingungen. Die Hängebrücke riss schließlich, und zwei bereits von Insassen verlassene Fahrzeuge und ein Hund stürzten in die Tacoma Narrows; Menschen kamen nicht zu Schaden. Das Ereignis wurde von Ingenieuren der University of Washington gefilmt, die die Brücke aufgrund der Schwingungen bereits längere Zeit systematisch beobachteten. Der Film wird heute gern im Physikunterricht zur Demonstration von Resonanzkatastrophen gezeigt.
  • Ein weiteres Beispiel für eine Resonanzkatastrophe war der Einsturz des Mittelturms des Senders Königs Wusterhausen am 15. November 1972.
  • Am 10. Juni 2000 geriet die Millennium Bridge in London in Schwingungen. 160 Menschen, die sich im Gleichschritt bewegten, genügten, um die Brücke in gefährliche Schwingungen zu versetzen.
  • Am 20. Mai 2010 geriet eine neue Brücke über der Wolga in Wolgograd (Russland) in Schwingungen. Als Ursache wird starker Wind vermutet.

Literatur

  • K. Yusuf Billah, Robert H. Scanlan: Resonance, Tacoma Narrows bridge failure, and undergraduate physics textbooks. In: American Journal of Physics 59, 1991, 2, ISSN 0002-9505, S. 118–124.