Der erste polizeiliche „Nachrichtendienst für die Sicherheitspolizei in Bezug auf Zigeuner“ Kurzform: "Zigeunerzentrale" wurde 1899 in der Polizeidirektion München gegründet. Sie bildete das Vorbild für andere nationale und internationale "Zigeunerzentralen" der Polizei. Die Zentrale wurde in der Weimarer Republik von allen deutschen Ländern genutzt und finanziert. Ihr Ziel war es der herbeifantasierten "Zigeunerpalage" mit Hilfe modernster, polizeilicher Mittel, vor allem dem Aufbau einer Kartei mit Personendaten Herr zu werden. Die Erfassung führte im polizeilichen Alltag zu einer Gleichstellung von „Zigeunern“ und „nach Zigeunerart umherziehenden Personen“ mit Serienstraftätern.
Im Dritten Reich wurde sie Teil der "Reichszentrale zur Bekämpfung des Zigeunerunwesens" und ab 1936 durch den Runderlass zur Neuordnung der Reichskriminalpolizei in das neu gegründete Reichskriminalpolizeiamt (RKPA) in Berlin integriert, das wiederum das Amt V des Reichssicherheitshauptamtes bildete. Zusammen mit der Rassenhygienische Forschungsstelle (RHF) organisierte die Reichzentrale auch die Erfassung und Deportation die im Porajmos (Völkermord an Sinti und Roma) mündeten.
In personeller Kontinuität wurde die "Zigeunerstelle" 1946 in München rekonstituiert, erhielt später die ebenfalls dem NS-Sprachgebrauch entstammende euphemische Bezeichnung "Landfahrerstelle". Sie war Teil des bayrischen Landeskriminalamt und wurde in den 1970er Jahren als verfassungswiedrig aufgelöst. Ihre Personenakten wurden nach der Auflösung an Tsiganologen weitergereicht, die in der Tradition der RHF standen.
Gründung
1899 entstand unter Leitung von Alfred Dillmann in München der „Nachrichtendienst für die Sicherheitspolizei in Bezug auf Zigeuner“ der kurz „Zigeunerzentrale“ genannt wurde.[1]
Voraus gingen intersive politische Debatten über das Phantasma einer "Zigeunerplage", die Bayern überschwämme.
Das polizeiliche Phantsama der "Zigeunerplage"
Angelika Albrecht hat auch die polizeiliche Wahrnehmung und Bekämpfung der "Zigeunerplage" in Bayern untersucht.[2] Sie kommt zu dem Schluss, das die die Idee einer "Überflutung" der Länder mit "Zigeunern" aufgrund der polizeilichen Meldungen und der Kriminalstatistik keiner Analyse Stand hällt, es mithin keine "Zigeunerplage" gegeben hat. So beruht der häufig wiederkehrenden Vorwurf der Brandstiftung durch bettelnde „Zigeuner“ auf einem Phantasma. Für den Zeitraum 1871-1914 und das Untersuchungsgebiet Bayern ist nur ein einzelner Prozess gegen wandernde „Zigeuner“ überliefert.[3]
Dillmanns Zigeunerbuch 1905
Zigeunerkonverenz 1911
Dillmanns Versuch, 1911 auf einer in München durchgeführten „Zigeunerkonferenz“ eine „Reichszigeunerzentrale“ mit Sitz in München zu gründen, scheiterte am preußischen Widerstand.[4]
Die Konferenz definierte "Zigeuner" für die Praxis:
„Zigeuner im polizeilichen Sinne sind sowohl die Zigeuner im Sinne der Rassenkunde als auch die nach Zigeunerart umherziehenden Personen“
Die Aufhebung der Zigeunerstelle durch die Räterepublik 1919
Am 7. November 1918 stürzte unter Führung Kurt Eisners von der USPD die Monarchie in Bayern. Bayern wurde zum Freistaat erklärt. Die neue Regierung stoppte die Zigeunerverfolgung, die Akten der "Zigeunerzentrale" wurden am 29.4.1919 von Revolutionären verbrannt.[6]
Weimarer Republik
Nach Ende der Räterepublik wurde die alte Zigeunerpolitik wieder aufgenommen, bereits 1922 war die "Zigeunerstelle" wieder voll einsatzfähig.[7]
1923 überlegen bayrische Behörden ob eine zweite erweiterte Auflage des zigeunerbuches gedruckt werden soll.[8]
1925, ein Jahr nach dem Tod Dillmanns, hatte sein Nachrichtendienst Akten zu 14.000 Personen und Familien aus Deutschland angelegt.[9]
Zigeunerzentralen außerhalb Bayerns
Die "Zigeunerzentrale" war Vorbild für die Gründung von "Zigeunerzentralen" in anderen Staaten. Die Schweiz folgte 1909 mit einer "Zigeunerregistratur".[10] 1932 beschloss die IKPK, die Vorgängerin von Interpol auf einer Tagung in Rom eine internationale „Zigeunerzentrale“ in Wien zu gründen.[11] Neugründungen solcher Zentralen in Deutschland lassen sich bis in die 60er Jahre nachweisen, beispielsweise informierte das Landeskriminalamtes NRW im April 1962 über die Einrichtung einer "Landfahrerzentrale", die bis November des gleichen Jahres bereits 2.662 Personen und 897 Kraftfahrzeuge erfasst hat.[12]
Hinweis Interpol
Auch nach der Machtübernahme Dollfuß' und der Errichtung des österreichischen Ständestaates blieb die Organisation bestehen. Nach dem Anschluss und der Eingliederung Österreichs in das Dritte Reich wurde der bisherige Interpol-Präsident Michael Skubl abgesetzt und unter Hausarrest gestellt. Sein Nachfolger wurde der österreichische Nationalsozialist Otto Steinhäusl. Nach dessen baldigem Tod wurde der Sitz der IKPK von Wien nach Berlin-Wannsee verlegt. In einem der zwei von der IKPK genutzten Häuser fand die Wannseekonferenz betreffend die Endlösung der Judenfrage statt. In Berlin wurde die IKPK durch den SS-General Reinhard Heydrich präsidiert, nach dessen Tod durch ein Attentat des tschechischen Widerstands in Prag durch den SS-General Ernst Kaltenbrunner, der nach dem Krieg in Nürnberg gehängt wurde. Die Akten der IKPK, die nach Berlin überführt wurden, etwa die so genannte internationale Zigeunerregistratur, aber auch die Akten betreffend Falschmünzerei und Passfälschung waren für die Nazis hilfreich bei der Verfolgung bestimmter Personengruppen, sowie bei ihrer massenweisen Herstellung von Falschgeld und von falschen Pässen im KZ Sachsenhausen bei Berlin.
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Wiihrend der Weimarer Republik hatte sie als zentrale Erfassungsstelle zur polizeilichen Verfolgung der Zigeuner gedient und war von allen Landern genutzt worden. Auch hatten sich alle Lander an der Finanzierung dieser Abteilung beteiligt51 1936 war die Aufsicht -iber die Abteilung dem Zentralamt fiir Zigeunerfragen im RKPA in Berlin unterstellt worden. GILAD MARGALIT: DIE DEUTSCHE ZIGEUNERPOLITIK NACH 1945 S. 568 http://www.jstor.org/stable/pdfplus/30197480.pdf?acceptTC=true
, der mit der Anlage einer Kartei aller „Zigeuner“ in Deutschland begann, die älter als sechs Jahre waren. Neben erkennungsdienstlichen Daten wurden auch genealogische Daten und vor allem Informationen zur Delinquenz gesammelt. 1905 wurde aus dieser Sammlung Dillmanns Zigeuner-Buch kompiliert, das Einzelangaben zu 3.350 Personen enthielt und das den Polizeidienststellen zur Verfügung gestellt wurde.[13]
. Im Jahre 1899 nahm dann das Ideal einer totalen Überwachung aller „Zigeuner“ und „nach Zigeunerart umherziehenden“ Personen konkrete Gestalt an. Die „Zigeunerzentrale“ der Polizeidirektion München systematisierte und zentralisierte die Ermittlungs- und Erfassungsarbeit ganz Bayerns sowie der süddeutschen Staaten. Albrecht beschreibt sehr anschaulich die allmähliche Ausweitung der sicherheitspolizeilichen Kompetenzen um einen staatsanwaltschaftlichen und schließlich auch standesamtlichen Nachrichtendienst. Bayern verstand sich selbst schließlich als Motor einer reichsweiten Koordinierung, wenn auch das Ziel, eine „Reichszigeunerzentrale“ mit Sitz in München zu gründen, auf der „Zigeunerkonferenz“ von 1911 am preußischen Widerstand scheiterte (S.179-182). Doch auch die erwünschte Kontrolle über Bayern stieß in der Praxis auf deutliche Grenzen, wie aus wiederholten Klagen des Innenministeriums hervorgeht. Eine Schlüsselrolle kam hierbei den Bezirksämtern zu, da deren Vertreter „im Laufe ihrer Amtstätigkeit mit Reisenden direkt in Kontakt kamen“ (S. 9). Diesen wurde immer wieder vorgeworfen, zu großzügig Wandergewerbescheine und ähnliche Legitimationen an „inländische Zigeuner“ auszustellen. Und auch von der anempfohlenen Möglichkeit, „Zigeuner“ wegen Landstreicherei oder Bettelei in Arbeitshäuser einzuweisen, wurde aus ministerieller Sicht zu wenig Gebrauch gemacht. Den Grund für die lasche Amtspraxis in den Gemeinden sieht Albrecht mit gutem Recht im unüberwindbaren Dissens zwischen zentraler und lokaler Ebene (S.233). Letztere empfand die Ministerialverordnungen als kostenaufwändige Belastung und war daher tunlichst bemüht, „Zigeuner“ möglichst von ihrem Amtssprengel fernzuhalten oder zumindest deren Aufenthaltsdauer zu begrenzen. Aus dieser Motivation erklären sich auch die regelmäßigen Rügen an die örtliche Gendarmerie, die Meldepflicht zu umgehen, um eine langwierige Identitätsrecherche zu vermeiden. http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2004-1-081
Nebenbei gelingt es Albrecht immer wieder, gängige Vorurteile durch nüchterne Fakten und Zahlen zu widerlegen. Allen voran ist hier das politische Schlagwort „Zigeunerplage“ zu nennen. Die damit suggerierte Überflutung der Länder hält keiner statistischen Erhebung stand, was den polizeilichen Aufwand als vollkommen unverhältnismäßig entlarvt (S. 287). Ähnlich verhält es sich mit dem häufig wiederkehrenden Vorwurf der Brandstiftung durch bettelnde „Zigeuner“, den Albrecht durch kriminalistische Statistiken entwaffnet: für den gesamten Untersuchungszeitraum ist ein einzelner Prozess gegen wandernde „Zigeuner“ überliefert (S. 261-263). In mentalitätsgeschichtlicher Interpretation verweist Albrecht hierbei auf den traditionellen Aberglauben der ländlichen Bevölkerung, wonach „Zigeuner“ über magische Kräfte über das Feuer verfügten. Auch hier haben wir es unterdessen mit einem ethnisch orientierten „Zigeuner-Mythos“ zu tun.
http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2004-1-081
Wien
aus Wikipedia Porajmos Das seit 1899 bestehende bayerische Amt für Zigeunerangelegenheiten in München wurde in der Weimarer Republik 1929 zur Zentrale zur Bekämpfung des Zigeunerunwesens umgeformt und kooperierte fortan eng mit einer entsprechenden Behörde in Wien. Dieses Amt ermächtigte die Polizei, Roma und Sinti ohne feste Arbeitsstelle zu Zwangsarbeit zu verpflichten.
NS
1936
Der Runderlass zur Neuordnung der Reichskriminalpolizei war ein Erlass des Reichsministers des Innern vom 20. September 1936 (RMBliV. 1936 S. 1339), der die organisatorische Selbständigkeit der Kriminalpolizei der deutschen Länder beseitigte und sie einem zentralen und einheitlichem Vollzugsdienst der Reichskriminalpolizei unterstellte. ... i) Reichszentrale zur Bekämpfung des Zigeunerunwesens ... Für die Zigeunerpolizeistelle bei der Polizeidirektion in München bezüglich der Angliederung an das RKPA wurde ein Sondererlass angekündigt (dieser Sondererlass stammte vom 16. Mai 1938 (RMBliV 1938 S. 883, Mitteilungsblatt A S. 72) und kam vom Reichsführer-SS und Chef der Deutschen Polizei[2]). Runderlass zur Neuordnung der Reichskriminalpolizei
1938
8. Dezember 1938: Runderlass Himmlers zur systematischen Erfassung und erkennungsdienstlichen Behandlung aller "Zigeuner" im Reichsgebiet. Die Zigeunerpolizeistelle in München wird bereits am 16. Mai dem Reichskriminalpolizeiamt eingegliedert. http://kz-gedenk-mdf.business.t-online.de/Information/chronik.htm
Am 22. Februar 1950 legten die bundesdeutschen Finanzministerien den „Runderlass E 19 an die Wiedergutmachungsbehörden“ vor: „Die Prüfung der Wiedergutmachungsberechtigung der Zigeuner und Zigeuner-Mischlinge nach den Vorschriften des Entschädigungsgesetzes hat zu dem Ergebnis geführt, dass der genannte Personenkreis überwiegend nicht aus rassischen Gründen ... verfolgt und inhaftiert wurden." Als Prüfinstanz für "Wiedergutmachungsanträge von Zigeunern und Zigeuner-Mischlingen" wurde das Landesamt für Kriminal-Erkennungsdienst in Stuttgart in Zusammenarbeit mit dem Zentralamt für Kriminal-Identifizierung und Polizeistatistik in München und die Landfahrerpolizeistelle der Landespolizei in Karlsruhe" bestimmt. Damit waren die Deportationsorganisatoren Paul Werner (Stuttgart), Wilhelm Supp und Josef Eichberger (München) sowie Leo Karsten (Karsruhe) beauftragt, in Entschädigungsverfahren richtungweisende Vorentscheidungen zu treffen.[14]
Als Himmler die Akten der so genannten "Zigeunerzentrale" 1938 übernahm, waren hier bereits mehr als 30.000 Personen erfasst. http://www.bundesrat.de/cln_171/nn_15524/DE/presse/pm/2002/256-2002.html?__nnn=true
Umzug München->Berlin Zu diesem Zeitpunkt des Umzugs verfügte die Münchenr „Zigeunerzentrale“ über 17.000 Akten in denen insgesamt 30.903 Sinti und Roma registriert waren. (Fings/Sparing 1995:182)
Mitwirkungen an Deportationen
Am 22. Februar 1950 legten die bundesdeutschen Finanzministerien den „Runderlass E 19 an die Wiedergutmachungsbehörden“ vor: „Die Prüfung der Wiedergutmachungsberechtigung der Zigeuner und Zigeuner-Mischlinge nach den Vorschriften des Entschädigungsgesetzes hat zu dem Ergebnis geführt, dass der genannte Personenkreis überwiegend nicht aus rassischen Gründen ... verfolgt und inhaftiert wurden." Als Prüfinstanz für "Wiedergutmachungsanträge von Zigeunern und Zigeuner-Mischlingen" wurde das Landesamt für Kriminal-Erkennungsdienst in Stuttgart in Zusammenarbeit mit dem Zentralamt für Kriminal-Identifizierung und Polizeistatistik in München und die Landfahrerpolizeistelle der Landespolizei in Karlsruhe" bestimmt. Damit waren die Deportationsorganisatoren Paul Werner (Stuttgart),
1939 Teil des RSHA?
Während der Herrschaft der Nationalsozialisten war auch die deutsche Polizei gleichgeschaltet. Dafür wurde 1939 das Reichssicherheitshauptamt unter der Führung von Reinhard Heydrich gegründet und Kriminalpolizei, Gestapo sowie Sicherheitsdienst des Reichsführers SS zusammengeführt. Chef des Reichskriminalpolizeiamtes (RKPA) wurde Arthur Nebe, der nebenbei als Chef der SS-Einsatzgruppe B mindestens die in den entsprechenden Einsatzberichten gezählten 45.467 Mordopfer zu verantworten hatte.[15]
Mit Erlass Himmlers vom 27. September 1939 setzte sich das RSHA ab dem 1. Oktober 1939 wie folgt aus den bisherigen Hauptämtern Sipo und SD zusammen: ...
- Amt V (Kriminalpolizei): Arthur Nebe Reichskriminalpolizeiamt
Deportationen
Am Sammelpunkt Festung Hohenasperg, der Maideportation 1940 leitete Josef Eichberger von der "Reichszentrale zur Bekämpfung des Zigeunerunwesens" die Deportation.[16]
übernahme
Als vorletzter Schritt erfolgte durch Erlass des preußischen Innenministers vom 20. September 1936 die Trennung des preußischen LKPA vom Berliner Polizeipräsidium und dessen Beauftragung mit der „fachlichen Leitung der Kriminalpolizei aller deutschen Länder“. Am 16. Juli 1937 wurde dann endgültig das preußische LKPA in das Reichskriminalpolizeiamt umgewandelt. Die personelle Ausstattung umfasste 1939 302 Kriminalbeamte, 24 Verwaltungsbeamte, 62 Angestellte und 24 sonstige Mitarbeiter.
Im Zug der Verschmelzung von Partei- und Staatsaufgaben und der Transformation staatlicher in „führerunmittelbare“ Organisationen, wurde schließlich das RKPA zusammen mit der Geheimen Staatspolizei zunächst im Hauptamt Sicherheitspolizei zusammengefasst und am 27. September 1939 als Amt V in das neugeschaffene Reichssicherheitshauptamt (RSHA) integriert. Chef des RSHA wurde Reinhard Heydrich. Leiter des preußischen LKPA, des RKPA und schließlich des Amtes V des RSHA war seit 1935 bzw. 1937 Arthur Nebe. Quelle: Reichskriminalpolizeiamt
Hinweis Interpol
Auch nach der Machtübernahme Dollfuß' und der Errichtung des österreichischen Ständestaates blieb die Organisation bestehen. Nach dem Anschluss und der Eingliederung Österreichs in das Dritte Reich wurde der bisherige Interpol-Präsident Michael Skubl abgesetzt und unter Hausarrest gestellt. Sein Nachfolger wurde der österreichische Nationalsozialist Otto Steinhäusl. Nach dessen baldigem Tod wurde der Sitz der IKPK von Wien nach Berlin-Wannsee verlegt. In einem der zwei von der IKPK genutzten Häuser fand die Wannseekonferenz betreffend die Endlösung der Judenfrage statt. In Berlin wurde die IKPK durch den SS-General Reinhard Heydrich präsidiert, nach dessen Tod durch ein Attentat des tschechischen Widerstands in Prag durch den SS-General Ernst Kaltenbrunner, der nach dem Krieg in Nürnberg gehängt wurde. Die Akten der IKPK, die nach Berlin überführt wurden, etwa die so genannte internationale Zigeunerregistratur, aber auch die Akten betreffend Falschmünzerei und Passfälschung waren für die Nazis hilfreich bei der Verfolgung bestimmter Personengruppen, sowie bei ihrer massenweisen Herstellung von Falschgeld und von falschen Pässen im KZ Sachsenhausen bei Berlin.
Restauration als "Zigeunerpolizei" bzw. "Landfahrerstelle" (1946)
Die amerikanische Militärregierung (OMGUS) löste 1945 die deutschen Polizeieinrichtungen auf, deren Funktion provisorisch von der amerikanische Militärpolizei übernommen wurde. Nach einer Weisung der Besatzungsbehörden vom 24. April 1946 baute Michael Freiherr von Godin die bayerische Landespolizei neu auf.[17]
Schon im Mai 1946 wurde im Landeserkennungsamt die "Nachrichtenstelle über Zigeuner" kurz "Zigeunerpolizei" rekonstituiert. Zwischen 1947 und 1951 wurde sie aufgrund der kurzzeitig schwindenden Legitimation der Zigeunerdiskriminierung verschleiernd in "Nachrichtensammel- und Auskunftsstelle über Landfahrer" umbenannt, Sitz war wiederum die Polizeidirektion München.[18]
Leiter der Münchner "Landfahrerstelle" wurde Ende der vierziger oder Anfang der fünfziger Jahre Josef Eichberger, der zuvor in der "Reichszentrale" maßgeblich an der Deportation deutscher Sinti und Roma in Konzentrationslager mitgewirkt hatte.[19] Der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma Romani Rose bezeichnet Eichberger als „Adolf Eichmann der Sinti und Roma“.[20] Auch weitere "Zigeunerexperten" der Landfahrerstelle arbeiteten vormals bei der "Reichszentrale", hierzu gehörten Wilhelm Supp[21] oder Rudolf Uschold[22]
Mit Gründung der Bundesrepublik Deutschland 1949 entfielen die allierten Beschränkungen darunter die Aufhebung des "Zigeunergesetz" von 1926. Die Mitglieder der "Landfahrerstelle" nahmen irrtümlich an, das sei aufgrund der Zigeunerverfolgung im Dritten Reich erfolgt, in der Realität kollidierte das Gesetz aber mit Grundlagen der amerikanischen Gesetzestradition.[23]
Die deutschen Innenministerien nahmen die Gründung einer "Bundeszentrale zur Bekämpfung der kriminellen Landfahrerei" sowie eines "Nachrichtendienstes und einer zentralen Registrierungsstelle" in Angriff.[24]
Am 22. Februar 1950 legten die bundesdeutschen Finanzministerien den „Runderlass E 19 an die Wiedergutmachungsbehörden“ vor: „Die Prüfung der Wiedergutmachungsberechtigung der Zigeuner und Zigeuner-Mischlinge nach den Vorschriften des Entschädigungsgesetzes hat zu dem Ergebnis geführt, dass der genannte Personenkreis überwiegend nicht aus rassischen Gründen ... verfolgt und inhaftiert wurden." Als eine von mehreren Prüfinstanzen wurde das Landesamt für Kriminal-Erkennungsdienst in Stuttgart in Zusammenarbeit mit dem Zentralamt für Kriminal-Identifizierung und Polizeistatistik in München auch das beauftragt, in Entschädigungsverfahren richtungweisende Vorentscheidungen zu treffen.[25]
"1949 Im Mai 1949 übergab Eva Justin dem Kriminalbeamten und ehemaligen Mitglied der SS Rudolf Uschold in der Zigeunerpolizeistelle München 40 Aktenordner mit den Genealogien aller erfassten Sinti und Roma, diverse Karteien, Fotos, Film und ca. 24.000 „Rassegutachten“. Die beiden Zigeunerspezialisten“ kannten sich durch die enge frühere Zusammenarbeit des Rassehygieninstituts mit der „Reichszentrale zur Bekämpfung des Zigeunerunwesens“ in Berlin. (Winter 1988:145)"
"1953 „Die Zigeunerpolizeistelle“ des bayrischen Landeskriminalamtes, die bis 1938 unter derselben Bezeichnung firmiert hatte, wurde in „Landfahrerzentrale“ umbenannt, und diese erhielt am 22.12.1953 mit der „Landfahrerordnung“ wieder eine Grundlage für ihre rassistische Sondererfassung. Im wesentlichen Punkten gleicht diese „Landfahrerordnung“ dem Gesetz von 1926. Auf dieser Grundlage genoss die bayrische Landfahrerzentrale seit 1953 de facto Bundeszuständigkeit. Alle Bundesländer übermittelten ihre Daten über kontrollierte Sinti und Roma fortan nach München. Der Leiter der Landfahrerzentrale“, Josef Eichberger, war im Reichssicherheitshauptamt der hauptverantwortliche Organisator von „Zigeuner“-Deportationen gewesen. (Hundsalz 1978:90; Winter 1988:146; Fings/Sparing 1995: 187)"
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"1936 war die Aufsicht -iber die Ab- teilung dem Zentralamt fiir Zigeunerfragen im RKPA in Berlin unterstellt worden. Die Abteilung bestand dann nach 1945 bei der Miinchener Polizei bis zu ihrer Aufl6- sung im Jahre 1954 fort"[26]
Polizei und die Abteilungen fiir 6ffentliche Sicherheit bei den Innenbeh6rden wollten praktisch die Zigeunerpolitik aus den Tagen der Weimarer Republik mit politischen Einschrin- kungen, die sich aus der allgemeinen Politik der Alliierten ergaben, wieder in Kraft setzen.
Brief ab Uschhold Zentralamt für Krim. Identifizierung u. Polizeistatistik, Abt. Zigeunerpolizei,
[27]
Literatur
- Gilad Margalit: Die deutsche Zigeunerpolitik nach 1945. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 45. Jahrg., 4. H. (Okt., 1997), S. 557-588
- Josef Henke: Quellenschicksale und Bewertungsfragen. Archivische Probleme bei der Überlieferungsbildung zur Verfolgung der Sinti und Roma im Dritten Reich In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 1993, H1. S. 61–77
Einzelnachweise
- ↑ Till Bastian: Sinti und Roma im Dritten Reich S. 21
- ↑ Angelika Albrecht: "Zigeuner in Altbayern 1871-1914. Eine sozial-, wirtschafts- und verwaltungsgeschichtliche Untersuchung der byerischen Zigeunerpolitik". Nach der Rezension von Martin Holler
- ↑ Angelika Albrecht: "Zigeuner in Altbayern 1871-1914. Eine sozial-, wirtschafts- und verwaltungsgeschichtliche Untersuchung der byerischen Zigeunerpolitik". (S. 261-263) Nach der Rezension von Martin Holler
- ↑ Holler, Martin (2004), Rezension zu: Angelika Albrecht: Zigeuner in Altbayern 1871 – 1914. Eine sozial-, wirtschafts- und verwaltungsgeschichtliche Untersuchung der bayrischen Zigeunerpolitik. In: [1].
- ↑ Hans Hesse, Jens Schreiber: Vom Schlachthof nach Auschwitz: die NS-Verfolgung der Sinti und Roma aus Bremen, Bremerhaven und Nordwestdeutschland. S.24
- ↑ Gilsenbach in Ayaß 1988 S.18
- ↑ Hehemann 1987 S. 292 f.
- ↑ Cronik auf http://www.sintiromabayern.de
- ↑ Donald Kenrick: Historical Dictionary of the Gypsies (Romanies). Lanham, Maryland • Toronto • Plymouth, 2007, 2. Aufl. S.97.
- ↑ Thomas Huonker im Tages-Anzeiger, Zürich vom 28.4.1997
- ↑ Unabhängige Expertenkommission Schweiz – Zweiter Weltkrieg (Hrsg.) (2000): Roma, Sinti und Jenische. Schweizerische Zigeunerpolitik zur Zeit des Nationalsozialismus. Beiheft zum Bericht: Die Schweiz und die Flüchtlinge zur Zeit des Nationalsozialismus. Verfasst von Thomas Huonker und Regula Ludi, unter Mitarbeit von Bernhard Schär, Bern S. 35
- ↑ (Fings 1992:124)
- ↑ www.romahistory.com Hans Hesse, Jens Schreiber: Vom Schlachthof nach Auschwitz: die NS-Verfolgung der Sinti und Roma aus Bremen, Bremerhaven und Nordwestdeutschland.
- ↑ [http://www.bka.de/kriminalwissenschaften/veroeff/inh/sonstiges_pdf/12_22_das_bundeskriminalamt_stellt_sich_seiner_geschichte.pdf Bundeskriminalamt (Hrsg.): Das Bundeskriminalamt stellt sich seiner Geschichte. Dokumentation einer Kolloquienreihe, Köln 2008, S. 140.
- ↑ Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer Verlag. Frankfurt am Main 2003, S. 430 u. 660.
- ↑ Romani Rose: [http://www.sintiundroma.de/content/downloads/publikationen/online/maidepor_140510.pdf "Der Abtransport ging glatt von statten". S. 3
- ↑ Siehe Polizei Bayern: Nach dem Zweiten Weltkrieg
- ↑ Margilit S. 568f.
- ↑ Margilit S. 568f.
- ↑ Peter Carstens: NS-Vergangenheit des BKA. Nach dem Vorbild des Reichskriminalamtes. In: FAZ vom 22.09.2007
- ↑ [http://www.bka.de/kriminalwissenschaften/veroeff/inh/sonstiges_pdf/12_22_das_bundeskriminalamt_stellt_sich_seiner_geschichte.pdf Bundeskriminalamt (Hrsg.): Das Bundeskriminalamt stellt sich seiner Geschichte. Dokumentation einer Kolloquienreihe, Köln 2008, S. 140.
- ↑ Zentralamt für Krim. Identifizierung u. Polizeistatistik, Abt. Zigeunerpolizei, Quelle u.a. MARGALIT ...
- ↑ GILAD MARGALIT: DIE DEUTSCHE ZIGEUNERPOLITIK NACH 1945 S. 569. http://www.jstor.org/stable/pdfplus/30197480.pdf?acceptTC=true
- ↑ Margilit S. 572-573
- ↑ [http://www.bka.de/kriminalwissenschaften/veroeff/inh/sonstiges_pdf/12_22_das_bundeskriminalamt_stellt_sich_seiner_geschichte.pdf Bundeskriminalamt (Hrsg.): Das Bundeskriminalamt stellt sich seiner Geschichte. Dokumentation einer Kolloquienreihe, Köln 2008, S. 140.
- ↑ GILAD MARGALIT: DIE DEUTSCHE ZIGEUNERPOLITIK NACH 1945 S. 568 http://www.jstor.org/stable/pdfplus/30197480.pdf?acceptTC=true
- ↑ GILAD MARGALIT DIE DEUTSCHE ZIGEUNERPOLITIK NACH 1945 S. http://www.jstor.org/stable/pdfplus/30197480.pdf?acceptTC=true
Quellenkruscht
Ausführungsanweisung des Reichskriminalpolizeiamts (RKPA), 1.3.1939, gedruckt bei Döring: Zigeuner, 201ff. Zu den Kriminalpolizeileitstellen vgl. Patrick Wagner: Volksgemeinschaft ohne Verbrecher. Konzeptionen und Praxis der Kriminalpolizei in der Zeit der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus, Hamburg 1996, 235ff.