Gegenstand und Gliederung der Petrophysik
In der Petrophysik werden die physikalischen Eigenschaften der Gesteine untersucht, durch welche Prozesse und Mechanismen sie bestimmt werden und wie sie sich mit den äusseren Bedingungen verändern. Für die verschiedenen Eigenschaften sind jewils ein oder mehrere petrophysikalische Parameter definiert, durch die sie quantitativ erfasst werden können. So kann man zum Beispiel für die elastischen Eigenschaften den Absorptionskoeffizient und die Scher- und Kompressionswellengeschwindigkeit benutzen. Von den einzelnen Teilgebieten der Petrophysik bestehen enge Wechselbeziehungen zu denjenigen Zweigen der Geophysik, die die betreffende Eigenschaft am Erdkörper ("in situ") untersuchen. So sind die elastischen Eigenschaften besonders intensiv untersucht worden, weil die Kenntnis der elastischen Parameter eine notwendige Voraussetzung für die Auswertung der seismologischen Ergebnisse war. Für die Entwicklung der Petrophysik als selbständige Wissenschaft war es aber in gewissem Sinne auch manchmal nachteilig, wenn die einzelnen Zweige nur als Anhängsel bei geophysikalichen Instituten betrieben wurden, weil dadurch oft ein tiefgründige Bearbeitung unterblieb. Einige Teilgebiete sind auch unmittelbar für technische Anwendungen wichtig, wie die Untersuchung der Bruch- und Deformationsvorgänge für den Tunnelbau und die Ingenieurgeologie. Vom Standpunkt einer strengen Systematik kann man die Petrophysik als einen speziellen Zweig der Festkörperphysik ansehen. Tatsächlich sind viele Begriffsdefinitionen, experimentelle und theoretische Methoden und Erkenntnisse aus der Festkörperphysik übernommen worden. Andererseits ist aber der Untersuchungsgegenstand, das Gestein, durch seine statistische Zusammensetzung aus einzelnen unterschiedlich grossen Körnern verschiedener Minerale, die noch durch amorphes Material verbunden oder durch einen teilgesättigten Porenraum getrennt sein können, meilenweit von den Objekten entfernt, die in der Festkörperphysik bearbeitet werden. Insofern hat die Petrophysik ihre ganz spezielle Problematik, die ihre eigenständige Stellung rechtfertigt. Man kann die Petrophysik in folgender Weise unterteilen:
- Elektrische Eigenschaften
- Magnetische Eigenschaften
- Elastische Eigenschaften
- Thermische Eigenschaften
- Dichte, Porenraum und mechanische Permeabilität
- Bruch- und Deformationsvorgänge
- Radioaktivität und Wärmeproduktion
Jede der Eigenschaften stellt ein äusseres, makroskopisches Symptom dar, das durch innere Vorgänge und Mechanismen in der atomaren bis mikroskopischen Grössenordnung erklärt werden sollte.
Probleme der Bestimmung petrophysikalischer Parameter
Die zu einer bestimmten Gesteinsart, zum Beispiel zu Granit, gehörigen Gesteinsproben können in ihrer mineralogischen Zusammensetzung, Struktur und Textur in weiten Grenzen variieren. Daher ist es erforderlich, die petrophysikalischen Parameter an einer grossen Zahl von Proben zu bestimmen, um für jede einzelne Gesteinsart die mögliche Variationsbreite der Werte zu erhalten. Bei genügend guter Charakterisierung der Einzelproben durch vorherige mineralogische und petrografische Untsersuchungen gewinnt man auf diesem Wege auch Informationen über die Abhängigkeit der petrophysikalischen Parameter vom Mineralbestand, den Korngrössen und der Porosität.