Spiegelteleskop
Ein Spiegelteleskop ist ein Fernrohr, bei dem der wesentliche Teil der Optik aus spiegelnden Elementen besteht, es wird deshalb auch als Reflektor bezeichnet. Im deutschen Sprachraum nennt man ein Spiegelteleskop oft (unzulässig verkürzend) Teleskop.
Geschichte des Spiegelteleskops
Bereits 1616 stellte der Jesuitenpater Nicolaus Zucchius das erste Spiegelteleskop vor. Dieses bestand aus einem Hohlspiegel und einer Zerstreungslinse. In den folgenden Jahren beschäftigten sich unter anderem Cesare Caravaggi, der Mathematiker Bonaventura Cavalieri, Marin Mersenne und James Gregory mit der Konstruktion verschiedener Bauformen des Spiegelteleskops, von denen allerdings nur das Gregory-Teleskop eine gewisse Bedeutung erlangte.
Gregory stellte sein Teleskop 1663 fertig. Wenig später im Jahr 1668 führten Isaac Newton und der Franzose Cassegrain ihre Teleskope der Öffentlichkeit vor. Unter den Gelehrten fand nun eine europaweite Diskussion über die Vor- und Nachteile dieser Systeme statt.
Das Gregory-Teleskop wurde noch bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts gebaut. Das Newton-System wird wegen seines einfachen Aufbaus bis heute von Amateur-Astronomen beim Selbstbau ihrer Instrumente bevorzugt. Für große Teleskope haben sich Varianten und Weiterentwicklungen des Cassegrain-Teleskops durchgesetzt.
Bestandteile
optische Elemente
Ein Spiegelteleskop besteht im Wesentlichen aus einem Hauptspiegel und einem Fangspiegel. Im Gegensatz zum Objektiv des Linsenfernrohrs wird das einfallende Licht durch den Hauptspiegel gebündelt und in Richtung Fangspiegel reflektiert. Der Fangspiegel lenkt das Licht in Richtung Okular, Fotoplatte, Fotofilm oder digitalen Empfänger (CCD) ab, wo es vor der Aufnahme normalerweise durch Farbfilter für Bilder oder Spektrografen zur Spektralanalyse geschickt wird. Große Spiegelteleskope sind mit großen, unter Umständen tonnenschweren Instrumenten ausgestattet, die das Licht analysieren.
Stützelemente
Im Gegensatz zu großen Linsenfernrohren ist es bei Spiegelteleskopen möglich, die Durchbiegung auch sehr großer Spiegel durch Stützkonstruktionen weitestgehend zu verhindern. Zusätzlich werden die neuen Teleskopspiegel so dünn gebaut, dass sie unter ihrem Eigengewicht zerbrechen würden, würden sie nicht von aktiven Stützelementen in Form gehalten werden. Die dünne Konstruktion hat zum einen den Vorteil, dass der Spiegel leichter ist und somit die Teleskopkonstruktion weniger massiv ausfallen kann, zum anderen kann man durch die so genannte aktive Optik (automatische Korrektur von Verzerrungen des Spiegels durch das Eigengewicht mittels Computer und regelbarer Stützelemente) leichte dünne Spiegel wesentlich einfacher in Form biegen und somit in jeder Lage einen perfekten Spiegel haben.
Der größte Spiegel war von 1947 bis 1975 das 5m-Teleskop am Mt. Palomar, Kalifornien. Im letzten Jahrzehnt wurden Spiegeldurchmesser über 8 m realisiert (bspw. das Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte (ESO) in Chile), während bei Glaslinsen auf Grund der Gewichtsverhältnisse (Durchbiegung) eine obere Grenze von etwa einem Meter besteht.
Es wurden auch Spiegelteleskope gebaut (wie das Keck-Teleskop auf Hawaii mit insgesamt 10 m Spiegeldurchmesser), deren Hauptspiegel aus einzelnen sechseckigen Segmenten besteht, die bienenwabenwartig aneinander gelegt sind und deren Lage hydraulisch korrigiert werden kann. Ein Computer regelt die Lage der Segmente automatisch so, dass immer ein optimales Bild entsteht.
Mit großen Spiegeln wird mehr Licht eingefangen und die erreichbare Grenzgröße noch messbarer Himmelsobjekte liegt bei diesen Spiegelteleskopen höher (Die Fläche und somit die Lichtsammelleistung steigt mit den Quadrat des Radius des Spiegels an). Astronomen gewinnen dadurch einen noch tieferen Blick ins Weltall.
Auflösungsvermögen
Wegen der Beugung des Lichtes ist das Auflösungsvermögen eines Spiegelteleskops begrenzt. Ein punktförmiges Beobachtungsobjekt (Stern) wird nicht etwa als Punkt abgebildet, sondern als Beugungsscheibchen. Das theoretische Auflösungsvermögen eines Spiegelteleskops, also der minimale Winkel zwischen zwei gerade noch trennbaren Objekten, hängt vom Durchmesser des Hauptspiegels (Apertur) und von der Wellenlänge des empfangenen Lichts ab. Zwei benachbarte Sterne lassen sich im Fernrohr auflösen, wenn ihre Beugungsscheibchen nicht zu stark überlappen. Angenähert gilt (Winkel in Bogenmaß):
Um Bildfehler zu verringern, müssen die Spiegel sehr präzise bearbeitet werden. Das Schleifen und Polieren der Spiegel erfolgt auf 1/4 bis 1/20 der Licht-Wellenlänge, also mit Genauigkeiten von 150 bis 30 nm.
In der Praxis wird das Auflösungsvermögen aber vom Seeing sehr stark begrenzt, welches hauptsächlich durch Turbulenzen, und sonstige Bewegungen in der Atmosphäre verursacht wird. Durch das Seeing beträgt die erreichbare Auflösung im sichtbaren Licht im Normalfall ca. 1 bis 2 Bogensekunden auf dem europäischen Festland, was dem theoretischen Auflösungsvermögen eines 12cm-Spiegels entspricht. In anderen Weltregionen kann das Seeing erheblich günstiger sein, der beste je gemessene Wert liegt bei 0.18 Bogensekunden auf dem Paranal. Teleskope werden daher meist fernab menschlicher Siedlungen in trockenen Regionen auf hohen Bergen gebaut, um eine möglichst gute Auflösung zu erhalten. Die Bildqualität wird darüber hinaus von Staub, dem Streulicht von Städten (die so genannte Lichtverschmutzung), und dem Gehalt der Luft an Wasserdampf beeinflusst.
Durch adaptive Optik gelingt es bei neuen Geräten in zunehmenden Maße, das höhere Auflösungsvermögen großer Optiken dennoch zu nutzen. Dabei wird mittels eines Lasers Natrium (stammt aus Mikrometeoriten, die in der Erdatmosphäre verglühen) in der oberen Atmosphäre (in ungefähr 90 km Höhe) zum Leuchten angeregt und somit ein künstlicher Leitstern mit bekannter Form erzeugt. Computerprogramme werten nun das vom Teleskop erzeugte Bild dieses Leitsterns viele Male pro Sekunde aus und verbiegen den Teleskopspiegel so lange mit den regelbaren Stellelementen bis die Verzerrungen durch die Luft ausgeglichen sind. Dadurch werden die zu beobachtenden Objekte in der selben Region ebenfalls bis an die theoretische Auflösungsgrenze scharf abgebildet.
Bauformen
Bekannte Bauformen von Spiegelteleskopen sind:
- Newton-Teleskop
- Gregory-Teleskop
- Cassegrain-Teleskop
- Schmidt-Teleskop (auch Schmidt-Kamera genannt)
- Schmidt-Cassegrain-Teleskop
- Schwarzschild-Teleskop
- Maksutov-Teleskop oder Maksutov-Cassegrain-Teleskop
- Klevtsov-Teleskop
- Ritchey-Chrétien-Cassegrain-Teleskop oder RC-Teleskop
- Kutter-Schiefspiegler
- Yolo-Schiefspiegler
Auf Grund der Größenbeschränkung der Linsenfernrohre sind alle großen, astronomisch genutzten Fernrohre über 1 Meter Apertur (Öffnung) Spiegelteleskope. Beim Bau sehr großer Teleskope, z.B. dem Very Large Telescope (VLT) der ESO oder dem Hubble-Weltraumteleskop (HST), hat sich das Ritchey-Chrétien-Cassegrain-System durchgesetzt.
Um große Teleskope zu tragen und zu bewegen, benötigt man so genannte Montierungen. Diese müssen eine, der Teleskopgrösse entsprechende, Tragfähigkeit und Stabilität haben. Um das Teleskop der scheinbaren Bewegung der Sterne nachzuführen, muss sich das Teleskop mindestens um zwei Achsen bewegen lassen. Hierzu sind exakte Steuerungsmöglichkeiten notwendig.
Vorsichtsmaßnahmen
Bei der Sonnenbeobachtung durch ein Teleskop muß zwingend ein geeigneter Sonnenfilter verwendet werden.
Literatur
- Rolf Riekher: Fernrohre und ihre Meister. 2. Auflage. Verlag Technik GmbH, Berlin 1990 S. 88-94 ISBN 3-341-00791-1
Siehe auch
Weblinks
Quecksilber-Spiegelteleskop (Zenitteleskop mit einem Spiegel aus rotierendem Quecksilber)