Wilhelm von Preußen (1882–1951)
Kronprinz Friedrich Wilhelm Victor August Ernst von Preußen (* 6. Mai 1882 im Marmorpalais in Potsdam; † 20. Juli 1951 in Hechingen) war der letzte Kronprinz des Deutschen Reiches und von Preußen sowie nach dem Tode seines Vaters von 1941 bis 1951 Chef des Hauses Hohenzollern.

Leben
Wilhelm war der Sohn Kaiser Wilhelms II. und dessen Ehefrau Kaiserin Auguste Viktoria. Seine Schulzeit verbrachte er im Plöner Prinzenhaus. Anschließend besuchte er die Universität Bonn und wurde wie sein Vater Mitglied des Corps Borussia.
Er war seit 6. Juni 1905 mit Cecilie, Herzogin zu Mecklenburg verheiratet. Wilhelm war ab 1911 - ohne eigenes Zutun - Hoffnungsträger der Alldeutschen, die die Vereinigung aller deutschsprachigen Völker Europas in ein Großdeutsches Reich unter der Führung Preußens forderten, was Wilhelm II. aber nicht primär anstrebte. Im Ersten Weltkrieg kommandierte er lange Zeit formal die 5. Armee, unter anderem in der Schlacht um Verdun. Die tatsächliche operative Führung lag indessen bei seinem Stabschef, bis 21. August 1916 General Schmidt von Knobelsdorf, danach General Walther Freiherr von Lüttwitz. Diese machtlose Repräsentativ-Stellung war Folge eines direkten Befehls seines Vaters:
„[...] Ich habe Dir das Oberkommando der 5. Armee anvertraut. Du bekommst Generalleutnant Schmidt v. Knobelsdorf als Chef des Generalstabes. Was er Dir rät musst Du tun.[1]“
Seine streng soldatische - auf Pflichterfüllung, Gehorsam und Corpsgeist ausgelegte - Erziehung, mehr aber noch die persönliche Anhänglichkeit an General von Falkenhayn, den er als seinen ehemaligen Militär-Erzieher im höchsten Maße schätzte[2], verbot es zunächst dem Kronprinzen in offene Opposition zu den Ausblutungsplänen Falkenhayns und Schmidt v. Knobelsdorf zu treten. Diesen stand er jedoch schon beim Angriffsentschluss äußerst skeptisch gegenüber[3]. Nachdem die Offensive bald an Schwung verloren hatte ließ er sich durch v. Falkenhayn davon überzeugen, dass die Einstellung der Angriffe geboten sei. Während dieser jedoch - unter dem Einfluss Schmidt v. Knobelsdorf - seine Meinung wieder änderte und die Fortsetzung der "Operation Gericht" befahl, blieb der Kronprinz bei seiner Überzeugung. Da er General Schmidt v. Knobelsdorf als den fortgesetzten Betreiber des Angriffs erkannte[4] und sah welchen Einfluss dieser auf den schwankenden Willen v. Falkenhayns ausübte, konnte er schließlich im August 1916 dessen Versetzung betreiben. Ab Ende November 1916 war er Oberbefehlshaber der Heeresgruppe Deutscher Kronprinz.
In dem sich im Jahresverlauf 1917 zuspitzenden Machtkampf zwischen der Obersten Heeresleitung unter Ludendorff und Hindenburg und der Reichsregierung, die sich, zunächst mit der Rückendeckung des Kaisers, um eine Mäßigung in der deutschen Kriegszielpolitik bemühte und nach Ansicht ihrer Gegner allzu deutlich einem Verständigungsfrieden zuneigte, nahm Kronprinz Wilhelm sehr entschieden Partei für die Militärführung und schwächte durch vehemente Äußerungen und interne Kritik die Stellung der zivilen Berater seines Vaters. Den Rücktritt von Reichskanzler Bethmann Hollweg am 13. Juli 1917 bezeichnete er als den schönsten Tag seines Lebens. Auch zum Sturz des Leiters des Kaiserlichen Zivilkabinetts, Rudolf von Valentini, der im Januar 1918 von den Militärs aus dem Amt gedrängt wurde, trug er durch druckvolles Auftreten bei. All dies bedeutete eine entscheidende politische Schwächung von Kaiser Wilhelm II., der seinen Einfluss auf die Regierungsgeschäfte verlor und die Kontrolle der Geschicke Deutschlands vollends an die Heeresleitung abgeben musste.
Nach dem Sturz der deutschen Monarchie am 9. November 1918 ging er wie sein Vater in die Niederlande ins Exil und wurde von der holländischen Regierung auf der Insel Wieringen in einem ehemaligen Pfarrhaus untergebracht. Er durfte die Insel nur zu Besuchen der Eltern in Doorn verlassen. Er unterschrieb eine Abdankungserklärung und verzichtete damit auf den deutschen Thron. 1923 kehrte Wilhelm nach Deutschland zurück, was ihm erst auf Bestreben des Reichskanzlers Gustav Stresemann ermöglicht worden ist. 1930 trat er dem Stahlhelm bei.
1932 wurde diskutiert, ob er bei der Reichspräsidentenwahl 1932 als Kandidat der Einheit im Lager der Nationalisten antreten solle, um der Qual der Wahl zwischen Hindenburg und Hitler zuvorzukommen – angenommen, dass sich beide zurückziehen sollten. Sein Vater verbot ihm dies, bevor Hitler und Hindenburg sich entscheiden konnten mit den Worten:
„[...] Wenn Du diesen Posten übernimmst, so musst Du den Eid auf die Republik schwören. Tust Du das und hältst ihn, so bist Du für mich erledigt. Ich enterbe Dich und schließe Dich aus meinem Hause aus. Schwörst Du nur, um den Eid bei Gelegenheit zu brechen, so wirst Du meineidig, bist kein Gentleman mehr und für mich auch erledigt. Hohenzollern brechen ihren Eid nicht. Es ist ein Ding der Unmöglichkeit, dass die Hohenzollern über den republikanischen, roten Ebertschen Präsidentenstuhl wieder zur Macht gelangen.[5]“
Daraufhin setzte er sich – vergebens – für die Wahl Hitlers als Kandidat der Nationalisten zum Reichspräsidenten ein. Am 14. April 1932 protestierte er bei Reichsinnenminister Wilhelm Groener gegen das am Tag zuvor ergangene Verbot der SA und SS.[6] Im Januar 1933 setzte sich Wilhelm mit anderen (u. a. Elard von Oldenburg-Januschau) bei Hindenburg für die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler ein, nachdem sein langjähriger Freund Kurt von Schleicher als Kanzler scheiterte.
Er zeigte seine Freude über die Kanzlerschaft Hitlers und tat kund, dass dieser Mann für Deutschland schaffen könnte, was Mussolini in Italien gelungen war. Im selben Jahr trat er der Motor-SA bei, die im Folgejahr in das Nationalsozialistische Kraftfahrkorps (NSKK) übernommen wurde.[7]
Nach der Ermordung seines Freundes Schleicher und der Festnahme seines Adjutanten Major a. D. Otto von Müldner im Juli 1934 während des „Röhm-Putschs“ bestimmte Wilhelms Haltung das Bestreben nach Existenzsicherung und der Drang zur Teilnahme am gesellschaftlichen Leben.[8] In der knapp vierwöchigen Gestapo-Haft, "eine[r] herbe[n] Zeit körperlicher und seelischer Strapazen", war Müldner klargemacht worden, dass er sich in Zukunft "monarchischer Umtriebe" zu enthalten habe. Als 1936 ein privates Glückwunschtelegramm des Kronprinzen an den erfolgreichen Kriegsherren Benito Mussolini durch die Weltpresse ging und dabei als unerwünschte politische Stellungnahme zu einem Konflikt mit der NS-Führung führte, trat Wilhelm aus dem NSKK aus.
Nach Kriegsende wurde er von marokkanischen Truppen in Vorarlberg gefangen genommen und auf Befehl des französischen Generals Jean de Lattre de Tassigny für drei Wochen in Lindau inhaftiert. Aus dieser Gefangenschaft kam der Kronprinz als gebrochener Mann zurück.[9] Anschließend wurde er am selbstgewählten Wohnort Hechingen mehrere Jahre unter Arrest gestellt, wobei er sich frei in einem Umkreis von 25 km bewegen durfte. Dort lebte er bis Oktober 1945 auf der für Wohnzwecke nicht geeigneten Burg Hohenzollern, dann in einer geräumigen Villa, ein Jahr später bis zum Tod in einem kleineren 5-Zimmer-Haus.[10] Wilhelm, der ein passionierter Raucher war, starb 1951 an den Folgen eines Herzinfarkts. Er liegt auf dem kleinen Privat-Friedhof Michaelsschanze innerhalb der Burg Hohenzollern zusammen mit seiner Frau begraben.
Kinder
- Wilhelm Friedrich Franz Joseph Christian Olaf von Preußen (1906–1940, gefallen in Nivelles) ∞ 1933 Dorothea von Salviati
- Louis Ferdinand Victor Eduard Adalbert Michael Hubertus von Preußen (1907–1994) ∞ 1938 Kira Kirillowna Romanowa, frühere Großfürstin von Russland
- Hubertus von Preußen (1909–1950)
- Friedrich Georg Wilhelm Christoph von Preußen (1911–1966)
- Alexandrine Irene Prinzessin von Preußen (1915–1980)
- Cecilie von Preußen (1917–1975)
Schriften
- Meine Erinnerungen aus Deutschlands Heldenkampf, E. S. Mittler & Sohn, Berlin 1923
- Ich suche die Wahrheit! – Ein Buch zur Kriegsschuldfrage, Cotta, Stuttgart und Berlin 1925
- Erinnerungen des Kronprinzen Wilhelm. Aus den Aufzeichnungen, Dokumenten, Tagebüchern und Gesprächen, herausgegeben von Karl Rosner, Cotta, Stuttgart und Berlin 1922
Literatur
- Herre, Paul: Kronprinz Wilhelm. Seine Rolle in der deutschen Politik, München 1954.
- Jonas, Klaus W.: Der Kronprinz Wilhelm, Frankfurt/Main 1962.
- Kronprinzessin, Cecilie: Erinnerungen an den Deutschen Kronprinzen, Biberach 1952.
- Lange, Carl: Der Kronprinz und sein wahres Gesicht, Leipzig 1921.
Weblinks
- Literatur von und über Wilhelm von Preußen im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Vorlage:LeMO
- Kronprinz Wilhelm bei preussen.de.
Einzelnachweise
- ↑ Kronprinz Wilhelm: "Meine Erinnerungen aus Deutschlands Heldenkampf" Mittler & Sohn, Berlin 1923, Seite 4.
- ↑ Kronprinz Wihelm: Erinnerungen, Cottasche Buchhandlung Stuttgart-Berlin, 1922, 2. Aufl., S. 26 f.
- ↑ Kronprinz Wilhelm: "Meine Erinnerungen aus Deutschlands Heldenkampf" Mittler & Sohn, Berlin 1923, Seite 160.
- ↑ Kronprinz Wilhelm: "Meine Erinnerungen aus Deutschlands Heldenkampf" Mittler & Sohn, Berlin 1923, S. 225.
- ↑ Günter Grützner, Manfred Ohlsen: Schloss Cecilienhof und das Kronprinzenpaar, Museums- und Galerie-Verlag, Berlin 1991, S. 46
- ↑ Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, S. 466.
- ↑ Friedrich Wilhelm Prinz von Preußen: Das Haus Hohenzollern 1918-1945, Langen Müller,München, Wien 1985 (hier folgend: Friedrich Wilhelm: Das Haus Hohenzollern), S. 208.
- ↑ Hierzu und zum folgenden: Friedrich Wilhelm: Das Haus Hohenzollern, S. 215ff.
- ↑ Kronprinzessin, Cecilie: Erinnerungen an den Deutschen Kronprinzen, Biberach 1952, S. 19 ff.
- ↑ Siehe hierzu und zur Verhaftung: Friedrich Wilhelm: Das Haus Hohenzollern, S. 225f.
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
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Wilhelm II. | Chef des Hauses Hohenzollern 1941 – 1951 | Louis Ferdinand |
Personendaten | |
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NAME | Preußen, Wilhelm von |
ALTERNATIVNAMEN | Preußen, Friedrich Wilhelm Victor August Ernst von (vollständiger Name); Hohenzollern, Wilhelm von |
KURZBESCHREIBUNG | Kronprinz des Deutschen Reiches, Chef des Hauses Hohenzollern (1941–1951) |
GEBURTSDATUM | 6. Mai 1882 |
GEBURTSORT | Potsdam |
STERBEDATUM | 20. Juli 1951 |
STERBEORT | Hechingen |