Grafschaft Limburg
Lage und Territorium
Als Grafschaft Limburg wird der etwa 118 km² große Bereich zwischen unterer Lenne und Ruhr bezeichnet. Dieses Gebiet umfasst heute vor allem den östlichen Teil der kreisfreien Großstadt Hagen.
Zur Grafschaft zählten im 17. Jahrhundert sieben Kirchspiele und Herrensitze Berchum, Elsey (Kloster), Ergste, Gerkendahl, Hennen, Letmathe und Ohle. Weitere Besitzungen waren die Grafschaft Limburg-Styrum bei Mülheim und die Herrschaft Gemen bei Borken.
Das bis zum Ende des Heiligen Römischen Reiches (1806) bestehende, 1808 aufgelöste kleine Territorium umfasste nach der preußischen Gebietsreform 1817 bis 1975 die frühere Grafschaft westlicher Teil des Kreises Iserlohn mit den Gemeinden Berchum, Elsey, Ergste, Hennen, Letmathe (seit 1935 Stadt), Limburg/Lenne (seit 1903 Stadt Hohenlimburg), Oestrich und Reh.
Heute erstreckt sich das frühere Territorium auf Teile der kreisfreien Großstadt Hagen sowie des Märkischen Kreises und des Kreises Unna. Seit 1975 handelt es sich um Stadtteile von Hagen (Berchum, Elsey, Hohenlimburg, Reh), Iserlohn (Hennen, Letmathe, Oestrich) und Schwerte (Ergste).
Entwicklung
Bis 1225 war das Gebiet der späteren Grafschaft Limburg ein Teil des Territoriums der Altena-Isenburger Linie der Grafschaft Altena (später Grafschaft Mark). Um 1220 entstand bei Elsey als Familienstiftung des Grafenhauses Isernberg ein Kloster, das seit dem Spätmittelalter und bis zur Auflösung 1810 ein adeliges Damenstift war. Neben der Kirche in Hennen zählt die Stiftskirche in Elsey zu den ältesten erhaltenen Sakralbauten im Gebiet der früheren Grafschaft Limburg.
1226, nach dem Totschlag des Kölner Bischofs 1225 durch Graf Friedrich II. von Isenburg bei Gevelsberg, wurde das Territorium der Grafen von Isernberg von seinem Cousin, Graf Adolf I. von der Mark, als "herrenloses Gut" eingezogen.
Wahrscheinlich entstand zu dieser Zeit oder wenig später die Raffenburg der Erzbischöfe von Köln. Diese Befestigung sollte als Landesburg die Ostgrenze des Kölnischen Territoriums gegenüber der Grafschaft Mark und ab 1242 zusätzlich auch der Grafschaft Limburg sichern.
Mittelalter
Der Sohn Friedrichs, Graf Dietrich von Altena-Isenberg (* um 1215, † 1301), versuchte sein Erbe mit Hilfe seines Onkels, Herzog Heinrich von Limburg (Belgien / Niederlande), der auch Graf von Berg war, militärisch durchzusetzen. Die Grafen bzw. Herzöge von Berg waren bis 1612 bzw. 1669 die Lehnsherren der Grafen von Limburg und ihrer Nachfolger.
1242 erhielt Graf Dietrich I. von Isenberg-Limburg einen kleinen Teil des väterlichen Territoriums, die spätere Grafschaft Limburg zwischen Ruhr, Lenne und Hönne. Weitere Besitztümer besaß Graf Dietrich I. im Kirchspiel Mülheim: den Altenhof und Styrum, das 1289 eine Stadtbefestigung erhielt. Seine Nachfolger vermehrten den Besitz 1370 durch das Haus Vitinghof bei Neu-Isenbrurg in Essen, 1422 durch die Herrschaften Bedburg und Hackenbroich. Kleine Güter und Rechte an Höfen und Einnahmen besaß das Grafenhaus Limburg in Dortmund und bei Unna. Über das Grafenhaus Neuenahr-Alpen wurde im 16. Jahrhundert auch die Herrschaft Linnep bei Ratingen ein Zubehör der Grafschaft.
In Broich und Styrum bildeten sich im 13. und 14. Jahrhundert die Nebenlinien Limburg-Broich und Limburg-Styrum (1271 durch Eberhard I. von Limburg). Im Jahre 1372 fiel durch das Aussterben der Nebenlinie Broich die Herrschaft und das Schloss Broich an die Hauptlinie Limburg zurück. Durch Erbfolge gelangte Broich 1508 schließlich an das 1682 ausgestorbene Grafengeschlecht Daun-Falkenstein, die bis 1542 auch die Grafschaft und das Schloss Limburg besaßen. Das Haus Limburg-Styrum existiert noch heute.
Bitte beachten! Sehr problematisch ist hingegen die genealogische Einordnung der angeblich "direkten und noch lebenden Nachfahren" der Grafen von Limburg in den Niederlanden, die der "Verein für Orts- und Heimatkunde Hohenlimburg e.V." auf der Grundlage der "Familienforschung" eines bürgerlichen Angehörigen dieser Familie seit einigen Jahren als "Nachkommen Dietrich I." der Öffentlichkeit auf Veranstaltungen und in Publikationen präsentiert. Diese heimatkundlichen "Forschungsergebnisse" müssen sehr kritisch betrachtet und rezipiert werden.
Frühe Neuzeit
1542 fiel die Grafschaft Limburg mit den dazugehörigen Gütern und Rechten durch die Heirat mit der Erbtochter Amöna von Daun-Falkenstein an Graf Gumprecht IV. von Neuenahr-Alpen. Die Linie Alpen des Grafenhauses Neuenahr versuchte seit dem 15. Jahrhundert den Besitz an der Grafschaft Limburg zu gelangen.
Zu diesem Zweck wurden politische Verhandlungen geführt sowie eine Heiratspolitik zwischen den Grafenhäusern Neuenahr und Limburg praktiziert. Das Grafenhaus Limburg war zum Ende des 15. Jahrhundert finanziell ruiniert, familiär desolat und politisch angeschlagen. Bereits 1505 ließ sich Graf Gumprecht II. von Neuenahr-Alpem durch Kaiser Maximilian mit der Grafschaft Limburg belehen. Dennoch gelangten die Grafen von Daun-Falkenstein aufgrund des bergischen Lehens in den Besitz der Grafschaft. Im 15. Jahrhundert war es zu einigen Fehden zwischen den Nachkommen und Regenten der Grafschaft Limburg und den Grafen von Neuenahr gekommen.
Der frühe und kinderlose Tod von Graf Adolph von Neuenahr und Moers 1589 bei einer Sprengstoffexplosion in Arnheim führte zu Erbstreitigkeiten. Sie wurden 1592 durch die Belehnung des Grafen Arnold von Bentheim, der mit Magdalena von Neuenahr verheiratet war, entschieden. Da die Grafschaft und das Schloss Limburg seit 1584 und bis 1610 durch kölnische Truppen besetzt war, trat Graf Konrad Gumprecht I. von Bentheim erst 1612 die Regentschaft an.
Sein früher Tod 1619 bewirkte eine Krise. Seine Ehefrau Johannetta Elisabeth, Gräfin von Nassau-Dillenburg, übernahm für den gemeinsamen Sohn Wilhelm die vormundschaftliche Regentschaft. Als Wilhelm 1626 starb, erlosch auch die Nebenlinie Limburg des Grafenhauses Bentheim. Die Grafschaft wurde bis 1654 vertretungsweise durch Gräfin Johannetta Elisabeth regiert und fiel anschließend an den neuen Landesherrn Graf Moritz von Bentheim-Tecklenburg.
Im Dreißigjährigen Krieg wurde die Bevölkerung der Grafschaft durch zahlreiche Einquartierungen, Brandschatzungen, Plünderungen und vieles mehr stark betroffen. Zwischen 1633 und 1636 wurde das Schloss und die Ortschaft von kaiserlichen Truppen und dem Generalwachtmeister von Bönninghausen besetzt gehalten. 1636 brach eine große Pestepidemie aus, die Hunderte von Todesopfer unter der Bevölkerung forderte.
Nur durch das Eingreifen des Grafen Johann Heinrich Ludwig von Nassau-Hadamar, Bruder der Gräfin Johannetta Elisabeth und Gesandter am kaiserlichen Hof sowie bei den Friedensverhandlungen in Münster, konnte die Grafschaft für das Haus Bentheim-Tecklenburg vor Ansprüchen des brandenburgischen Kurfürstenhauses gerettet werden.
Eine Blütezeit erlebte die Grafschaft in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Damals diente das Schloss als Hauptresidenz der Grafen von Bentheim-Tecklenburg. 1729 erreichte Graf Moritz Casimir I. von Bentheim-Tecklenburg im Berliner Vergleich mit Preußen die volle Lehnshoheit über sein Territorium erhalten. Gegen die Zahlung einer hohen Geldsumme sowie den Verzicht auf alle bestehenden und zukünftigen Ansprüche an der Grafschaft Tecklenburg wurde die Grafschaft Limburg reichsunmittelbar und von Preußen gegenüber dem Reich vertreten.
Nach dem Ende des Alten Reichs im August 1806 war die Grafschaft unter dem Landesherren Graf Emil Friedrich zu Bentheim-Tecklenburg ein souveräner Staat.
Napoleon ergriff 1808 Besitz über die Region:
- im Januar 1808 über das Großherzogtum Berg,
- am 8. Mai über die Grafschaft Mark,
- am 10. Mai über die Reichsstadt Dortmund,
- am 12. Mai dann auch über die Grafschaft Limburg.
Im Jahre 1813 ist die Grafschaft provisorisch zu Preußen gekommen.
Im Wiener Kongress 1815 wurde die Grafschaft dann endgültig Preußen zugesprochen.
Landesherrschaft
Regenten der Grafschaft Limburg waren:
- Grafen von (Isenberg-)Limburg (1242 bis 1508), dann erloschen, durch Erbfolge an:
- Grafen von Dhaun-Falkenstein (1508 bis 1542), durch Heirat an:
- Grafen von Neuenahr-Alpen (1542 bis 1592), dann erloschen, durch Erfolge an:
- Grafen von Bentheim (ab 1592)
- Linie Bentheim-Limburg (1610 bis 1626), dann erloschen
- Linie Bentheim-Alpen (1626 bis 1629), dann erloschen
- Linie Bentheim-Tecklenburg-Rheda (1629 bis 1817)
Standesherrschaftliche Rechte (zum Beispiel Gerichtsbarkeit) durch die Fürsten von Bentheim-Tecklenburg von 1817 bis 1848. Die Schlossanlage und umfangreicher Grundbesitz in Hohenlimburg befinden sich noch heute im Eigentum des Fürstenhauses Bentheim-Tecklenburg.
Literatur
- Günter Aders/H. Horstmann/Adam L. Hulshoff u.a.: Die Grafen von Limburg-Stirum und ihrer Besitzungen, T. I-III, Bde 1-9, Assem/Amsterdam/Münster 1963-1976 [= Geschiedenis der Graven van Limburg Stirum].
- Harm Klueting: Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in der Grafschaft Limburg [Ausstellungskatalog der Dresdner Bank AG], Hagen 1980.
- Harm Klueting: "Daß sie ein Abspliß von der Grafschaft Mark ist, daran ist kein Zweifel". Die Grafschaft Limburg vom 13. bis zum 19 Jahrhundert, in: Jahrburch des Vereins für Orts-und Heimatkunde in der Grafschaft Mark 93/93 (1995), S. 63-126.
- Edeltraut Klueting: Das (freiweltliche) adelige Damenstift Elsey. Geschichte, Verfassung und Grundherrschaft in Spätmittelalter und Frühneuzeit. Altena 1980 [= Altenaer Beiträge 14].
- Andreas Korthals: Die Raffenburg. Eine fast vergessene westfälische Höhenburg, in: Jahrburch des Vereins für Orts-und Heimatkunde in der Grafschaft Mark 98 (1998), S. 67-83.
- Stephanie Marra: "Mit Hohenlimburg in Sorgen gewest ...". Lebenslauf und Regentschaft der Gräfin Johannetta Elisabeth zu Bentheim (1592-1654), in: Jahrbuch des Vereins für Orts- und Heimatkunde in der Grafschaft Mark 99 (1999), S. 105-137.
- Stephanie Marra: Tod auf der Kirchmeß. Präsenz und Renitenz militärischer Truppen in der Grafschaft Limburg 1633-1636, in: Das Amt Wetter im Dreißigjährigen Krieg, hrsg. v. Dietrich Thier, Wetter 1998, S. 135-146.
- Stephanie Marra: Gräfin Johanetta Elisabeth von Bentheim (1592-1654). Witwenherrschaft und Vormundschaftsregierung im Dreißigjährigen Krieg, in: Martina Schattkowsky (Hg.); Witwenschaft in der Frühen Neuzeit. Fürstliche und adlige Witwen zwischen Fremd- und Selbstbestimmung, Leipzig 2003 [= Schriften zur Sächsischen Geschichte und Volkskunde 6], S. 227-248.
- Stephanie Marra: Artikel "Grafen von der Mark, Herzöge von Kleve-Mark" und "Jülich-Kleve (Hof)", in: Werner Paravicini (Hg.): Fürstliche Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, Sigmaringen 2003.
- Gerhard E. Sollbach: Der gewaltsame Tod des Erzbischofs Engelbert I. von Köln am 7. November 1225. Ein mittelalterlicher Kriminalfall, in: Jahrb. des Vereins für Ort- und Heimatkunde in der Grafschaft Mark, 93./94. Bd., 1995, S. 7-49.
Weblinks
- http://www.hohenlimburg.de - Historische Linkliste mit Informationen
- http://www.hoeckmann.de/geschichte/limburg.htm - Karten der Grafschaft mit historischer Beschreibung