Betriebsrat

institutionalisierte Arbeitnehmervertretung
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Der Betriebsrat ist das gesetzliche Organ zur Vertretung der Arbeitnehmerinteressen und zur Wahrung der betrieblichen Mitbestimmung gegenüber dem Arbeitgeber in Betrieben des privaten Rechts. Die betriebliche Mitbestimmung durch den Betriebsrat ist abzugrenzen von der Unternehmensmitbestimmung durch Arbeitnehmervertreter in Aufsichtsräten der Kapitalgesellschaften. In öffentlichen Betrieben kann ein Personalrat gewählt werden. In Betrieben der Religionsgemeinschaften und ihrer karitativen oder erzieherischen Einrichtungen sind Betriebsräte gesetzlich nicht vorgesehen. Zur Mitwirkung der Arbeitnehmer ist hier aufgrund eigener Kirchengesetzgebung eine so genannte Mitarbeitervertretung berufen.

Rechtliche Grundlagen

Deutschland

Aus dem Kündigungsschutzgesetz (Rechte des Betriebsrats bei Massenentlassungen) oder dem Arbeitsgerichtsgesetz (Parteifähigkeit des Betriebsrates im Arbeitsgerichtsprozess) ergeben sich weitere Rechte des Betriebsrats. Die Rechte des Personalrates regeln die Personalvertretungsgesetze des Bundes und der Länder. Unternehmen, die aus mehreren Betrieben bestehen müssen einen Gesamtbetriebsrat wählen. In großen Konzernen werden darüber hinaus Konzernbetriebsräte gewählt.

Österreich

Das österreichische Arbeitsverfassungsgesetz vom 12. Dezember 1973 regelt die Befugnisse des Betriebsrats.

Geschichte

Am 4. Februar 1920 wurde das Betriebsrätegesetz erlassen, nachdem in einigen Betrieben Arbeiterräte und Arbeiterausschüsse gebildet wurden. Im Nationalsozialismus wurde durch das Arbeitsordnungsgesetz von 1934 alle betriebsrätlichen Aktivitäten verboten. Die Betriebsräte wurden durch so genannte Vertrauensräte abgelöst. Nach 1945 wurden die Betriebsräte in Deutschland wieder gestattet. Das erste Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG 1952) wurde am 11. Oktober 1952 erlassen. 1972 wurde das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG 1972) nach einer kontrovers geführten gesellschaftlichen Diskussion grundlegend reformiert. Am 28.Juli 2001 ist das reformierte Betriebsverfassungsgesetz in Kraft getreten. Hierbei wurden unter anderem die Arbeits- und Organisationsgrundlagen der Betriebsräte verbessert. Des weiteren haben Verbesserungen stattgefunden zur Einführung des vereinfachten Wahlverfahrens, der " Gleichstellungsquote " ( Mindestsitze für das Geschlecht in der Minderheit, siehe Wahlordnung Betriebsverfassungsgesetz § 5 ), die Aufhebung der Trennung zwischen Arbeiter und Angstellten, die Absenkung der Freistellungsschwellen und den erheblichen Ausbau der Möglichkeiten des Betriebsrats, Arbeitsgruppen mit Arbeitnehmer zu bilden und Berater bei Betriebsänderungen einzuschalten.

Allgemeine Vorschriften

Ein Betriebsrat wird in der Regel in Betrieben mit mindestens fünf ständigen wahlberechtigten Arbeitnehmern gegründet, von denen drei wählbar sind. Dies gilt auch für gemeinsame Betriebe mehrerer Unternehmen.

Arbeitgeber und Betriebsrat arbeiten zum Wohl der Arbeitnehmer und des Betriebes unter Beachtung der geltenden Tarifverträge und in Zusammenarbeit mit den vertretenen Gewerkschaften und Arbeitnehmervereinigungen zusammen.

Arbeitnehmer sind in diesem Sinne Arbeiter und Angestellte, die in dem Betrieb, im Außendienst, mit Telearbeit oder in Heimarbeit (sofern diese hauptsächlich für den Betrieb erfolgt), beschäftigt sind.

Wahlberechtigt sind alle Arbeitnehmer des Betriebes, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, und auch Leiharbeiter, wenn sie mindestens drei Monate im Betrieb beschäftigt sind.

Wählbar sind alle Wahlberechtigten, die dem Betrieb sechs Monate angehören, oder über diesen Zeitraum in Heimarbeit hauptsächlich für den Betrieb tätig waren.

Die Amtszeit des Betriebsrats beträgt 4 Jahre.

Aufgaben und Rechte

Der Betriebsrat hat unterschiedliche Aufgaben und Rechte, die in Tendenzbetrieben eingeschränkt sein können:

  • Information: Der Betriebsrat ist über die Personalplanung insgesamt sowie über personelle Einzelmaßnahmen- wie Einstellung, Umgruppierung, Versetzung- rechtzeitig und umfassend zu unterrichten.
  • Beratung: Hierbei muss der Arbeitgeber den Betriebsrat nicht nur informieren, sondern sich mit ihm beraten – wie beim Bau technischer Einrichtungen, Änderung von Arbeitsabläufen, Förderung der Berufsausbildung, etc.
  • Mitwirkung: Der Betriebsrat kann seine Zustimmung zur Einstellung, Eingruppierung oder Versetzung von Mitarbeitern verweigern, wobei ihm nur ein bestimmter Katalog von Verweigerungsgründen zur Verfügung steht. Ein Widerspruch des Betriebsrates kann nur durch eine Entscheidung des Arbeitsgerichts überwunden werden; allerdings sind bis zur Entscheidung des Gerichtes einseitige vorläufige Maßnahmen des Arbeitgebers zulässig.
  • Mitbestimmung: Bei Fehlen gesetzlicher oder tarifvertraglicher Regelungen hat der Betriebsrat z. B. in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen § 87 BetrVG.: Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage, bei Fragen einer Betriebsordung und des Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb, Aufstellung des Arbeitsplans, bei Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsgrundsätzen, Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmer kein Einverständnis erzielt wird, Sozialeinrichtungen wie Kantinen etc., Einführung und Anwendung bei Überwachungseinrichtungen der Arbeitnehmer, Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze, Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen, Gruppenarbeitsgrundsätze; können sich Arbeitgeber und Betriebsrat nicht einigen, entscheidet auf Antrag einer Seite die Einigungsstelle.
  • Jugend- und Auszubildendenvertretung: Interessenvertretung der Jugendlichen unter 18 Jahren und Auszubildenden unter 25 Jahren. Wählbar in allen Betrieben, die mindestens 5 Jugendliche und Auszubildende beschäftigen.
  • Wirtschaftsausschuss: Organ zur gegenseitigen Unterrichtung von Betriebsführung und Betriebsrat in wirtschaftlichen Angelegenheiten. Einzusetzen in Betrieben mit mehr als 100 Arbeitnehmern. Mitglieder werden durch den Betriebsrat entsandt
  • Abschluss betrieblicher Regelungen: Betriebsvereinbarung, Interessenausgleich, Sozialplan.
  • Sprecherausschuss: Interessenvertretung der leitenden Angestellten. Wählbar in allen Betrieben mit mindestens 10 leitenden Angestellten. Die leitenden Angestellten werden nicht durch den Betriebsrat vertreten.

Literatur

Hälker, Juri 2004: Betriebsräte in Rollenkonflikten. Betriebspolitisches Denken zwischen Co-Management und Gegenmacht. Rainer Hampp Verlag. ISBN 3-87988-800-0. *OnlineText im Internet.