Der Monophysitismus (v. griech. monos, ein und physis Natur) ist die christologische Position, Christus sei nur vollkommen göttlich, und nicht auch vollkommen menschlich und habe also nur eine Natur, im Gegensatz zur Position von Chalcedon, die die Zwei-Naturen-Lehre Christi vertritt, eine göttliche und eine menschliche.
Die „Monophysiten" selbst wenden sich gegen diese Bezeichnung und bevorzugen die Bezeichnung Miophysite. Diese Bezeichnung benutzt eine andere griechische Wurzel, die mios 'eine komplexe Einheit' bedeutet und reflektiert die Position, dass in Christus die göttliche und menschliche Natur eine Natur werden. Die Naturen sind vereint, ohne Trennung, ohne Durcheinander und ohne Wechsel.
Geschichte
Der Monophysitismus entstand in Ägypten als Reaktion auf den Nestorianismus. Er wurde 451 durch die katholische/östlich orthodoxe Kirche beim Konzil von Chalcedon verurteilt, wodurch das Schisma zwischen den monophysitischen Nationalkirchen und der byzantinischen Reichskirche ausgelöst wurde.
Später wurde der Monotheletismus (d. h.: Jesus ist zwar Gott und Mensch, Gott und Jesus haben nur einen einzigen, gemeinsamen Willen) entwickelt. Auch dieser Versuch, den Abstand zwischen Monophysitismus und der Position von Chalcedon zu überbrücken scheiterte. Der Monoteletismus wurde trotz gewisser Unterstützung durch die Päpste und die byzantinischen Kaiser zurückgewiesen.
Eine besondere Bedeutung des monophysitischen Streites lag darin, dass durch ihn die Position des byzantinischen Reiches im Konflikt mit dem persischen Sassanidenreich und den Arabern empfindlich geschwächt wurde. Das Schisma der Kirche bedeutete für Byzanz auch einen politischen Riss durch das Reich. Ein einigender Vergleich zwischen Konstantinopel und den wirtschaftlich und militärisch wichtigen syrischen und ägyptischen Provinzen gelang gerade in dieser wichtigen dogmatischen Frage nicht. Der Grund dafür ist allerdings nicht zuerst in unüberwindbaren theologischen Gegensätzen, sondern vor allem in den Separationsbestrebungen Syriens und des koptischen Ägyptens zu suchen. Innerlich und vom erbitterten Krieg gegen den Sassanidenkönig Chosrau II. geschwächt, verlor Byzanz die östlichen Reichsgebiete und später auch Ägypten und Nordafrika an den Islam, nachdem Kaiser Herakleios Syrien zunächst noch einmal von den Persern zurückerobert hatte.
Heutige „monophysitische" Kirchen
Die heutigen altorientalischen Kirchen Kirchen, die in gegenseitiger Kommunion stehen (d. h. sich gegenseitig anerkennen) sind
- die Koptische Kirche, vorwiegend in Ägypten,
- die Syrisch-Orthodoxe Kirche von Antiochien,
- die Äthiopisch-Orthodoxe Tewahedo Kirche (tewahido, äthiopisch: "eins werden"),
- die jüngere autokephale orthodoxe Kirche Eritreas,
- die Armenische Apostolische Kirche und
- die Malankara Orthodox-Syrische Kirche von Indien.
Diese Kirchen wurden im Westen oft als monophysitisch bezeichnet.
Literatur
- W. Frend: The Rise of the Monophysite Movement, Cambridge 1972.