Amflora

Amylopektin-Kartoffel
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Amflora (offizielle Bezeichnung EH92-527-1, auf EU-Ebene BPS-25271-9) ist eine von der BASF Plant Science gentechnisch veränderte Stärke-Kartoffelsorte, die als nachwachsender Rohstoff für die Kartoffelstärkeindustrie entwickelt wurde. BASF Plant-Science ist ein Tochterunternehmen des deutschen Chemiekonzerns BASF.

Anwendung

Die neu entwickelte Kartoffelsorte bildet aufgrund einer gentechnischen Veränderung eine Stärke aus, die vollständig aus Amylopektin besteht und somit eine optimierte stoffliche Nutzung für die Herstellung von Papier, Textilien oder Klebstoff ermöglicht, für die bei herkömmlicher Stärke eine aufwendige Entfernung des zweiten Stärkepolymers, der Amylose, erforderlich ist.

Angebaut werden soll Amflora nach erfolgter Zulassung in Europa, da hier 80 % der globalen Kartoffelstärkeproduktion stattfindet. Die wichtigsten Länder für den Anbau und die Verarbeitung von Kartoffelstärke sind Deutschland, Niederlande, Frankreich, Dänemark, Polen und Schweden. Die Vorteile der Amflora-Kartoffel liegen im zusätzlich geschaffenen Wert für Landwirte und Stärkeindustrie, der sich auf über 100 Millionen Euro pro Jahr belaufen soll[1] und darauf basiert, dass der Einsatz von Amflora – zum Beispiel bei der Herstellung von Papier – Energie, Wasser und Rohstoffe einspart.

Amflora, die auf Stärkebildung optimiert wurde, ist essbar, aber aufgrund ihres hohen Stärkegehalts so mehlig kochend, dass sie für den Verzehr nicht geeignet ist.

Rechtliches auf nationaler und EU-Ebene

Es gab öffentliche Diskussionen, weil Amflora als Marker ein in der Natur verbreitetes Antibiotika-Resistenzgen enthält. Dies verleiht der Pflanze im Entwicklungsstadium bei Anwesenheit der Antibiotika Kanamycin oder Neomycin einen Wachstumsvorteil gegenüber Pflanzen, die diesen Marker nicht tragen.[2] Nach der EU-Freisetzungsrichtlinie dürfen kommerzielle gentechnisch veränderte Pflanzen keine medizinisch wichtigen Resistenzgene gegen Antibiotika enthalten. Die EU-Kommission beschloss deshalb im März 2007, ein Gutachten über die Risiken der Antibiotika-Resistenz bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMEA) anzufordern.

Auf Grund dieser Gutachten, die unter anderem zu dem Schluss kommen, dass eine Übertragung des Resistenzgens von transgenen Pflanzen auf Bakterien sehr unwahrscheinlich ist, das nptII-Gen in der Natur ohnehin weit verbreitet ist und ein großer Teil der Bakterien, die etwa im Darm oder in der Umwelt anzutreffen sind, bereits eine Resistenz gegenüber Kanamycin und Neomycin besitzen, bestätigte die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) im April 2007,[3] dass Amflora für „Mensch, Tier und Umwelt“ unbedenklich sei.[4]

Am 16. Juli 2007 erklärte EU-Umweltkommissar Dimas, dass die EU-Kommission Amflora für die industrielle Nutzung freigeben will. Die Agrarminister der EU konnten sich zuvor nicht über eine Zulassung einigen. Da die Zulassung für Amflora bereits 1996 beantragt worden war, erhob BASF 2008 Klage beim Europäischen Gerichtshof gegen die EU-Kommission wegen des schleppenden Zulassungsverfahrens für Amflora.[5]

2009 veröffentlichte die EFSA eine erneute wissenschaftliche Stellungnahme über das nptII-Gen, das in Amflora und in anderen gentechnisch veränderten Produkten vorhanden ist. Die EFSA hatte in der Vergangenheit den Einsatz des Gens bereits mehrfach beurteilt und bestätigte wiederum, dass das besagte Gen sicher sei und keine weiteren wissenschaftlichen Untersuchungen notwendig seien.[6]

Am 2. März 2010 gestattete die EU-Kommission den Anbau von Amflora zu industriellen Zwecken und zum Verfüttern.[7] Österreich verbot den Anbau von Amflora am 28. März 2010,[8] Luxemburg am 16. Juni 2010.[9]

Entwicklung in verschiedenen EU-Staaten

Im Jahr 2010 wurde die Kartoffel zur Saatgutvermehrung in Mecklenburg-Vorpommern auf 20 Hektar und in Schweden auf 80 Hektar, in Tschechien zu kommerziellen Zwecken auf 150 Hektar angebaut.[10]

Auf dem etwa 15 Hektar großen deutschen Gelände in Zepkow (Mecklenburg-Vorpommern)[11] wurden im Juli 2010 einige Pflanzen durch Gegner zertört. In der Nacht vom 7. auf den 8. Juli 2010 wurden etwa ein Hektar[12] und am 29. Juli 20 bis 30 weitere Pflanzen vernichtet.[13]

Im August 2010 war der deutsche Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle zum Beginn der Kartoffelernte in Zepkow angereist; er sagte dabei, dass die Biotechnologie wichtig zur Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands sei. Die BASF-Tochter Plant Science will die geernteten Kartoffeln als Saatgut verwenden; sie wäre ausreichend für eine 10- bis 15-mal so große Fläche wie die des Anbaus[14].

Nachdem am 6. September 2010 bekannt geworden war, dass auf der Anbaufläche in Schweden neben Amflora auch eine neue und bislang noch nicht freigegebene Kartoffel (Amadea) gewachsen war, untersagte Mecklenburg-Vorpommerns Landwirtschafts- und Umweltminister Till Backhaus dem anbauenden Unternehmen am 7. September bis auf weiteres, die in Zepkow angebauten Kartoffeln in den Verkehr zu bringen. Nach Angaben des Konzerns habe die Vermischung auf dem Feld in Schweden weniger als 0,01 Prozent betragen[15]. Backhaus' Ministerium erklärte, dass sowohl die bereits geernteten als auch die noch im Boden befindlichen Kartoffeln solange beschlagnahmt seine, bis der Projektbetreiber BASF den Verdacht der Verunreinigung der Zepkower Kartoffeln widerlegen könne[16].

Siehe auch

Quellen

  1. Seedquest – BASF Plant Science bringt den Fall Amflora vor EU Gericht: [1]
  2. amflora.de: Das Antibiotika-Resistenzgen [2]
  3. Politik - EFSA gibt grünes Licht für -Stärkekartoffel Amflora [3]
  4. Stellungnahme des wissenschaftlichen Panels über GVO auf einer Anwendung für das Inverkehrbringen zur Herstellung von Stärke und Essen: [4]
  5. BASF - Presseinformationen (als PDF): [5]
  6. Transgen - Neue EFSA-Stellungnahme: BASF fordert nun Zulassung der Amflora-Kartoffel: [6]
  7. Europäische Kommission: Commission Decision of 2 March 2010 authorising the placing on the market of feed produced from the genetically modified potato EH92-527-1 (BPS-25271-9) and the adventitious or technically unavoidable presence of the potato in food and other feed products under Regulation (EC) No 1829/2003 of the European Parliament and of the Council.
  8. [7] Website des österreichischen Gesundheitsministeriums
  9. [8] Luxemburger Wort
  10. faz.net: Nach Amflora kommt Fortuna
  11. Zeichen gegen Gentechnik gesetzt. In: neues-deutschland.de. Abgerufen am 1. August 2010.
  12. Gen-Kartoffel im Visier. In: taz.de. Abgerufen am 1. August 2010.
  13. Protest gegen Genkartoffel Amflora. In: taz.de. Abgerufen am 1. August 2010.
  14. www.spiegel.de, 31. August 2010, abgerufen am 7. September 2010
  15. www.fr-online.de, 7. September 2010
  16. www.welt.de, 7. September 2010