Parlamentswahl in Australien 2010

Wahl
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Die Parlamentswahlen in Australien 2010 fanden am 21. August 2010 statt. Laut Hochrechnungen ist es zu einem hung parliament, d. h. zu einem Patt zwischen Labor und der Opposition aus Liberalen und Nationaler Partei gekommen.

Datei:Australische Wahlen 2010 en.jpg
Mehrheiten nach Wahlkreisen (Unterhauswahl):
  • Australian Labor Party
  • Liberal Party
  • Liberal National Party of Queensland
  • National Party
  • Australian Green Party
  • Andere und Unabhängige
  • Vorgeschichte

    Aus den Parlamentswahlen in Australien 2007 war die Labor-Partei unter ihrem damaligen Spitzenkandidaten Kevin Rudd als Sieger hervorgegangen. Rudd wurde zum Premierminister gewählt. Im Verlauf seiner Amtszeit kam es jedoch zu einem dramatischen Popularitätsverlust der Labor-Regierung, so dass es im Juni 2010 zu einer innerparteilichen Revolte der Gegner Rudds im rechten Parteiflügel von Labor kam. Rudd wurde als Fraktionsvorsitzender von Labor abgewählt und verzichtete, nachdem er derart den parlamentarischen Rückhalt verloren hatte auch auf die Kandidatur zum Amt des Premierministers. An seiner Stelle wurde – für die Öffentlichkeit einigermaßen überraschend – seine Parteikollegin Julia Gillard, die bisherige stellvertretende Premierministerin sowie Ministerin für Bildung, Arbeit und sozialen Ausgleich am 24. Juni zur Premierministerin Australiens gewählt. Wenige Wochen nach ihrer Wahl gab die neue Premierministerin am 17. Juli bekannt, dass am 21. August des Jahres Parlamentswahlen abgehalten würden.[1]

    Kandidaten

    Die Premierministerin Julia Gillard war Spitzenkandidatin der regierenden Labor-Partei. Spitzenkandidat der Opposition war Tony Abbott, der Vorsitzende der Liberalen Partei. Mit der Liberalen Partei in einem Wahlbündnis verbunden war die Nationale Partei unter der Führung von Warren Truss. Außerdem trat die Grüne Partei Australiens unter Bob Brown an. Als kleinere Partei, die bei der letzten Parlamentswahl 2 % der Stimmen und keine Mandate erhielt, war die Family First Party mit im Rennen. Letztlich stellte sich für die Wähler hauptsächlich die Alternative zwischen einer Fortführung der Labor-Einparteien-Regierung und einer Koalitionsregierung aus Liberalen und Nationaler Partei Australiens.

    Prognosen

     
    Umfrageergebnisse von Newspoll:
                         Labor;                      Koalition;                      Grüne;                      Andere
    Die Ergebnisse von Labor, Koalition, Grünen und anderen bei der Wahl 2007 sind als farbige Punkte dargestellt.

    Umfragen vor der Wahl zeigten ein allmähliches Absinken von Labor in der Wählergunst seit der letzten Wahl im Jahr 2007. Parallel dazu stiegen die Umfragewerte der oppositionellen Koalitionsparteien an. Die Grünen verharrten in den Umfrageergebnissen um 10%.

    Wahlkampf

     
    Wahlplakate

    Die Haupt-Themen des Wahlkampfs waren die Wirtschaftslage, die Frage nach der Sicherung der Grenzen Australiens gegen illegale Einwanderung und das Problem des globalen Klimawandels.[1] In ihrer Wahlkampferöffnung sprach die Premierministerin Gillard vom „Fortschritt Australiens“ („moving forward“) unter ihrer Regierung und nannte als Ziele eine stärkere Wirtschaft, ausgeglichene Haushalte und ein weltweit vorbildliches Gesundheits- und Bildungssystem. Oppositionsführer Abbott kritisierte die Ansprache als inhaltsarm, machte sich über Gillards ständig wiederholtes moving forward-Mantra lustig und warf Labor vor, die bei der letzte Wahl abgegebenen Versprechen auch nicht eingehalten zu haben. Er erwarte im Wahlkampf eine Schmutzkampagne („a filthy campaign“) von Seiten Labors. Der Grünen-Parteiführer Senator Bob Brown warf beiden Parteien vor, sich nur in gegenseitigen Beschimpfungen zu ergehen und wichtige Probleme wie eine mögliche CO2-Steuer unerwähnt zu lassen. Ein Thema am Rande war auch die religiöse Einstellung der beiden führenden Kandidaten. Gillard ist erklärte Atheistin, hat aber nach eigener Bekundung Respekt vor der Kirche und vor religiösen Überzeugungen.[2] Abbott ist dagegen bekennender Katholik, was einige Kirchenführer, so den Erzbischof von Perth, Barry Hickey, zu Äußerungen veranlasste, bekennende Christen könnten durch den Atheismus der Premierministerin dazu verleitet sein, nicht Labor zu wählen. Dies führte dazu, dass die Premierministerin vor der Wahl vermehrt das Gespräch mit kirchlichen Gruppen suchte.[3]

    Besonderheiten des Wahlrechts

    Wahlberechtigt waren 14.088.260 Australier.[4] In Australien besteht Wahlpflicht. Die insgesamt 150 Abgeordneten des Repräsentantenhauses (House of Representatives) wurden in ebensovielen Einzelwahlkreisen nach einem Rangfolgewahlrecht (Instant-Runoff-Voting) gewählt. Ein durchschnittlicher Wahlkreis hat 93.921 Wähler (Minimum: 59.879 im Wahlkreis Solomon (NT), Maximum: 124.215 im Wahlkreis Canberra).[5] Bei der jetzigen Wahl wurden 40 der insgesamt 76 Mitglieder des australischen Senats (dem Oberhaus) neu gewählt. Die Wahl erfolgte nach einem Wahlmodus mit übertragbarer Einzelstimmgebung. Vor der Wahl waren die Wahlkreisgrenzen durch die Australian Electoral Commission aufgrund der veränderten Bevölkerungsverhältnisse zum Teil neu gezogen worden.

    Ergebnisse

    Gewonnene Wahlkreise nach Bundesstaaten

    Die gewonnenen Wahlkreise verteilen sich auf die Bundesstaaten bzw. Verwaltungseinheiten New South Wales (NSW), Victoria (VIC), Queensland (QLD), Western Australia (WA), South Australia (SA), Tasmanien (TAS), Australian Capital Territory (ACT) und Northern Territory (NT) wie folgt:[6]

    Partei NSW VIC QLD WA SA TAS ACT NT Gesamt (2010) Gesamt (2007)
      Australian Labor Party 26 22 8 3 6 4 2 1 72 83
      Liberal Party of Australia 16 12 0 11 5 0 0 0 44 55
      Liberal National Party of Queensland 0 0 21 0 0 0 0 0 21 0
      Nationale Partei Australiens 4 2 0 1 0 0 0 0 7 10
      Grüne 0 1 0 0 0 0 0 0 1 0
      Parteiunabhängige Kandidaten 2 0 1 0 0 1 0 0 4 2
      Country Liberals 0 0 0 0 0 0 0 1 1 0
      Gesamt 48 37 30 15 11 5 2 2 150 150

    Ergebnis der Wahlen zum Senat

    Die Wahlbeteiligung zum Senat betrug 95,17% (Wahlpflicht), 2,55% der Stimmen waren ungültig.[7][8]

    Neu gewählt wurde die Hälfte der Sitze der Bundesstaaten (6 je Staat, insgesamt 36) sowie sämtliche Sitze der Territorien (2 je Territorium). Die Verteilung dieser neu gewählten Sitze ist in der Spalte „gewonnene Sitze“ angegeben. Die Spalte „Sitze insgesamt“ zeigt die Zahl der Mandate unter Einbeziehung der 36 Sitze, die nicht zur Wahl standen.

    Es handelt sich um getrennte Wahlen für jeden einzelnen Bundesstaat bzw. jedes Territorium. Die nachfolgende Tabelle zeigt die zusammengefassten Ergebnisse. Wegen der getrennten Wahlen ist die Stimmenverteilung allerdings nicht unmittelbar in die Sitzverteilung umzurechnen.

      Partei Stimmen % Gewonnene
    Sitze
    Sitze
    insgesamt
    Änderung
      Australian Labor Party 5.101.200 40,30 18 32 +4
      Liberale/Nationale Partei/CLP (Koalition)[9] 5.055.095 39,94 18 37 –2
      Australian Greens 1.144.751 9,04 3 5 +1
      Family First Party 204.788 1,62 0 1 0
      Australian Democrats 162.975 1,29 0 0 –4
      Pauline's United Australia Party 141.268 1,12 0 0 0
      Christian Democratic Party 118.614 0,94 0 0 0
      Democratic Labor Party 115.966 0,92 0 0 0
      Shooters Party[10] 84.148 0,66 0 0 0
      Climate Change Coalition 78.763 0,62 0 0 0
      What Women Want 58.803 0,46 0 0 0
      One Nation 52.708 0,42 0 0 0
      The Fishing Party 47.379 0,37 0 0 0
      Australian Fishing and Lifestyle Party 24.902 0,20 0 0 0
      Carers Alliance 24.393 0,19 0 0 0
      Liberty and Democracy Party 16.942 0,13 0 0 0
      Conservatives for Climate and Environment 9.988 0,08 0 0 0
      Socialist Alliance 9.525 0,08 0 0 0
      Citizens Electoral Council 8.677 0,07 0 0 0
      Senator On-Line 8.048 0,06 0 0 0
      Non-Custodial Parents Party 6.385 0,05 0 0 0
      Socialist Equality Party 4.542 0,04 0 0 0
      Hear Our Voice 2.041 0,02 0 0 0
      Nuclear Disarmament Party 446 0,00 0 0 0
      Unabhängige 174.458 1,38 1 1 +1
      Gesamt 12.656.805   40 76

    Einzelnachweise

    1. a b Battlelines drawn for August 21 poll, ABC, Meldung vom 17. Juli 2010
    2. Atheist Gillard says she respects church, The Sydney Morning Herald, 29. Juli 2010
    3. Gillard to talk to churches, The Sydney Morning Herald, 5. August 2010
    4. First Preference by Party Virtual Tally Room, Australian Electoral Commission, abgerufen 21. August 2010
    5. Demographic Classification of Divisions, Australian Electoral Commission
    6. The Official 2010 Federal Election Results, Australian Electoral Commission
    7. UWA election summaries
    8. Upper house results: AEC
    9. Die Gesamtzahl der 37 Sitze umfasst Liberale, 4 Nationale Partei (2 NSW, 2 QLD), 1 CLP (NT).
    10. In New South Wales bestand ein Wahlbündnis mit der Australian Fishing and Lifestyle Party. Die Ergebnisse wurden der Shooters Party angerechnet.
    Commons: Parlamentswahlen in Australien 2010 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien