In der Analysis heißt eine Funktion f von einem Intervall I (oder allgemeiner einer konvexen Teilmenge C eines reellen Vektorraums) nach R konvex, wenn für alle x, y aus I (bzw. aus C) und t zwischen 0 und 1 gilt:

Anschaulich bedeutet die Definition: Die Funktionswerte zwischen zwei Werten x,y liegen unterhalb der Verbindungsgeraden der beiden Funktionswerte an x und y.
Gilt des Ungleichheitszeichen in die umgekehrte Richtung, also
für alle x, y aus I und t zwischen 0 und 1 gilt, so wird die Funktion als konkav bezeichnet. Vereinzelt (z.B. in Bronstein-Semendjajew) wird der hier verwendete Begriff "konvex" als "konvex von unten" und im Gegensatz dazu "konkav" als "konvex von oben" bezeichnet.
Eine Funktion heißt streng konvex, wenn für alle x,y aus I (bzw. C) und t zwischen 0 und 1 gilt:
- .
Analog heißt eine Funktion streng konkav, wenn für alle x,y aus I (bzw. C) und t zwischen 0 und 1 gilt:
- .
Die besondere Bedeutung konvexer bzw. konkaver Funktionen liegt darin, dass sie allgemeiner als lineare Funktionen sind, aber viele einfach zu untersuchende Eigenschaften haben, die viele Aussagen über nichtlineare Systeme, insbesondere über nicht-lineare Optimierungsprobleme ermöglichen.
Eigenschaften
Graph
Der Graph einer konvexen Funktion ist so gewölbt, dass die Menge der Punkte oberhalb des Graphen eine konvexe Menge ist, Der Graph einer konkaven Funktion ist so gewölbt, dass die Menge der Punkte unterhalb des Graphen eine konvexe Menge ist. Zu beachten ist, dass eine nicht-konvexe Funktion nicht automatisch konkav sein muss, d.h. konvex und konkav sind hier nicht das exakte Gegenteil voneinander. Jede lineare Funktion ist sowohl konkav als auch konvex, und die Sinusfunktion ist keins von beiden (weder die Menge der Punkte oberhalb des Graphen noch die der Punkte unterhalb des Graphen ist eine konvexe Menge).
Verhältnis konvex und konkav
Eine Funktion f ist genau dann konvex (konkav), wenn die Funktion -f konkav (konvex) ist.
Umkehrfunktion
Ist invertierbar und setzt man , so erhält man für eine konvex Funktion
- .
Für eine monoton steigende Funktion gilt also
- ,
für eine invertierbare monoton steigende und konvexe (konkave) Funktion hat daher die Umkehrfunktion die umgekehrte Art der Konvexität, ist also monoton steigend und konkav (konvex), siehe z.B. und .
Für eine monoton fallende Funktion gilt hingegen
- ,
für eine invertierbare monoton fallende und konvexe (konkave) Funktion hat daher die Umkehrfunktion die gleiche Art der Konvexität, ist also streng monoton steigend und konvex (konkav), siehe z.B. auf bzw. .
Konvexität und erste Ableitung
Ist f: differenzierbar, dann gilt
- f ist genau dann konvex, wenn ihre Ableitung wachsend ist, und genau dann streng konvex, wenn streng monoton wachsend ist.
- Konvexe Funktionen liegen oberhalb der Tangente, also , wobei für streng konvex für gilt. Aus dieser Beziehung folgt beispielsweise die Verallgemeinerung der Bernoullischen Ungleichung für reelle r mit oder .
- f ist genau dann konkav, wenn ihre Ableitung fallend ist, und genau dann streng konkav, wenn streng monoton fallend ist.
- Konkave Funktionen liegen unterhalb der Tangente, also , wobei für streng konkav für gilt. Aus dieser Beziehung folgt beispielsweise die Verallgemeinerung der Bernoullischen Ungleichung für reelle r mit .
Konvexität und zweite Ableitung
Ist die Funktion f: zweimal stetig differenzierbar, dann gilt
- f ist genau dann konvex, wenn nichtnegativ ist. Ist positiv, so ist die Funktion streng konvex; bei streng konvexen Funktionen kann die zweite Ableitung aber einzelne Nullstellen haben, wie das Beispiel für zeigt.
- f ist genau dann konkav, wenn nichtpositiv ist. Ist negativ, so ist die Funktion streng konkav; bei streng konkaven Funktionen kann die zweite Ableitung aber einzelne Nullstellen haben, wie das Beispiel für zeigt.
Ist die Funktion f: zweimal stetig differenzierbar, dann gilt
- f ist genau dann konvex, wenn die Hesse-Matrix von f positiv semidefinit ist. Ist die Hesse-Matrix von f positiv definit, so ist f strikt konvex.
- f ist genau dann konkav, wenn die Hesse-Matrix von f negativ semidefinit ist. Ist die Hesse-Matrix von f negativ definit, so ist f strikt konkav.
Extremwerte
- Ein lokales Minimum einer konvexen Funktion ist auch ein globales Minimum. Eine strikt konvexe Funktion hat höchstens ein globales Minimum. Eine stetige strikt konvexe Funktion auf einer kompakten konvexen Menge hat auf dieser Menge genau ein globales Minimum. hat aber beispielsweise kein globales Minimum für .
- Ein lokales Maximum einer konkaven Funktion ist auch ein globales Maximum. Eine strikt konkave Funktion hat höchstens ein globales Maximum.Eine stetige strikt konkave Funktion auf einer kompakten konvexen Menge hat auf dieser Menge genau ein globales Maximum. hat aber beispielsweise kein globales Maximum für .
Da konvexe bzw. konkave Funktionen die Eindeutigkeit von Extremwerten sicherstellen, spielen sie in der nicht-linearen Optimierung eine wichtige Rolle.
Verknüpfungen
Linearkombination
Sind und zwei konvexe (konkave) Funktionen, so ist auch jede Linearkombination mit nichtnegativen Koeffizienten wieder konvex (konkav).
Grenzwert
Der Grenzwert einer punktweise konvergenten Folge konvexer (konkaver) Funktionen ist auch wieder eine konvexe (konkave) Funktion. Ebenso ist die Summe einer punktweise konvergenten Reihe konvexer (konkaver) Funktionen ist auch wieder eine konvexe (konkave) Funktion.
Supremum konvexer Funktionen
Ist eine Menge konvexer Funktionen, und existiert punktweise das Supremum
für alle x, so ist auch f eine konvexe Funktion.
Infimum konkaver Funktionen
Ist eine Menge konkaver Funktionen, und existiert punktweise das Infimum
für alle x, so ist auch f eine konkave Funktion.
Jensensche Ungleichung
Für konvexe und konkave Funktionen gilt die Jensensche Ungleichung.
Der Fall t<0 bzw. t>1
Für oder dreht sich das Ungleichheitszeichen um, für konvexe Funktionen gilt dann also
sofern noch im Intervall I (bzw. in der konvexen Menge C) ist. Um das zu sehen sei beispielsweise , dann gilt , wegen Konvexität also
- , somit
- .
Konvexität und Stetigkeit
Jede auf einem offenen Intervall konvexe Funktion ist stetig. Setzt man umgekehrt Stetigkeit voraus, so reicht für Konvexität bereits die Bedingung, dass für alle x,y aus I gilt:
- .
Beispiele
- Die Funktion f(x) = x2 ist auf ganz R streng konvex, denn f '(x) = 2x ist streng monoton wachsend.
- Die Funktion f(x) = -x2 ist auf ganz R streng konkav, denn f '(x) = -2x ist steng monoton fallend.
- Die Wurzelfunktion f(x) = √x ist streng konkav auf dem Intervall [0, ∞) der nichtnegativen reellen Zahlen.
- Die Exponentialfunktion ist streng konvex auf ganz R.
- Die Logarithmusfunktion ist streng konkav auf dem Intervall (0, ∞).
- Die Betragsfunktion f(x) = |x| ist auf ganz R konvex, aber nicht streng konvex.
- Die negative Betragsfunktion f(x) = -|x| ist auf ganz R konkav, aber nicht streng konkav.
- Die Funktion f(x) = x3 ist konkav für x ≤ 0 und konvex für x ≥ 0.
- Die Funktion f(x) = 1/x ist streng konvex auf dem Intervall (0, ∞) der positiven reellen Zahlen und streng konkav auf dem Intervall (-∞, 0) der negativen reellen Zahlen.
Konvexität, Beschränktheit und Stetigkeit
Schwächere Definition der Konvexität
Setzt man Stetigkeit voraus, so reicht für Konvexität bereits die Bedingung, dass für alle x,y einer konvexen Teilmenge C eines reellen topologischen Vektorraums gilt:
- .
Um dies zu sehen, betrachtet man die Menge aller "guten" , die durch
definiert ist. Seien nun . Dann gilt
-
- .
Somit ist dann auch und analog auch .
Laut Voraussetzung ist . Man erhält damit sukzessive Damit ist eine dichte Teilmenge des Intervalls ; wegen der Stetigkeit von enthält daher alle Zahlen des Intervalls.
Gegenbeispiel ohne Stetigkeit
Dass Stetigkeit für die schwächere Definition wirklich benötigt wird, lässt sich mit folgendem Gegenbeispiel zeigen: Ist eine Hamelbasis des Vektorraums der reellen Zahlen über dem Körper der rationalen Zahlen, also eine über den rationalen Zahlen linear unabhängige Menge reeller Zahlen, in der jede reelle Zahl eine Darstellung der Art mit nur endlich vielen rationalen hat, so erfüllt bei beliebiger Wahl von die Funktion zwar , ist aber nicht notwendigerweise konvex.
Beschränktheit und Konvexität
Setzt man für eine Funktion f zusätzlich zur Bedingung dass für alle x,y aus einer konvexen Teilmenge C eines normierten Vetkorraums die Beziehung
gilt, noch voraus, dass f nach oben beschränkt ist, so folgt daraus bereits die Stetigkeit von f in den inneren Punkten von C. Anschaulich wird dies daraus klar, dass man an einer Unstetigkeitsstelle eine beliebig steile Verbindungsgerade zwischen zwei Funktionswerten ziehen kann, wobei die Funktion zwischen den beiden Werten unterhalb der Verbindungsgeraden und außerhalb der beiden Werte oberhalb der Verbindungsgerade liegen muss. Kann die Verbindungsgerade nun beliebig steil werden, so stößt man irgendwann über die obere Schranke der Funktion.
Formal ist der Beweis allerdings etwas komplizierter. Zunächst beachte man, dass aus den obigen Voraussetzungen für natürliche Zahlen n und
folgt, dass
bzw.
- .
Sei nun a ein beliebiger innerer Punkt von C und
eine zur Gänze in C enthaltene offene Kugel um . Wäre nun f nicht stetig in a, so gäbe es ein sodass für jedes ein x existiert, sodass zwar aber . Sein nun so gewählt, dass
- ,
wobei M eine obere Schranke für f sei. Wählt man nun , so existiert also ein x mit
aber
- .
Angenommen, . Dann gilt für
- .
Das kann aber nicht sein, da . Daher liegt y in C und es muss gelten.
Sei daher . Dann gilt für
- .
Das kann aber auch nicht sein, da . Daher liegt auch z in C und es muss ebenfalls gelten.
f muss daher stetig in a sein.
Die Aussage, dass eine konvexe beschränkte Funktion stetig in den inneren Punkten ist, ist auch bedeutsam für das Lösen der Funktionalgleichung
- .
Aus dieser Aussage folgt nämlich, dass diese Funktionalgleichung eine eindeutige Lösung hat, wenn zusätzlich gefordert wird, dass f beschränkt ist.
Unendlichdimensionaler Fall
Im unendlichdimensionalen Fall brauchen konvexe Funktionen nicht stetig sein, da es lineare (also somit auch konvexe) Funktionale gibt, die nicht stetig sind. Allerdings gilt, dass beschränkte konvexe Funktionale eines normierten Vektorraums stetig sind.
Endlichdimensionaler Fall
Innere Punkte
Konvexe Funktionen f einer konvexen Teilmenge C des endlichdimensionalen reellen Vektorraums sind stetig in den inneren Punkten. Um das zu sehen, betrachte man einen inneren Punkt . Für diesen existiert ein Simplex mit den Eckpunkten , der wieder als inneren Punkt enthält. Jeder Punkt ist aber in der Form
mit
und für alle darstellbar. Nach der Jensenschen Ungleichung gilt nun
- .
f ist daher nach oben beschränkt und somit, wie oben gezeigt wurde, stetig im inneren Punkt a.
Randpunkte
In Randpunkten können konvexe Funktionen unstetig sein, wie das Beispiel der Funktion mit
zeigt, die zwar konvex ist, aber am Randpunkt eine Unstetigkeit aufweist.
Literatur
- Harro Heuser, Lehrbuch der Analysis (Teil 1), 10. Auflage, B. G. Teubner, Stuttgart, 1993. ISBN 3-519-32231-5.
- I. P. Natanson, Theorie der Funktionen einer reellen Veränderlichen, 4. Auflage, Verlag Harri Deutsch, Thun, 1981. ISBN 3-87144-217-8.