Ausländische Militärbasen in Deutschland
Vor 1945
Die ersten dauerhaften Militärbasen im Gebiet des heutigen Deutschland dürften die römischen Legionsstützpunkte, später Festungen, an Rhein und Donau in den damaligen römischen Provinzen Germania Inferior und Germania Superior gewesen sein, aus denen u.a. die Städte Köln und Mainz hervorgegangen sind. Im Laufe der Jahrhunderte hat es bei kriegerischen Auseinandersetzungen auf dem Gebiet des heutigen Deutschland immer wieder temporäre militärische Stützpunkte fremder Mächte gegeben. Insbesondere im Dreißigjährigen Krieg 1618-1648, im Verlauf der Napoleonischen Kriege bzw. Befreiungskriege zwischen 1806 und 1815 sowie bei der Ruhrbesetzung 1923-1925 nach dem ersten Weltkrieg gab es aber auch dauerhaftere Stützpunkte ausländischer Streitkräfte in Deutschland. In Friedenszeiten gab es in der Regel keine ausländische militärische Präsenz auf deutschem Boden.
1945 bis 1989
Am Ende des Zweiten Weltkrieges war Deutschland von den Truppen der Siegermächte Vereinigte Staaten, Großbritannien, Frankreich und Sowjetunion besetzt. Ein großer Teil dieser Streitkräfte wurde zügig wieder in deren Heimat verlegt oder komplett demobilisiert. Ein Teil blieb als Besatzungstruppen im Land und wurde auf eine Vielzahl von der besiegten Deutschen Wehrmacht übernommener oder neu errichteter Einrichtungen in Deutschland verteilt. Der Ausbruch des Kalten Krieges machte die Zusammenlegung aller vier alliierten Besatzungszonen zu einem Gesamtdeutschland unmöglich und führte 1949 zur separaten Staatsgründung der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik.
Diese beiden deutschen Staaten wurden in die jeweiligen Militärbündnisse der gegnerischen Blöcke eingebunden (Beitritt der Bundesrepublik zu WEU und NATO 1955, Einbindung der DDR in den 1955 gegründeten Warschauer Pakt). Durch die Pariser Verträge von 1954 wurde in der Bundesrepublik das eigentliche Besatzungsstatut von 1949 abgelöst und die Stationierung nunmehr offiziell verbündeter westlicher Truppen geregelt. Der Beitritt zur NATO machte die Verlegung weiterer NATO-Streitkräfte (z. B. aus Kanada, den Niederlanden und Belgien) in die Bundesrepublik möglich. In der Deutschen Demokratischen Republik war während ihres Bestehens die Gruppe der Sowjetischen Streitkräfte in Deutschland (ab 1988 „Westgruppe“) der Sowjetarmee stationiert. Durch die Gründung des Warschauer Paktes und den bilateral abgeschlossenen „Vertrag über Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitigen Beistand“ (Stationierungsabkommen) wurden auch in der DDR aus den sowjetischen Besatzungstruppen offiziell Verbündete.
1990 bis heute
Dieser Stationierungszustand hielt im Wesentlichen unverändert bis zur Wiedervereinigung 1990 an. Im Zwei-plus-Vier-Vertrag wurden auch die militärischen Fragen im Zusammenhang mit der deutschen Vereinigung geregelt: das vereinigte Deutschland würde Mitglied der NATO bleiben, die etwa 500.000 sowjetischen Soldaten sollten bis Ende 1994 vollständig aus dem Gebiet der ehemaligen DDR abziehen. Nach diesem Ende der Ost-West-Konfrontation reduzierten auch die NATO-Verbündeten ihre militärische Präsenz in Deutschland drastisch. Die USA reduzierten ihre Truppen zwischen 1990 und 2000 von über 300.000 auf etwa 70.000 Soldaten. Kanada und Belgien zogen ihre in Deutschland stationierten Verbände komplett in die Heimat ab.
Es existieren in Deutschland aber (neben der Bundeswehr) auch weiterhin zahlreiche militärische Stützpunkte von verbündeten Streitkräften, vor allem die der United States Army (Heer), der United States Air Force (Luftwaffe) und der British Forces Germany (BFG). Die Vereinigten Staaten stellen dabei mit ungefähr 70.000 US-Militärangehörigen das größte ausländische Kontingent in Deutschland und sind vorwiegend in Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz stationiert. Die Britischen Streitkräfte in Deutschland sind noch mit rund 20.000 Militärangehörigen hauptsächlich in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen stationiert.
Das französische Heer ist seit 2008 nur noch an den Stützpunkten der Deutsch-Französischen Brigade in Deutschland vertreten.[1] Die Niederlande sind im 1. Deutsch-Niederländischen Korps vertreten.
Kosten der Stationierung
Die ausländischen Streitkräfte haben stets der Bundesrepublik oder der DDR die Mehrheit der Kosten für den Unterhalt ihrer Präsenz in Deutschland in Rechnung gestellt. Der Unterhalt für die sowjetische Armee in der DDR kostete von 1970 bis 1984 zwischen 622 und 812 Millionen DDR-Mark – jährlich. Dies entsprach zwischen 3,1 und 9 Prozent der Ausgaben für Landesverteidigung in der DDR.[2] Die Bundesrepublik machte 1990 Hilfszusagen zur Wiedereingliederung der sowjetischen Truppen in die sowjetische Gesellschaft z. B. durch den Bau von Wohnungen.
Heute werden neben der kostenfreien Überlassung von Arealen zur militärischen Nutzung z. B. Kosten für anstehende Renovierungen und Neubauten dieser Militäreinrichtungen aus Steuermitteln der Bundesrepublik Deutschland finanziert. Eine Veröffentlichung des Bundesfinanzministeriums von 2005 veranschlagt die „Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte“ auf rund 123,3 Millionen EUR Ausgaben, denen 24,9 Millionen EUR Einnahmen gegenüber stehen. Eine genaue jährliche Auflistung ist schwierig, da z. B. im Bundeshaushalt zahlreiche Einzeltitel Gelder bereitstellen.[3]
Stationierungsgründe und politische Kontroverse
Politisch wurde die Stationierung ausländischer Streitkräfte in Ost und West stets kontrovers beurteilt. In der Deutschen Demokratischen Republik war eine offene gesellschaftliche Debatte über die Stationierung der sowjetischen Streitkräfte nicht möglich. Außerdem waren die sowjetischen Streitkräfte an der gewaltsamen Niederschlagung des Volksaufstandes vom 17. Juni 1953 beteiligt. In der Bundesrepublik spiegelte sich diese Kontroverse in den Wahlprogrammen konkurrierender Parteien zum Bundestag oder in der Gründung von pazifistischen Bürgerinitiativen wider. Insgesamt beurteilte aber eine stabile Mehrheit die Stationierung der NATO-Truppen als notwendiges Gegengewicht zur Sowjetunion. Die Stationierung sollte aus Sicht der verschiedenen Bundesregierungen und der NATO der militärischen Notwendigkeit im Rahmen der Doktrin der „Vorneverteidigung“ Rechnung tragen, vor allem aber den politischen Zusammenhalt des Bündnisses sichern, nach dessen Doktrin der Angriff auf ein Bündnismitglied als Angriff auf alle Bündnismitglieder zu werten war. Unübertreffbar knapp und zynisch fasste der erste Generalsekretär der NATO, Baron Ismay, den Auftrag der NATO während ihrer Gründungsjahre mit den Worten: „to keep the Americans in, the Russians out and the Germans down“ zusammen.
Nach Ende des Ost-West-Konfliktes wird der Fortbestand der NATO und damit der Stationierung ausländischer Truppen in Deutschland erneut kontrovers diskutiert. In Deutschland fordern die extreme Linke und die extreme Rechte aus unterschiedlichen Motiven ebenso wie Pazifisten einen Austritt aus der NATO und die Beendigung der ausländischen Militärpräsenz. Die Bundesregierungen sowie Mehrheiten fast aller im Bundestag vertretener Parteien betonen dagegen weiterhin den überragenden politischen und militärischen Nutzen der Einbettung der Bundesrepublik in die westliche Wertegemeinschaft und ihrer multilateralen, auch militärischen, Strukturen.
Auflistung wichtiger Einrichtungen
- NATO-Kommando Allied Command Europe Rapid Reaction Corps (ARRC, schnelle Krisenreaktionkräfte) Mönchengladbach
- Hauptquartier der US-Gesamtstreitkräfte für den Aufgabenbereich Europa (US-EUCOM) – Stuttgart-Vaihingen
- Hauptquartier der US-Gesamtstreitkräfte für den Aufgabenbereich Afrika (US-AFRICOM) – Stuttgart-Möhringen
- Hauptquartier der US-Heeresstreitkräfte in Europa (US Army Europe, USAREUR) – Heidelberg
- Hauptquartier der United States Marine Corps Forces Europe (USMARFOREUR) – Böblingen
- SOCEUR (Special Operations Command Europe, Spezialkräfte der US-Streitkräfte) – Stuttgart-Vaihingen
- NATO Air Base Geilenkirchen (Standort der AWACS-Flugzeuge) – Geilenkirchen
- Hauptquartier der US-Luftwaffe Europa – Ramstein
- Landstuhl Regional Medical Center – Landstuhl
- Hauptquartier der britischen Landstreitkräfte in Deutschland – Mönchengladbach-Rheindahlen
Regionale Auflistung
Nachfolgend eine Auflistung der aktiven militärischen Einrichtungen (ohne Wohngebiete, reine Betriebsflächen etc.). Die Abkürzungen hinter den einzelnen Einrichtungen beschreiben den Betreiber: USA = United States Army, USAFE = United States Air Force, Europe, USMAR = United States Marine Corps, GB = British Forces Germany, FF = Französisches Heer, NL = Niederländische Streitkräfte, CF = Kanadische Streitkräfte.
- Panzerkaserne (USMAR, USA) (48° 40′ 53″ N, 9° 2′ 45″ O )
- Fürstenbergkaserne (früher Quartier Turgis de Colbert) (FF)
Französische Elemente der Deutsch-Französischen Brigade
- Campbell Barracks (USA) (wird 2015 geschlossen)
- Heidelberg Army Airfield (USA) (49° 23′ 34″ N, 8° 39′ 2″ O )
- Patton Barracks (USA) (wird 2015 geschlossen)
- Oberfeldwebel-Schreiber-Kaserne (FF)
Französische Elemente der Deutsch-Französischen Brigade
- AFN Europe
- Benjamin Franklin Village (Käfertal) (wird 2014 geschlossen)
- Coleman Barracks (Sandhofen) (USA) (49° 33′ 38″ N, 8° 27′ 52″ O ) (wird 2015 geschlossen)
- Funari Barracks (Käfertal) (USA) (wird 2014 geschlossen)
- Spinelli Barracks (Feudenheim) (USA) (wird 2015 geschlossen)
- Sullivan Barracks (Käfertal) (USA) (wird Dezember 2010 geschlossen)
- Taylor Barracks (Vogelstang) (USA) (wird 2010 geschlossen)
- Stem Kaserne (Seckenheim) (USA)
- Hammond Barracks (Seckenheim) (USA)
- Robert-Schuman-Kaserne (früher Quartier Turenne) (FF)
Französische Elemente der Deutsch-Französischen Brigade
- Kilbourne Barracks (USA)
- Tompkins Barracks (USA)
- Stuttgart Army Airfield (Leinfelden-Echterdingen) (USA) (48° 41′ 31″ N, 9° 11′ 44″ O )
- Kelley Barracks (Stuttgart-Möhringen) (USA)
- Patch Barracks (Stuttgart-Vaihingen) (USA) (48° 44′ 6″ N, 9° 4′ 51″ O )
- Robinson Barracks (Stuttgart-Bad Cannstatt) (USA)
- Katterbach Heliport (USA) (49° 18′ 47″ N, 10° 38′ 34″ O )
- Barton Barracks (USA)
- Shipton Kaserne (Oberdachstetten) (USA)
- Bamberg Airfield (USA)
- Warner Barracks (USA) (49° 54′ 54″ N, 10° 56′ 45″ O )
- Artillery Kaserne (USA)
- Sheridan Barracks (USA)
- Joint Multinational Readiness Center (JMRC) (USA) (49° 13′ 58″ N, 11° 49′ 17″ O )
- Storck Barracks (USA) (49° 28′ 41″ N, 10° 23′ 7″ O )
- Conn Barracks (USA) (50° 3′ 13″ N, 10° 10′ 21″ O )
- Ledward Barracks (USA)
- Rose Barracks (USA) (49° 42′ 16″ N, 11° 43′ 9″ O )
- Bremerhaven Terminal (USA)
- Campbell Barracks (GB)
- Haig Barracks (GB)
- Trenchard Barracks (GB)
- St Barbara Barracks (GB)
- Lumsden Barracks (GB)
- Wessex Barracks (GB)
- Gordon Barracks (GB)
- Catterick Barracks (GB)
- Rochdale Barracks (GB)
- Tower Barracks (GB) (wird 2014 geschlossen)
- NATO Air Base Geilenkirchen (USAFE) (50° 57′ 34″ N, 6° 2′ 31″ O )
- Selfkant-Kaserne (CF)
- Mansergh Barracks (GB)
- Princess Royal Barracks (GB)
- BFBS Radio Germany
- Hammersmith Barracks (GB)
- Wentworth Barrack (GB)
- Harewood Barracks (GB)
- Joint Headquarters (JHQ) Rheindahlen (GB) (wird 2014 geschlossen)
- Oxford Barracks (GB)
- York Barracks (GB)
- Prins-Claus-Kaserne (NL)
- Blücher Kaserne (NL)
- Niederländische Elemente des Deutsch-Niederländischen Korps
- Elmpt Station (GB), bis 2002 RAF Brüggen
(wird 2014 geschlossen)
- Antwerp Barracks (GB) (Sennelager)
- Barker Barracks (GB)
- Dempsey Barracks (GB) (Sennelager)
- Normandy Barracks (GB) (Sennelager)[4]
- Alanbrooke Barracks (GB)
- Athlone Barracks (GB) (Sennelager)
- Talbot Barracks (GB) (Sennelager)
- Baumholder Airfield (USA)
- Smith Barracks (USA)
- Wetzel Kaserne (USA)
- Anderson Barracks (USA) (49° 50′ 58″ N, 8° 17′ 37″ O )
- Germersheim Army Depot (USA)
- Daenner Kaserne (USA)
- Einsiedlerhof Air Station (USAFE)
- Kaiserslautern Army Depot (USA, USAFE)
- Kleber Kaserne (USA)
- Panzer Kaserne (USA)
- Pulaski Barracks (USA)
- Rhine Ordnance Barracks (USA)
- Landstuhl Regional Medical Center (LRMC) (USA, USAFE) (49° 24′ 12″ N, 7° 33′ 39″ O )
- Polygone Station Bann-Kahlenberg
- Ramstein Air Base (USAFE) (49° 26′ 20″ N, 7° 35′ 59″ O )
- Spangdahlem Air Base (USAFE) (49° 58′ 33″ N, 6° 41′ 47″ O )
- McCully Barracks (USA)
Siehe auch
Weblinks
- Standortliste der „AG Friedensforschung an der Uni Kassel“
- Fotografien, Dokumente und detaillierte Skizzen amerikanischer Militärbasen in Deutschland (englisch)
- Die Transformation der US-Streitkräfte in Europa
- US-Stützpunkte in Deutschland (englisch)
- US-Streitkräfte in Deutschland (deutsch, incl. rechtlicher Grundlagen und Konsequenzen der Stationierung für Deutschland; PDF-Datei; 3,21 MB)
- www.zone-interdite.net flashanimierte Weltkarte mit militärischen Zonen (deutsch/englisch)
- [1] Übersicht Stationierungskosten Bundeshaushalt 2005 (PDF-Datei; 19 kB)
Einzelnachweise
- ↑ Zu den Planungen der französischen Regierung vgl.: Bundeswehr nach Frankreich. Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 278/2008, 27. November 2008, S. 2.
- ↑ Stajukow, Silke: Besatzer. „Die Russen“ in Deutschland 1945–1990, Göttingen 2008, S. 103 ff.
- ↑ Vgl. im Bundeshaushalt 2007 z. B. die Titel 0814-88304, 0814-71203 und 1402-53301.
- ↑ http://translate.google.de/translate?hl=de&sl=en&u=http://baor-locations.com/sitemap.aspx&sa=X&oi=translate&resnum=2&ct=result&prev=/search%3Fq%3Dbaor-locations.com%26num%3D100%26hl%3Dde%26newwindow%3D1%26sa%3DG