Washington Mutual (kurz WaMu) war eines der größten US-amerikanischen Finanzunternehmen im Bankenbereich mit Sitz in Seattle. Das Unternehmen war im S&P 500 gelistet. Washington Mutual war im Bereich der Vermögensverwaltung die sechstgrößte Bank der USA mit einem Wert von rund 350,7 Milliarden Dollar.
Washington Mutual, Inc.
| |
---|---|
![]() | |
Rechtsform | Aktiengesellschaft |
Gründung | 25. September 1889 |
Sitz | Seattle, Vereinigte Staaten |
Leitung | Alan H. Fishman (CEO) |
Mitarbeiterzahl | 49.403 (2007) |
Umsatz | 26,523 Mrd. US-Dollar (2007)[1] |
Branche | Banken |
Website | www.wamu.com |
Washington Mutual bot seinen Kunden verschiedene Finanzdienstleistungen an, darunter Hypotheken, Kreditkartenservice, Investmentfinanzierungen und Darlehen.
Am 25. September 2008 brach Washington Mutal unter der Last der Finanzkrise zusammen. Sie wurde in einem Notverkauf zu weiten Teilen vom Finanzkonzern J.P. Morgan Chase übernommen.[2]
Unternehmensgeschichte
Washington Mutual wurde als Washington National Building Loan and Investment Association am 25. September 1889 nach dem Großbrand in Seattle gegründet. Der Name wechselte am 25. Juni 1908 zu Washington Savings and Loan Association.
Am 25. Juli 1930 erwarb Washington Mutual das Unternehmen Continental Mutual Savings Bank.
Der Marketingslogan des Unternehmens wurde The Friend of the Family.
1983 erwarb das Unternehmen das Finanzunternehmen Murphy Favre. In der Folgezeit erwarb Washington Mutual insbesondere Hypothekenanbieter wie PNC Mortgage, Fleet Mortgage und Homeside Lending und wurde zum drittgrößten Hypothekenanbieter in den Vereinigten Staaten.
Im März 2006 zog das Unternehmen in sein neues Hauptquartier, das WaMu Center in Seattle um. Das ehemalige Hauptquartier des Unternehmens, der Washington Mutual Tower, lag einen Block vom neuen Sitz entfernt.
Nach einer Reihe von Bankenfusionen in den 1980er und 1990er Jahren ist die Washington Mutual die einzige verbliebene größere Bank mit Sitz in Seattle. Washington Mutual hatte zwar als einfache Sparkasse begonnen, mit dem Immobilienboom der vergangenen Jahre ihre Aktivitäten aber besonders auf den durch geringerklassige Sicherheiten (Subprime-Markt) problematischen Hypothekenmarkt der USA ausgerichtet.
Die Bank hatte zur Jahresmitte 2008 43.000 Mitarbeiter in über 2200 Zweigstellen verteilt auf 15 amerikanische Bundesstaaten.[3]
Liste von Erwerbungen
- Commercial Capital Bancorp, Kalifornien, 2006
- Providian Financial Corporation, Kalifornien, 2005
- HomeSide Lending, Inc., Florida, eine Einheit von National Australia Bank, 2002
- Dime Bancorp, Inc., New York, 2002
- Fleet Mortgage Corp., South Carolina, 2001
- Bank United Corp., Texas, 2001
- PNC Mortgage, Illinois, 2001
- Alta Residential Mortgage Trust, Kalifornien, 2000
- Long Beach Financial Corp., Kalifornien, 1999
- Industrial Bank, Kalifornien, 1998
- H.F. Ahmanson & Co. (Home Savings of America), Kalifornien, 1998
- Great Western Bank, 1997
- United Western Financial Group, Inc., Utah, 1997
- Keystone Holdings, Inc. (American Savings Bank), Kalifornien, 1996
- Utah Federal Savings Bank, 1996
- Western Bank, Oregon, 1996
- Enterprise Bank, Washington, 1995
- Olympus Bank FSB, Utah, 1995
- Summit Savings Bank, Washington, 1994
- Far West Federal Savings Bank, Oregon, 1994
- Pacific First Bank, Ontario, 1993
- Pioneer Savings Bank, Washington, 1993
- Great Northwest Bank, Washington, 1992
- Sound Savings & Loan Association, Washington, 1991
- CrossLand Savings FSB, Utah, 1991
- Vancouver Federal Savings Bank, Washington, 1991
- Williamsburg Federal Savings Association, Utah, 1990
- Frontier Federal Savings Association, Washington, 1990
- Old Stone Bank of Washington, FSB, Rhode Island, 1990
Zusammenbruch
Am 25. September 2008 kam es im Zuge der Finanzkrise ab 2007 zum Kollaps der Bank bei Kundeneinlagen von 188 Mrd und Vermögenswerten von 307 Milliarden US-Dollar zur größten Bankenpleite in der Geschichte der USA. Ein Zusammenbruch mit entsprechender Belastung des US-amerikanischen Einlagensicherungsfonds konnte mit einer teilweisen Übernahme durch die US-Bank JP Morgan Chase um 1,9 Mrd. US-Dollar verhindert werden.[4]
Laut Federal Deposit Insurance Corporation (FDIC), der US-amerikanischen Sparkassenaufsicht, war es seit Mitte des Monats zu Mittelabflüssen von 16,7 Milliarden Dollar und damit akuten Liquiditätsproblemen gekommen, sodass die Bank ihren Verpflichtungen nicht mehr nachkommen konnte. Die Verluste in den vergangenen drei Monaten hatten sich auf 6,1 Milliarden Dollar belaufen. Laut Office of Thrift Supervision (OTS), welche die Bank schloss und an die FDIC übergab, war die Bank bis zum Ende liquide[5]. Das Unternehmen war besonders am Markt für Hypotheken engagiert. [6]
Der Schlusskurs der Aktie von Washington Mutual am 25. September betrug lediglich 1,51 US-Dollar, der Höchstkurs der letzten 52 Wochen hatte noch bei 39,25 gelegen. Vor Mitte 2007 hatte sich der Aktienkurs jahrelang in einer engen Bandbreite um 50 US-Dollar bewegt.
Insolvenzverfahren ("Chapter 11")
Nur einen Tag nach Schließung der Washington Mutual Bank (WMB) stellte Washington Mutual Inc. (WMI), die Holding-Gesellschaft der Washington-Mutual-Gruppe, am 27. September 2008 Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Chapter 11 im US-amerik. Recht). Die Anwaltskanzlei Weil, Gotshal & Manges übernahm die Vertretung vom WMI. Im Insolvenzantrag weist WMI $32,9 Mrd. Vermögengegenstände bei $8,2 Mrd. Verbindlichkeiten aus.[7]
In der Folge reichten WMI und Weil bei den Insolvenzgerichten in Delaware und Columbia verschiedene Klagen gegen die FDIC und JP Morgan Chase ein, mit einem Streitwert von über $17 Mrd. Die Holding fordert Erstattung der $6,5 Mrd. Kapitaleinlagen und $4 Mrd. genussscheinähnlicher Wertpapiere (Trust-preferred security), die kurz vor der Insolvenz an die WMB übertragen wurden. Dazu kommen $3 Mrd. Steuerrückzahlungen und $4 Mrd. an Einlagen, die die Holding zum Zeitpunkt der Schließung auf einem Konto bei der WMB unterhalten hatte.[8]
Außerdem fordert WMI faire Entschädigung für die $307 Mrd. an Vermögensgegenständen, die die FDIC für nur $1,9 Mrd. von der WMB an JP Morgan übertragen hat.[9] Nach Einschätzung unabhängiger Experten geht es dabei um mehr als $50 Mrd.[10] Durch eine Gesetzesänderung während des Insolvenzverfahrens stehen WMI für Verlustvorträge aus den letzten 5 Jahren zusätzlich weitere $5,6 Mrd. an Steuererstattungen zu.[11]
Ende Dezember 2009 stoppten WMI und Weil aber plötzlich und ohne Erklärung die eingereichten Klagen und die Verfolgung möglicher Ansprüche. Der US Trustee, angesiedelt beim US Department of Justice und nach amerik. Recht eine übergeordnete Instanz für Chapter 11, berief aus "dringlichen Gründen" eine Aktionärsvertretung ("Equity Committee") ein.[12] Am 28. Januar 2010 genehmigte Richterin Mary Walrath das Equity Committee mit der Begründung, dass WMI "nicht hoffnungslos insolvent ist".[13]
Trotzdem reichten WMI und Weil am 12. März 2010 bei Gericht einen Plan zur Reorganisation ein, der vorsieht, sämtliche Klagen gegen die FDIC und JP Morgan fallenzulassen, Steuererstattungen untereinander aufzuteilen und die WMI-Aktionäre schließlich mangels verbleibender Masse wertlos auszubuchen.[14]
Im Gegenzug hat das Equity Committee mehrere Anträge bei Gericht eingereicht mit der Forderung, Einsicht in die Bücher von WMI und eine vollständige Aufstellung aller Vermögensgegenstände zu erhalten sowie nach mehr als 2 Jahren wieder eine Aktionärsversammlung durchzuführen. Im April 2010 bestätigte das Gericht, dass die Aktionäre auch während einer Insolvenz das Recht auf eine jährlich stattfindende Aktionärsversammlung haben.[15]
Auf Antrag des Equity Committee und nach Vorlage neuester Beweise setzte das Gericht im August 2010 einen unabhängigen Prüfer ("Examiner") ein, der den Auftrag hat, eine vollständige und transparente Aufstellung aller Vermögensgegenstände von WMI zu erstellen, die Erfolgsaussichten der laufenden Klagen gegen die FDIC, JP Morgan sowie möglicherweise weitere Parteien objektiv zu beurteilen. Auf Grund seines Berichts will das Gericht über die Reorganisation und die beantragte Aktionärsversammlung entscheiden.[16]
Einzelnachweise
- ↑ Hoover's: Washington Mutual - Company Overview
- ↑ tagesschau.de, Sparkasse Washington Mutual zusammengebrochen - Größte Banken-Pleite in den USA, 26. Sept. 2008
- ↑ FAZ-Net, 26. September 2008
- ↑ FTD, Milliardenpleite der größten US-Bausparkasse Washington Mutual bricht zusammen, 26. September 2008
- ↑ Office of Thrift Supervision - Fact Sheet (PDF-Dokument)
- ↑ FDIC, Pressrelease: JPMorgan Chase Acquires Banking Operations of Washington Mutual - 26. September 2008
- ↑ http://www.reuters.com/article/idUSTRE48Q09Y20080927
- ↑ http://www.reuters.com/article/idUSTRE52K1K620090321
- ↑ http://www.law.com/jsp/article.jsp?id=1202434948271
- ↑ http://www.forbes.com/2008/09/26/wamu-morgan-deposits-oped-cx_lw_0926white.html
- ↑ http://www.reuters.com/article/idUSTRE62S57K20100329
- ↑ http://seekingalpha.com/article/201598-wamu-accuses-shareholders-of-milking-system
- ↑ http://www.reuters.com/article/idUSN2813570420100128
- ↑ http://www.businessweek.com/news/2010-03-12/wamu-jpmorgan-settle-dispute-over-4-billion-lawyer-says.html
- ↑ http://www.law.com/jsp/article.jsp?id=1202464451332&rss=newswire
- ↑ http://www.businessweek.com/news/2010-08-10/wamu-examiner-wins-approval-on-scope-of-investigation.html
Weblinks
- Offizielle Website (Englisch)
- Eintrag in der Washington-Enzyklopädie HistoryLink (englisch)