Das Drehmoment ist wie die Kraft eine grundlegende physikalische Größe in der klassischen Mechanik. Es spielt für die Rotation die gleiche Rolle wie die Kraft für die geradlinige Bewegung.
Im technischen Sprachgebrauch wird Drehmoment in der Regel auf eine Achse bezogen. Es dreht (Rotation), tordiert (Torsion) oder biegt (Biegung) einen Körper um eine Achse und ist proportional sowohl zur Kraft als auch zum Hebelarm (Abstand zwischen Kraft und Achse), an dem diese angreift. Vereinfachend wird auch nur vom Moment gesprochen.
Ein Kräftepaar besteht aus zwei parallelen Kräften mit entgegengesetzter Richtung. Es hat dieselbe Wirkung wie ein Drehmoment, dessen Hebelarm gleich dem Abstand der beiden Kräfte ist. Beim Drehmoment wird die zweite Kraft nicht explizit genannt. Es handelt sich dort um die Reaktionskraft (Lagerkraft) in der Drehachse.
Physikalische Größe | |||||||
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Name | Drehmoment | ||||||
Formelzeichen | |||||||
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Zusammenhang zwischen geradliniger Bewegung und Rotation infolge Kraft beziehungsweise Drehmoment
Wirkt eine Kraft auf den Schwerpunkt eines frei beweglichen starren Körpers, so führt dieser eine geradlinige Bewegung aus. Bei Angriff der Kraft außerhalb des Schwerpunkts wird der Körper zudem in Drehung versetzt. Der Kraft entspricht dabei das Drehmoment, nämlich das Produkt aus der Kraft und dem Abstand der Kraft-Wirkungslinie zum Schwerpunkt.
In technischen Anwendungen wird für eindeutige Bewegung eines Körpers durch Einschränkung der Beweglichkeit auf den erwünschten Freiheitsgrad f gesorgt. In den vorliegenden Fällen soll sich der Körper entweder nur geradlinig (zum Beispiel mit Hilfe einer Schiene) oder nur drehbar (zum Beispiel in einem Drehlager) bewegen.
Dem newtonschen Gesetz Kraft gleich Masse mal Beschleunigung entspricht bei der Rotation Drehmoment gleich Trägheitsmoment mal Winkelbeschleunigung.
Die gegen einen Widerstand geleistete Arbeit ist Kraft mal Weg.
Die Arbeit bei Rotation ist Drehmoment mal Drehwinkel.
Die Leistung bei geradliniger Bewegung ist Kraft mal Geschwindigkeit.
Bei Rotation ist die Leistung Drehmoment mal Winkelgeschwindigkeit.
Zeitliche Integration der Kraft ergibt einen Impuls (Masse mal Geschwindigkeit)
Zeitliche Integration des Drehmomentes ergibt einen Drehimpuls (Trägheitsmoment mal Winkelgeschwindigkeit).
Bauteile werden durch eine Kraft auf Zug oder Druck belastet (zum Beispiel Seile oder Druckstäbe), durch ein Drehmoment auf Torsion oder Biegung (zum Beispiel Antriebswellen oder Biegebalken). Im Arm eines Drehmomentschlüssels bewirkt das Drehmoment ein Biegemoment, das von der Drehachse bis zum Handgriff linear abnimmt. Je länger der Arm, desto geringer die benötigte Kraft, siehe Hebelgesetz.
Größe und Richtung eines Drehmomentes
In der Technik wird das Drehmoment in der Regel auf die materiell vorhandene Drehachse bezogen. Bei gegebenem Ansatzpunkt der vektoriellen Größe Kraft lässt sich das Drehmoment in Bezug auf diese Achse als Kreuzprodukt von Hebelarm als Ortsvektor und Kraft berechnen:
- .
Bei Verwendung des einfachen traditionellen Merksatzes Drehmoment ist Kraft mal Hebelarm ist zu beachten, dass dieser nur gilt, wenn Kraft und Hebelarm zueinander rechtwinklig sind, und sich beide in einer Ebene senkrecht zur Achse befinden. Wirkt die Kraft schief zu dieser Ebene, ist ein auf die Lager der Achse wirkender Drehmoment-Anteil vorhanden.
Aus den Rechenregeln des Kreuzprodukts ist erkennbar, in welche Richtung der Vektor Drehmoment zeigt. Wirkt die Kraft in einer Ebene senkrecht zur Achse (siehe obere Abbildung), liegt der Drehmoment-Vektor in der Achse. Es gilt die Rechte-Hand-Regel: Wenn die gekrümmten Finger der rechten Hand die Richtung der einwirkenden Kraft angeben, so zeigt der Daumen in Richtung des Drehmoments. Dass die rechte und nicht die linke Hand für diese Regel verwendet werden muss, hängt mit der Definition des Kreuzprodukts zusammen.
Maßeinheit des Drehmoments
Die Maßeinheit des Drehmoments ist das Newtonmeter N m. Mit den Basiseinheiten Kilogramm, Meter und Sekunde gilt:
Das Newtonmeter ist auch eine Maßeinheit für Energie. Dennoch sind Energie und Drehmoment unterschiedliche physikalische Größen, die sich nicht ineinander umrechnen lassen. Sowohl Drehmoment als auch Energie lassen sich als "Kraft mal Strecke" auffassen. Energie wird umgewandelt, wenn bei einer Bewegung entlang einer Strecke eine Kraft parallel zur Bewegung wirkt. Beim Drehmoment wirkt dagegen die Kraft senkrecht zu der durch den Hebelarm gebildeten Strecke.
Messung des Drehmoments
Ist der Kraftarm (Hebellänge) bekannt, so genügt die Kraftmessung, und das Drehmoment ergibt sich aus dem Produkt der Werte beider Größen. In anderen Fällen wird die übertragene Leistung P (zusammen mit der Drehzahl n) oder die Winkelbeschleunigung α (wenn das Trägheitsmoment J bekannt ist) gemessen.
Bei der Leistungsmessung ist zur Errechnung des Drehmoment M die Gleichung
,
bei der Beschleunigungmessung die Gleichung
anzuwenden.
Siehe
Unterschiedliche technische Bezeichnungen für das Drehmoment
In der Technik ist es gebräuchlich, dem Drehmoment unterschiedliche Bezeichnungen zu geben, je nachdem in welchem Zusammenhang sie betrachtet werden.
Das an der Welle eines Motors wirksame Drehmoment ist das Abtriebsmoment des Motors, der mechanische Energie abgibt. An der Eingangswelle einer Arbeitsmaschine wirkt das Antriebsmoment. Die Maschine wird mit mechanischer Energie angetrieben. An einem zwischen Motor und Arbeitsmaschine befindlichen Getriebe mit Wellen an Ein- und Ausgang spricht man von beiden verschiedenen Drehmomenten, dem Antriebsmoment (Eingang) und dem Abtriebsmoment (Ausgang). Das an den Rädern eines Fahrzeugs oder am Propeller eines Flugzeugs oder Schiffes wirksame Drehmoment ist ebenfalls ein Antriebsmoment.
Bezogen auf die Drehgeschwindigkeit einer Welle spricht man zum Beispiel vom Anfahrmoment, wenn die Drehzahl noch klein ist, und vom Nennmoment oder maximalen Moment mit zugehöriger Nenndrehzahl.
Beim Anziehen von Schrauben oder Muttern wirkt das Anzugsmoment.
Drehmomente an ausgewählten Maschinen
obere Kennlinie: Dreieckschaltung
mittlere Kennlinie: Sternschaltung
Beispiel: Elektromotor
Elektromotoren haben ein relativ hohes Anfahrmoment, das bei Drehstrommotoren durch temporären Betrieb in Dreieckschaltung noch erhöht werden kann. Das Bild zeigt das Abtriebsmoment eines Asynchronmotors in Abhängigkeit von der Drehzahl. Der normale Betriebsbereich ist rechts von den Kipppunkten K1 oder K2 auf der steil abfallenden Kurve. Der Bereich links von den Kipppunkten ist der Anfahrbereich, der wegen des schlechten Wirkungsgrads möglichst schnell durchfahren werden soll.
Beispiel: Drehmoment und Leistung eines Verbrennungsmotors
Der bei Automobilen verwendete Begriff maximales Drehmoment des Verbrennungsmotors bei einer bestimmten Drehzahl bezeichnet das maximale vom Motor an der Kurbelwelle abgegebene Drehmoment. Das an der Kurbelwelle bei Volllast abgegebene Drehmoment ist nicht über den gesamten Drehzahlbereich des Motors konstant, sondern hat in einem bestimmten Bereich des nutzbaren Drehzahlbereiches ein Maximum.
Das Drehmoment M für Viertaktmotoren berechnet sich aus:
Hierbei ist Vh das Hubvolumen und pe der effektive Mitteldruck, der Faktor 2π im Nenner stammt aus der Formel für die Arbeit eines Drehmoments, die entlang des Umfanges 2π verrichtet wird. Der Wert wird bei Viertaktmotoren mit 2 multipliziert, da Viertaktmotoren nur bei jeder zweiten Umdrehung Arbeit verrichten. Für Zweitaktmotoren gilt entsprechend:
Rechenbeispiel für das Drehmoment eines Serienfahrzeuges mit 2000 cm³ (=0,002 m³) Hubvolumen, dessen Viertaktmotor bei einer Drehzahl von 2000 1/min einen Mitteldruck von 22 Bar (=2.200.000 Pa; 1 Pa = 1 N/m²) erreicht, in SI-Einheiten gerechnet:
Die Gleichung für die Leistung bei einer Drehbewegung lautet (siehe oben):
und für eine drehzahlabhängige Leistung
-
- M(n) ist die für die untersuchte Maschine typische drehzahlabhängige Drehmomentkenngröße, die durch Messung erhalten wird.
Ein Verbrennungsmotor, der bei 2000 Umdrehungen pro Minute ein Drehmoment von 350 N m abgibt, gibt somit bei dieser Drehzahl auch eine Leistung von
- ab.
Beispiel: Leistung und Drehmoment eines Hydraulikmotors
Die hydraulische Leistung P errechnet sich aus den Drücken p1 und p2 am Motoreingang bzw.-ausgang und dem geschlucktem Ölvolumen Q = q · n (q = Volumen je Umdrehung):
Aus der Gleichung für die Leistung bei einer Drehbewegung (siehe oben)
folgt das Drehmoment mit: