Das Paulinum – Aula und Universitätskirche St. Pauli ist ein im Bau befindliches Gebäude der Universität Leipzig am Augustusplatz. Das Gebäude entsteht seit 2007 an der Stelle, an der am 30. Mai 1968 die Paulinerkirche gesprengt wurde. Das Paulinum als universitätseigenes Gebäude vereinigt unter seinem Dach sowohl wissenschaftliche Institute und die Aula der Universität als auch ihren Andachtsraum. Aula und Andachtsraum sollen für größere Veranstaltungen über einen variablen und transparenten Raumteiler, der jedoch noch heftig umstritten ist,[1] miteinander verbunden werden können.
Die Fertigstellung des Gebäudes war ursprünglich für Ende 2009 geplant, war bis dahin aber nur zum Teil realisiert. Zur 600-Jahr-Feier waren somit nur die Aula und das Foyer zugänglich. Das komplette Gebäude wird erst 2010 eingeweiht.
Geschichte
Die Paulinerkirche bis 1968
An dem Platz des heutigen Paulinums standen im 13. Jahrhundert Klostergebäude, welche am Beginn des 13. Jahrhunderts erbaut worden waren. Die Klosterkirche wurde 1240 geweiht. Einzelne Gebäude wurden im 15. Jahrhundert ersetzt. Die Paulinerkirche diente der Universität als Auditorium Maximum, Promotionsort, als Ort für Gottesdienste und Begräbnisstätte für Universitätsprofessoren.
Das am östlichen Stadtrand gelegene säkularisierte Dominikanerkloster einschließlich der dreischiffigen gotischen Kirche St. Pauli wurde ab 1543 von der Universität Leipzig als Collegium Paulinum genutzt.
Nach dem Umbau zog 1546 auch die medizinische Fakultät ins Paulinum. 1704 wurde im Paulinum ein Anatomisches Theater eröffnet. Nach dem Abriss der spätgotischen Klostergebäude 1830 und 1890, blieb von den Kollegiengebäuden nur das Fürstenhaus (erbaut um 1560) erhalten.[2]
Zwischen 1833 und 1836 wurde südlich der Paulinerkirche ein neues Hauptgebäude, das Augusteum errichtet. Ende des 19. Jahrhunderts wurde das alte Paulinum abgebrochen, und mit der Erweiterung des Augusteums um einen Mittel-, Süd- und Westflügel erhielt einer der neuen Gebäudeteile wieder den Namen Paulinum. Beide Gebäude wurden bei Bombenangriffen 1943 beschädigt. Die Universitätskirche St. Pauli wurde, trotz nur geringer Schäden aus dem Zweiten Weltkrieg, aus politischen Gründen nach der teilweisen Sicherung des Inventars am 30. Mai 1968 gesprengt.
An ihrer Stelle entstand das Hauptgebäude des sozialistischen Baus der Karl-Marx-Universität Leipzig mit dem wuchtigen Bronzerelief Aufbruch, das sichgenau an der Stelle des Giebels der gesprengten Paulinerkirche befand.
Gegenwärtig wird an der Stelle der gesprengten Paulinerkirche das Hauptgebäude des Campus-Neubaus der Universität Leipzig gebaut, welches die Aula der Universität darstellen soll. Das Bauwerk entsteht nach dem Entwurf des niederländischen Architekten Erick van Egeraat.
„Paulinum“ – Streit um den Namen des Neubaus
Während einerseits die Leitung der Universität Leipzig, in erster Linie der Rektor Franz Häuser, in dem Neubau lediglich die neue Aula der Universität sieht und ihn damit vor allem für Zwecke der Wissenschaft und Lehre nutzen will, sieht eine Bürgerbewegung unter maßgeblicher Beteiligung des Paulinervereins e.V. in dem Gebäude den Wiederaufbau der gesprengten Universitätskirche St. Pauli. Der Paulinerverein ist eine Bürgerinitiative, die sich seit Beginn des Neubaus dafür einsetzt, dass das Gebäude auch zukünftig wieder den Namen Universitätskirche St. Pauli tragen soll.[3]. Seine Positionen stehen in Kontrast mit jenen der Universitätsleitung.
Im Dezember 2008 wurde der Namensstreit mit dem Kompromiss beigelegt, dass das Gebäude zusätzlich zum Namen Paulinum offiziell den Untertitel Aula und Universitätskirche St. Pauli tragen soll.[4] Dies beschlossen unter der Vermittlung von Generalbundesanwältin Monika Harms Vertreter der Universität Leipzig, des Freistaates Sachsen, der evangelischen Landeskirche sowie der Stadt Leipzig.
Das Paulinum als Teil des neuen Universitätscampus
Der sozialistische Universitätsbau wurde beginnend im Februar 2007 abgerissen. Die Bauarbeiten für den neuen Universitätscampus begannen mit der Grundsteinlegung für die Mensa am Park am 15. Juli 2005. Im Oktober 2008 fand das Richtfest für das Paulinum statt. Am 17. September 2009 wurde, abgeschirmt von der Öffentlichkeit,[5] die Glocke der gesprengten Paulinerkirche im neuen Paulinum angebracht.[6]
Zur 600-Jahr-Feier der Universität wurde am 2. Dezember 2009 im unfertigen Bau ein Festakt abgehalten.[7][8] Am 6. Dezember 2009, dem zweiten Advent, fand der erste Gottesdienst in dem dazu völlig überfüllten Neubau statt.[9][10]
Die Aula soll 550 Sitzplätze bieten. Weitere 120 finden sich auf der Empore. Gleichzeitig gibt es einen durch eine (weiterhin umstrittene) Glaswand abgetrennten Andachtsraum mit 120 Sitzplätzen für die geistliche Nutzung.[11] Die vor der Sprengung aus der Paulinerkirche geborgenen Epitaphien sowie der Altar sollen in diesen Andachtsraum integriert werden.
Einzelnachweise
- ↑ Webseite einer Iniative gegen die Glaswand (Letzter Zugriff: 16. Januar 2010)
- ↑ Georg Dehio: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Bd. 1, Mitteldeutschland, Wasmuth, Berlin 1914, S. 205 f.
- ↑ Paulinerverein.de Website des Paulinervereins e. V. (Letzter Zugriff: 8. Dezember 2009)
- ↑ MDR.de (16. Dezember 2008): Namensstreit um das „Paulinum“ ist beigelegt.
- ↑ DIE ZEIT 50/2009 S.66: [1]
- ↑ Leipzig Fernsehen (17. September 2009): Paulinerglocke Donnerstagfrüh „heimlich“ ins Paulinum gehoben. (Letzter Zugriff: 21. März 2010)
- ↑ Universität Leipzig: Website zum 600-Jahr-Jubiläum (Letzter Zugriff: 8. Dezember 2009)
- ↑ MDR Figaro (12. Februar 2009): Endlich ein Amen! Von Siegfried Stadler (Letzter Zugriff: 12. August 2009)
- ↑ Welt (8. Dezember 2009): Gottesdienst in Paulinerkirche wird zur Demo. (Letzter Zugriff: 12. Dezember 2009)
- ↑ DIE ZEIT 51/2009: Gibt es was zu feiern?[2]
- ↑ Universität Leipzig: Der Campus in der Übersicht. Paulinum. (Letzter Zugriff: 20. März 2010)
Literatur
- Universität Leipzig (Hrsg.): Der neue Uni-Campus im Herzen der Stadt. Sonderveröffentlichung der Universität Leipzig, Leipziger Volkszeitung vom 18. Oktober 2008