war 1 stunde SLA -- ∂ 00:58, 18. Aug. 2010 (CEST)
Walter Müller (* 11. Juli 1901 in Heilbronn; † 27. oder 28. Juni 1933 in Fellbach) war deutscher Röntgenologe und Nationalsozialist. Nach dem Bekanntwerden seiner „jüdischen Abstammung“ beging er Suizid.
Leben
Walter Müller war der uneheliche Sohn der Berta (oder Bertha) Müller. Seine Mutter arbeitete bei dem jüdischen Geschäftsmann und Gutsbesitzer Hermann Dreifus. Sein Vater ist nicht zweifelsfrei identifizierbar.
1913 wurde der zwölfjährige Müller, aus bis dato unerklärten Gründen, von seiner Großtante Maria Müller aus Stuttgart[1] adoptiert. Hier verbrachte er anschließend seine Kindheit und Jugend und absolvierte das Realgymnasium in Stuttgart. Sein anschließendes Medizinstudium beendete er 1925 mit Staatsexamen und Promotion zum Dr. med. Nachdem im gleichen Jahr seine Adoptiveltern starben, trat der Gutsbesitzer Dreifus als Müllers neuer Vormund auf.
1929 wurde er als Klinikarzt in Waiblingen tätig und leitete bald darauf dort die Innere Abteilung als Oberarzt. Müller schloss sich zunächst der NSDAP und der SA an. Danach wechselte er zur SS, wo er von 1930 bis 1932 dem Waiblinger SS-Sturm angehörte und als SS-Sturmarzt tätig war. Müller wird als fanatischer Nationalsozialist beschrieben, der an der Ideologie einer Herrenrasse Begeisterung fand. Es wird berichtet, er habe noch vor seinem Suizid seinen jüdischen Kollegen Dr. Moschwa Aisik Friedmann bei der Gestapo denunziert. Er heiratete die Ärztin Marianne Ruppert oder Huppert.
Obwohl seine Mutter noch lebte, gab Müller zu Lebzeiten seine Adoptiveltern als leibliche Eltern aus, was ihn im Mai 1933 in Schwierigkeiten brachte. Es kam zu einer Anzeige gegen Müller, nachdem das Landratsamt mit dem Verdacht auf Identitätsfälschung gegen ihn ermittelt hatte. Seine Herkunftsangaben stellten sich als falsch heraus und die Jüdische Gemeinde Stuttgart bestätigte die jüdische Konfession von Hermann Dreifus, der 1930 ohne Müllers Wissen eidesstattlich versichert hatte, dessen Vater zu sein. Am 27. Juni 1933 wurde Müller über seine jüdische Abstammung in Kenntnis gesetzt. Er wurde aufgrund des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums sowie des Arierparagraphen von der Klinik suspendiert. Walter Müller nahm sich noch am gleichen Abend das Leben. Bereits einen Tag später wurde sein Leichnam geborgen und in einer pompösen Gedenkfeier in Anwesenheit ahnungsloser Partei- und SS-Mitglieder beigesetzt. Seine Frau verließ anschließend Waiblingen und wurde nach ihrem Tod im Jahr 1987 dennoch in Waiblingen beigesetzt.
Kontroverse um das Gedenken
Zusammen mit seiner Frau ist Müller in Waiblingen begraben. Das Grab hätte laut Friedhofsordnung im Jahr 2000 geräumt werden müssen, wurde jedoch auf Betreiben des Waiblinger Kulturteams, dem sowohl der Oberbürgermeister wie auch der Stadthistoriker angehörten, zunächst weitgepflegt.[2] Im Rahmen der Diskussion um das Setzen eines Stolpersteins für Müller wurde diese Grabpflege kritisch diskutiert.[3] Dabei befürworteten Geschichtslehrer und Historiker die Beibehaltung der Grabstätte.[4] Nach einem Beschluss des Stadtrates wurde das Grab 2008 entgegen dem Ausgang eines Bürgervotums (an dem 221 Bürger teilnahmen) abgeräumt.[5] Im Jahr 2014 wird Walter Müller voraussichtlich Bestandteil seiner eigenen Abteilung im renovierten Stadtmuseum Waiblingens werden.
Literatur
- Hans Schultheiß: Karten für Carmen oder der Gedanke, nicht mehr mit meinen SS-Kameraden zusammenkommen zu dürfen, In: Waiblinger Hefte zum Nationalsozialismus 2, Waiblingen 1998.
Weblink
- Der jüdische SS-Mann von Waiblingen - Walter Müller. Materialien für den Geschichtsunterricht.
Einzelnachweise
- ↑ http://www.waiblingen.de/sixcms/media.php/7/STK1708.pdf
- ↑ Schwieriges Erinnern. Stuttgarter Nachrichten, 25. Mai 2010
- ↑ Nazi Vergangenheit: Wie SS-Müller eine Stadt in Atem hält. Stern, 21. April 2008 (abgerufen am 18. August 2010)
- ↑ Waiblingen - Opfer und Täter. FAZ, 19. Juni 2008
- ↑ Waiblinger Gemeinderat lässt Grab abräumen. Stuttgarter Zeitung, 26. Juni 2008
Personendaten | |
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NAME | Müller, Walter |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Mediziner und Nationalsozialist |
GEBURTSDATUM | 11. Juli 1901 |
GEBURTSORT | Heilbronn |
STERBEDATUM | 27. oder 28. Juni 1933 |
STERBEORT | Fellbach |