John Harrison (Uhrmacher)

englischer Uhrmacher, Erfinder der Grasshopper-Hemmung und der Temperaturkompensation
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John Harrison (* 1693 Yorkshire – 1762) war Uhrmacher und löste durch Erfindung der Hemmung und der Temperaturkompensation ein Hauptproblem der angewandten Wissenschaft und Nautik: das Längenproblem.

Während die geografische Breite durch Messung von Vertikalwinkeln relativ einfach zu bestimmen ist (siehe Navigation, Astrogeodäsie), ist es mit der Länge viel schwieriger. Sie hängt mit der Erdrotation zusammen und erfordert daher eine genaue Zeitmessung – die bis 1700 selbst auf festem Boden nur auf etwa 1 Minute pro Tag gelang. Dadurch wächst der Positionsfehler täglich um mehrere km oder bei wochenlangen Atlantikfahrten auf 100 km und mehr.

Die Alternativen waren zwei andere, eher komplizierte Methoden: mit Monddistanzen oder mit Hilfe des Erdmagnetfelds. Das "Längenproblem" war für die Seefahrt so gravierend, dass für dessen Lösung Spaniens König 1600 einen Preis aussetzte und Englands Parlament 1714 einen weiteren in Höhe von 20.000 Pfund.

Während sich Astronomen und erfahrene Kapitäne lange mit der Monddistanzenmethode abmühten und die Länge durch Winkelmessung zwischen Mond und Sternen bestimmten, versuchten die Uhrmacher die Genauigkeit der Uhren zu verbessern. Einer von ihnen war der Engländer John Harrison, zunächst Tischler wie sein Vater. 1713 baute er seine erste Pendeluhr mit Holzräderwerk. Später verbesserte er mit seinem Bruder James seine Uhren durch Kompensation der Temperaturabhängigkeit: Die Stäbe des Pendels bestanden aus zwei Metallen (Stahl und Messing), die eine unterschiedliche Wärmeausdehnung besitzen.

Besseren, nahezu reibungsfreien Lauf seiner Standuhren erzielte Harrison mit der Grasshopper-Hemmung. Sternbeobachtungen im Meridian bewiesen eine mehr als zehnfache Verbesserung.

Uhren als Wegweiser

John Harrison wollte den Längengrad-Preis gewinnen und konstruierte nun Uhren für Schiffe: 1735 wurde seine H1 fertig (zusammen mit H2 bis H5 im Royal Observatory in Greenwich ausgestellt). Gegen Temperaturschwankungen half sein Bimetallpendel, gegen Fehler durch stockendes Öl seine Holzräder. Gegen das Schlingern verband er zwei identische Pendel durch eine Feder. Die Probefahrt mit der H1 nach Lissabon soll hin und zurück nur einige Sekunden Abweichung pro Tag gezeigt haben – was jedoch der Preiskommission plötzlich nicht genügte. Harrison war ihr als Nicht-Wissenschaftler etwas suspekt.

Harrison baute eine verbesserte H2 (1737), eine H3 mit Kugellager und schließlich 1759 nach Anregungen eines Kollegen sein Meisterwerk H4, die mit 15 cm und 1½ kg viel kleiner und leichter als die H1 bis H3 war. Nach langen Kämpfen, viel Frust und mancher Intervention einflussreicher Gönner erhielt Harrison später einen Teil des Preises. Wesentlich für den Erfolg der H4 waren Diamanten im Innern, die für einen reibungsfreien Lauf sorgten. Das Prinzip wird noch heute in Chronometern angewandt.

Auf einer Fahrt nach Jamaica lief diese sensationell kleine Uhr in zwei Monaten nur 5 Sekunden falsch – was auf halbem Weg einigen km Positionsfehler gleichkäme.

Während Harrison um sein Preisgeld kämpfte, forschten Navigatoren weiterhin an den Monddistanzen. Nach Änderung der Preisregeln 1765 erhielt er 10.000 Pfund, musste aber die Baupläne und alle Uhren dem Königlichen Astronomen übergeben, um einen Nachbau zu ermöglichen. H4 kam zum Londoner Uhrmacher Larcum Kendall. Dessen Kopie K1 ging schließlich mit Kapitän James Cook 1772 und der HMS Resolution auf dessen zweite Weltreise. Im Logbuch nennt sie Cook nie versagender Führer.

Gelöstes Längenproblem und Forschung

Damit war das Längengrad-Problem endgültig gelöst: Eine Uhr nahm die Uhrzeit des Ausgangshafens mit auf die Reise – und die Differenz zur Lokalzeit wurde astronomisch bestimmt.

John Harrison erhielt 1773 nach einem Appell an König Charles III. mit 80 Jahren weitere 8750 Pfund. Andere Uhrmacher entwickelten bessere Methoden der Herstellung, denn K1 (die Kopie von H4) hatte 500 Pfund gekostet. Das waren 30 Prozent vom Wert eines damaligen Schiffes. Die Uhrmacher John Arnold und Thomas Earnshaw gelang eine gewisse Massenproduktion, so dass solche Schiffsuhren 1780-90 auf etwa 70 Pfund kamen. Sie wurden für die British East India Company in großen Stückzahlen benötigt.

Die Monddistanzen wurden in der Folge – wegen der nun genaueren Ortung und Navigation – zu einer Methode, um durch verbesserte Theorien der Mondbahn andere Forschungen voranzubringen: die Himmelsmechanik und die Astrometrie. Auch die magnetische Methode der Längenbestimmung kehrte sich um: die Deklination (Nadelabweichung von geografisch Nord) wurde zu einer wichtigen Größe zur Erforschung des Magnetfeldes der Erde und später für die Geophysik.