Netzwerk-Marketing

Spezialform des Direktvertriebs
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Das Netzwerk-Marketing (auch MLM - Multi Level Marketing - genannt) ist eine Sonderform des Direktverkaufs und müsste korrekterweise "MLS" (Multi Level Sales) heißen. Es bezeichnet die organisatorische Form der - meist in selbstständiger Weise agierenden - Beteiligten über mehrere Ebenen hinweg. Als Synonyme gelten die Begriffe Strukturvertrieb oder Downline. Vorgesetzte bezeichnet man umgangssprachlich als Struki oder Sponsor.

Funktionsprinzip

Bei dieser Verkaufsstruktur stehen drei bis sieben Verkäuferstrukturen übereinander, wobei vor allem die unteren Strukturen intensive Kundenkontakte pflegen. Der häufig hierfür gebrauchte Begriff des "Schneeballsystems" beschreibt den exponentiellen Anstieg der Verdienstmöglichkeiten innerhalb dieses Verkaufssystemes.

Die Organisationsstruktur ähnelt grafisch einer Pyramide mit einer Vielzahl von Beteiligten auf der Basisebene und wenigen an der Spitze. Dem unmittelbaren Verkäufer wird ein erheblicher Teil der Gesamtprovision nicht vergütet, sondern verbleibt bei dem Beteiligten, der ihn angeworben hat und sich insofern in der Pyramide eine Ebene über ihm befindet. Jeder Ebene werden hierbei eindeutige Provisionsanteile zugewiesen, wobei der Aufstieg in die nächsthöhere Ebene jeweils an bestimmte Monats- oder Quartalsergebnisse gebunden ist.

Der absolute Provisionsanteil pro Umsatzanteil nimmt in der Regel nach oben hin innerhalb der Struktur ab. Die kumulierte Gesamtprovision steigt allerdings mit der Zahl direkt oder indirekt angeworbenen Kunden/Verkäufer über die einzelnen Stufen hinweg erheblich an. Die Beteiligten erhalten prinzipell keine Gehälter oder vergleichbare feste, erfolgsunabhängige Zahlungen.

Im Unterschied zum Investitionsgütermarkt verläuft die Beratung häufig nach standardisierten Verkaufsleitfäden ab, wobei im Gegensatz zum Ladenverkauf die Schaffung einer persönlichen Beziehungsebene stärker ausgeprägt ist.

Folgen des Funktionsprinzips

Abwälzung des unternehmerischen Risikos nach unten

Es ist für jeden Beteiligten von Vorteil, maximal viele weitere Beteiligte anzuwerben. Anders als bei einem Unternehmen mit fest angestellten Mitarbeitern, das Gehälter zahlt und insofern durch Anstellung ungeeigneter, erfolgloser Mitarbeiter Verluste erleiden würde, ergibt sich für einen MLM-Beteiligten ein solches unternehmerisches Risiko nicht, denn er leistet ja keine erfolgsunabhängigen Zahlungen. Es ist für ihn mit keinerlei Risiko oder Nachteil verbunden, wenn er zusätzlich zu erfolgreichen Beteiligten auch solche anwirbt, die scheitern.

Deshalb besteht kein Bedarf, die Eignung der Angeworbenen zu prüfen; statt dessen besteht ein erheblicher Ansporn, auch Privatpersonen ohne kaufmännische Ausbildung und ohne Verkaufstalent anzuwerben und inkauf zu nehmen, dass sie auf den Produkten sitzen bleiben und es nicht schaffen, ihren Lebensunterhalt zu erwirtschaften. Unbedarften Opfer, beispielsweise Erwerbslosen, die in einer verzweifelten finanziellen Lage nach dem Strohhalm greifen, wird Reichtum und Karriere versprochen; sie enden stattdessen regelmäßig in einem finanziellen und beruflichen Desaster.

Einbeziehung von Verwandten und guten Freunden

Eine weitere Folge besteht darin, dass der Erfolg von der Anzahl an Personen abhängt, die man kennt und deren Vertrauen man genießt. Naturgemäß sind dies zuallererst sehr nahe Verwandte und gute Freunde. MLM hat zur Folge, dass diese als potenzielle Kunden und potenzielle zukünftige Mitbeteiligte gesehen werden und Besuche bei ihnen in erster Linie dem Zweck dienen, ihnen die Produkte zu verkaufen und sie anzuwerben.

Bei der Anwerbung weiterer Beteiligter wird mit Aufstiegschancen geworben, die nur in Ausnahmefällen auch tatsächlich realisierbar sind. Erfolgreiche Networker erzielen in der mittleren Ebene mitunter sechsstellige Brutto-Jahreseinkommen mit 20 bis 500 selbständigen Mitarbeitern. In der Spitzenstufe werden derartige Leistungen mitunter per Monat mit bis zu 10.000 selbständigen Mitarbeitern bundes- bzw. europaweit erzielt. Die Anzahl dieser sog. "Generäle" (6´er bzw. 7´er-Stufe) bei führenden Finanzdienstleistern in Deutschland ist allerdings so auch auf wenige Personen beschränkt. Die lebenspraktische Wirklichkeit für die große Masse der durchschnittlich aggressiven Handelsvertreter im MLM steht dem allerdings mit Nettoeinkommen oft unter 1.000,- Euro im Monat entgegen.

Abwälzung der Akquisitionskosten auf die Öffentlichkeit

MLM verursacht einen nicht zu vernachlässigenden Anteil von UCE und Usenet-Spam. MLM-Inserate in den Stellenanzeigen-Newsgroups de.markt.arbeit.* sowie wütende Diskussionen und Kommentare zwischen den Anzeigen waren der Grund, warum diese Anzeigen-Newsgroups 1998 in moderierte Newsgroups umgewandelt werden mussten und warum dort explizit Anzeigen verboten wurden, die an Zahlungen des Arbeit- oder Auftragnehmers an den Arbeit- oder Auftraggeber gekoppelt sind.

In Kleinanzeigen-Printmedien wird nicht immer von Anfang an darüber aufgeklärt, dass es sich um MLM handelt, sondern gezielt inkauf genommen, dass Interessenten Zeit für einen persönlichen Termin aufwenden und erst vor Ort die Wahrheit erfahren. Die Kosten des Gesprächstermins werden nicht erstattet.

Strafbarkeit von MLM

MLM ist in Deutschland eine Straftat, wenn es so betrieben wird, wie es § 16 Abs. 2 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) definiert. Dieser lautet:

Wer es im geschäftlichen Verkehr unternimmt, Verbraucher zur Abnahme von Waren, Dienstleistungen oder Rechten durch das Versprechen zu veranlassen, sie würden entweder vom Veranstalter selbst oder von einem Dritten besondere Vorteile erlangen, wenn sie andere zum Abschluss gleichartiger Geschäfte veranlassen, die ihrerseits nach der Art dieser Werbung derartige Vorteile für eine entsprechende Werbung weiterer Abnehmer erlangen sollen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Im Klartext heißt das: MLM ist dann strafbar, wenn bei der Werbung nicht das Produkt im Vordergrund steht, sondern ein Gewinnversprechen für den Fall, dass man selbst auch wieder Verbraucher wirbt und dabei ebenfalls wieder in erster Linie das Gewinnversprechen bewirbt. Diese Vorgehensweise wird auch als "Progressive Kundenwerbung" bezeichnet. Das heißt, es liegt im Interesse der MLM-Betreiber, zumindest den Anschein zu erwecken, das Produkt stehe im Vordergrund. Aus diesem Grund ist die Frage nach der Legalität eines bestimmten MLM-Systems sehr schwierig pauschal zu beantworten.

Produkte

Mit MLM werden unter anderem vertrieben:

  • Finanzdienstleistungen
  • Nahrungsergänzung
  • Schmuck
  • Haushaltsartikel
  • Kosmetika

Die in MLM-Vertrieben angebotenen Produkte und Dienstleistungen entsprechen häufig nicht den kommunizierten Wirkungsweisen oder wirtschaftlichen Erfolgen. Beispiele hierzu aus dem Finanzmarkt sind im hier verlinkten MLM-Beobachter vermerkt. Ebenso haben die Nahrungsergänzungsstoffe und kosmetischen Präparate, trotz häufig hoher Reinheit, insgesamt selten die versprochene Wirkung. Der Neurologe Professor Stöhr warnt beispielsweise vor Anti-Aging-Produkten und bezeichnet Produkte wie Naturerde, Himalayasalz oder Apfelessig als weitgehend wirkungslos und reine Geschäftemacherei. Den Einsatz von Hormonen gegen das Altern wie Testosteron oder Melatonin beschreibt er sogar als gefährlich.

Eine zumindest für den Finanzdienstleistungsbereich wirksame Vereinigung seriöser und tatsächlich freier Vermittler mit umfangreicher Zugangskontrolle im deutschsprachigem Raum stellt der Berufsverband Anlegerorientierter Vermittler e.V. mit Sitz in Seesen bei Hannover dar.

Beispiele für Netzwerk-Marketing-Organisationen

  • ACN Communications GmbH (Telefonservice, Mobilfunk, Internet, Gas&Strom)
  • AFA (Allgemeine Finanz und Assekuranzvermittlung)
  • Allgemeiner Wirtschaftsdienst (AWD)
  • AMC (Kochtöpfe aus Edelstahl)
  • Amway, Quixtar, Alticor
  • ANiFiT (Tiernahrung)
  • Bestlife 3000 (Nahrungsergänzung)
  • Body Wise International (Beauty und Wellnes)
  • ConceptKauf (zuvor Cars-4-Free)
  • Cashback Systems (Prepaid-Rabattkarten)
  • Cell Tech Products Inc. (Nahrungsergänung)
  • Deutsche Vermögensberatung AG (Versicherungen)
  • Dreamlife (Grußkarten- und Geschenkevertrieb)
  • Equinox
  • eunet24
  • Evora Cosmetic Handels GmbH (Beauty)
  • Excel Communications, Excel Telecommunications, EurExcel (Provider)
  • Forever Living Products (FLP) (Beauty und Wellness)
  • Frederic M (Beauty und Wellness)
  • Geldnetzwerk (Internetshopsystem)
  • Herbalife International (Nahrungsergänzung)
  • Jemako International GmbH (Umweltfreundliche Reinigungs- u. Pflegeprodukte)
  • JobMobil
  • K+P Marketing
  • LifePlus International (Nahrungsergänzung)
  • LR International (Beauty)
  • Mary Kay
  • Matol Botanical International
  • MegaMemory
  • Melaleuca Inc.
  • MyService
  • Nature's Sunshine Products
  • Nu Skin International Inc.
  • Nutrition for Life
  • Online Media World / gollub.com
  • SLC Agentur KG
  • Sunrider Corporation
  • Tahitan NONI (Nahrungsergänzung Noni)
  • Tipp zum Glück
  • Quick-Tipp (Lotto)
  • Tiscali (Provider)
  • Tupperware (Haushaltswaren)

Siehe auch

Webseiten