Die in den Jahren 2003 und 2004 nicht nur in Deutschland heiß diskutierte LKW-Maut ist eine geplante entfernungsabhängige Maut für das Befahren von Autobahnen in der Bundesrepublik Deutschland durch Lastkraftwagen ab 12 t zulässigem Gesamtgewicht.
siehe auch Auftragsvergabe
Dies neue deutsche Mautsystem soll vom privaten Konsortium Toll Collect (Hauptanteilseigner: Deutsche Telekom und DaimlerChrysler) erstellt, installiert und betrieben werden. Es soll das vorherige vignettenbasierte, rein zeitbezogene Mautsystem ablösen, in- und ausländische schwere LKW stärker an der Finanzierung der deutschen Verkehrs-Infrastruktur beteiligen und gegenüber der bisherigen Lösung wesentlich höhere Einnahmen erzielen. Der Bundesfinanzminister rechnet dabei mit Bruttoeinnahmen von jährlich 2,8 Mrd. Euro. Toll Collect soll davon für seine Leistungen im Erfolgsfall bis zum Jahr 2015 jährlich ca. 650 Mio. Euro aus den Mauteinnahmen erhalten. Realisiert werden soll ein auf GPS-Satelliten gestütztes System mit sogenannten On Board Units in den Fahrzeugen.
Ursprünglich sollte das Mautsystem am 31. August 2003 starten. Wegen gravierender technischer Probleme konnte Toll Collect diesen Termin nicht einhalten. Der Start wurde zunächst auf den 2. November 2003 verschoben, später wurde auch dieser Termin gekippt. Im Februar 2004 einigten sich die Bundesregierung und die Anteilseigner von Toll Collect auf eine Einführung der LKW-Maut mit eingeschränkter Funktionalität zum 1. Januar 2005. Am 1. Januar 2006 soll das Mautsystem dann im vollen Umfang funktionsfähig sein.
Eine LKW-Maut gibt es in vielen europäischen Staaten. So wird in der Schweiz seit Anfang 2001 für LKW die LSVA fällig und in Österreich wurde am 1. Januar 2004 eine österreichische LKW-Maut eingeführt.
Aktuelle Situation
Nachdem die Einführung der LKW-Maut aus technischen Gründen auf unbestimmte Zeit verschoben wurde, rückte die Frage der Haftung für die Einnahmeausfälle in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Dem Bund entgingen in den Monaten September 2003 bis Dezember 2003 fest eingeplante Einnahmen in Höhe von mindestens 156 Millionen Euro monatlich. Seit dem 1. Januar 2004 soll die Höhe der ursprünglich kalkulierten Einnahmen bei 180 Mill. Euro monatlich liegen.
Die Vertragsdetails zwischen Verkehrsministerium und Toll Collect waren ursprünglich geheim und selbst für die Abgeordneten des Deutschen Bundestages nicht zugänglich. Die Frage der Haftung von Toll Collect war deshalb unklar und Inhalt zahlreicher Spekulationen in Politik und Medien.
Nachdem Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe bereits seit mehreren Wochen eine Offenlegung der Verträge angeregt hatte, gab zuletzt auch Toll Collect Gesellschafter DaimlerChrysler seinen Widerstand auf. Seit Mittwoch, dem 22. Oktober 2003 ist der Vertrag zumindest den Mitgliedern des Verkehrsausschusses des Bundestages zugänglich.
Wie sich zeigte, besteht der Vertrag mit allen Anlagen und Nebenvereinbarungen aus 17.000 Seiten. Der Kernvertrag, in dem Fragen der Haftung, Vertragsstrafen und Kündigungsfristen geregelt sind, umfasst 190 Seiten.
Die seit Dezember 2003 fällige Vertragsstrafe ist Presseberichten zufolge wesentlich geringer, als der ursprünglich in der (geheimen) Ausschreibung vorgesehene Betrag. Der Grund für die nachträgliche Reduzierung des Betrages zugunsten von Toll Collect ist unbekannt. Mutmaßungen in den Medien reichen von Dummheit (im Verkehrsministerium) bis Korruption.
Unstrittig zwischen Verkehrsministerium und Toll Collect:
- Toll Collect muss ab dem vierten Monat, an dem das System nicht regulär läuft, also vom 1. Dezember 2003 an, eine tägliche Vertragsstrafe von 250 000 Euro, also monatlich etwa 7,5 Millionen Euro zahlen. Diese Summe verdoppelt sich ab dem siebten Monat, also vom 1. März 2004 an auf 500.000 Euro pro Tag, also auf monatlich 15 Millionen Euro.
- Außerdem verfügt das Bundesverkehrsministerium bei anhaltender Vertragsverletzung über eine Kündigungsoption, die erstmals am 15. Dezember 2003 und dann wieder am 31. Mai 2004' greift.
Umstritten ist:
- Kann Toll Collect unter bestimmten Bedingungen für die monatlichen Mautausfälle schadensersatzpflichtig gemacht werden? Der Bund müsste dann Toll Collect möglicherweise vorsätzliche Verzögerungen und Täuschungen nachweisen. In diese Richtung deuten Aussagen von Stolpe, sein Ministerium sei vom Konsortium über die Funktionsfähigkeit des Mautsystems falsch informiert worden. Diese Vorwürfe weist Toll Collect jedoch zurück.
Die Zukunft der Maut
Am 13. Dezember 2003 scheiterten die Verhandlungen zwischen dem Bundesverkehrsministerium und Toll Collect. Der Sprecher des Bundesverkehrsministeriums erklärte in Berlin, Toll Collect habe keinen neuen Termin für die Mauteinführung genannt und sei auch in Frage der Einnahmeausfälle zu keinem Entgegenkommen bereit gewesen. Zuvor hatten Vertreter von Telekom und DaimlerChrysler in Presseinterviews von einem "Zeitfenster drittes Quartal 2004" gesprochen.
Am 18. Dezember 2003 tagte der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages. Mit den Stimmen aller Fraktionen wurde beschlossen, dass der Vertrag mit Toll Collect zu kündigen sei, falls bis zum 31. Dezember 2003 kein verbindlicher Termin zur Einführung der Lkw-Maut genannt werden sollte und Toll Collect nicht bereit sei, die entstandenen Einnahmeausfälle des Bundes zu begleichen. Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe kündigte zunächst an, sich an diese Vorgabe zu halten.
Am 26. Dezember 2003 verlängerte Stolpe jedoch überraschend die Verhandlungsfrist mit Toll Collect um einen weiteren Monat. Der mögliche Kündigungstermin verschiebt sich damit auf Ende Januar 2004.
Am 27. Januar 2004 legt Toll Collect dem Verkehrsministerium neue Projektpläne vor. Das System soll in zwei Stufen Ende Dezember 2004 und endgültig bis Ende 2005 eingeführt werden. Für den Fall weiterer Verzögerungen bietet Toll Collect eine Höchsthaftung von maximal 500 Millionen Euro an.
Am 15. Februar 2004 scheiterrn mehrtägige Verhandlungen zwischen Stolpe und der Toll-Collect-Führung.
Am 17. Februar 2004 gab Verkehrsminister Manfred Stolpe auf einer Pressekonferenz in Berlin die Kündigung des Vertrages bekannt. Damit läuft eine zwei Monate dauernde Frist an. Toll Collect darf innerhalb dieser 2 Monate die monierten Mängel nachbessern, könnte aber auch Widerspruch gegen die Vertragskündigung einlegen.
Das Mautsystem soll neu ausgeschrieben werden - in den zu erwartenden 24 Monaten ohne Maut-System werden nochmals geschätzte 3,74 Milliarden an Einnahmeausfällen auflaufen - zusammen mit den bisherigen Ansprüchen ergäbe sich eine Summe von 6,54 Milliarden Euro. Nach Angaben von Stolpe wird die alte Maut-Vignette in zwei Monaten als Interimslösung wieder eingeführt.
Technische Umsetzung
Anders als etwa in Frankreich, wo die Péage an Schaltern bezahlt wird, die an Autoroute-Abfahrten stehen und mit Kassierern besetzt sind, soll in Deutschland ein hochtechnisiertes GPS, also satellitengestütztes, System aufgebaut werden. Erklärtes Ziel war es dabei, mit der neuen Technologie auch neue Märkte für die beteiligten Unternehmen zu öffnen.
Um am deutschen LKW-Mautsystem teilnehmen zu können, gibt es zwei grundverschiedene Möglichkeiten.
Automatische Einbuchung über eine freiwillig eingebaute On Board Unit
Diese Option macht den Unterschied zwischen der deutschen Mautlösung und allen weltweit existierenden Mautsystemen aus. Man spricht dabei von einer GNSS/CN Maut, Global Navigation Satellite System mit dem Rückkanal Cellular Network. Das bedeutet, die Mauthöhe wird per Satellitennavigation ermittelt und zwecks Abrechnung, per Mobilfunk an den Zentralrechner des Betreibers übermittelt.
Dazu lässt das Speditionsunternehmen seine mautpflichtigen Fahrzeuge bei Toll Collect registrieren. Von einer autorisierten Werkstatt wird daraufhin auf, bzw. in die Armaturenbretter der LKWs das On-Board-Unit (OBU) genannte Gebührenerfassungsgerät montiert und in Betrieb gesetzt.
Manuelle Streckenbuchung
Diese Option ist vor allem für ausländische LKWs vorgesehen, für die sich der Einbau einer On-Board-Unit nicht lohnen würde. Gleichzeitig dient sie aber auch als Fallback(Rückfall)-Lösung, falls die automatische Einbuchung (z.B. durch Ausfall der amerikanischen GPS-Satelliten) nicht möglich sein sollte. Es bestehen 2 Möglichkeiten der manuellen Buchung:
An einem stationären Mautstellen-Terminal
Den LKW-Fahrern, deren Fahrzeuge über keine OBU verfügen, soll es möglich sein, sich an sog. Mautstellen-Terminals in das System einzubuchen und dort auch die fällige Maut zu entrichten. Für diese manuelle Einbuchung sollen ca. 3.500 Terminals in der Nähe aller Autobahnauffahrten zur Verfügung stehen. Sie sollen auch auf größeren Autohöfen und an Tankstellen aufgestellt werden. Hersteller der Automaten ist die Höft & Wessel AG (Hannover), das Auftragsvolumen betrug 31 Mio. Euro (www.mylogistics.net).
Für die manuelle Einbuchung am Mautstellen-Terminal ist keine Registrierung bei Toll Collect notwendig.
Per Internet über das Portal von Toll Collect
Ein Einbuchen direkt über eine WWW-Schnittstelle, also mit einem Webbrowser, über die Webpräsenz von Toll Collect soll ebenfalls möglich sein. Die Internet-Einbuchung steht nur registrierten Benutzern zur Verfügung und setzt, ähnlich wie bei der Einbuchung am Mautstellen-Terminal, die Eingabe aller für die Mauthöhe relevanten Fahrzeugdaten und der Route voraus.
Drittfirmem planen auf dieser Basis zwischengeschaltete kommerzielle Dienstleistungen, die auch eine kurzfristige Streckenbuchung per SMS ermöglichen sollen (www.sms-maut.de).
Maut ist gut, Kontrolle ist besser
Nach den Vorgaben des Datenschutzes dürfen nur stichprobenartige Überprüfungen der Mautzahlung durchgeführt werden. Insgesamt ist die Kontrollzahl mit 10 Mio. LKW pro Jahr festgelegt. Der Betreiber Toll Collect hat sich verpflichtet davon jährlich 7 Mio. Fahrzeuge auf Mautzahlung zu überprüfen. Dazu wurde die Vitronic GmbH(Wiesbaden) beauftragt, für ca. 100 Mio. EUR an den Autobahnen 300 stationäre Anlagen als Messbrücken über die Fahrbahn zu errichten. Mit ihnen sollen LKW entdeckt werden, für die keine Gebühr gezahlt worden ist. LKW-Fahrer passieren also auf dem ca. 12000 Baukilometer umfassenden Autobahnnetz (Richtung - Gegenrichtung 24000 Streckenkilometer) durchschnittlich alle 80 Kilometer eine solche Kontrollstelle, da die stationären Kontrollanlagen nur halbseitig, d.h. nur über einer Richtungsfahrbahn montiert sind.
Dort gibt sich die On-Board-Unit per Infrarot-Signal zu erkennen. Die übermittelten Daten werden dann mit den Buchungsdaten im Zentralrechner vergleichen.
Spediteure bemängeln, dass die Messbrücken zu niedrig seien, um sie mit Schwertransportern zu unterqueren. Zudem kam es zu einer Reihe von Auffahrunfällen, da Autofahrer die Messbrücken für Radarfallen hielten und Vollbremsungen einlegten.
Wenn ein LKW mit / ohne oder mit ausgeschalteter OBU durch eine scharf geschaltete Mautkontrolle fährt, sucht eine Kamera per Schrifterkennung das Bild nach Zahlen und Buchstaben ab. Auf diese Weise sollen die Nummernschilder der LKW ausgelesen werden.
Ist das maschinell ausgelesene Kennzeichen nicht im Buchungscomputer zu finden, oder konnte die OCR-Software der Schrifterkennung das Kennzeichen nicht identifizieren, wird das schon im Vorfeld der Kontrollmaßnahme erstellte Frontfoto des LKW gespeichert. Die Bilder der Mautzahler werden nach dem Abgleich mit dem Computer gelöscht. Die gespeicherten Fotos können dann später manuell von Mitarbeitern des Betreibers ausgewertet werden.
Fotografiert werden auch die Fahrzeuge, deren montiertes Kennzeichen nicht mit dem in der OBU abgespeicherten elektronischen Kennzeichen identisch ist. Damit will man verhindern, dass eine OBU aus einem LKW mit geringerer Schadstoffemission und auf geringere Mautzahlung programmiertes Gerät ausgebaut und in einem LKW ohne Abgasreinigung weiterverwendet wird.
Die Kennzeichen-Lesefähigkeiten des automatischen Kontrollsystems werden von Toll Collect mit über 90 % angegeben. Das identische Kontrollsystem der Schweiz liefert bei Fahrzeugen mit OBU, also mit einem bei Kontrolle übermitteltem elektronischem Kennzeichen eine Erkennungsrate von 93 %, bei Fahrzeugen ohne OBU eine Erkennungsrate von 77 %.
Um 7 Mio. LKW auf Mautzahlung zu kontrollieren, muss der Betreiber seine 300 Überwachungsanlagen unter Berücksichtigung der Verkehrszählungszahlen rein rechnerisch etwa 3 Wochen im Kontrollmodus betreiben.
Die Ahndung von Verstößen gegen die Mautpflicht gehört nicht zur Aufgabe von Toll Collect. Sie liegt in der Zuständigkeit des Bundesamts für Güterverkehr (BAG).
Bei Auffälligkeiten sollen 535 speziell dafür eingestellte Mautkontrolleure des Bundesamtes die Fahrer stoppen. Diese neuen BAG-Mitarbeiter, eingestellt aus dem Personalüberhang der Post und Bahn, sollen in 278 mobilen Kontrollfahrzeugen (Fabrikat Mercedes Vito) verteilt auf 3 Schichten unterwegs sein, um die Kennzeichen der LKW mit den Daten des Buchungssystems abzugleichen. Das Bundesamt für Güterverkehr soll im Rahmen dieser Kontrolltätigkeit 3 Mio. LKW auf Mautzahlung überprüfen.
Weiterhin sollen ca. 40 Betriebsprüfer des BAG stichprobenartige Kontrollen bei deutschen Transportfirmen durchführen.
Systembedingte Grundprobleme der deutschen GPS-Maut-Lösung
Ein medienwirksamer Kritiker der geplanten neuen deutschen LKW-Maut-Lösung ist der Geschäftsführer der Schweizer Fela Management AG (Diese Firma ist eine der im Zuge der Auftragsvergabe unterlegenen Firmen.)
Er führt an, dass ein GPS-Mautsystem nie abrechnungs- und betrugssicher arbeiten könne. Zum gleichen Ergebnis kam möglicherweise auch der österr. Straßenbetreiber ASFINAG im Zusammenhang mit der Einführung der LKW-Maut in Österreich auf Basis der DSRC-Technik. Möglicherweise fußt die Entscheidung der ASFINAG auf einem von ihr 1999 bei der Rapp AG aus Basel (Schweiz) in Auftrag gegebenen Gutachten. In dieser Expertise werden die potenziellen Mängel eines GPS-Mautsystems beschrieben:
- Wegen der hohen Geräte- und Einbaukosten (Anm. 500 EUR / 250 EUR) kann keine OBU-Pflicht durchgesetzt werden. Fahrzeuge ohne Erfassungsgerät sind aber für das System auf den langen Streckenabschnitten zwischen den Kontrollbrücken nicht erkennbar.
- Das Mautsystem kann wegen der vor genannten hohen Kosten nicht ohne weiteres auf eine PKW-Maut ausgeweitet werden.
- Die einfache Abschattung der GPS-Antenne unterbricht die sichere Gebührenerfassung.
- Weltweit gibt es keine Gebührenabrechnung, die auf GPS basiert. Somit ist der Ausgang von Gerichtsverhandlungen bezüglich der Abrechnungen völlig offen.
- Die einzelne Kontrollbrücke kann nur prüfen, ob auf der Strecke von der letzten Auffahrt bis zur Kontrollbrücke die Maut bezahlt wurde, da sie nicht weiß, ob das Kfz schon auf einem vorherigen Steckenabschnitt die Autobahn befahren hat.
- Verhindern Datenschutzauflagen die Speicherung einer Fahrtroute, ist es möglich, dass nur die Streckenabschnitte mit Kontrollbrücken bezahlt werden.
- Die Kontrollbrücken haben bei Fahrzeugen ohne OBU nur eine maschinelle Kennzeichenlesefähigkeit(OCR) von ca. 80 %, da das gespeicherte elektronische Kennzeichen der OBU zum Abgleich fehlt.
- Anhand der von den Kontrollbrücken fotografierten ausländischen Kennzeichen von LKW ohne OBU können nachträglich weder der Fahrzeughalter noch die zur Mautprüfung wesentlichen Fahrzeugdaten ermittelt werden.
Eine Auseinandersetzung mit den oben behaupteten Mängeln befindet sich in Betrachtung der Mängel eines GPS-Mautsystems.
Das Gutachten schließt mit der Anmerkung, dass für ein GPS/GSM-Mautsystem keine Vorteile, jedoch gravierende Nachteile und Probleme gefunden wurden. Die Nachteile liegen nicht nur im technischen Bereich der Gebührenerfassung, sondern vor allem in den ablauftechnischen Bereichen des Gesamtsystems wie der Kontrolle, der Behandlung nicht ausgerüsteter Benutzer oder einer für den Benutzer (und für die Gerichte!) untransparenten Erfassung.
Kritiker bemängeln auch die hohen Betriebskosten des deutschen Systems, so erhält der Betreiber Toll Collect ca. 20 bis 25 % der Mauteinnahmen. Beim Schweizer Mautsystem(LSVA) ist dagegen von nur 8 % die Rede. Allerdings müssten bei dieser Gegenüberstellung auch die unterschiedlichen Erhebungsgrundlagen (Schweiz: jeder Fahr-km ohne Berücksichtigung der Straßenart, Deutschland: nur Autobahnen in einem komplexen Autobahnnetz) und die Unterschiede in den Infrastrukturkosten berücksichtigt werden.
Andere weisen darauf hin, dass spezielle Störsender für das benötigte Satellitensignal, sog. GPS-Jammer existieren, mit denen das Abrechnungssytem möglicherweise sabotiert werden könnte.
Das Worst-Case-Szenario einer Expertenschätzung sieht im Falle des Scheiterns dieses Mautsystems Einnahmeausfälle von 4,8 Mrd. Euro vor (heise.de). Inwieweit dies Schäden sind, für die Toll Collect einstehen muss, wird möglicherweise Gerichte beschäftigen.
Auf unbestimmte Zeit verschoben
Zum festgesetzten Starttermin, dem 31. August 2003, konnte die Erfassung der Gebühr nicht beginnen, da zahlreiche Probleme beim Aufbau des Systems bestanden und weiterhin bestehen.
Als neuer Termin wurde von Verkehrsminister Manfred Stolpe der 2. November 2003 festgesetzt, bis dahin sollte eine nicht gebührenpflichtige Testphase stattfinden. Im Rahmen eines Krisengipfel des Bundesverkehrsministers mit Vertretern der Industrie am 5. Oktober 2003, in Berlin wurde jedoch auch dieser Termin gekippt. Die Einführung des Systems ist damit auf unbestimmte Zeit verschoben.
Ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums sprach Anfang November 2003 von 86 bekannten Fehlern im Mautsystem (ftd). Veröffentlicht wurden sie nicht, etliche Probleme und Fehler sind allerdings bekannt:
- Lieferengpässe und Fehlfunktionen der On-Board-Units, dem Kern des Abrechnungssystems.
- Nicht alle Messbrücken wurden rechtzeitig fertiggestellt.
- Es stehen noch nicht genügend Automaten, sog. Mautstellen-Terminals, für das manuelle Einbuchen zur Verfügung.
- Die Maut-Terminals stürzten aufgrund von Software-Fehlern ab.
- An den Maut-Terminals stehen zu wenig Fremdsprachen für die Bedienung durch ausländische LKW-Fahrer zur Verfügung, im Regelfall nur die Sprachen Deutsch, Englisch, Französisch und Polnisch.
- Schwierigkeiten bei der Systemintegration, dem korrekten Zusammenspiel aller Hardware- und Software-Komponenten.
Die Bundesregierung bezifferte den Ausfall bereits budgetierter Einnahmen auf mindestens 156 Millionen Euro pro Monat. Die CDU-Opposition machte Stolpe persönlich für die Verzögerungen verantwortlich und forderte seinen Rücktritt.
Ausnahmen von der Mautpflicht
In § 1 Abs. 2 des Gesetzes zur Einführung von streckenbezogenen Gebühren für die Benutzung von Bundesautobahnen mit schweren Nutzfahrzeugen ist festgelegt, welche Fahrzeuge von der LKW-Mautpflicht ausgenommen sind :
- Kraftomnibusse
- Fahrzeuge der Streitkräfte und der Polizeibehörden
- Fahrzeuge des Zivil- und Katastrophenschutzes, der Feuerwehr und anderer Notdienste
- Fahrzeuge des Bundes und des Straßenunterhaltungs- und Straßenbetriebsdienstes
- Für Straßenreinigung und Winterdienst genutzte Fahrzeuge
- Fahrzeuge von Schausteller- und Zirkusbetrieben
Argumente für die LKW-Maut
Um Lagerkapazitäten einzusparen, setzen viele Firmen darauf, Waren bzw. Zwischenprodukte erst dann liefern zu lassen, wenn sie vor Ort benötigt werden (business on demand). Da die Eisenbahn, obwohl preisgünstiger und umweltschonender, die dazu notwendige Flexibilität nicht bieten kann, verlagern sich immer größere Teile des Gütertransports von der Schiene auf die Straße.
Kritisiert wird auch, dass Waren im Verlauf ihrer Produktion oft quer durch die EU gefahren werden. Stattdessen solle etwa ein Supermarkt seine Waren von ortsansässigen Herstellern beziehen. Auch wird argumentiert, dass Lastwagen die Straßen stärker abnutzen als PKWs und Speditionen deshalb auch entsprechende Abgaben zu zahlen hätten.
Argumente gegen die LKW-Maut
Deutsche Spediteure befürchten einen Wettbewerbsnachteil gegenüber ihren europäischen Konkurrenten. Sie machen auch darauf aufmerksam, dass für Ausbau und Reparatur des Straßennetzes bereits Kraftfahrzeugsteuern und Mineralölsteuern entrichtet werden. Denkbar ist auch, dass es zu einer Überlastung des restlichen Straßennetzes kommt, weil LKW-Fahrer auf Bundesstraßen ausweichen könnten.
PKW-Nutzer befürchten, dass auch sie in Zukunft eine Maut zahlen sollen. Außerdem ist ein allgemeiner Preisanstieg infolge gestiegener Transportkosten zu erwarten. Die Deutsche Post (DHL) hat bereits eine Tariferhöhung angekündigt. Es ist zu befürchten, dass dieser Preisanstieg überproportional ausfallen wird. Das Brötchen würde dann evt. nicht 0,2 Cent teurer werden, sondern 2 Cent.
Findige Aufbauhersteller stellen Gliederzüge (Lastkraftwagen mit Anhänger) mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 11,99 Tonnen vor, mit denen die Maut umgangen werden kann. Auch mit einem erhöhten Aufkommen von Kleintransportern ist zu rechnen.
Weblinks
Die Vertragspartner der LKW-Maut auf deutschen Autobahnen
- Toll Collect GmbH: Internet Portal
Die Website des Systembetreibers bietet neben Informationen zur Maut auch die Möglichkeit der manuellen Streckenbuchung
http://www.toll-collect.de - Bundesverkehrsministerium: "Fakten zur LKW-Maut" (o.D.)
Die (nicht mehr ganz aktuelle) Sicht des Ministeriums zur LKW-Maut
http://www.bmvbw.de/LKW-Maut-.720.htm (Stand der URL: 2003-10-26) - Bundesverkehrsministerium: "Pressemitteilungen"
Aktuelle und ältere Pressemitteilungen des Ministeriums zur LKW-Maut
http://www.bmvbw.de/Pressemitteilungen-.942.htm (Stand der URL: 2003-10-26)
Geschichte und technischer Hintergrund der deutschen LKW-Maut
- Dr. Egbert Meyer, Joachim Budeck: "Ausgebremste Automatik" (November 2002)
Ein fundiertes "Special" zum Mautsystem bei heise.de
http://www.heise.de/mobil/artikel/2002/11/18/maut/default.shtml (Stand der URL: 2003-10-26) - Mirko Smiljanic, Timo Lüge: "Die LKW-Maut" (Oktober 2003)
Ursprünglich ein Radio-Beitrag von Bayern2 – jetzt Bayerischer Rundfunk-online
http://www.br-online.de/bayern-heute/thema/maut/index.xml (Stand der URL: 2003-10-26)
Ausschreibung und Vergabe
Nicht nur die Verträge mit Toll Collect, vom September 2002 waren geheim.
Bereits die Ausschreibungsunterlagen zum Mautsystem, die nach dem 17. Februar 2000 den 5 möglichen Anbietern zur Verfügung gestellt wurden, waren geheim.
Folgende Dokumente betreffen Entscheidungen in den Nachprüfungsanträgen bei der Vergabekammer des Bundeskartellamtes in Bonn, die von den ausgeschlossenen Bietern gestellt wurden. Sie sind möglicherweise die einzige öffentlich zugängliche Informationsquelle, aus denen sich Rückschlüsse auf die Ausschreibung zum Mautsystem ziehen lassen. Die pdf-Dokumente sind anonymisiert und teilweise geschwärzt (Auslassungen). Inhalt und Verfahrensbeteiligte mussten recherchiert werden und sind bei den Links angegeben.
Übrigens waren alle (3) Nachprüfungsanträge erfolglos, alle (2) Klagen vor dem OLG-Düsseldorf gegen diese Entscheidungen wiederum erfolgreich.
- 2. Vergabekammer des Bundeskartellamtes: Der Beschluss VK2-58/02 vom 4. September 2002
Betr. Nachprüfungsverfahren von Ages gegen die Auftragsvergabe an ETC.de (Toll Collect)
Mit umfangreichen Hinweisen zur Auschreibung und Realisierung des Mautsystems
als pdf-Datei 226 KB
http://www.bkarta.de/VK2-58-02.pdf Stand der URL 2004-02-08 - 2. Vergabekammer des Bundeskartellamtes: Der Beschluss VK2-32/01 vom 18. Oktober 2001
Betr. Nachprüfungsverfahren von Ages gegen -Weiterverhandlung nur mit Telekom/DaimlerChrysler -Ausschluss unzureichende Bürgschaftsoption
Mit Informationen zu geforderten finanziellen Sicherheiten der Anbieter
als pdf-Datei 95 KB
http://www.bkarta.de/VK2-32-01.pdf Stand der URL 2003-10-15 - 2. Vergabekammer des Bundeskartellamtes: Der Beschluss VK2-20/01 vom 25. Juli 2001
Betr. Nachprüfungsverfahren von Fela wegen -Ausschluss wegen unzureichender Finanzierung
Aufgrund der anonymisierung kaum lesbar
als pdf-Datei 50 KB
http://www.bkarta.de/VK2-20-01.pdf Stand der URL 2003-10-15
Das Gesetz und die Verordnungen
- Das deutsche Mautgesetz: Gesetz über die Erhebung von streckenbezogenen Gebühren für die Benutzung von Bundesautobahnen mit schweren Nutzfahrzeugen vom 12. April 2002 (BGBl I 2002, S. 1234) als pdf-Datei
http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/abmg/gesamt.pdf Stand der URL 2003-10-11 - Verordnung zur Festsetzung der Höhe der Autobahnmaut für schwere Nutzfahrzeuge (BGBl I 2003, 1001) als pdf-Datei Stand der URL 2003-10-11
- Verordnung zur Erhebung, zum Nachweis der ordnungsgemäßen Entrichtung und zur Erstattung der Maut (BGBl I 2003, 1003) als pdf-Datei Stand der URL 2003-10-11
Die deutsche LKW-Maut in der Medienberichterstattung
- Suche nach "LKW-Maut" bei Spiegel-online und Manager Magazin in den letzten 6 Monaten Stand der URL 2003-10-11
- Suchmaske der ARD tagesschau.de Suchwort (z.B. LKW AND Maut) muss selbst eingegeben werden Stand der URL 2003-10-11
- Suche nach "LKW-Maut" Themen/Artikel bei ZDF.de in den letzten 3 Monaten Stand der URL 2003-10-11
- News Sammlung der Fela Management AG enthält u.a. auch Fela Kritiken und kritische Medienberichte zur deutschen LKW-Maut
http://www.fela.ch/elektroniktelem/de/news/index.html Stand der URL 2003-10-11 - WDR-Bericht in der Reihe Plusminus vom 27.05.2003
http://www.daserste.de/plusminus/beitrag.asp?iid=59 Stand der URL 2003-10-11 - Sind die Mautbrücken zu niedrig für Schwertransporte ? (Bild.de vom 17. September 2003)
http://www.bild.t-online.de/BTO/news/2003/09/18/maut__chaos/maut__panne__bruecken.html Stand der URL 2003-10-11 - Programmvorschau TV
Donnerstag, 05.01.04 14:00 – 14:.45 Phönix Was geschah bei Toll-Collect?. Film von Gudrun Thoma und Sebastian Schütz, SWR/2004: Die LKW-Maut sollte den Finanzminister glücklich machen, der deutschen Industrie mit dem "technologischen Quantensprung" Aufträge bescheren - und nun? Die Technik läuft nicht, die deutsche LKW-Maut ist zur europäischen Lachnummer geworden, Politik und Industrie liegen sich auf der Suche nach dem Schuldigen in den Haaren. Der Film begibt sich auf Spurensuche dieses finanziellen und politischen Desasters. fotos unter www.ard-foto.de
http://www.p2pworld.to/history/topic/92367-1.html
Sonstige Berichte zur Maut
- "Funktionsweise und Sicherheit von Toll Collect" Seminararbeit am Lehrstuhl für Kommunikationssicherheit an der Ruhr Universität Bochum im WS 2002/2003 als pdf
http://www.crypto.ruhr-uni-bochum.de/Seminare/BeitraegeITS/toll_collect_report.pdf Stand der URL 2003-10-11 - DaimlerChrysler: "Systembeschreibung ETC Deutschland" (Juli 2003?)
PR-Material mit zahlreichen Grafiken, pdf-Datei Größe: 1 MB / 20 Seiten
http://www.dcl.hpi.uni-potsdam.de/cms/teaching/mobilitySem03/slides/tollcollect.pdf (Stand der URL: 2003-10-22) - Aufsatz über die Problematik von GPS-Störsendern (Jammer)
http://home.t-online.de/home/Wolf-GuenterG/tollcoll.htm Stand der URL 2003-10-11 - 4MOC Projektmanagement Gesellschaft: ohneTitel (o.D.)
Kritiker des Toll Collect Systems
http://www.4MOC.com/4710/4764.html
Infos über die Kontrolle
- Kontrolltätigkeit des Bundesamtes für Güterverkehr (BAG) als Teil des Geschäftsberichtes 2002 (PDF-Datei, 2 MB!) relevant sind die Seiten 32 bis 39 - Stand der URL 2003-10-11
- "Kampf den Mautprellern" transportweb.de vom 18.07.2003 Stand der URL 2003-10-11
- "Das Maut-Häuschen an der Autobahn steht schon" Sächsische Zeitung vom 1. August 2003 Stand der URL 2003-10-11
- Die TollChecker-Messbrücke von Vitronic
Datenschutz
- Schwere Design-Fehler bei LKW-Mautsystem IT-Sicherheitsexperte fordert sofortiges Abschalten wegen erheblicher Sicherheitsmängel
- Erfassung zunächst sämtlicher Fahrzeuge für LKW-Maut
- LKW-Autobahnmaut: Informatiker fordern Datenschutz ein
- Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz: Bei der Einführung der LKW-Maut ist der Datenschutz gewahrt
- Datenschutz Berlin: LKW-Maut auf Autobahnen und allgemeine Maut auf privat errichteten Bundesfernstraßen
- ein idealer Angriffspunkt für Hacker-Attacken
- GSM-Objektverfolgung
PR Video-clips von Toll Collect über das deutsche Mautsystem
- MPEG-1-Videos vom Server der Wirtschaftskammer Österreich. Downloadgröße 8-39 MB, Stand aller URLs 2003-10-11.
- Kontrolle und Technik
- Systemvorstellung
- Manuelle Buchung
- Einbau
- Mobile Kontrolle
- Hintergrund
- Alternative Buchung (Dieses System wurde nicht zugelassen)
- Stationäre Kontrolle
- Partner
- Internet - Buchung
- Automatische Abbuchung
Mehr zur Schweizer LKW-Maut (LSVA)
- Technik des Mitbewerbers Fela Management AG (Mitbewerber um das deutsche Mautsystem):
- Die Eidg. Zollverwaltung (EZV) über die LSVA
http://www.afd.admin.ch/d/firmen/steuern/lsva/lsva.php Stand der URL 2003-10-11 - Umfangreiche "Übersicht über das Erfassungssystem LSVA" der Rapp AG vom 7. Februar 2000 (pdf!)
http://www.konstanz.ihk24.de/KNIHK24/KNIHK24/produktmarken/standortpolitik/verkehrsnetze/gueter/schweiz1/lsvasyst.pdf Stand der URL 2003-10-11
- Homepage der Fela Management AG(Schweiz)
http://www.fela.ch/et.html Stand der URL 2003-10-11 - Fela Sites zur Schweizer LSVA und deren technischer Umsetzung
http://www.fela.ch/elektroniktelem/de/lsva/index.html Stand der URL 2003-10-11
Europa
Ein Mautsystem für Europa - Die Eurovignette
Vorschlag für eine RICHTLINIE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES über die allgemeine Einführung und die Interoperabilität elektronischer Mautsysteme in der Gemeinschaft