Geschichte der Eisenbahn
Historische Definition
Eine Eisenbahn ist ein Unternehmen, gerichtet auf wiederholte Fortbewegung von Personen oder Sachen über nicht ganz unbedeutende Raumstrecken auf metallener Grundlage, welche durch ihre Konsistenz, Konstruktion und Glätte den Transport großer Gewichtsmassen beziehungsweise die Erzielung einer verhältnismäßig bedeutenden Schnelligkeit der Transportbewegung zu ermöglichen bestimmt ist, und durch diese Eigenart in Verbindung mit den außerdem zur Erzeugung der Transportbewegung benutzten Naturkräften - Dampf, Elektrizität, tierischer oder menschlicher Muskeltätigkeit, bei geneigter Ebene der Bahn auch schon durch die eigene Schwere der Transportgefäße und deren Ladung usf. - bei dem Betriebe des Unternehmens auf derselben eine verhältnismäßige gewaltige, je nach den Umständen nur bezweckterweise nützliche oder auch Menschenleben vernichtende und menschliche Gesundheit verletzende Wirkung zu erzeugen fähig ist.
Definition Reichsgericht 1876
Eisenbahnen, Riegel oder Schienenwege sind fahrbare Straßen mit festen Geleisen von Eisenschienen oder von mit Eisen beschlagenem Holz und Steinen, auf denen die Räder der Wagen laufen, wodurch der Widerstand, welchen sie auf gewöhnlichen Wegen am Umfange erleiden, so weit aufgehoben wird, dass beinahe nur die Reibung an der Achse noch zu überwinden bleibt und ihre Fortbewegung durchschnittlich wenigstens zehnfach erleichtert ist. So wurde das Stichwort "Eisenbahn" im "Brockhaus–Bilder–Conversations-Lexikon" aus dem Jahre 1837 abgehandelt. Damit gehört auch dieses Dokument zum Thema Eisenbahngeschichte.
Frühe Vorläufer
Für die Konstruktion einer Eisenbahn waren im Grunde verschiedene frühe Basis-Erfindungen die Voraussetzung, so die Erfindung des Rades, die Herstellung von Stahl,
die Erfindung der Dampfmaschine und die Schöpfung einer Fahr- und Leitbahn in Form von Schienen.
Systemische Vorläufer der Eisenbahn waren Bergwerks-Transportsysteme mit Wagen, die auf Holzbohlen liefen (erstmals belegt 1519) sowie der Straßen-Dampfwagen des Franzosen Nicholas Cugnot 1769.
Die Verbesserung der Dampfmaschine durch James Watt und ihre Weiterentwicklung zur kompakten Hochdruckdampfmaschine durch Richard Trevithick war eine Vorbedingung, um ein Fahrzeug damit auszustatten.
Erste Bahnsysteme in England
Trevithick baute 1804 auch die erste Dampflokomotive. Sie war für den Einsatz in Bergwerken gedacht. Da die verwendeten gußeisernen Schienen oft zerbrachen, war der Einsatz nur begrenzt. Die Entwicklung und Produktion der gewalzten Stahlschiene war daher eine Innovation, die zur Weiterentwicklung und Verbreitung der Eisenbahn führte.
George Stephenson baute seine erste Bergwerkslokomotive 1814. 10 Jahre später bekam er die Erlaubnis, eine Eisenbahnstrecke zwischen Stockton und Darlington, England, zu bauen. Die Spurweite der Strecke betrug 1435 mm, und wurde bald zum Standard bei den meisten Eisenbahnen der Welt. Die Eröffnung der etwa 18 Kilometer langen Strecke fand am 27. September 1825 statt und George Stephenson steuerte die Locomotion selbst.
Die nächste Strecke wurde 1830 zwischen Liverpool und Manchester eröffnet. Hierbei gab es das erste Eisenbahnopfer, als bei der Eröffnung ein Parlamentsabgeordneter von der Rocket überrollt wurde und wenig später verstarb. Die Höchstgeschwindigkeit der Rocket betrug 48 km/h.
Entwicklung in Deutschland bis zum ersten Weltkrieg
Parallel zu England entwickelten sich auch im deutschen Bergbau die Anfänge einer Eisenbahn. Die Untertage benutzten Wagen zur Förderung liefen auf Holzschienen und wurden entweder durch einen Spurnagel zwischen den Schienen oder durch Spurkränze auf den Rädern geführt. Wegen des jaulenden Geräusches beim Bewegen wurden diese Wagen von den Bergleuten "Hunde" genannt. Im Ruhrkohlebergbau entwickelte sich ab 1787 ein Netz von Eisenbahnen, die aus der Förderung untertage den direkten Transport der Kohle zu den Verladestellen an der Ruhr ermöglichten. Einzelne Strecken, so der 1787 mit Schienen aus Gußeisen gebaute Rauendahler Schiebeweg in Bochum oder die Silscheder Kohlenbahn von 1832 lassen sich heute noch im Gelände nachweisen. Die Ausdehnung dieses Streckennetzes im Ruhrgebiet wird auf 30 km Länge geschätzt. Im Unterschied zu einer "echten" Eisenbahn waren diese Strecken allerdings nur Privatanlagen, die nicht dem öffentlichen Verkehr dienten. Eine Ausnahme bildet hier die 1831 eröffnete Prinz-Wilhelm-Eisenbahn. Sie hatte eine Länge von einer preußischen Meile (7533 Meter)und wurde durch die 1828 gegründete "Deilthaler Eisenbahn Aktiengesellschaft" als erste Eisenbahn-Aktiengesellschaft auf deutschem Boden, erbaut. Sie wurde bis 1844 als reine Pferdebahn zum Kohlentransport betrieben und dann als Steele - Vohwinkler Eisenbahn) verlängert und vollspurig ausgebaut. Bis heute liegen jedoch die Schienen der Bahn (seit 2003 als S-Bahn umgebaut) auf der gleichen Trasse. Diese Bahnstrecke war ununterbrochen in Betrieb Die offiziell als erste Strecke in Deutschland bezeichnete, Ludwigsbahn, wurde am 7. Dezember 1835 zwischen Nürnberg und Fürth eröffnet. Herausragend an diesem Ereignis war die Tatsache, dass es sich um eine Strecke des öffentlichen Verkehrs handelte, auf der neben von mit Pferden gezogenen Wagen erstmals auch ein Zug fuhr, der von einer Lokomotive gezogen wurde. Die Lokomotive Adler stammte aus England und war bereits die 118. Maschine aus der Lokomotivenfabrik Stephensons (Typbezeichnung "Patentee", da die Bauart unter Patentschutz stand). Diese erste Bahnverbindung in Deutschland hatte allerdings keinerlei Einfluss auf die Entstehung des europäischen Eisenbahnnetzes.
1838 entstand die erste in Deutschland gebaute Dampflokomotive "Saxonia" bei der Maschinenbaufirma Übigau bei Dresden.
1879 führte Werner von Siemens die erste gebrauchstaugliche Elektrolokomotive vor.
1895 wurde mit der Strecke Meckenbeuren-Tettnang die erste elektrisch betriebene Vollbahn in Deutschland errichtet.
Das Aufkommen der ersten Eisenbahnverbindungen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde von den Menschen unterschiedlich aufgenommen. Die einen fürchteten sich vor dem Qualm und dem Rauch der Lokomotiven, weitblickendere und unternehmerisch denkende Menschen wie Friedrich Harkort und Friedrich List[1] wiederum sahen in der Eisenbahn ein willkommenes Mittel zur Überwindung kleinstaatlicher Bevormundung speziell in Deutschland.
Erste Streckennetz-Entwicklung in Deutschland
- Hinsbeck (Essen-Kupferdreh) - Nierenhof 1831
- Nürnberg - Fürth 1835
- Leipzig - Dresden 1836
- Berlin - Potsdam 29. Oktober 1838
- Braunschweig - Wolfenbüttel 1. Dezember 1838 - Harzburg 31. Oktober 1841, siehe Philipp-August von Amsberg
- Frankfurt am Main - Höchst am Main 1839
- Köln - Aachen - Liege (Lüttich) / Belgien 1841
- Berlin - Paris 1847
- Frankfurt am Main - Kassel 1852 (Main-Weser-Bahn)
Bedeutsam waren auch die Verbindungen der damaligen Wirtschaftszentren mit den Zugängen zum Meer:
- Köln - Antwerpen zur Umgehung des niederländischen Rheinzolles 1841
- Köln - Minden an die mit Schiffen befahrbare Weser 1847
Die Erschließung des Ruhrgebietes als Lieferanten für Kohle und Stahl für die aufstrebende Industrie förderte den Bau weiterer Strecken:
- Vohwinkel - Steele 1847
- Wuppertal - Hagen - Dortmund 1849
- Hamm - Kassel 1853
- Oberhausen - Arnhem (Arnheim) / Niederlande 1856
- Hagen - Siegen 1861
- Düsseldorf - Mönchengladbach - Aachen 1870,
- Wanne-Eickel - Hamburg 1871
Schnellfahrstrecken seit 1990
- 2. Juni 1991 Inbetriebnahme der Schnellfahrstrecken Hannover-Würzburg und Mannheim-Stuttgart für den öffentlichen Verkehr; hierzu wird zeitgleich der ICE eingeführt.
- September 1998: Eröffnung der Schnellfahrstrecke Hannover-Berlin
- 1. August 2002: Eröffnung der Schnellfahrstrecke Köln-Frankfurt am Main
Militärische Bedeutung
Nach anfänglichem Mißtrauen interessierte sich auch das Militär für die Eisenbahn. In der Nähe der Eisenbahnbrücken über die großen deutschen Flüsse wurden auf Veranlassung der preußischen Generalität Festungen angelegt oder erweitert. Dies betraf beispielsweise Köln und Wesel am Rhein, Minden an der Weser, Magdeburg an der Elbe und Küstrin an der Oder
Bei Kriegen wurde die Eisenbahn in die militärischen Aufmarschpläne einbezogen. Im Jahre 1866 brachte der Truppentransport mit der Eisenbahn den Sieg der preußischen Truppen gegen Österreich-Ungarn, ebenso fünf Jahre später gegen Frankreich. Im ersten Weltkrieg verhärteten sich innerhalb kürzester Zeit sämtliche Bewegungen im Stellungskrieg, weil sich die kriegführenden Mächte nicht zu weit von den Bahnhöfen als sicherer Position entfernen wollten oder konnten: Die damals verfügbaren Straßenfahrzeuge waren nur in Ausnahmefällen und unter ungeheuren Anstrengungen ("Voie sacrée" bei Verdun) in der Lage, die logistischen Anforderungen der Materialschlachten zu bewältigen.
Internationale Entwicklung
- Schweiz:
- 1847 erste Eisenbahnstrecke von Zürich nach Baden. Sie wird unter dem Begriff Spanisch Brötli Bahn bekannt.
- 1882- Eröffnung der Gotthardbahn mit dem Gotthardtunnel. Mit einer Länge von 15 003 Metern war dieser für damalige Verhältnisse ein bemerkenswertes Bauwerk.
- Amerika:
- 1809 Erste Pferdebahn in Philadelpia
- 1827 Baltimore & Ohio Railroad eröffnet erste öffentliche Eisenbahn für den Personen- und Gütertransport
- 10. Mai 1869 - die erste transkontinentale Verbindung zwischen der Ost- und Westküste wird eröffnet. Die Streckenlänge von New York nach San Francisco betrug 5319 Kilometer.
- Russland: Oktober 1916 - die Transsibirische Eisenbahn (Transsib) wird nach 26 Jahren Bauzeit fertiggestellt. Streckenlänge von Moskau bis Wladiwostok rund 9300 Kilometer. Die Transsib ist damit die längste Eisenbahnstrecke der Welt.
- Die "Union internationale des chemins de fer" - UIC - wird am 21. Oktober 1922 in Paris gegründet. Deutschsprachige WEB Seite des UIC
- Afrika
- In vielen afrikanischen Staaten - vor allem denen, die unter britischer Herrschaft standen - wurden Anfang des 20. Jahrhundert große Eisenbahnnetze errichtet. Mit der Unabhängigkeit der Staaten verlor man oftmals das nötige Fachwissen, Kriege und Konflikte taten ihr übriges, so dass die meisten Eisenbahnstrecken heutzutage kaum mehr benutzbar sind.