Altona-Kieler Eisenbahn-Gesellschaft

Historische Eisenbahngesellschaft
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Die Altona-Kieler Eisenbahn-Gesellschaft war eine Aktiengesellschaft im damals zu Dänemark gehörenden Herzogtum Holstein, die die Eisenbahn zwischen Altona, der damals zweitgrößten Stadt des dänischen Königreiches und der Ostseehafenstadt Kiel baute und betrieb. Sie wurde im Dezember 1840 von den zunächst im Altona-Kieler Eisenbahnkomitee zusammengeschlossen Kaufleuten aus Altona und Kiel gegründet, um die Transport- und Absatzmöglichkeiten ihrer Waren zu verbessern.

Einer zuvor bereits von Friedrich List angedachten Bahnverbindung zwischen den Hansestädten Hamburg und Lübeck hatte die Königliche Eisenbahn-Commission, die 1835 von Dänemarks Friedrich VI. eingesetzt worden war, die Konzessionierung verweigert, da sein Nachfolger Christian VIII. eine Bahnverbindung zwischen Elbe und Ostsee aus fiskalischen Gründen nur auf dänischem Territorium dulden wollte.

Strecken

 
Streckenalternativen: über Segeberg oder Neumünster

Mit der Trassenplanung wurde der englische Ingenieur Geo W. Buck beauftragt. Er kam zu dem Ergebnis, dass wegen des geringeren Reliefunterschiedes die Strecke nicht über Segeberg, sondern über Barmstedt und Neumünster geführt werden solle. Nachdem aus Elmshorn eine höhere Beteiligung am Aktienkapital angeboten wurde und sich von dort auch die Erschließung einer weiteren westholsteinischen Strecke wirtschaftlicher vornehmen ließ, entschied sich die Generalversammlung der Gesellschaft im Mai 1842 für diese westlichste Trassenvariante. Christian VIII. erteilte die Konzession dafür am 28. Juni 1842. Die Endbahnhöfe sollten in unmittelbarer Nähe des jeweiligen Hafens errichtet werden.

Weitere Bahnhöfe lagen in Pinneberg, Tornesch, Elmshorn, Wrist, Neumünster und Bordesholm, dazu Anhaltestellen in Stelling, Eidelstedt, Halstenbeck, Priesdorf, Horst, Dauenhof, Siebenecksknöll, Brockstedt, Pahdenstedt, Fohrde und Meimersdorf (in der Schreibweise von 1844).

Gleich nach der Fertigstellung der Hauptstrecke begann der Bau einer Verbindung vom tiefer gelegenen Elbufer zum Altonaer Bahnhof, bei der die Güterwagen per Seilaufzug über eine 210 m lange geneigte Ebene den Höhenunterschied von 30 m überwanden (siehe Altonaer Hafenbahn, Schellfischtunnel). Die Inbetriebnahme erfolgte 1845.

Im gleichen Jahr erweiterte die Gesellschaft ihr Netz noch um die Strecken Elmshorn-Glückstadt (mit Halt in Sithwende und Herzhorn) sowie Neumünster-Rendsburg (über Nortorf und Bokelholm). Mit dem Bau der Hamburg-Altonaer Verbindungsbahn 1865/66 wurde die AKE mit den von den hamburgischen Bahnhöfen abgehenden Bahnstrecken nach Berlin und nach Lübeck verbunden.

Kapitalanteile

Das Gesellschaftskapital verteilte sich 1844 wiefolgt (in %):

  • Dänischer Gesamtstaat 27,0
  • Stadt Altona 21,6
  • Privater Streubesitz 19,2
  • Stadt Kiel 16,2
  • Aktien im Besitz der Gesellschaft 13,1
  • Stadt Neumünster 1,1
  • Altonaisches Unterstützungsinstitut 1,1
  • Stadt Elmshorn 0,4
  • Stadt Pinneberg 0,3

Bau und Betriebsbeginn

 
Titelblatt des 36seitigen Reisebegleiters - man hatte ja Zeit...

Baubeginn der 105 km langen, außer in Kiel, Neumünster und Altona zunächst eingleisigen Strecke war im März 1843; Oberingenieur (ab 1845 zum ausführenden Direktor der Gesellschaft befördert) wurde Eduard Dietz, der vorher bei der Leipzig-Dresdner Eisenbahn gearbeitet hatte. Eröffnet wurde sie unter dem Namen Christian VIII. Østersø Jernbane (dt. König Christian VIII. Ostseebahn) am 18. September 1844, dem Geburtstag des Königs, mit einer Feier in der Wagenhalle des noch nicht fertiggestellten Altonaer Bahnhofs und der ersten Fahrt nach Kiel (Fahrtzeit: 3 Stunden).

Dies war die erste Bahnstrecke in Dänemark (bzw. die fünfte in Deutschland); für den Betrieb standen anfangs 10 Lokomotiven, 8 Tender, 37 Personen- und 50 Güterwagen zur Verfügung. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit betrug bei Tageslicht 45 km/h, bei Dunkelheit 30 km/h.

Das rollende Material wurde nach einer internationalen Ausschreibung geordert: je 5 Dampflokomotiven mit der Achsfolge "1A1" kamen von den Firmen Kitson, Thompson & Lewison aus Leeds und Hawthorn aus Newcastle, die dazugehörigen Schlepptender von Wöhlert in Berlin, die Personenwagen von Röhe & Wienbarg (Altona), Pack- und Güterwagen von Meyer (Uetersen), Knupper (Altona) und Schweffel & Howaldt (Kiel).

Fahrplan und Uhrzeit

Aus der geografischen Lage der Strecken-Endpunkte Altona und Kiel ergab sich hinsichtlich der genauen astronomischen Ortszeit eine Differenz von etwa 40 Sekunden. Je nachdem, welche Ortszeit jeweils zugrunde gelegt worden wäre, wäre ein Zug zwischen Altona und Kiel jeweils um fast eine Minute „zu früh“ oder „zu spät“ angekommen. Um diesem Problem zu begegnen, wurde in Zusammenarbeit mit der Altonaer Sternwarte und ihrem Leiter Heinrich Christian Schumacher eine künstliche mittlere Uhrzeit für die Angaben im Fahrplan bestimmt. Die dann verbleibende maximale Zeitdifferenz von 20 Sekunden zu den örtlichen Uhren wurde dann nicht mehr so auffällig als scheinbare Verspätung wahrgenommen.

Dieses Problem, das mit zunehmenden Streckenentfernungen und Reisegeschwindigkeiten auch bei anderen Eisenbahnen auftrat, war übrigens ein Anlaß zur Einberufung der Internationalen Meridian Konferenz im Oktober 1884 in Washington, D.C., auf der vereinbart wurde, die Erde in 24 Zeitzonen aufzuteilen, in denen jeweils unabhängig von der genauen astronomischen Ortszeit eine für alle in dieser Zone befindlichen Orte geltende „Einheitszeit“ verwendet werden sollte. Nach den entsprechenden Vorbereitungen wurde darauf 1893 in Deutschland die „Mitteleuropäische Zeit“ eingeführt, die orts- und länderübergreifende korrekte Uhrzeitangaben in den Fahrplänen ermöglichte.

Die Gesellschaft wird preußisch

Als Folge des deutsch-dänischen Krieges wurde Holstein 1867 preußisch; am 1. März 1884 übernahm die Königlich Preußische Eisenbahn-Verwaltung den Betrieb der Altona-Kieler Eisenbahn. Nachdem der Staat am 1. Januar 1887 auch Eigentümer der Bahn geworden war (Kaufpreis 1886: 70,65 Mio. Mark), wurde die Aktiengesellschaft aufgelöst.

Literatur

  • Altonaer Museum (Hg.): Schienen zum Fortschritt. 150 Jahre Eisenbahn in Schleswig-Holstein. Hamburg 1994 (Veröff.d.Landesarchivs Schleswig-Holstein)
  • Hajo Brandenburg/Altonaer Museum (Hg.): Der Altonaer Bahnhof im Wandel der Zeit. Hamburg/München 2001 (Dölling und Galitz) ISBN 3-933374-98-7
  • Christian L. Küster: Ein einmaliger Fall – das Rathaus war zunächst Bahnhof. In: Uwe Hornauer/Gerhard Kaufmann (Hg.): Das Altonaer Rathaus 1898-1998. Hamburg 1998 (Dölling und Galitz) ISBN 3-930802-94-5
  • Erich Staisch: Der Zug nach Norden. 150 Jahre Eisenbahnverkehr in Schleswig-Holstein von der Christianbahn bis zur Elektrifizierung. Hamburg 1994 (E. Kabel) ISBN 3-8225-0298-7
  • "Unentbehrlicher Begleiter für Eisenbahnreisende auf König Christian VIII. Ostseebahn zwischen Altona und Kiel". Altona 1844 (hier: Nachdruck 1994)