Südwestkirchhof Stahnsdorf

Friedhof in Stahnsdorf, Brandenburg, Deutschland
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Südwestkirchhof der Berliner Stadtsynode in Stahnsdorf oder kurz Südwestkirchhof Stahnsdorf sind die Bezeichnungen für den im Jahr 1909 angelegten Friedhof der evangelischen Kirchengemeinden des Berliner Stadtsynodalverbandes sowie der damaligen Stadtkreise Charlottenburg und Schöneberg. Partner in der Trägerschaft des Südwestkirchhofs waren also ein konfessionell orientierter Synodalverband und – trotz der Bezeichnung Kirchhof – konfessionell ungebundene Gebietskörperschaften.

Versiegter Brunnen

Der Friedhof liegt südwestlich von Berlin, außerhalb der Stadtgrenzen, auf dem Gebiet der brandenburgischen Gemeinde Stahnsdorf und ist mit einer Gesamtfläche von rund 206 Hektar einer der größten Friedhöfe europaweit sowie nach dem Hauptfriedhof Ohlsdorf in Hamburg Deutschlands zweitgrößter Friedhof. Aufgrund seines Waldcharakters sowie der Vielzahl historisch wertvoller Grabmäler und anderer Bauwerke steht die Begräbnisstätte in der Brandenburgischen Denkmalliste[1] und stellt eine der wichtigsten Park- und Landschaftsdenkmäler im Berliner Großraum dar.

Geschichte

 
Eine Allee des Südwestkirchhofs
 
Grabstätte Solmssen im Block Trinitatis aus dem Jahr 1930; hinter der Bronzefigur die Inschrift:
Zur Erde muss, was aus der Erde stammt. Doch was des Äthers Saat entkeimte, kehrt wieder in des Himmels Wölbung
 
Die Holzkapelle

Entstehung

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zeichnete sich in den innenstadtnahen Bereichen Berlins eine Verknappung der verfügbaren Begräbnisplätze ab. Infolgedessen entstanden Planungen für mehrere große, ausbaufähige Friedhöfe im Berliner Umland. Für deren Anlage erwarb der Berliner Stadtsynodalverband, Kirchengemeinden der Evangelischen Landeskirche der älteren Provinzen Preußens in Berlin und Umland umfassend, schließlich um die Jahrhundertwende drei große Grundstücke außerhalb der Stadt. Darunter war auch eine damals rund 156 Hektar große, zum Teil mit Kiefernwald bewachsene Ackerfläche im südwestlichen Berliner Umland, zwischen den Wäldern der Parforceheide im Norden und im Westen, der neuen Potsdamer Landstraße im Süden und der Gemeinde Stahnsdorf im Osten. Der dort geplante Großfriedhof sollte dazu beitragen, das Bestattungsproblem der evangelischen Kirchengemeinden Berlins (und einiger damals noch selbstständiger Städte in unmittelbarer Nähe) zu lösen.

Für die Anlage des Friedhofs wurde im September 1907 ein Gestaltungswettbewerb ausgeschrieben, aus dem das Gemeinschaftsprojekt des Stadtobergärtners Richard Thieme und des Wilmersdorfer Stadtbauinspektors Paul Nitze als Sieger hervorging. Letztendlich war der Synodalverband jedoch mit keinem der fünf preisgekrönten Entwürfe zufrieden und übertrug schließlich dem Garteningenieur der Berliner Stadtsynode Louis Meyer (1877–1955) die Ausarbeitung neuer Pläne unter Berücksichtigung der Wettbewerbsideen. Seine Planung war auf ein naturromantisches Erscheinungsbild ausgerichtet; mit großem persönlichem Engagement setzte sich Meyer auch nach der Eröffnung der Anlage mehrere Jahrzehnte hindurch für den weiteren Ausbau des Waldfriedhofs ein. Der neu entstandene Friedhof war waldähnlich und naturnah und einer der ersten seiner Art in Deutschland. Die großzügige und naturbelassene Gestaltung in der Bestattungskultur gesetzt hatte, war auch in der fortschreitenden Industrialisierung und der zunehmenden Überbevölkerung der Großstädte begründet. Während so 1908 der Ostkirchhof Ahrensfelde und 1909 der Südwestkirchhof entstanden, wurde die Anlage des Nordkirchhofs in Mühlenbeck nie realisiert.[2]

Der neu entstehende Friedhof war nicht nach durchnummerierten Feldern geordnet, wie es sonst üblich war. Die sogenannten ‚Bestattungsblocks‘ waren jeweils einer der beteiligten Städte und Gemeinden oder einer beteiligten Kirchengemeinden zugeordnet, die zur Stadtsynode gehörte.[3] So wurde der Block Schöneberg ursprünglich für Bestattungen Verstorbener aus der damals noch eigenständigen Stadt Schöneberg angelegt, der erst 1923 entstandene Schwedische Friedhof (Victoriablock) wurde von der schwedischen Victoria-Gemeinde Berlins betreut und ihre Gemeindemitglieder wurden hier bestattet. An diesen Blockbezeichnungen orientiert sich der Südwestkirchhof.

Die Anfänge

Die Eröffnung des neuen Friedhofs erfolgte am 28. März 1909, wenige Tage später wurde hier die erste Beerdigung durchgeführt. Angrenzend an den Südwestkirchhof wurden 1909 westlich der Friedenauer Waldfriedhof (seit 1935 Wilmersdorfer Waldfriedhof Güterfelde) und 1920 nördlich der städtische Wilmersdorfer Waldfriedhof Stahnsdorf (zunächst als Schöneberger Waldfriedhof angelegt, ab 1935 unter dem heutigen Namen betrieben), beides kommunale und damit religiös ungebundene Großfriedhöfe.

Die hölzerne Friedhofskapelle nach dem Vorbild norwegischer Stabkirchen wurde 1908 bis 1911 durch den Kirchenbaumeister Gustav Werner errichtet. Bekanntes Vorbild ist die Kirche Wang im Riesengebirge. Die hölzerne Inneneinrichtung, die sparsame Bemalung, die farbigen Jugendstil-Glasfenster und die wertvolle Orgel von Wilhelm Sauer sind im Originalzustand erhalten. Der 1859 geborene Gustav Werner wurde 1917 gegenüber seinem Bauwerk am Kapellenvorplatz bestattet. Heute finden in der Kapelle nicht nur Trauerfeiern und Gottesdienste sondern gelegentlich auch musikalische Veranstaltungen statt.

Aufgrund der großen Entfernung des neuen Großstadtfriedhofs von Teilen seines Einzugsgebietes wurde eine neue Infrastruktur geschaffen. Mit einem größtenteils von der Stadtsynode getragenen Kostenaufwand von 2,5 Mio. Goldmark wurde ein S-Bahn-Anschluss direkt bis zum Friedhof geschaffen. Es wurde vom Bahnhof Wannsee bis zum Südwestkirchhof eine 4,4 Kilometer lange, eingleisige Stichlinie durch die Parforceheide errichtet, die sogenannte „Friedhofsbahn“. Im Volksmund wurde sie damals als „Leichen-“ oder „Witwenbahn“ bezeichnet. Sie wurde am 2. Juni 1913 in Betrieb genommen und war durch spezielle Waggons und besondere Bahnhöfe in Berlin-Halensee und Stahnsdorf neben der Beförderung der Angehörigen und Friedhofsbesucher auch auf den Transport der Särge eingerichtet. Die 1928 elektrifizierte Friedhofsbahn einschließlich eines eigens errichteten Bahnhofsgebäudes auf dem Vorplatz des Kirchhofs war bis zum Mauerbau 1961 in Betrieb.

Entwicklung hin zum Prominentenfriedhof

 
Das Wissinger-Grab
 
Britischer Soldatenfriedhof
 
Grabfeld im Block Alte Umbettung
 
Grab des Hoffotografen Julius Schaarwächter, komplett mit der Trauernden (1905) von Wilhelm Wandschneider, 1938 vom Alten St.-Matthäus-Kirchhof Berlin umgebettet

Durch seine attraktive Gestaltung und den S-Bahn-Anschluss gewann der Kirchhof nun zunehmend an Bekanntheit und Bedeutung im damaligen Berliner Bestattungswesen. Allein in den ersten 25 Jahren seines Bestehens nahm der Südwestfriedhof mehr als 35.000 Verstorbene auf. Das war nahezu ein Drittel der gesamte 120.000 bisherigen Bestattungen. Es wurden zwar vorwiegend Verstorbene protestantischen Glaubens beerdigt, doch insbesondere in den für die städtischen Träger angelegten Blocks wurden ebenfalls Angehörige anderer Religionsgemeinschaften und Konfessionslose bestattet. Selbst für Juden, die ihre Angehörigen sonst meist auf jüdischen Friedhöfen Berlins bestatteten, waren damit Teile des Südwestfriedhofs offen.[4] Schnell entwickelte sich die Anlage auch zu einem Berliner Prominentenfriedhof. Zahlreiche in den 1920er- und 1930er-Jahren verstorbene berühmte Persönlichkeiten aus Politik, Kultur, Wissenschaft und Technik fanden hier ihre letzte Ruhestätte.

Auf dem Friedhof entstanden zahlreiche kunsthistorisch bedeutsame Grabstätten der Sepulkralkultur des frühen 20. Jahrhunderts. Eine der bekanntesten ist die des Kaufmanns und Kunstmäzens Julius Wissinger im „Kapellenblock“ mit dem 1920 von Max Taut und Otto Freundlich geschaffenen expressionistischen Grabmal, einer auffälligen Arkadenkonstruktion auf acht Eisenbetonpfeilern. Zahlreiche Mausoleen und Erbbegräbnisse, die zum Teil von anderen Berliner Friedhöfen hierher überführt wurden, sind auf dem Südwestkirchhof zu sehen. Ein anderes Wahrzeichen des Kirchhofs ist das große Christus-Denkmal in der Nähe des Haupteingangs, ein 1923 hier aufgestelltes Marmor-Reliefbild von Karl Ludwig Manzel. Dessen Grab sich befindet in unmittelbarer Nähe des Denkmals.

Nach dem Ersten Weltkrieg erwarben die britische und die italienische Regierung größere Flächen innerhalb des Südwestkirchhofs, um dort Ehrenfriedhöfe für ihre in deutscher Kriegsgefangenschaft verstorbenen Armeeangehörigen einzurichten. Die beiden jeweils etwa einen Hektar großen Soldatenfriedhöfe sind bis heute erhalten. Sie werden als Kriegsgräber heute vom Land Berlin betreut. Der britische South-Western Cemetery nahm insgesamt 1172 und der italienische rund 1650 Soldaten und Offiziere auf. Auf dem Südwestfriedhof wurde ein Denkmal für die im Ersten Weltkrieg gefallenen deutschen Soldaten errichtet.

Folgen des Umbaus von Berlin ab 1938

Von der – durch den Generalbauinspektor Albert Speer – geplanten Umgestaltung Berlins zur „Welthauptstadt Germania“ war nicht nur die lebende Bevölkerung betroffen. Der Südwestkirchhof in Stahnsdorf verdankt seine heutige Ausdehnung nicht zuletzt der Tatsache, dass die Schöneberger Friedhöfe Alter St.-Matthäus-Kirchhof, Neuer Zwölf-Apostel-Kirchhof, Friedhof Schöneberg I und Friedhof Schöneberg IV (Priesterweg) teilweise der geplanten Nord-Süd-Achse im Weg lagen bzw. den Bau neuer Gleisanlagen rund um den ebenfalls geplanten großen Süd-Bahnhof behinderten. Diese Umstände führten zur Schließung und größtenteils auch Räumung der betroffenen Friedhöfe Ende der 1930er-Jahre. Infolgedessen wurden bis 1940 über 30.000 Grabstätten von diesen Friedhöfen nach Stahnsdorf umgebettet, unter ihnen auch etliche Gräber bekannter Personen wie die des Vaters des Architekten und Bauhaus-Gründers Walter Gropius oder des Verlegers Gustav Langenscheidt. Besonders viele umgebettete Familiengrabstätten befinden sich in einem seinerzeit speziell hierfür hergerichteten Gräberfeld, dem Block Alte Umbettung im nördlichen Teil des Kirchhofs, nahe der Begrenzungsmauer entlang der alten Potsdamer Landstraße. Auch für die zu jener Zeit bereits nicht mehr identifizierbaren Toten von den Schöneberger Friedhöfen wurde auf dem Südwestkirchhof mit dem Block Neue Umbettung im südlichen Teil eine Begräbnisstätte angelegt, wo sie unter anderem in mehreren Sammelgräbern bestattet wurden.

Eine weitere große Umbettungsaktion erfolgte im Jahr 1949 aus der Ruine der am 23. November 1943 bei Luftangriffen zerstörten Garnisonkirche in Berlin-Mitte. Die unzerstörten Grüfte, in denen zwischen 1722 und 1830 unter anderem 15 Feldmarschälle und etwa 50 Generäle bestattet wurden, waren mehrfach aufgebrochen und geplündert worden. Auf Veranlassung der sowjetischen Militäradministration in Ost-Berlin fasste man die verbliebenen Überreste der Toten aus 199 bis dahin noch vorhandenen Särgen in 47 Särge zusammen, überführte sie auf den Südwestkirchhof und bestattete sie dort in einem Gemeinschaftsgrab nahe der Kapelle.

Nach dem Zweiten Weltkrieg

In den letzten Kriegstagen des Zweiten Weltkrieges wurde die S-Bahn-Brücke der Friedhofsbahn über den Teltowkanal nördlich des Südwestkirchhofs von Soldaten der Wehrmacht gesprengt. Der Zugverkehr war unterbrochen; der Wiederaufbau der Bahnverbindung erfolgte erst drei Jahre später. Ab 1949 lag der Friedhof infolge der Teilung Deutschlands auf dem Gebiet der DDR; nach den Ereignissen vom 17. Juni 1953 war es Besuchern aus West-Berlin nur noch mit einem besonderen Passierschein möglich, den Südwestfriedhof und den Wilmersdorfer Waldfriedhof zu besuchen. Die endgültige Isolation des Kirchhofs wurde mit dem Mauerbau am 13. August 1961 besiegelt. Der Betrieb der Friedhofsbahn wurde von da an endgültig eingestellt, die Gleise wurden abgebaut; das ehemalige Bahnhofsgebäude verfiel mit der Zeit und wurde schließlich 1976 gesprengt. Wenngleich der Friedhof zu DDR-Zeiten weiterhin für Bestattungen geöffnet war, verlor er seine vorherige Bedeutung als großstädtische, zentrale Begräbnisstätte, da er von seinem ursprünglichen Einzugsgebiet, das nunmehr zu West-Berlin gehörte, endgültig abgeschnitten war. Auch wenn der Kirchhof im Jahr 1982 unter Denkmalschutz gestellt wurde, blieben viele – auch kunsthistorisch wertvolle – Grabmäler ihrem natürlichen Verfall überlassen.

Nach der Wende ging der Südwestkirchhof wieder in kirchliche Verwaltung über; seine heutige Trägerin ist die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. Die ursprüngliche herausragende Rolle im Bestattungswesen der deutschen Hauptstadt konnte der Südwestkirchhof allerdings nicht wieder erlangen: Nur noch etwa 80 Beisetzungen pro Jahr werden hier heutzutage vorgenommen. Dieser Umstand lässt sich nicht zuletzt darauf zurückführen, dass der S-Bahn-Anschluss des weit abgelegenen Areals nicht wieder errichtet wurde, aber auch auf den allgemein stark zurückgegangenen Begräbnisplatzbedarf in Deutschland infolge des zunehmenden Anteils anonymer Bestattungen sowie der abnehmenden Sterblichkeit.

Eine weitaus größere Bedeutung als die einer reinen Begräbnisstätte kommt dem Südwestkirchhof allerdings als historischer Friedhof und große Denkmalanlage zu, auch wenn bis heute, nicht zuletzt mangels finanzieller Mittel, bei weitem nicht alle bedeutenden Denkmäler restauriert werden konnten. Seit 2000 existiert auch der Förderverein Südwestkirchhof Stahnsdorf e.V., der sich um den Erhalt und die Pflege schutzwürdiger Denkmäler auf dem Friedhof bemüht sowie regelmäßige Führungen und gelegentlich auch Aktionen wie die im Sommer 2003 stattgefundene „Lange Nacht auf dem Südwestkirchhof“ veranstaltet.

Natur

Tiere

Nicht nur die architektonisch besonders markanten Grabmäler sowie Begräbnisplätze berühmter Personen machen den Kirchhof sehenswert; auch landschaftlich zählt die Stahnsdorfer Nekropole zu den attraktivsten ihrer Art nicht nur im Berliner Raum, sondern auch in ganz Deutschland. Bedingt auch durch die sehr geringe Nutzung des Friedhofs in den Zeiten der deutschen Teilung, sind viele Grabfelder so dicht mit Wald und Gebüsch zugewachsen, dass große Teile des Friedhofs auf den ersten Blick kaum von einem gewöhnlichen Wald zu unterscheiden sind; lediglich alte, von Wildwuchs umgebene Grabsteine und verwitterte Kreuze erinnern an die alten Blütezeiten dieser Nekropole. In den letzten Jahren wurde auf dem Südwestkirchhof mit dem Urnen-Baumgrab auf einem hierfür bestimmten bewaldeten Grabfeld eine neue Form der Bestattung ermöglicht, die sonst nur von den sogenannten „Friedwäldern“ angeboten wird.

Auch einer artenreichen Fauna mit zum Teil bedrohten Tieren wird hier Lebensraum geboten. Zu nennen sind beispielsweise über 40 Brutvogelarten, darunter Schwarzspecht, Mäusebussard und Waldkauz, ferner Säugetiere wie Dachse, Wildschweine, Rehe und Füchse sowie 211 Schmetterlings- und 310 holzbewohnende Insektenarten. Auch vier Arten Fledermäuse leben auf dem Friedhof, vornehmlich in alten Mausoleen und Grüften.[5]

Die Wildschweine haben sich in den vergangenen Jahrzehnten zunehmend zu einer Plage entwickelt. Ganze Wildschweinrotten verwüsteten bereits mehrfach große Abschnitte des Friedhofs, wie beispielsweise im Spätsommer des Jahres 2007, als sie ein Feld mit 1070 Kriegsgräbern den gesamten Rasen aufwühlten. Das Kriegsgräberfeld wird vom Berliner Senat unterhalten, der für die Wiederherstellung etwa 4000 Euro aufbringen musste.[6] Außerdem haben wiederholt Unbekannte Einzäunungen der Anlage entfernt, sodass aus den umliegenden Wäldern weitere Tiere Einlass fanden. Mittlerweile kommen die Wildtiere regelmäßig, weswegen seit 1993 regelmäßige Wildschweinjagden auf dem Kirchhofgelände stattfinden. Viele Tiere wurden so schon zur Strecke gebracht. „Ansitzdrückjagden“ werden wohl auch weiterhin notwendig sein.[7] Zeitungsverlage und der regionale Fernsehsender rbb berichteten mehrfach über diese Ereignisse. Die Kirchenverwaltung sieht den eher wachsenden Bestand der Wildschweine auf dem Friedhofsgelände als Problem.[8]Zusätzliche Jagdaufträge mit Sondergenehmigungen über das Winterhalbjahr und die zu Beginn des Jahres 2009 vorgenommene Verstärkung des Zaunes führten zu keiner Verbesserung.[9]

 
Dicht bewachsene Gräber

Pflanzen

Das Areal des Kirchhofs umfasst mittlerweile rund 200.000 Bäume und unzählige seltene Gräser, Büsche oder Blumen.[10]

Der Potsdamer Förderverein „Südwestkirchhof Stahnsdorf“ führt auf dem Friedhof nach Voranmeldungen auch Führungen durch, bei denen außer der Geschichte der Bestattungsanlage die Grabstätten sowie die Fauna und Flora vorgestellt werden. Besonders zu nennen sind hier die Angebote „Jahreszeitengarten“ mit Tipps zur Grabgestaltung und –pflege, „Heilkräuter“ oder ganze Projekttage für Schulklassen.[11]

Liste der Gräberfelder

Die Gräberfelder der einzelnen Kirchengemeinden heißen Blocks. Neben den Blocks der Kirchengemeinden gibt es noch besondere, später entstandene Blocks z. B. für Kriegsgräber und Umbettungen (siehe oben). Inzwischen sind viele der hier aufgeführten Kirchengemeinden mit Nachbargemeinden unter neuen Namen fusioniert.[12]

  • Block Alte Umbettung: Evangelische Kirchengemeinde der St. Matthäikirche, Berlin-Tiergarten, Gräber, die von ihrem Alten Friedhof hierher umgebettet wurden (wie oben beschrieben)
  • Block Charlottenburg: Gräberfeld für verstorbene Charlottenburger gleich welchen Bekenntnisses oder auch ohne Religionszugehörigkeit
  • Block Epiphanien: Evangelische Kirchengemeinde der Epiphanien-Kirche, Westend
  • Block Erlöser: Evangelische Kirchengemeinde der Erlöser-Kirche, Moabit
  • Gräber aus der alten Garnisonkirche: Evangelische Kirchengemeinde der Garnisonkirche, Mitte, nahe der Kapelle durch Umbettung hierher verlegt (wie oben beschrieben)
  • Block Grunewald: Friedhof für verstorbene aus Grunewald gleich welchen Bekenntnisses oder auch ohne Religionszugehörigkeit
  • Block Gustav-Adolf: Evangelische Kirchengemeinde der Gustav-Adolf-Kirche, Charlottenburg-Nord
  • Block Heilig Geist: Evangelische Kirchengemeinde der Heiligen-Geist-Kirche, Moabit
  • Heldenblock: Kriegsgräber deutscher Soldaten
  • Italienischer Soldatenfriedhof: Gräber in Gefangenschaft verstorbener italienischer Soldaten
  • Kapellenblock: eine freigehaltene Sichtachse vor der Friedhofskapelle mit nur wenigen Gräbern
  • Block Lietzensee: Evangelische Kirchengemeinde der Kirche am Lietzensee, Witzleben
  • Block Nathanael: Evangelische Kirchengemeinde der Nathanael-Kirche in der Siedlung am Grazer Damm, Schöneberg
  • Neue Umbettung: Bei der Räumung von Schöneberger Friedhöfen wurden Verstorbene hierher umgebettet (wie oben beschrieben)
  • Block Neuer Ehrenhain
  • Block Reformation: Evangelische Kirchengemeinde der Reformationskirche, Moabit
  • Block Schöneberg: Gräberfeld für verstorbene Schöneberger gleich welchen Bekenntnisses oder auch ohne Religionszugehörigkeit
  • Block Schöneberg II: Gräberfeld für verstorbene Schöneberger gleich welchen Bekenntnisses oder auch ohne Religionszugehörigkeit
  • Schwedischer Friedhof: Lutherische schwedische Victoriagemeinde Berlin mit Kirche in Wilmersdorf.
  • Schwesternblock (ev. St. Elisabeth-Diakonissen)
  • South-Western Cemetery: Gräber in Gefangenschaft verstorbener britischer Soldaten
  • Block Stahnsdorf: Gräberfeld für verstorbene Stahnsdorfer gleich welchen Bekenntnisses oder ohne Religionszugehörigkeit
  • Block Trinitatis: Evangelische Kirchengemeinde der Trinitatis-Kirche, Charlottenburg
  • Block Urnengemeinschaft
  • Block Urnenhain I
  • Block Urnenhain II
  • Block Urnenhain III

Bestattete Persönlichkeiten

Auf dem Südwestfriedhof fanden zahlreiche mehr oder weniger bedeutende Persönlichkeiten vor allem des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts ihre letzte Ruhe, manche von ihnen in aufwendigen Erbgrabstätten, die anderen unter schlichten Steinplatten. Nachfolgend werden sie in alphabetischer Reihenfolge aufgelistet. Auf dem Friedhof befinden sich 17 Grabstätten mit Ehrengräbern, die in Pflege des Landes Berlin stehen.

( ± = Ehrengrab des Landes Berlin)
 
Grab von Rudolf Breitscheid
 
Grab von Ernst Gennat
 
Mausoleum Langenscheidt

A–L

M–Z

 
Grab von Friedrich Wilhelm Murnau
 
Grab von Adolf Rohrbach
 
Grab von Carl Ludwig Schleich
 
Familiengrabstätte Siemens
 
Grab von Heinrich Zille

Bekannte Gestalter der Denkmäler auf dem Südwestkirchhof

Besucher

Der Südwestkirchhof ist seit seiner Eröffnung vor 100 Jahren ein Magnet für Besucher aus aller Welt geworden, für die der Förderverein des Kirchhofs auch Führungen anbietet.[11] Seit 2007 gibt es zusätzlich eine Hörführung mit ausleihbaren elektronischen Guides.[13] Seit 2008 verkehrt auf dem etwa 600 Meter langen Hauptweg ein elektrisch angetriebenes Minibus-Shuttle und wird von älteren Besuchern oder Trauergästen gern in Anspruch genommen. In der Friedhofskapelle gibt es hin und wieder Konzerte. An Gräbern von Prominenten werden Events veranstaltet, wie beispielsweise die Aufführung der Oper Hänsel und Gretel am Grab des Komponisten Engelbert Humperdinck.[14]

Siehe auch

 
Hydrophor-Anlage in Gestalt eines Mausoleums (1912)

Literatur

  • Christoph Fischer, Volker Welter: Frühlicht in Beton : Das Erbbegräbnis Wissinger von Max Taut und Otto Freundlich in Stahnsdorf. Gebr. Mann, Berlin 1989.
  • Wolfgang Gottschalk: Südwestfriedhof Stahnsdorf. Nishen Verlag, Berlin 1990, ISBN 3-88940-058-2.
  • Peter Hahn (Hrsg.): Südwestkirchhof Stahnsdorf. Lexikon – Lesebuch – Parkführer. Oase Verlag, Badenweiler 2003, ISBN 3-889-22057-6.
  • Klaus Hammer: Friedhöfe in Berlin. Ein kunst- und kulturgeschichtlicher Führer. Jaron Verlag, Berlin 2006, S. 130–143, ISBN 3-89773-132-0.
  • Jörg Kuhn: Frau Münzdirektor M. F. Lessing, geborne Voß, und die Geschichte einer Grabplatte auf dem Südwestkirchhof Stahnsdorf. In: Der Bär von Berlin. Jahrbuch des Vereins für die Geschichte Berlins. 55. Folge 2006, Berlin/Bonn 2006, S. 55–64.
  • Thomas Marin (Hrsg.): Ruheplatz im Grünen : Pflanzenwelt, Gartengestaltung und Naturforscher auf dem Südwestkirchhof in Stahnsdorf. Books on Demand, Norderstedt 2009, ISBN 978-3-8370-6716-3.
  • Hans-Jürgen Mende: Lexikon Berliner Grabstätten. Haude & Spener/Luisenstädtischer Bildungsverein 2006, ISBN 3-7759-0476-X.
  • Gerhard Petzholtz: Hier möchte ich begraben sein… – Ein Wegweiser über den Südwest-Kirchhof. Mein Verlag, 3. Aufl. Mahlow 2008, ISBN 978-3-936607-16-1.
  • Christian Simon: Wo sie ruhen. Führer zu den Gräbern bedeutender Persönlichkeiten in Berlin und Umgebung. Stapp Verlag Berlin 2009, ISBN 978-3-87776-009-3.
  • Reinhard Schwarz: Der Stahnsdorfer Südwest-Kirchhof. 3.A. Stahnsdorf 2002.
  • Willi Wohlberedt: Grabstätten bekannter und berühmter Persönlichkeiten in Groß-Berlin und Potsdam mit Umgebung, Teil I-III,

Berlin 1932, 1934 und 1939.

  • Förderverein Südwestkirchhof Stahnsdorf e.V. (Hrsg.): 100 Jahre Südwestkirchhof 1909-2009, Ausstellungskatalog, Zenkert Verlag, Mahlow 2009
Commons: Südwestkirchhof Stahnsdorf – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Liste der Baudenkale im Land Brandenburg. PDF-Dokument, hier: S. 19
  2. Die Krumme Linie: Friedhofsästhetik vom frühen 19. Jahrhundert bis zur wilhelminischen Zeit, Seite 100
  3. Nur einige in der Stadtsynode vertretenen evangelischen Kirchengemeinden waren am Südwestkirchhof beteiligt.
  4. Andere, kommunale Friedhöfe, wie der 1881 eröffnete Zentralfriedhof Friedrichsfelde der Stadt Berlin, standen seit ihrem Bestehen ebenfalls für Bestattungen verstorbener Berliner egal welchen Bekenntnisses offen.
  5. Friedhof mit Fahrdienst, in: Berliner Zeitung, 21. Dezember 2009
  6. Jens Blankennagel: Sauerei auf dem Südwestkirchhof. Wildschweine wüten neben Grabsteinen – Großjagd geplant. Artikel in der Berliner Zeitung vom 5. Oktober 2007; abgerufen am 23. Dezember 2009
  7. Artikel in den „Potsdamer Neuesten Nachrichten“ vom 31. Dezember 2008; abgerufen am 23. Dezember 2009
  8. Homepage rbb
  9. Keiler wüten auf Prominenten-Friedhof; Artikel in der Süddeutschen Zeitung vom 1. Oktober 2009; abgerufen am 23. Dezember 2009
  10. siehe Literatur: Ruheplatz im Grünen. … bei: Google-Books, Teilvorschau
  11. a b Thomas Lähns: Den Friedhof als Lebensraum entdecken. Förderverein erweitert Führungsangebot auf dem Stahnsdorfer Südwestkirchhof; Artikel in den PNN vom 9. Februar 2004; abgerufen am 23. Dezember 2009
  12. Quelle für die Blockeinteilung: Webauftritt des Fördervereins Südwestkirchhof Stahnsdorf e.V., http://www.suedwestkirchhof.de
  13. Artikel in der PNN vom 9. Mai 2007
  14. Imke Hendrich: Südwestkirchhof: Gräber im Wald integriert; Artikel in der MOZ vom 3. Februar 2009; abgerufen am 23. Dezember 2009

Koordinaten: 52° 23′ 20″ N, 13° 10′ 50″ O