Live 8
"Live 8" (abgekürzt L8) hieß ein weltumspannendes Rockkonzert unter dem Motto Make Poverty History ("Macht Armut zur Vergangenheit"), das am 2. Juli 2005 gleichzeitig an zehn Orten der G8-Mitgliedstaaten sowie in Südafrika stattfand. Am 6. Juli 2005 fand zudem ein elftes "Live 8"-Konzert in Edinburgh statt.
Das Datum wurde bewusst zeitlich und örtlich vor den direkt danach tagenden G8-Gipfel vom 6. - 8. Juli 2005 in Schottland gelegt, auf dem über einen Schuldenerlass und Entwicklungshilfe für einige der ärmsten Länder Afrikas verhandelt wurde. Eine Petition mit mehr als 24 Millionen Unterschriften wurde den Regierungschefs der G8-Staaten von den Live-8-Veranstaltern übergeben, die auf wirksame Maßnahmen gegen die Armut drängten.
Die Konzerte waren 20 Jahre nach den Live-Aid-Konzerten in London und Philadelphia von 1985 das bisher größte Musikereignis weltweit. Etwa 170 Rock- und Popstars in zehn Städten auf vier Kontinenten boten insgesamt 50 Stunden lang Musik. 140 Fernseh- und 400 Rundfunkanstalten waren dabei. Geschätzte 2 Millionen Menschen waren bei den Einzelkonzerten vor Ort, 2 bis 3 Milliarden Menschen sollen die weltweiten Fernsehübertragungen verfolgt haben.

Die Einzelkonzerte
Für die Programme und Abläufe der Live-8-Konzerte siehe den Unterartikel Live 8/Konzertprogramme.
London
Das Hauptkonzert von Live 8 fand mit 200.000 Besuchern im Londoner Hyde Park statt. Es begann 14.00 (Ortszeit) und dauerte mit Umbaupausen und Zugaben bis kurz nach Mitternacht, zweieinhalb Stunden länger als geplant.
Das Konzert wurde von Paul McCartney und U2 eröffnet, die den Beatles-Klassiker "Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band" spielten. Begleitet wurden sie von einer Bläsergruppe, die die bekannten Sgt. Pepper-Kostüme trugen. Angesichts der begeisterten Publikumsstimmung trat Bob Geldof im Konzertverlauf spontan mit den Boomtown Rats auf. George Michael sang anstelle des angekündigten Solosongs mit Paul McCartney den Beatles-Titel Drive My Car. Youssou N'Dour und Dido Armstrong flogen nach ihrem Duett nach Paris, um abends auch beim dortigen Live-8-Konzert aufzutreten. Auch Elton John, Coldplay und U2 gaben zusätzlich eigene Konzerte am selben Tag, so dass sie beim gemeinsamen Abschluss-Song Hey Jude fehlten. Entgegen Gerüchten im Vorfeld gab es keinen gemeinsamen Auftritt der Spice Girls. Auch ein in Presseberichten angekündigtes Duett von Madonna und Sting über John Lennons Klassiker Imagine fand nicht statt.
Zahlreiche lokale und nationale Radiosender übertrugen das Konzert. Die BBC übertrug es mit AOL im Internet in einem Livestream sowie auf beiden Haupt-Fernsehprogrammen für Großbritannien in voller Länge. Hinzu kamen Großbildleinwände in 14 britischen Großstädten und Guernsey.
Die verspätete Konferenzschaltung vereitelte Videoaufnahmen davon für viele Fans. Beklagt wurden auch Zeitverzögerungen bei den Auftritten. Bis zu 400 Zuschauer beschwerten sich während der Sendung über Flüche und obzöne oder vulgäre Ausdrücke von Künstlern wie Madonna oder Snoop Dogg auf der Bühne. "Falls sich jemand verletzt fühlen würde", entschuldigte sich die BBC bereits im Vorfeld dafür, da sie bei einer kompletten Live-Übertragung keinen Einfluss auf die Darbietung hatte.
Paris
Knapp 100.000 Zuhörer erlebten das Konzert beim Palais de Versailles nahe Paris (Frankreich), das von 15:00 bis 23:15 Uhr (MEZ) dauerte. Die Behörden hatten Geldofs Wunsch, es unterhalb des Eiffelturms stattfinden zu lassen, abgelehnt.
Rom
Das Konzert fand laut Veranstaltern vor rund 200.000 Besuchern im Circus Maximus statt. Anders als in Berlin hatten die Behörden dem Wunsch der Live-8-Organisatoren stattgegeben und einen historischen Platz im Zentrum Roms als Konzertrahmen zur Verfügung gestellt. Im Programm waren viele einheimische Künstler und Bands vertreten.
Berlin
Das Konzert an der Siegessäule begann um 14.00 und sollte um 20:00 Uhr enden, dauerte dann aber bis 00.30 Uhr (Ortszeit). Wie in London kam es zu mehrstündigen Verspätungen einiger Auftritte. Laut Veranstalterangaben kamen rund 200.000 Besucher, die sich wie bei der Love Parade eng auf der Straße des 17. Juni zusammendrängten. Viele konnten das Geschehen auf der Bühne nur über eine der acht zusätzlich aufgestellten Großbild-Leinwände verfolgen.
Marek Lieberberg, Konzertmanager und Veranstalter des Berliner "Live 8"-Konzerts, kritisierte die Berliner Behörden dafür: Diese hätten andere Veranstaltungsorte abgelehnt. Vor dem Reichstagsgebäude etwa wäre Platz genug vorhanden gewesen. "Wir hatten als Platz nur einen schmalen Schlauch zur Verfügung. Da konnte man nicht besser arbeiten, als wir es getan haben." Campino, der Sänger der Band Die Toten Hosen, nannte den regierenden Bürgermeister Berlins, Klaus Wowereit, deswegen öffentlich einen Idioten. Der Berliner Senat widersprach jedoch dieser Darstellung und betonte, die Veranstalter hätten sich den Ort selbst ausgesucht.
Lieberberg warf außerdem der deutschen Wirtschaft mangelnde Unterstützung bei der Konzertorganisation vor: Es sei eine "Blamage, dass dieses Land die Veranstaltung geschenkt genommen hat", erklärte er. Musiker, Musikindustrie und ARD hätten ein hervorragendes Engagement gezeigt; "Rest-Deutschland hat nur dabeigestanden und gestaunt". 50 der größten deutschen Unternehmen hätten auf seine Bittbriefe nicht einmal reagiert. Diese Umstände könnten dem Deutschlandbild in den übrigen Staaten der Live-8-Konzerte schaden. Diese Kritik hielte auch Bob Geldof für richtig.
Philadelphia
Das Konzert am Museum of Art in Philadelphia, USA, dauerte von 12.00 bis 19.00 Uhr (Ortszeit) bzw. von 16.00 bis 22.00 Uhr (koordinierte Weltzeit). Die Besucherzahl ist unbekannt, da keine Karten verkauft wurden und die Polizei von Philadelphia keine Schätzungen vornahm. Moderatoren, die von der Bühne auf die Menge herabsahen, sprachen von einer Million Zuhörern; die meisten Organisationen gehen dagegen von circa 700.000 aus.
Einige Künstler widmeten ihren Auftritt Luther Vandross, der am Vortag verstorben war. Der Produzent und Organisator, Russell Simmons, hatte sich dafür eingesetzt, dass mehr afroamerikanische Künstler bei diesem Konzert auftreten sollten, darunter einige Def Poetry Jam-Dichter. Die Künstler 50 Cent, Usher und Sean Combs wollten ursprünglich teilnehmen, sagten aber aufgrund von Terminproblemen ab. Vermutet wurde, dass eine neue Version des "USA for Africa"-Hits We are the world gespielt werden sollte, das schon vor zwanzig Jahren in Philadelphia aufgeführt wurde.
Übertragen wurde das Konzert in den USA von MTV und VH-1, allerdings nicht komplett und auch nicht vollständig live. Einige Male wurden Songs von Werbung unterbrochen, was viele Fans verärgerte.
Barrie
35.000 Besucher sahen und hörten das Konzert im Park Place (dem früheren Molson Park) von Barrie (Ontario) nahe Toronto (Kanada). Es dauerte von 11.00 - 20.00 Uhr (Ortszeit). Einige Künstler sagten ab, meist wegen Erkrankungen: so das Duo Tegan and Sara und Burton Cummings. Great Big Sea verpassten fast ihren den Auftritt, da der Flug von ihrem Konzertort am Vorabend in letzter Minute ausfiel. Darum spielten sie auch nicht mit all ihren Instrumenten. Am Ende spielte Steven Page von den Barenaked Ladies O Canada, das viele der anwesenden Künstler mitsangen.
Tokio
Dieses Konzert im Makuhari Messe Convention Center von Tokio, Japan, dauerte von 14.00 bis 22.00 Uhr (Ortszeit). Es begann als erstes der Live-8-Konzerte, da Japan in der frühesten Zeitzone der teilnehmenden Länder liegt. Mit 10.000 Konzertbesuchern war die Veranstaltungshalle nur halb gefüllt. Die Eintrittskarten konnten in einer Verlosung gewonnen werden. Die teilnehmenden Künstler waren nur eine Woche vor dem Konzert angekündigt worden und wurden weniger stark beachtet als die Auftritte in London oder Philadelphia.
Japan ist das einzige asiatische Land in der G8; auch war dieses Live-8-Konzert das einzige, das in Asien stattfand.
Johannesburg
Das Konzert am Mary Fitzgerald Square, Newtown, einem Stadtteil von Johannesburg, Südafrika, war das einzige der Live-8-Konzerte, das in Afrika stattfand. Es dauerte von 10.45 bis 17.30 Uhr (koordinierte Weltzeit). Ein Highlight war der Auftritt des früheren südafrikanischen Präsidenten Nelson Mandela, der für eine Ansprache eingeladen wurde. Das Publikum begrüßte ihn mit einer fünfminütigen stehenden Ovation.
Nach Angaben der Veranstalter nahmen 40.000 Besucher daran teil. Die vor allem von Johannesburgs schwarzer Bevölkerung gelesene Zeitung "Sowetan" hielt dies für übertrieben, titelte "Die Mengen meiden 'Live 8'" und kommentierte:
- "Der afrikanische Ableger des 'Live 8'-Konzerts in Johannesburg war nicht gerade gut besucht (...). Obwohl mehrere tausend Leute kamen, war der Platz bei weitem nicht ausgelastet..."
Eine weitere Lokalzeitung, der "Citizen", zog das Fazit: "Rockstars können Afrika nicht retten!"
Moskau
An diesem Konzert in der Hauptstadt Russlands nahmen den Veranstaltern zufolge 200.000 Besucher teil. Es dauerte von 19.00 - 22.30 Uhr (Ortszeit) bzw. von 16.00 bis 19.30 Uhr (koordinierte Weltzeit). Bis auf die international bekannte Band Pet Shop Boys traten hier fast nur russische Künstler auf.
Cornwall
Peter Gabriel initiierte dieses zusätzliche Konzert in Großbritannien im Eden Project, Cornwall (13.00 - 23.00 Uhr Ortszeit) kurzfristig, nachdem öffentlich kritisiert worden war, dass am Live-8-Projekt kaum afrikanische Musiker beteiligt seien. Demgemäß traten außer ihm selbst hier ausschließlich afrikanische Künstler auf. Es kamen jedoch nur 5.000 Zuhörer. Das Konzert hatte damit die geringste Besucherzahl von allen Live-8-Konzerten, was ihrer Begeisterung jedoch keinen Abbruch tat.
Edinburgh
Am 6. Juli 2005 fand hier im Murrayfield Stadion von Edinburgh, Schottland, vor rund 60.000 Zuschauern das elfte und letzte Live-8-Konzert unter dem Titel „The Final Push“ statt. Neben zahlreichen Künstlern, die auf der Bühne musizierten, wurde eine Videobotschaft von Nelson Mandela aus Südafrika abgespielt.
Viele Prominente hatten im Vorfeld dazu aufgerufen, in Edinburgh für die Erhöhung der Entwicklungshilfen durch die Teilnehmerstaaten der G8 zu demonstrieren. Bereits vier Tage vor dem Beginn des G8-Gipfels am 6. Juli 2005 forderten dort rund 100.000 Demonstranten die Staats- und Regierungschefs unter dem Motto Make Poverty History zum Kampf gegen Hunger und Armut auf.
Inzwischen sind auch zahlreiche Prominente dem Aufruf The Long Walk To Justice gefolgt. Am 3. Juli 2005 brachen in Berlin rund 100 Demonstranten mit Bussen nach Edinburgh auf, die von den Fantastischen Vier und Regisseur Ralf Schmerberg finanziert wurden.
Das Konzept
Idee, Konzept und ein Großteil der Organisation dieser demonstrativen Konzertveranstaltung stammen von Bob Geldof, einem bekannten britischen Musikmanager, der selbst Rockmusiker ist. Ähnliche Großkonzerte veranstaltet er bereits seit Jahrzehnten.
Nach jahrelanger Vorbereitung gab er am 31. Mai 2005 den Medien erste Details des geplanten Konzepts bekannt: "Live 8" solle bewusst keine Neuauflage des "Live-Aid"-Konzertes von 1985 sein. Dieses war eine vergleichbar riesige Benefizveranstaltung und verwendete die erhobenen Eintritts- und Spendengelder als direkte Soforthilfe in damaligen von einer Hungerkatastrophe betroffenen Gebieten (z.B. Äthiopien). Diesmal sollte nicht die aktuelle Not einer bestimmten Region bekämpft, sondern die Politik für eine bessere Welt insgesamt mobilisiert und motiviert werden. Geldof betonte, dass dies die konsequente Fortsetzung früherer Ideen sei.
Bei Live 8 wurden daher im Gegensatz zum Vorläufer keine Geldspenden gesammelt, sondern Unterschriften: We don´t want your money, we want your name! ("Wir wollen nicht Euer Geld, wir wollen Euren Namen!") Dies und die durch Konferenzschaltungen erreichte weltweite Medien-Publicity sollten den Druck auf die führenden Politiker der reichen Staaten verstärken, einen Schuldenerlass für die Dritte-Welt-Länder zu beschließen. Damit machte sich Geldof Vorstöße und Initiativen zahlreicher Nichtregierungsorganisationen in derselben Richtung zu eigen. Die Staatsvertreter des G8-Gipfels hätten die Macht, den Lauf der Geschichte zu ändern. Doch hätten sie nur dann auch den Willen dazu, wenn Millionen von Menschen ihnen deutlich machten, dass dies gewünscht werde.
Tatsächlich beschloss die G8 dann, 18 hochverschuldeten Ländern die Schulden bei drei multilateralen Organisationen zu erlassen, kürzte aber im Gegenzug deren bisherige Entwicklungshilfe um den gleichen Betrag, so dass es sich faktisch nur um eine staatliche Schuldenübernahme für einige Großbanken und Mittelkürzung für die betroffenen Staaten handelte. Daraufhin nannte Geldof als künftiges Ziel von "Live 8" die Verdoppelung der Entwicklungshilfe für die ärmsten Länder der Welt.
Nach den Wünschen von Bob Geldof sollten die Konzerte in allen G8-Staaten stattfinden. Nachdem er zuletzt von der Stadt Moskau die Konzertzusage für den Roten Platz erhielt, hatte er das gesteckte Ziel erreicht.
Obwohl der Eintritt zu allen Konzerten kostenlos war, wurden für einige Austragungsorte Eintrittskarten vergeben, um die erwarteten Besuchermengen zu koordinieren. Für das Konzert in London konnte man per SMS an einer Verlosung der Karten für den vorderen Bereich teilnehmen. Wegen des enormen Interesses an diesen Plätzen tauchten wenige Stunden nach der Kartenvergabe die ersten Karten zur Versteigerung beim online-Auktionator eBay auf. Auf den Protest von Bob Geldof reagierte eBay entgegen der sonstigen Praxis sehr schnell und löschte umgehend alle entsprechenden Auktionen, darunter auch angebotene Konzertmitschnitte auf CD oder DVD.
Als ergänzende Aktion hatte Geldof ursprünglich mit Sail 8 am 3. Juli 2005 einen Massentransport von Demonstranten mit privaten Booten von Frankreich nach Edinburgh geplant. Diese Aktion fiel wegen zu geringer Teilnahme aus. Damit war ein Teil des Konzepts, nämlich direkten Druck auf die Meinungsbildung des G8-Gipfels auszuüben, nicht aufgegangen.
Auswirkungen
für die Armutsbekämpfung
Auf dem G8-Gipfel im schottischen Gleneagles wurde trotz der tags zuvor verübten Terroranschläge am 7. Juli 2005 in London beschlossen, die Hilfszahlungen für Afrika auf 50 Mrd. Dollar zu verdoppeln. Die Finanzierung blieb offen, eine Frist bis zur Erfüllung wurde nicht genannt. Falls die Zusage eingehalten wird, kann diese verstärkte Unterstützung Afrikas als großer Erfolg für die Live 8-Aktionen gelten.
Dieser ist auch der Fürsprache des britischen Premierministers Tony Blair zu verdanken, der sich auf dem Gipfel besonders vehement für den Schuldenerlass einsetzte und als starker Befürworter von Geldofs Plänen zur Armutsbekämpfung in Afrika gilt. Dabei spielen jedoch – wie immer bei solchen von der Öffentlichkeit beobachteten Zusammenkünften – auch innenpolitische Motive eine Rolle: Blair hatte nach der Entscheidung zum Irakkrieg einen rapiden Popularitätsabfall hinnehmen müssen, den er nach seiner Wiederwahl nicht erneut erleben möchte. Die Kriegsbeteiligung kostet Großbritannien Woche um Woche ein Vielfaches der Summen, die für Entwicklungshilfe weltweit ausgegeben werden.
Gleichwohl will der norwegische Abgeordnete Jan Simonsen Bob Geldof 2006 aufgrund seines Engagements, mit Hilfe von Rockmusik auf die Armut in der Welt hinzuweisen, für den Friedensnobelpreis vorschlagen. Das englische Boulevardblatt "The Sun" griff die Idee auf und verglich Geldof bereits mit Mutter Theresa:
- "Mit seiner Entschlossenheit, seiner Energie, seiner Weitsicht und seiner moralischen Courage hat er zwei Mal dauerhaft das Gewissen der Welt geweckt... 1979 hat Mutter Teresa den Friedensnobelpreis für ihren Kampf gegen Armut und Elend in der Welt gewonnen. Welch besseren Preisträger könnte es bei der nächsten Verleihung des Preises geben?"
für die Künstler
Viele der bei Live 8 aufgetretenen Künstler konnten wenige Tage nach dem Konzert einen erhöhten Absatz ihrer Alben beobachten. Wie die britische Zeitung "Daily Mirror" berichtet, lag der Absatz des Best-Of-Albums "Echoes" von Pink Floyd am Montag nach Live 8 mehr als 1.000 Prozent über den durchschnittlichen Verkaufszahlen der Vorwoche. Die Nachfrage nach dem Album "Then And Now" der Band The Who sei allein in Großbritannien um mehr als 800 % gestiegen. Madonnas "The Immaculate Collection" verkaufte sich 200 % häufiger. Auch auf nicht unmittelbar beteiligte Künstler hat sich dieses ausgewirkt: Die Nachfrage nach dem Greatest Hits-Album der Eurythmics ist dank des Auftritts von Annie Lennox ebenfalls rund 500 % gestiegen. Vor diesem Hintergrund hat der Pink-Floyd-Gitarrist David Gilmour seine Kollegen dazu aufgefordert, die unerwarteten Mehreinnahmen zu spenden.
Kritik
an Konzept und Durchführung von Live 8
Afrikanische Gruppen und Peter Gabriel kritisierten, dass bei den geplanten Konzerten nur ein geringer Anteil an afrikanischen und afro-amerikanischen Künstlern auftreten sollte. Deshalb wurden die Veranstaltungsorte Johannesburg und Cornwall ergänzt. Gerade die Konzerte dort waren aber schwach besucht.
Moeletsi Mbeki, der Bruder des südafrikanischen Präsidenten Mbeki und Leiter des Instituts für internationale Angelegenheiten von Südafrika, kritisierte in der südafrikanischen Zeitung The Star am 6. Juli 2005 Bob Geldof und Live 8: Dieses Projekt helfe Afrika nicht, weil es die Symptome anstelle der Krankheit bekämpfe. Für die Ursachen fehle Geldof trotz guter Absicht das Verständnis. Der geforderte Schuldenerlass würde lediglich korrupte Eliten in Afrika stützen und ihnen weiteren "systematischen Diebstahl des Reichtums eines ganzen Kontinents" erlauben. Kernproblem sei der "schockierende Mangel an Rechenschaft, den afrikanische Regenten gegenüber ihren Bürgern ablegen". Jede Spende gegen den Hunger, die einen Teller fülle, erlaube ihnen nur, dafür "gierig einen anderen Teller zu leeren". Bisherige westliche Entwicklungshilfe ermutige sie dazu.
Diese Kritik teilten auch andere afrikanische Journalisten und Wirtschaftsexperten, wie z.B. James Shikwati. Auch der deutsche Journalist Stefan Kornelius warf dem Projekt in der Süddeutschen Zeitung am 3. Juli 2005 vor, dass es in erster Linie der "Entlastung des eigenen Gewissens" diene, die Probleme Afrikas jedoch nicht lösen könne.
Ein Kommentar von Sebastian Handke im Berliner Tagesspiegel am 4. Juli 2005 nahm Geldof zwar gegen Vorwürfe der "Naivität" in Schutz. Er fand jedoch die Dramaturgie des Londoner Konzerts "seelenlos": Beim Auftritt der Äthioperin Brihan Woldu, der "Live Aid" vor 25 Jahren das Leben rettete, sei ein Moment echter Betroffenheit entstanden. Diesen habe aber Madonnas lauter Auftritt danach sofort wieder zerstört. "Bon Jovi waren laut und dumm, Destiny's Child routiniert und desinteressiert." Nur Michael Stipe mit REM sei mit einem breiten blauen Balken quer durchs Gesicht aus dem üblichen Showrahmen gefallen.
an Politik und Medien
In Deutschland hingegen äußerte der für das Konzert in Berlin zuständige Konzertveranstalter Marek Lieberberg Kritik an der deutschen Regierung und dem Senat der Stadt Berlin. Er warf beiden mangelnde Unterstützung vor, so durfte die Veranstaltung nicht vor dem Reichstag wegen der Rasensprengung stattfinden. Weiterhin beklagte er das geringe Interesse möglicher Sponsoren zur Finanzierung dieses Konzertes. Zudem gab es - anders als in England - kaum Bereitschaft der Printmedien, Anzeigen zu finanzieren und zu veröffentlichen. Kritisiert wurde auch die spärliche Berichterstattung im Fernsehen und in den Printmedien.
Auch einige Künstler - besonders in Deutschland - wiesen auf die mangelnde Unterstützung der Medien und seitens der Politik hin. Campino von der Gruppe "Die Toten Hosen" äußerte es ziemlich deutlich, in dem er Berlins regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) als einen "Idioten" beschimpfte.
Einige kritische Medienberichte sind im Abschnitt Weblinks verlinkt.
Weitere Zahlen und Daten zu Live 8
- Pink Floyd standen zum ersten Mal seit 24 Jahren wieder gemeinsam mit Roger Waters auf der Bühne und spielten vier ihrer bekanntesten Titel.
- Zur Unterstützung der Kampagne "Make Poverty History" wurden während der Konzerte insgesamt über 26 Millionen SMS-Nachrichten mit dem Text "UNITE" verschickt.
- Als Initiator und Organisator der Konzerte forderte Bob Geldof Finanzhilfe in Höhe von 25 Milliarden US-Dollar von den Regierungschefs der G8-Länder.
- Über 160.000 Internet-Nutzer haben nach Angaben des Internet-Providers AOL gleichzeitig die Live-Übertragungen über das Internet verfolgt. Insgesamt sollen sich laut Angaben von AOL Programming Senior VP Bill Wilson insgesamt mehr als 5 Millionen Zuschauer während er Liveübertragungen eingeloggt haben. Außerdem bezeichnete er "Live 8" als das "größte Online-Event der Geschichte".
- Während der Vorbereitungen zu Live 8 rechneten die Organisatoren mit weltweit 5 Milliarden Zuschauern. Es waren letztendlich zwischen 2 bis 3 Milliarden.
Song-Download
Verschiedene Anbieter von kostenpflichtigen Musik-Downloads bieten den Eröffnungssong "Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band" von U2 und Paul McCartney aus London als kostenpflichtigen Download zur Verfügung. Die Einnahmen gehen zu 100% an die Live 8-Organisation. Unter anderem wird der Download bei AOL, MTV, MSN oder Musicload angeboten. Weiterhin findet sich auch der Song "The Long and Winding Road" im Angebot. Eine Liste sämtlicher Downloadmöglichkeiten gibt es unter www.live8-download.de.
Weblinks
Veranstalter und Fans
- Offizielle Homepage zu Live 8 (engl.)
- Offizielle Homepage zu Live 8 in Japan
- Afrika Calling - Live 8 at the Eden Project
- Offizielle Homepage zu den Unterstützer-Stimmen der Aktion
- deutsche Fan-Homepage zu Live 8
- Inoffizielle englische Website zu Live 8