Dorf

zumeist kleine Gruppensiedlung
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Als Dorf bezeichnet man eine zumeist kleine von Menschen bewohnte Gruppensiedlung mit geringer Arbeitsteilung, die ursprünglich durch eine landwirtschaftlich geprägte Siedlungs-, Wirtschafts- und Sozialstruktur gekennzeichnet ist und auch als Siedlung bezeichnet wird. Charakterisierend ist die Landwirtschaft; doch sind auch Fischerdörfer, sogar Wanderhändler- oder Flößerdörfer bezeugt. In Gegenden mit ausgeprägter Heimindustrie gab es beispielsweise Weberdörfer. Töpferdörfer sind dagegen in ihrer jeweiligen Region einzigartig. Ursprünglich ländliche Siedlungen, in denen aktuell kein Bauer mehr tätig ist, sind streng genommen keine Dörfer, werden aber hier mit behandelt.

Bralitz, ein Dorf in Brandenburg

In Bayern gilt gemäß der Entschließung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 18. Oktober 1950 (Nr. I B1 – 68a 1) grundsätzlich jede Ansiedlung mit 10 oder mehr Wohngebäuden, die keine Stadt ist, als Dorf. Größere Dörfer mit stärkerer Arbeitsteilung und einzelnen städtischen Funktionen heißen in Süddeutschland, besonders Bayern, Markt, in Nordwestdeutschland, besonders Niedersachsen, Flecken, auch Marktflecken. Kleinere Gruppensiedlungen werden herkömmlich auch als Weiler bezeichnet. Noch kleinere Wohnplätze mit nur ein oder zwei Haushalten werden als Einzelsiedlung, Einzelgehöft, in Süddeutschland und den deutschsprachigen Alpenländern als Einödshof bezeichnet.

Traditionell stellte das Dorf – im Gegensatz zum Weiler – eine politische Einheit dar. Vor der Schaffung von Gemeinderäten gab es im deutschsprachigen Raum den Ortsvorsteher, den Dorfschulzen. Streusiedlungen werden in manchen Gegenden nicht als Dorf bezeichnet, sondern in Nordwestdeutschland als Bauer(n)schaft, am Niederrhein als Honnschaft. Durch die Gebietsreformen der 1970er bis 1990er Jahre sind die meisten Dörfer in Deutschland keine Gebietskörperschaften mehr, sondern wurden zu Landgemeinden zusammengefasst oder in benachbarte Städte eingemeindet. Einen Kompromiss mit Resten von Eigenständigkeit der Dörfer stellen die Samtgemeinden dar.

In manchen Ländern, etwa Frankreich, der Schweiz, Österreich und Namibia sind nach wie vor sehr viele Dörfer eigene Gebietskörperschaften.

Archäologie des Dorfes

 
Dorfgründung im Mittelalter (Heidelberger Handschrift des Sachsenspiegels)

Seit dem Frühneolithikum sind Siedlungen bekannt, die sich durch eine Ansammlung gleichzeitiger Häuser, einer ökonomischen Grundlage in der Landwirtschaft und gemeinsame Einrichtungen auszeichnen. Nach einer Definition des Dorfes, die auf eben diese Kriterien abzielt, ist das „Dorf“ somit eine grundlegende Siedlungsform der Agrarkultur. Vorläufer des Dorfes ist der von Jägern und Sammlern ggf. nur saisonal aufgesuchte Wohnplatz. Gleichwohl sind in den Jahrtausenden der Vorgeschichte und des Mittelalters einige Veränderungen des Dorfes zu beobachten. Bedeutend scheint etwa die Entwicklung von der Tellsiedlung zur Reihensiedlung und am Übergang vom Früh- zum Mittelneolithikum zu Streusiedlungen mit lockerer, aber einheitlich orientierter Bebauung durch kleinere gedrängte Häuser. Hier mögen wirtschaftliche und soziale Umwälzungen im Hintergrund stehen. Vor allem ist zu fragen, wann jene Dörfer entstanden sind, die die mitteleuropäische Siedlungslandschaft heute prägen (Problem der „Dorfgenese“). Die ältere Lehrmeinung ging davon aus, dass das „Dorf“ eine typisch germanische Siedlungsform sei und in Westdeutschland auf die germanische Landnahme der Völkerwanderungszeit, im Osten aber auf die deutsche Ostsiedlung zurück ginge. Archäologische Zeugnisse aus verschiedenen Regionen zeigen jedoch, dass bis weit ins Mittelalter das ländliche Siedlungsgefüge bedeutenden Veränderungen unterworfen war. Die klassischen Dorfformen Mitteleuropas sind oft nur Sekundärformen, die sich durch Siedlungskonzentrationen und -verlagerungen, aber auch durch komplette innere Umstrukturierungen aus älteren Siedlungen entwickelt haben. Eng verbunden mit der Dorfgenese ist die Gemeindebildung, wie sie sich in schriftlichen Quellen fassen lässt und derzeit vorrangig ins 12./13. Jahrhundert datiert wird.

Historisch gewachsene Dorfformen

Nach Grundriss, Lage, sozialökonomischer Funktion und Wirtschaftsweise werden Dörfer klassifiziert. Auf eine allzu einengende Einteilung in Haupt- und Nebenformen soll hier jedoch verzichtet werden, da die reine Dorfform kaum noch anzutreffen ist. Auf Besonderheiten, Parallelen soll in den einzelnen Hauptartikeln eingegangen werden. Spätestens im 20. Jahrhundert traten in den Dörfern Zersiedelungsprozesse ein, wurden Flure bereinigt, Felder zu großen Schlägen zusammengelegt („Verkoppelung“).

Eng im Zusammenhang mit den Dorfformen stehen die Flurformen. Zu den häufigsten Dorfformen der Erde gehören die Haufen-, die Reihen- und die Straßendörfer.

In manchen Teilen Amerikas, Australiens und Afrikas überwiegen Einzelsiedlungen. Die Dorfbildung in Mitteleuropa begann in der Jungsteinzeit mit den ersten Ackerbauern. Die Dörfer entstanden zunächst, wenn selbstständige, aber gewöhnlich untereinander verwandte Familien ohne gemeinsames Oberhaupt beieinander siedelten.

Grob unterscheidet man nach ungeregelten und geregelten Dorfanlagen, wobei letztere nur bei gelenkter und zu tiefst durchdachter Planung Kolonisation vorkommen.

Geschlossene Dorfformen

Haufendorf

Ein Haufendorf ist ein geschlossen bebautes Dorf mit unregelmäßigem Grundriss und häufig unterschiedlich großen Höfen, meist von einem Ortsetter umgeben. Haufendörfer unterscheiden sich von den meisten anderern Dorfformen dadurch, dass sie nicht planmäßig angelegt wurden. Ein großer Teil der Haufendörfer entstand im Zusammenhang mit der mittelalterlichen Gewanneflur, bei der jeder Bauer Streifen verschiedener Felder bewirtschaftete und die Lage dieser Feldstreifen sich auch immer wieder änderte. Die Gemarkung solcher Dörfer gliederte sich in Dorfkern, Ackerflur und Allmende.

Straßendorf

 
Vereinfachtes Beispiel eines Straßendorfes mit Gabelung

Ein Straßendorf ist ein lineares, doppelzeiliges Dorf, dessen Häuser bzw. Gehöfte eine Straße in dichter Anordnung säumen. Typischerweise sind die einzelnen Häuser bzw. Gehöfte giebelständig zur Straße angeordnet. Eine von der Hauptstraße abzweigende Straße ist oft eine Sackgasse, die im Wald endet.

Angerdorf

Ein Angerdorf ist ein Dorf, dessen hervorstechendes Merkmal der Anger, ein im Gemeindebesitz befindlicher zentraler gestreckt runder Platz mit zumeist einem Teich (Löschteich) oder Brunnen ist. Angerdörfer kommen in Mitteleuropa vor allem auf Grundmoränenplatten und in Lößgebieten vor, in Deutschland vor allem in Ost- und Ostmitteldeutschland.

 
Goldenbow, Angerdorf in Mecklenburg-Vorpommern

Straßenangerdorf

Das Straßenangerdorf ist ein Straßendorf, dessen Dorfstraße sich an einer Stelle oder auch in ganzer Länge zu einem Anger weitet und dann weiterläuft. Im deutschen Sprachraum sind Angerdörfer typisch für Nordostösterreich und Teile der Mark Brandenburg. Auch in Nordengland gibt es Angerdörfer, sowie in Frankreich im Barrois.

Rundling, Rundplatzdorf, Rundweiler

Ein Rundling, Rundplatzdorf oder auch regional Rundweiler genannt, sind ländliche Siedlungen in Rundform, deren Verbreitung sich im Wesentlichen auf den einstigen deutsch-slawischen Grenzraum: westlich und östlich der Saale und Elbe, z. B. im Hannoverschen Wendland und in Zeeland beschränkt. Rundling, Rundplatzdorf, Rundweiler zählen sämtlich zu den Platzdörfern. Rundlinge liegen häufig auf Spornen, die in die Niederungen der Urstromtäler hineinragen. Der Platz in der Mitte ist nur über einen Weg an das Verkehrsnetz angeschlossen. Um den Platz sind wenige Bauernhöfe angeordnet. Daran schließt sich eine Streifengemengeflur an. Es ist ungeklärt, ob die Rundform aus Sicherheitsgründen oder in Anpassung an die vorwiegende Viehwirtschaft gewählt wurde.

 
Vereinfachtes Beispiel eines Rundplatzdorfes mit einer Zuwegung

Ein typisches Beispiel ist Bugk, (slaw. „bug“ oder „buk“, dt. „Buche“), im Landkreis Oder-Spree in Brandenburg. Aus einem Wegestern entstanden, auf einer kaum wahrnehmbaren Anhöhe in feuchtem, sumpfigen Gelände gelegen, stellt der Ortskern ein slawisches Rundplatzdorf dar.

Eine Besonderheit stellt das Wurtendorf dar. Es gehört zu den Siedlungen, deren Gehöfte auf einen zentralen (Dorf-)Platz ausgerichtet sind. Das Wurtendorf entstand in der Regel auf einem künstlich vom Menschen aufgeschütteten Erdhügel, der als Siedlungsplatz für eine Einzel- oder Gruppensiedlung dient. Der Hügel sollte das Dorf schützen (vor Sturmfluten/Hochwasser etc.). Dieser Siedlungstyp kommt vor allem an Marschenküsten vor, mitunter auch an Flussläufen. Wurtendörfer entstanden vor allem im 7. und 8. Jahrhundert.

 
Das Haufendorf Heudorf bei Meßkirch, um 1575

Reihendorf

 
Surrein als Reihendorf ist am Vorderrhein in der Surselva (Tal) gebaut

Reihendörfer entstehen durch den Bau einer Siedlung entlang einem langgestreckten topografischen Objekt wie einem Bach, einem Graben oder Deich. Liegt die Siedlung dagegen entlang einer Straße oder einem Weg, spricht man eher von einem Straßendorf.

Reihendörfer bieten meist die Möglichkeit, die Siedlung an beiden Enden durch weitere Bebauung nahtlos zu erweitern.

Zeilendorf

Ein Zeilendorf besteht aus einer Häuser- bzw. Hofzeile, die regelmäßig und linear aneinander gereiht ist.

Kolonistendörfer in Brandenburg

Die Brandenburger Kolonistendörfer entstanden nach 1157 im Zuge der von Albrecht dem Bären und seinem Sohn Otto I. betriebenen Ansiedlungspolitik. Die beiden ersten brandenburgischen Markgrafen versuchten mit dieser Politik erfolgreich, die 1157 eroberte und gegründete Mark Brandenburg, die noch in weiten Teilen von slawischen Stämmen bewohnt war, zu christianisieren und endgültig zu stabilisieren. Die Kolonisten kamen überwiegend aus der Altmark und aus Flandern. Die Dörfer wurden in der Regel als Reihendorf oder Rundling mit Wald-, Wiesen- und Ackerhufen angelegt, vereinzelt gab es dreieckige Sackgassendörfer wie Gröben bei Ludwigsfelde. Ein typisches Beispiel ist Elsterwerda.

Offene Dorfformen

Bei offenen Dorfformen war die Möglichkeit des gegenseitigen Schutzes der Dörfler, aber auch die Gefahr einer Brandkatastrophe geringer als bei geschlossenen Dörfern. Wo jeder Bauer dauerhaft eine möglichst zusammenhängende Nutzfläche bewirtschaftet, verkürzt es die mit dem Arbeitsalltag verbundenen Wege, wenn das Gehöft am Rand oder inmitten dieser Nutzfläche steht.

Bei der planmäßigen Urbarmachung bisher nicht oder kaum landwirtschaftlich genutzter Gebiete bekam jeder Bauer dauerhaft eine zusammenhängende Fläche zugeteilt, die Hufe. So entstanden als planmäßiges Äquivalent der Streusiedlung die Hufendörfer.

Streusiedlung

 
Vereinfachtes Beispiel einer Streusiedlung

Eine Streusiedlung ist eine nicht geschlossene Siedlung, die aus weit auseinanderliegenden Bauernhöfen und Weilern ohne eigentlichen Ortskern besteht. Ein typisches Streusiedlungsgebiet ist das Münsterland. Ferner kommen Streusiedlungen des öfteren im Schwarzwald vor und sind oft durch spontane Besiedlung zustande gekommen. Eine Streusiedlung ist nicht planmäßig angeordnet. Streusiedlungen sind auch die typische Siedlungsform der Walserkolonien in den Alpen. Zwischen Weser und Ems war Streusiedlung seit jeher verbreitet. In Teilen des Allgäus dagegen wurde sie erst in der frühen Neuzeit eingeführt, um die Erträge der Landwirtschaft zu verbessern.

Große Teile Kanadas und der USA bestehen aus Streusiedlungen.

Moorhufendorf

Beim Moorhufendorf handelt es sich um eine planmäßig angelegte Reihensiedlung des 16. und 17. Jahrhunderts. Das Moorhufendorf hat in der Regel eine Breitstreifenflur (Flurformtyp, bei dem Streifen von ca. 50–800 m Breite dominieren). Die Grenzen der Breitstreifen bilden Entwässerungsgräben.

Marschhufendorf

Ein Marschhufendorf ist ein Reihendorf in Marschgebieten längs eines Entwässerungskanals. Der Landbesitz schließt in gereihten Längsstreifen an die Hofanlagen an. Marschhufendörfer gibt es besonders in den Niederlanden und etwa seit dem 10. Jahrhundert in Norddeutschland in den Gebieten, in denen die Niederländer an der Entwässerung mitwirkten.

Waldhufendorf

Als Waldhufendörfer werden planmäßig angelegte Siedlungen des Mittelalters bezeichnet, die durch (und zur) Rodung angelegt wurden und die, ausgehend von den badischen, schwäbischen und fränkischen Gebieten in Süddeutschland, bei der Kolonisierung in Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schlesien sowie teilweise auch Brandenburg und im nördlichen niederösterreichischen Waldviertel eine wichtige Rolle spielten.

Hagenhufendorf

 
Hagenhufendorf

Ein Hagenhufendorf oder Bachhufendorf ist eine langgestreckte Siedlung, ähnlich dem Reihendorf, entlang einer Straße, die parallel zu einem Bach verläuft, wobei die Straße nur einseitig bebaut wird, während auf der gegenüberliegenden Straßenseite die zu den Höfen gehörenden handtuchförmigen Ackerflächen von 20 bis 40 Morgen, die Hufe, liegen.

Die eingehägten Grundstücke, dienen als Bauerngarten und zur Kleintierhaltung. Der rückwärtig angrenzende Bach liefert das nötige Wasser. Idealerweise gibt es noch einen nahegelegenen Wald zur Brennholz- und Nutzholzgewinnung.


Siedlungen an Kristallisationspunkten

Kirchdorf

In Gegenden mit traditioneller Streusiedlung ließen sich neben einer Kirche außer Bauern gerne Menschen nieder, die ihren Lebensunterhalt nicht oder nicht nur mit Landwirtschaft verdienten.

Marktflecken

Wo in verkehrsgünstiger Lage regelmäßig Märkte stattfanden, was in der Feudalzeit nur mit obrigkeitlicher Erlaubnis möglich war, siedelten sich außer Händlern gerne auch Handwerker an. So entstanden Seidlungen, die nicht selten größer waren als reine Bauerndörfer. Etliche Marktflecken erhielten später Stadtrechte.

Eisenbahnsiedlung

Die Eisenbahnsiedlungen entstanden vor allem in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts. Wesentliche Voraussetzung war das Vorhandensein der Eisenbahn und ihr netzmäßiger Ausbau als Komponente der Infrastruktur.

Seit Mitte des 20. Jahrhunderts

Durch die Rationalisierung der Landwirtschaft und anderer Erwerbszweige, größere Mobilität und als Reaktion auf die Gebietsreform hat das Dorf in den letzten Jahrzehnten viel von seiner früheren Bedeutung verloren. Trotzdem betonen viele Orte und Ortsteile gerne ihren dörflichen Charakter, sowohl für ihre Einwohner als auch für Auswärtige. Darüber hinaus werden manche neuen Siedlungen oder auch Einrichtungen als Dorf bezeichnet, um ihre Überschaubarkeit oder ihre Abgrenzung von einer umgebenden Großstadt zu betonen.

Überkommene Dörfer, mit (touristischer) Vermarktung einer besonderen Tradition, eines politischen Anspruchs oder anderer Besonderheiten:

„Dörfer“ für den vorübergehenden Aufenthalt bestimmter Personengruppen:

Vom Umfeld abgegrenzte Bauweise:

Zumeist nicht (mehr) bewohnt:

Soziale Strukturen, Soziologisches

Hierarchie (historisch)

In der dörflichen sozialen Hierarchie standen die wohlhabendsten Bauern an der Spitze. Der Besitz von Pferden stellte den höchsten Reichtum da (fast Luxus: Das Pferd frisst, was es einbringt), so dass man die Gespannbesitzer von den Kuhbauern unterschied. Pferde konnten sich meist nur die sogenannten Vollbauern (Hufner) leisten. Daneben gab es die landwirtschaftlichen Kleinbetriebe (Häusler, Kötter, Seldner…), die über die Nutzung des eigenen Landes hinaus freie Arbeitskraft für die Vollbauern bereitstellten, sowie bis in die 1970er Jahre die traditionellen dörflichen Handwerks- und Dienstleistungsberufe (Müller, Grobschmied; Stellmacher(bearbeitet die horizontalen Flächen einer Transporteinheit – Holz Gestell); Wagner(beschäftigt sich in der Regel ausschließlich mit der Herstellung der Räder eines Wagens); Gastwirt (Krüger) …), aber eben auch Bäcker, Fleischer, Tischler, Zimmermann, Dachdecker u.v.a. 2004 sind in der Bundesrepublik Deutschland diese Berufe aus dem Dorf praktisch verschwunden, zusammen mit dem Einzelhandelsgeschäft (Gemischtwarenladen), der Post(halterei) usw. Das ebenso wie das ländliche Hofgesinde (Knecht und Magd), und zuunterst in der Rangordnung die Dorfarmen und -irren. Der Großteil der Beschäftigten ist hauptberuflich außerhalb der Landwirtschaft tätig und meist in den nächstgelegenen Städten oder zentralen Orten. Außerdem entstanden in den Dörfern einige neue Handwerks- und Dienstleistungsbetriebe (Elektriker- und Reparaturwerkstätten, Fuhrbetriebe, Tankstellen etc.).

Eine ausführliche Hofgeschichte der Hüfner (Vollbauern), Kossäten (Gärtner) und Büdner (Häusler) wie auch die Entwicklung der beiden dörflichen Wassermühlen, der Schmiede, Ziegeleien und Kleingewerbe stellt das Brandenburgische Dorf Gömnigk dar.

Dorfgemeinschaft

Eine Dorfgemeinschaft zeichnet sich aus durch soziale Beziehungen (Nachbarschaftsbeziehungen, soziale Kontrolle), feste Strukturen und Normen (Sitten, Brauchtum, Feste, Vereinswesen, etc.) bis hin zur ländlichen Architektur, Bekleidung, Nahrung usw. Auch die Entwicklung der Bevölkerung blieb an die verfügbare Nutzfläche gebunden. Das Gleichgewicht wurde dadurch aufrechterhalten, dass ein Teil der Bevölkerung keine Familien gründete oder auswanderte. Mit beginnender Industrialisierung fand der nichtbäuerliche Teil der dörflichen Bevölkerung durch Heimarbeit eine zusätzliche Einnahmequelle. In Südwestdeutschland wurde durch eine breitgestreute Ansiedlung kleinerer Industriebetriebe relativ früh eine größere Zahl außerlandwirtschaftlicher Dauerarbeitsplätze geschaffen. Heute bildet das überwiegend landwirtschaftlich bestimmte Bauerndorf die Ausnahme.

Soziologisch wird das Dorf empirisch vor allem in der Gemeinde- und Agrarsoziologie untersucht (tlw. auch in der Entwicklungssoziologie), konzeptionell ist dafür besonders auf den Begriff „Gemeinschaft“ zu verweisen.

Dorfentwicklung und -sicherung

Dörfer unterliegen momentan einem starken strukturellen Wandel. Aufgrund des Aussterbens der kleinbäuerlichen Dorfkultur entfällt die Landschaftspflege besonders in abgelegeneren Orten. Während die zumeist ältere landwirtschaftlich tätige Generation ausstirbt, erwirtschaftet die Mehrheit der Dorfbewohner ihr Einkommen als Pendler in den mehr oder weniger nahe liegenden Ballungsgebieten. Daher werden zur Sicherung des gewachsenen Landschaftsbildes verschieden Anstrengungen unternommen. Mit dem Europäischen Dorferneuerungspreis und dem Bundeswettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ sollen die Bewohner der Dörfer durch Anregung des Bürgerengagements die Lebensqualität erhalten oder verbessern. Unterstützt werden diese Bemühungen beispielsweise mittels Programmen zur Dorferneuerung. In Bezug auf die Agenda 21 erhofft man sich davon zumindest den Erhalt des Landschaftsbildes.

Siehe auch

Literaturhinweise

  • Village et Villageois au Moyen Age. Paris 1992.
  • Dörfer in Deutschland. Braunschweig 1989.
  • Jankuhn, Herbert/Schützeichel, Rudolf/Schwind, Fred (Hrsg.) (1977): Das Dorf der Eisenzeit und des frühen Mittelalters. Siedlungsform – wirtschaftliche Funktion – soziale Struktur. Göttingen: Vandenhoeck & Rupprecht (= Abh. Akad. Wiss. Göttingen, Phil.-Hist. Kl. 3; 101).
  • Lienau, Cay (1997): Die Siedlungen des ländlichen Raumes. 3. Aufl. Braunschweig.
  • Rösener, Werner (1993): Bauern im Mittelalter. 4., unveränd. Aufl. München: C.H. Beck. ISBN 3-406-30448-6
  • Schreg, Rainer (2006): Dorfgenese in Südwestdeutschland. Das Renninger Becken im Mittelalter. Stuttgart: Theiss (= Materialhefte zur Archäologie in Baden-Württemberg; 76). ISBN 978-3-8062-2066-7
  • Schreg, Rainer (2006): „Die Archäologie des mittelalterlichen Dorfes in Süddeutschland. Probleme – Paradigmen – Desiderate“. In: Siedlungsforschung. Archäologie – Geschichte – Geographie 24, S. 141–162.
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