Thomas Hobbes

englischer Mathematiker, Staatstheoretiker und Philosoph (1588-1679)
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Thomas Hobbes (* 5. April 1588 in Westport, Wiltshire; † 4. Dezember 1679 in Hardwick Hall, Derbyshire) war ein englischer Mathematiker, Staatstheoretiker und Philosoph der frühen Neuzeit, der durch die in seinem Hauptwerk Leviathan begründete Theorie des Gesellschaftsvertrages Berühmtheit erlangte.

Thomas Hobbes

Leben

Hobbes wurde 1588 als Sohn eines einfachen anglikanischen Landpfarrers in der Grafschaft Wiltshire geboren. Seine Mutter stammte aus einer Bauernfamilie. Da er bereits mit vier Lebensjahren lesen, schreiben und rechnen konnte, wurde er als Wunderkind (child prodigy) bezeichnet. Ab dem Alter von acht Jahren wurde Hobbes in einer Privatschule in den klassischen Sprachen unterrichtet. Mit vierzehn Jahren begann er sein Studium an der Universität Oxford, wo er vor allem Logik und Physik studierte. Nach seinem dortigen Bachelor-Abschluss wurde er Hauslehrer bei der adligen Familie Cavendish. Diesen Posten hatte er mit Unterbrechungen bis zu seinem Lebensende inne. Er unterrichtete hier u.a. den kleinen William Cavendish, der später Graf von Devonshire wurde. Für kurze Zeit war Hobbes auch Sekretär des Philosophen Francis Bacon, für den er einige seiner Schriften ins Lateinische übersetzte. Auf den Auslandsreisen, die er mit seinen Schülern der Cavendish-Familie unternahm, lernte er in Pisa Galileo Galilei kennen. Ferner schloss er auf seinen Reisen Bekanntschaft mit René Descartes, Marin Mersenne und Pierre Gassendi. Dann aber setzte er sich im Streit zwischen Krone und Parlament für die Rechte des Königs Karl I. ein und musste deshalb 1640 nach Frankreich ins Exil fliehen. Dort verfasste er seine staatsphilosophischen Werke, in denen er zwar das absolutistische Königtum verteidigt, aber zugleich das Papsttum und die Kirche kritisiert. Wegen dieser Kritik musste er 1651 erneut fliehen, diesmal zurück nach England, wo er bis zu seinem Tod im Jahre 1679 lebte.

Philosophie

Hobbes versucht, naturwissenschaftliche Methoden auf die Staatsphilosophie zu übertragen, maßgeblich beeinflussten ihn dabei Euklids Elemente als Vorbild für eine exakte Wissenschaft. Dementsprechend ist seine Philosophie dem Methodenkonzept des sogenannten "mos geometricus" verpflichtet. Die zentralen Grundbestandteile in Hobbes' Metaphysik sind Körper und (deren) Bewegung. In der Staatsphilosophie gründet er den Staat (in einer Analogie als "künstlicher Mensch") auf einen Gesellschaftsvertrag.

Ähnlich wie der französische Denker Jean Bodin sah auch Hobbes die Stärkung des Staates als die einzige Möglichkeit, die religiösen Bürgerkriege zu beenden, die Europa verheerten - in seiner englischen Heimat war dies der Englische Bürgerkrieg. Der Staat ist nach Hobbes die einzig mögliche Lösung zur Beendigung des Naturzustands. Im Naturzustand hat jeder Mensch aufgrund seines Naturrechts ein Recht auf alles. Wegen der menschlichen Begierden, die nach Hobbes keine Grenzen kennen, herrscht im Naturzustand ein Krieg aller gegen alle, bellum omnium contra omnes, in dem jeder durch seine Mitmenschen bedroht ist, homo homini lupus (Der Mensch ist des Menschen Wolf). Wegen dieser Aussage wurde Hobbes auch von Vertretern der Kirche und des Adels scharf kritisiert, die ihren Herrschaftsanspruch durch eine höhere Macht legitimiert sahen. Der Mensch ist weiter kein "zoon politikon", wie bei Aristoteles, sondern durch Furcht und Vernunft gekennzeichnet und wird geleitet durch das "Wölfische" in ihm und nicht durch Nächstenliebe. Er ist prinzipiell egoistisch. Auch die Willensfreiheit leugnet er.

Der Selbsterhaltungstrieb und das Verlangen, ein besseres Leben zu führen, bringen die Menschen dazu, ihr natürliches Recht auf alles aufzugeben und einen Gesellschaftsvertrag abzuschließen. Jeder schließt mit jedem anderen einen Vertrag, in dem er sein Recht, sich selbst zu beherrschen, an einen Dritten abtritt unter der Bedingung, dass dies der andere auch tut. Dieser freiwillige Zusammenschluss führt zu einem absolutistischen Staat mit einem Souverän an der Spitze, der die höchste Gewalt in einer Person vereint. Dabei darf man Person nicht mit einem einzigen Menschen verwechseln, Hobbes kennt auch die künstliche Person als Zusammenschluss mehrerer Menschen. Es handelt sich damit um eine naturrechtliche Rechtfertigung des Absolutismus. Die Monarchie ist laut Hobbes die beste Staatsform, die jedoch nicht von Gott eingesetzt wurde.

 
Titelseite von Hobbes' Leviathan (1651)

Dieser ist praktisch der Staat, das Ungeheuer Leviathan. Der Souverän hat mit seinen Untertanen keinen Vertrag geschlossen und lebt als einziger noch im Naturzustand. Er hat sein Recht auf alles nicht aufgegeben und seine Macht steht über jeder Gerechtigkeit. Der Souverän allein bestimmt was "gut" und "böse" ist. Dies ist im Prinzip eine Legitimation jeglicher Tyrannei, wobei Hobbes behauptet, daß ein guter Souverän dies nicht ausnutzt. Hobbes meint aber, dass nur durch dieses Gewaltmonopol der Souverän seine Pflicht erfüllen kann, das Leben seiner Untertanen zu schützen. Er geht sogar so weit, dass der Souverän seine eigene Gewalt gar nicht einschränken kann, da eine Einschränkung die Sicherheit des Staates gefährden würde. Für den Souverän bevorzugt Hobbes einen Monarchen. Gleichzeitig schließt er unter seinem Souverän nicht andere Staatsformen, z.B. Demokratie oder Oligarchie aus. Mit der "modernen" Gewaltenteilung hat Hobbes nichts im Sinn, Exekutive, Legislative und Judikative sind in der Person des Souveräns vereinigt. Die Übertragung der Macht auf den Souverän ist bei Hobbes unwiderruflich; ein Widerstandsrecht ist sehr eingeschränkt vorgesehen. Und zwar nur in Bezug zur Selbsterhaltung, da jeder Bürger das Recht und die Pflicht hat, sein eigenes Leben zu verteidigen, darf er auch Versuchen sich gegen den Souverän zu wären, wenn sein Leben in Gefahr gerät (Leviathan, zweiter Teil, Kapitel 21).

Hobbes wandte sich auch schon sehr früh gegen das Sektenunwesen, aber auch das Papsttum griff er während seines Frankreichaufenthalts scharf an, weshalb er auch Frankreich wieder verlassen musste. Dennoch trat er für eine Staatsreligion ein, weil die Einheit der politischen Herrschaft (Absolutismus) auch die Einheit des religiösen Kultes erfordere. Die Päpste haben laut Hobbes jedoch nicht das Recht über den Menschen zu herrschen, da das Reich Christi nicht von dieser Welt sei. Die Erkenntnis Gottes gehört nach Hobbes auch nicht in den Bereich der Wissenschaft, sondern in den Bereich der Theologie und der Religion. Dort, wo es nichts zu addieren und zu subtrahieren gäbe, sei gleichsam das Denken am Ende.

Neben seinen philosophischen Werken veröffentlichte Hobbes auch ein Buch über Optik sowie einige Werke in der Mathematik. Eines dieser Werke schlägt ein Verfahren zur Quadratur des Kreises vor. Um seinem Ruf als Philosoph zu schaden, setzte die Kirche Mathematiker ein, um ihn in dieser Hinsicht aufs Korn zu nehmen.

Werke

Vorlage:Wikisource2

  • Eight Books of the Peloponnesian Warre Written by Thucydides ... Interpreted (Übersetzung und Interprtation des Peloponnesischen Krieges Thukydides (1629)
  • A Briefe of the Art of Rhetorique, (1637)
  • Elements of Law (1640)
  • Objectiones tertiae ad Cartesii Meditationes", in Descartes, "Meditationes de prima philosophia", (1641)
  • Of Libertie and Necessitie, (1654)
  • De Corpore (1655)
  • De homine (1658)
  • De Cive (1642)
  • Leviathan (1651) englische Fassung, (1670) lateinische Fassung)
  • Quadratura circuli, cubatio spherae, duplicatio cubi, (1669)
  • A Dialogue between a Philosopher and a Student of the Common Laws of England (1681)
  • Behemoth, the History of the Causes of the Civil-wars of England, (1682)

Literatur

Werke

Sekundärliteratur

  • Ferdinand Tönnies, Thomas Hobbes, der Mann und der Denker, 1910
  • Leo Strauss, The Political Philosophy of Hobbes, Oxford 1936
  • Carl Schmitt, Der Leviathan in der Staatslehre des Thomas Hobbes. Sinn und Fehlschlag eines Symbols, Hamburg 1938.
  • Reinhart Koselleck, Kritik und Krise. Eine Studie zur Pathogenese der bürgerlichen Welt, 2. Aufl. Frankfurt a. Main (suhrkamp taschen wissenschaft 36) 1976 (u.a. ein Abschnitt über Thomas Hobbes, der sein Plädoyer für den absolutistischen Staat mit der Angst vor den religiösen Bürgerkriegen erklärt)
  • Georg Geismann/Karlfriedrich Herb (Hrsg.), Hobbes über die Freiheit, Würzburg 1988, ISBN 3-88479-337-3
  • Jean Hampton, Hobbes and the Social Contract Tradition, ISBN 0521368278, Cambridge University Press, 1988
  • Wolfgang Kersting: Thomas Hobbes zur Einführung, Hamburg: Junius, 1992, ISBN 3-88506-875-3
  • Dieter Hüning, Freiheit und Herrschaft in der Rechtsphilosophie des Thomas Hobbes, Berlin 1998, ISBN 3-428-09046-2