Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung

Verfahren oder Anlage der elektrischen Energieübertragung mit hoher Gleichspannung
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HGÜ. Verfahren zur Übertragung von elektrischer Energie mit Gleichstrom hoher Spannung ( 100kV - 1000kV). Die Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung bietet bei der Übertragung über große Entfernungen, insbesondere bei der Verwendung von Kabeln zahlreiche Vorteile gegenüber der konventionellen Drehstromübertragung. Bei der Gleichstromübertragung treten keine induktiven und kapazitiven Verluste auf. Da keine Stromverdrängung stattfindet, ist der Leitungswiderstand geringer als bei einer vergleichbaren Wechselstromübertragung. Besonders vorteilhaft ist die Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung bei der Verwendung von Kabeln. Wegen fehlender dielektrrischer Verluste braucht die Isolierung eines Gleichstromkabels nicht so stark zu sein, wie die eines Drehstromkabels. Da keine kapazitiven Blindströme auftreten, muß man nicht - was insbesondere bei Seekabelübertragungen unmöglich ist - in gewissen Abständen Kompensationsspulen in das Kabel einbauen. Außerdem spart man auch Leitungen: während man für ein Drehstromsystem stets drei Leiter (für die 3 Phasen) benötigt, kommt man bei einer Gleichstromübertragung mit zwei - oder wenn man, was in der Praxis mehrfach realisiert wurde, die Erde als 2. Pol verwendet - mit nur einem Leiter aus! Dies spart - sowohl bei Kabeln als auch bei Freileitungen - enorme Kosten! Allerdings hat die Technik der Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung auch einige Nachteile. So sind die Stromrichterstationen sehr teuer und nur wenig überlastbar. Außerdem ist es sehr schwierig in eine bestehende Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung nachträglicheinen Abzweig einzufügen. Die Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung ist prädestiniert für die Energieübertragung zwischen zwei Punkten. Neben der schon erwähnten Anwendung für lange Freileitungen (Länge ab 500 Kilometer) und lange Kabel (insbesondere Seekabel, Länge ab 30 Kilometer) wird die Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung auch zur Kopplung von Wechselstromnetzen unterschiedlicher Frequenz und/oder Phasenzahl oder zur Kopplung asynchron betriebener Stromnetze eingesetzt. In diesen Fällen beträgt die Übertragungslänge mitunter nur wenige Meter und beide Stromrichter sind im gleichen Gebäude untergebracht. Man bezeichnet eine derartige Anlage als GKK (Gleichstrom-Kurzkupplung). In Deutschland wurde von 1993 bis 1995 eine derartige Anlage zur Kopplung des deutschen und tschechischen Stromnetzes in Etzenricht betrieben.

Technik

Jede Stromrichterstation (auch Konverterstation genannt) besteht aus einen Stromrichter, einer Glättungsdrossel, Stromrichtertransformatoren und Oberwellenfilter. Da die verwendeten Stromrichter - je nach Bedarf - als Gleich- oder Wechselrichter arbeiten können, ist der Aufbau sowohl von Gleichrichter- als auch von Wechselrichterstationen identisch. Als Stromrichter werden in modernen Anlagen in 12-Puls-Schaltung geschaltete Thyristoren verwendet (in älteren Anlagen kommen noch riesige Quecksilberdampfgleichrichter zum Einsatz). Da man keine Thyristoren für die erforderlichen Sperrspannungen von über 100kV fertigen kann, müssen mehrere Dutzend hiervon in Reihe geschaltet werden. Sie werden, da sie auf Hochspannungspotential liegen, mittels Glasfaserkabel angesteuert. Alle in Reihe geschalteten Thyristoren müssen binnen einer Mikrosekunde durchschalten! (Bei mit Quecksilberdampfgleichrichtern ausgerüsteten Anlagen erfolgt die Übermittlung der Zündimpulse mittels Hochfrequenz). Die Glättungsspule am Gleichstromausgang dient dazu die Restwelligkeit des Gleichstroms zu reduzieren. Sie kann als Luft- oder Eisendrossel ausgefürt sein. Ihre Induktivität beträgt ca. 0,1H bis 1H. Die Stromrichtertransformatoren dienen nicht nur zur Festlegung der Übertragungsspannung. Durch ihre Schaltung (Serienschaltung von Dreieck- und Sternschaltung), unterdrücken sie auch zahlreiche Oberwellen. Die Oberwellenfilter auf der Drehstromseite verhindern das Abfließen unerwünschter Oberschwingungen ins Netz. Bei Anlagen in 12-Pulss-Schaltung müssen sie nur die 11., die 13., die 23. und die 24. Oberwelle unterdrücken. Hierfür reichen auf die 12. und 24. Oberwelle abgestimmte Saugkreise aus. Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungsanlagen können sowohl monopolar (hierbei übernimmt die Erde die Rückleitung) als auch bipolar ausgeführt sein. Erstere Form wird vor allem für Seekabelübertragungen angewandt. Grundsätzlich kann die Leitung der Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung als Kabel oder als Freileitung ausgeführt werden. Hochspannungs-Gleichstrom-Freileitungen besitzen meist 2 Leiterseile. Sie werden bei monopolaren Hochspannungs-Gleichstrom-Anlagen entweder paralellgeschaltet oder als Zuleitung zu der Erdungselektrode, die aus Gründen der elektrochemischen Korrosionsgefahr nicht bei der Stromrichterstation liegen kann, verwendet.

Geschichte

Die erste Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungsanlage war die nie in Betrieb gegangene Kabelübertragung des "Elbe-Projekts" zwischen Dessau und Berlin 1945 (symmetrische Spannung von 200kV gegen Erde, maximale Übertragungsleistung 60 MW). Diese Anlage wurde von der sowjetischen Besatzungsmacht abgebaut und 1950 zwischen Moskau und Kashira in Betrieb genommen. In der westlichen Welt wurde die erste Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungsanlage 1954 zwischen Gotland und Schweden in Betrieb genommen. Die älteste noch bestehende Hochspannungs-Gleichstrom-Anlage ist die Konti-Skan 1 zwischen Dänemark und Schweden. 1972 wurde im kanadischen Eel River die erste Hochspannungs-Gleichstrom-Anlage mit Thyristoren in Betrieb genommen und 1975 in England zwischen den Kraftwerk Kingsnorth und der Innenstadt von London mit Quecksilberdampfgleichrichtern. In Deutschland entstand von 1991 bis 1993 die erste Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungsanlage in Form der Kurzkupplung in Etzenricht . 1994 ging die 262 Kilometer lange Gleichstromleitung "Baltic-Cable " zwischen Lübeck-Herrenwyk und Kruseborg in Betrieb, der 1995 die 170 Kilometer lange vollständig verkabelte "Kontek " zwischen Bentwisch bei Rostock und Bjaeverskov in Dänemark folgte.

Weitere Anlagen Kontiskan Pacific-Intertie Wird fortgesetzt