Radierung (von lat. radere = wegnehmen, entfernen) ist ein grafisches Tiefdruckverfahren, mit denen hochwertige Originalgrafiken hergestellt werden. Typisches Merkmal einer Radierung ist der eingeprägte Plattenrand im Papier.
Die Technik der Radierung entwickelte sich im 16. Jahrhundert aus dem Kupferstich. Heute unterscheidet man mehrere unterschiedliche Radiertechniken, denen alle folgende Arbeitsschritte gemeinsam sind:
Herstellungsvorgang einer Radierung
- Das Motiv wird mittels einer Radiernadel oder eines Grabstichels in die Druckplatte, die in der Regel aus Kupfer oder Zink besteht, geritzt und/oder geätzt.
- Die Druckplatte wird mit Druckfarbe bedeckt und durch Wischen soweit von Farbe gereinigt, daß nur die tiefer liegenden, druckenden Plattenteile farbtragend sind.
- Die Druckfarbe wird beim anschließenden Druck an das Druckpapier wieder abgegeben, wenn ein angefeuchtetes Blatt Tiefdruckpapier durch die Radierpresse gezogen wird.
Bei den meisten Radiertechniken erfolgt die Bearbeitung der Druckplatte indirekt durch eine Ätzung im Säurebad. Dabei bedeckt man die Metallplatte mit einer säurebeständigen Schicht und ritzt in diese Schicht die Linien mit einer Radiernadel ein. Wird die Platte danach in ein Säurebad eingetaucht, greift die Säure (z.B. verdünnte Salpetersäure) nur die freigeritzten Plattenflächen, nicht aber die von der Schutzschicht abgedeckten Stellen an.
Die Ätzradierung ist ein Tiefdruckverfahren, bei dem die druckfähige Tiefdruckplatte durch Einwirkung chemischer Substanzen (meist Säuren) entsteht. Dazu wird zuerst die Druckplatte mit einem säurebständigem Medium lackiert, die Zeichnung in den Lack geritzt und anschließend geätzt wird. Die Linienstärke wird durch die Dauer des Ätzvorganges gesteuert.
Der entscheidende Schritt zur künstlerischen Entfaltung der Radierung lag in der Erfindung des stufenweisen Ätzens. Dies bedeutet, daß die vom Zeichner fertiggstellte Platte zunächst nur so lange dem Ätzbad ausgesetzt wird, wie es die hellsten Lichter verlange. Anschließend wird die Platte dem Bad entnommen, gereinigt und nochmals mit säurebeständigem Medium abgedeckt. Zum Weiterätzen wird sie wieder dem Säurebad ausgesetzt, dann folgt die Abdeckung der nächsthelleren Stellen, um erneut weiterzuätzen. Der Prozeß des Abdeckens und Ätzens kann beliebig oft wiederholt werden.
Carborundum ist eine Kombination aus Radierung und Prägedruck, bei der zusätzlich zur Radierung bestimmte Stellen der Druckplatte mit einer Mischung aus z.B. Carborundum (Schleifsand für Lithosteine) und Marmormehl bedeckt werden.
Weitere Techniken des grafischen Tiefdrucks
Die grafischen Tiefdruckverfahren werden in zwei große Gruppen unterteilt: die manuellen Stichverfahren (wie beispielsweise Kaltnadel und die Ätzverfahren. Die Radierung zählt zu den Ätzverfahren, zu der auch Aquatinta und Vernis Mou zählen.
- "Vernis Mou" oder Weichgrund. Bei dieser Technik wird ein wachsweicher Säureschutz auf die Druckplatte aufgebracht. Man legt ein weiches Zeichenpapier darüber und zeichnet das Motiv darauf. Dabei drückt sich der Strich in den weichen Grund. Zieht man dann das Papier ab, so wird an den Druckstellen der Säureschutz von der Platte gehoben; nun wird die Platte geätzt. Das Ergebnis ist ein weicher, malerischer Strich.
- "Heliogravure" entstand Ende des 19. Jhdts als mit der Photographie lichtempfindliche Beschichtungen aufkamen. Dabei wird eine Aquatinta mit einer lichtempfindlichen Emulsion beschichtet und dann das Motiv auf diese vorbereitete Platte belichtet. Auf diese Weise konnten Fotos vervielfältigt werden.
Druckvorgang
Nach dem Bearbeiten der Platte erfolgt das Drucken: Die Platte wird zunächst komplett mit Druckfarbe eingerieben, danach wischt man die überschüssige Farbe aus und putzt die Flächen der Platte blank, bis nur noch Druckfarbe in den Rillen vorhanden ist. Danach wird die Platte auf angefeuchtetes Tiefdruckpapier gelegt, mit einem Andruckfilz bedeckt und durch die Radierpresse gezogen. Tiefdruckfarbe ist eine relativ feste Ölfarbe.
Farbradierung
Weniger gebräuchlich ist die Farbradierung. In der einfachen Variante wird die Druckplatte mit verschiedenen Faben eingefärbt; naturgemäß ist das aber schwierig zu steuern und es ist deswegen kaum möglich einen einheitlichen Auflagendruck durchzuführen. Eine präzise Steuerung erlaubt der Druck mit mehreren Druckplatten. Von der ersten Druckplatte wird das Motiv auf weitere, gleich große Platten übertragen, die dann andere Farben tragen. Der Druck erfolgt dann in der Reihenfolge von der hellen zur dunklen Farbe.
Beispiele für Radierung und andere Tiefdruckverfahren
Beispiele für unterschiedliche Tiefdruckverfahren | ||||
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Siehe auch: Kupferstich, Mezzotinto
Geschichte der Radierung (Achtung Baustelle!!)
- Technik stammt aus der Silber- und Waffenschmiedekunst: Verzierungen wurden auf andere Objekte übertragen -> Ziselieren, Stahlstich
- Frühform von ??Masacchio?? um 1400
- Dürer war ursprünglich Gold- und Silberschmied und benutzte v.a. den Stahlstich, macht Versuche mit der Ätztechnik
- Herkules Seghers, holländ. Maler und Grafiker: viel versprechende Arbeiten mit der Ätzung in Kupferplatten
- Hohe künstlerische Reife der Ätztechnik und der Kaltnadel durch Rembrandt van Rijn; interessant auch hier die künstlerische Nutzung der Plattenzustände als "work in progress"
- Ende des 18. Jhdts kommt die Aquatinta auf; Francesco de Goya schuf mit dieser Technik die Radierzyklen Cappricchios und Desastros de la Guerra (die Schrecknisse des Krieges)
- mit dem Aufkommen der Lithographie verlieren die Radierung und der Kupferstich ihre Bedeutung als künstlerische Reproduktionstechniken, private (bürgerliche Sammler entdecken die Arbeiten als erschwingliche Möglichkeit Kunst zu sammeln
- bedeutende (halbwegs) zeitgenössische Künstler der Radierung: A. Paul Weber, Horst Jansen, Johnny Friedländer, Andreas Vietz, Anja Klafki, etc (bitte ergänzen)
Radierung und Kupferstich
Wie die Radierung zählt auch der Kupferstich zu den Tiefdruckverfahren. Während beim Kupferstich durch das scharfe Einschneiden sehr exakte klare Ränder erzielt werden können, greift die Säure beim Ätzvorgang der Radierung das Metall ungleichmäßig an. Sie dringt, wenn auch nur sehr geringfügig auch unter die Ränder der Deckschicht ein. Dadurch entsteht die etwas körnig wirkende Linie.
Ein weiterer Unterschied zwischen Kupferstich und Radierung liegt in der Möglichkeit der Linienführung. Während bei der Radierung mit der Nadel so frei wie mit einem Bleistift gearbeitet werden kann und damit eine unmittelbare, spontane Zeichnung möglich ist, ist die Schnittführung des Kupferstichs auf gerade oder kurvige Linien beschränkt, die entweder in parallelen Zügen oder in Kreuzlagen geführt werden.
Die Unterscheidung zum Kupferstich kommt vornehmlich aufgrund der künstlerischen Wertschätzung zustande, der Kupferstich wurde als "billige" Reproduktionstechnik, die hohe Auflagen erlaubte bereits im 18. Jhdt verwendet ("Sprichwort: mein Freund und Kupferstecher"), dagegen wurde die Radierung als ursprüngliche, künstlerische Ausdrucksform von Sammlern geschätzt.
Literatur
Walter Koschatzky, Die Kunst der Graphik, München 1977