Die Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden ist die reformierte Landeskirche im Schweizer Kanton Graubünden und gehört zum Schweizerischen Evangelischen Kirchenbund. Sie umfasst alle Bürger im Kantonsgebiet reformierter, evangelischer oder protestantischer Konfession, die von Geburt bzw. Taufe an hinzugehören und nicht ihren Austritt erklärt haben.

Geschichte
Die Ursprünge der Landeskirche liegen in der Reformationszeit. Die Ideen von Martin Luther und Huldrych Zwingli fanden ihren Weg bis ins Bünderland und gewannen dort Anhänger. Die einzelnen Gemeinden im Bündnerland konnten ihre Konfession seit dem Ilanzer Religionsgespräch 1526 und den unter Federführung von Johannes Comander verfassten Ilanzer Artikeln selbst bestimmen, so dass das Bekenntnis von Gemeinde zu Gemeinde variieren konnte.[1] Je nach dem, für welches Bekenntnis sich die Mehrheit der Bürger entschied, wechselte das Gotteshaus den Besitz, kam also in reformierte Hand oder blieb römisch-katholisch.
Die ersten Vorläufer einer Bündner Landeskirche liegen im Jahre 1537, dem Gründungsjahr der Bündner Synode.[2] Diese Versammlung der Bündner Pfarrschaft besteht bis heute und hat die Aufgabe neue Kanditatinnen und Kandidaten, die ein Pfarramt übernehmen wollen, zu prüfen.
Organisation
Derzeit (Stand: 2010) zählt sie ca. 70'000 Mitglieder in ungefähr 90 Bündner Kirchgemeinden. Der Verwaltungssitz der Landeskirche befindet sich in Chur.
Gegliedert ist die flächenmässig grösste Schweizer Kantonalkirche in 10 regionale Kolloquien, welche Vernehmlassungsorgane der kirchlichen Gesetzgebung sind.
Höchstes Organ der Landeskirche ist der Evangelische Grosse Rat, dem sowohl die Abgeordneten der Kolloquien angehören als auch die reformierten Politiker des (politischen) Grossen Rates, die sich zur Mitarbeit bereiterklärt haben.
Leitungsgremium (Exekutive) der Landeskirche ist der siebenköpfige Kirchenrat unter dem Vorsitz eines Nicht-Theologen (zur Zeit 2010: Lini Sutter, Rechtsanwältin aus Roveredo).
Ein Bündner Unikum ist die jährlich um das letzte Juni-Wochenende an wechselnden Orten im Kanton stattfindende Synode, die seit 1537 besteht. Dieser gehören nicht – wie sonst im Protestantismus üblich – „Laien“ an, sondern sie umfasst alle Geistlichen, die im Kanton wohnen, sowohl die Amtsinhaber in den Gemeinden als auch die Pensionierten. Der Synode obliegt es, von den Gemeinden gewählte neue Geistliche zu prüfen und über ihre definitive Wählbarkeit zu befinden. Geleitet wird die Synode von einem dreiköpfigen Dekanat (Dekan und zwei Vize-Dekane).
Zum 1. Januar 2008 trat in der Bündner Kirche eine grössere Neustrukturierung in Kraft, die im wesentlichen auf eine verstärkte regionale Zusammenarbeit kleinerer Gemeinden abzielte, um Ressourcen zu bündeln. Dadurch entstanden zahlreiche neue Pastorationsgemeinschaften, Gemeindefusionen oder übergemeindliche Zweckverbände wie z.B. Il binsaun im Oberengadin.
Medien
Monatlich erscheinendes Publikationsorgan ist die Zeitschrift reformiert., die 2008 den früheren „Bündner Kirchenboten“ ablöste.
Gebräuche und Traditionen
Die traditionelle Amtskleidung der Bündner Pfarrschaft ist der Scaletta-Mantel.
Als Gesangbücher sind in den einzelnen Gemeinden jeweils in Gebrauch:
- das Gesangbuch der Evangelisch-reformierten Kirchen der deutschsprachigen Schweiz in Deutschbünden
- der Coral im Engadin und im Val Müstair
- das surselvische Gesangbuch im Bündner Oberland und
- das italienischsprachige Gesangbuch in den Südtälern
Bibeln werden folgende verwendet:
- dieNeue Zürcher Bibel, teilweise auch die Lutherbibel in deutsch- und zweisprachigen Gemeinden,
- die Soncha Scrittüra im Engadin,
- die surselvische Bibelübersetzung im Oberland und
- die italienischsprachige protestantische Bibelübersetzung in den Südtälern
Die Pflege der Kirchenmusik und die Ausbildung der Fachpersonen obliegt dem kantonalkirchlichen Verband, der Vogra.
Einzelnachweise
Literatur
Bündner Kirchengeschichte, hrsg. v. Evangelischen Kirchenrat Graubünden im Auftrag der Evangelisch-reformierten Synode des Kantons Graubünden, Chur 1982-87 --
- Teil 1: Vom Rätischen Heidentum bis zur Reformation
- Teil 2: Die Reformation
- Teil 3: Die Gegenreformation
- Teil 4: Die letzten drei Jahrhunderte. Bewahrung und Wandlung