Die Loveparade (auch Love Parade oder Love-Parade geschrieben) ist eine seit 1989 jährlich (außer 2004, 2005 und 2009) veranstaltete Technoparade und mit etwa zwölf Millionen Besuchern seit ihrer Gründung die größte Tanzveranstaltung der Welt. Von 1989 bis 2006 fand sie in Berlin statt, in den Jahren 2007, 2008 und 2010 an wechselnden Orten im Ruhrgebiet. Bei der 19. Loveparade am 24. Juli 2010 in Duisburg kam es zu einer Massenpanik, die 21 Todesopfer zur Folge hatte, 511 Personen wurden teils schwer verletzt. Der Vorfall löste international Betroffenheit aus und wurde weltweit in den Medien thematisiert. Der Organisator der Loveparade 2010, Rainer Schaller, teilte am Tag nach der Katastrophe mit, dass künftig keine Loveparade in ihrer bisherigen Form mehr stattfinden werde.

Die erste Loveparade wurde im Sommer 1989 von Matthias Roeingh alias Dr. Motte in Zusammenarbeit mit seiner damaligen Freundin Danielle de Picciotto initiiert. Von ursprünglich 150 Beteiligten wuchs die Veranstaltung auf etwa 1,5 Millionen Besucher im Jahre 1999. Nach einer Pause in den Jahren 2004 und 2005 fand die Veranstaltung mit abgeändertem Konzept 2006 wieder in Berlin statt und erreichte nach Angaben der Veranstalter Loveparade Berlin GmbH und des Senats erneut ein Besucheraufkommen von über einer Million Menschen. Die darauf folgende Loveparade sollte ursprünglich am 7. Juli 2007 stattfinden, wurde aber im Februar vom Veranstalter abgesagt. Als Grund wurde angegeben, dass, wie im Jahr zuvor, trotz abgeschlossener Planung und gesicherter Finanzierung noch keine Genehmigung durch die Stadt Berlin vorlag.
Der Veranstalter suchte europaweit eine neue Partnerstadt und wurde am 15. Juni 2007 fündig. Die Wirtschaftsförderungsgesellschaft metropoleruhr GmbH teilte mit, dass die Loveparade für fünf Jahre ins Ruhrgebiet umziehe. Am 25. August 2007 fand das Ereignis mit etwa 1,2 Millionen Besuchern in Essen, am 19. Juli 2008 mit etwa 1,6 Millionen Besuchern in Dortmund und am 24. Juli 2010 in Duisburg mit 200.000[1] bis 1,4 Millionen Besuchern statt. 2011 hätte die Loveparade in Gelsenkirchen stattfinden sollen.
Geschichte
1989–1995
Die erste Loveparade entstand 1989 als spontane Idee einer durchfeierten Nacht zum Geburtstag Roeinghs (Dr. Motte). Unter dem Motto Friede, Freude, Eierkuchen wurde diese als politische Demonstration angemeldet. An dem am 1. Juli 1989 stattfindenden Aufzug nahmen etwa 150 Personen teil. Mit Hilfe eines Generators sowie einer Anlage auf einem alten VW-Bus zogen diese über den Kurfürstendamm.[3] Die Afterparty der ersten Loveparade fand im Ufo, dem ersten Acid-House-Club Berlins statt.[4]
Die Loveparade 1991 gilt als erstes überregionales Zusammentreffen der verschiedenen bundesweiten Technoszenen. Erstmals reisten Szeneaktivisten aus mehreren Städten nach Berlin um ihre regionale Technokultur zu präsentieren, wodurch erste Netzwerke und ein bundesweiter Austausch der jungen Technokultur zustande kamen.[5]
In den Jahren bis 1995 fand die Parade am ersten Juliwochenende als angemeldete politische Demonstration auf dem Kurfürstendamm statt. Es vervielfachte sich hierbei jeweils die Teilnehmerzahl im Vergleich zum Vorjahr, und es beteiligten sich immer mehr Clubs und Labels mit eigenen Lovemobiles (Floats). Sehr bald schon wurde neben der eigentlichen Parade ein Rahmenprogramm mit Raves angeboten.
Mit steigenden Besucherzahlen wuchsen jedoch auch die Proteste der Anwohner und Geschäftsleute am Kurfürstendamm, welcher sich als für die Veranstaltung zu eng erwies. 1995 waren neben der eigentlichen Paradestrecke auch sämtliche Nebenstraßen völlig überfüllt. Da die Parade inzwischen eine kulturelle Institution und ein nicht zu unterschätzender Wirtschaftsfaktor für die Stadt geworden war, wurde für 1996 nach einer Ausweichstrecke gesucht.
1996–2000
Eine neue Strecke wurde mit dem Verlauf zwischen dem Ernst-Reuter-Platz über die Siegessäule bis zum Brandenburger Tor gefunden. Es gab weitere Probleme mit der Loveparade. Zwar war die Parade stets eine ausnehmend friedliche Veranstaltung mit für eine Veranstaltung dieser Größenordnung vergleichsweise geringen Zahlen an Festnahmen und Verletzten. Bei den stets weniger als 100 Festnahmen ging es insbesondere um Delikte wie offenen Drogenhandel. Bei den Verletzten lagen häufig Kreislaufzusammenbrüche wegen Drogenkonsums oder Sommerhitze vor. Doch das Müllproblem, Verunreinigungen des Tiergartens sowie die zunehmende Kommerzialisierung der Veranstaltung sorgten für Streit. Die Betreiber der Wagen hatten immer striktere behördliche Auflagen zu erfüllen.
1997 spalteten sich einige der Veranstalter von der Loveparade ab und gründeten eine eigene Straßen-Demonstration: die Hateparade (ab 1998 unter dem Namen Fuckparade fortgeführt). Die Gründe für die Abspaltung lagen vor allem in der zunehmenden Kommerzialisierung der Technobewegung, insbesondere der Parade, sowie in der Schließung des Berliner Szene-Clubs Bunker. Die eigentliche Loveparade wuchs indessen zu einer Massenveranstaltung mit bis zu 1,5 Millionen Besuchern im Jahr 1999. Die Menschenmassen brachten selbst Berlin mit seiner gut ausgebauten Infrastruktur und dem Naherholungsgebiet im Berliner Tiergarten sehr in Bedrängnis und die Stimmen in der Bevölkerung, die eine Verlegung in weniger stark besiedelte Gebiete der Stadt forderten, wurden im Senat von Berlin mit noch stärkeren wirtschaftlichen Argumenten bekämpft, so dass letztlich die Parade unter geänderten Bedingungen immer wieder genehmigt wurde.
2001–2003
Seit 2001 wird die Veranstaltung nicht mehr als politische Demonstration eingestuft, mit der Folge, dass die Veranstalter für die Reinigung und die Sicherheit der Teilnehmer selbst aufkommen müssen. Dies fällt den Organisatoren vor allem deswegen schwer, weil sie zum einen auf großflächige Werbung auf den Fahrzeugen verzichten wollen und zum anderen immer mehr Sponsoren von einer Teilnahme absehen.
Die Parade im Jahre 2002 fand, unter dem Eindruck der Terroranschläge am 11. September 2001, unter dem Motto Access Peace statt.
Gerade die Plattenlabels sahen sich in den vergangenen Jahren wegen ihrer sinkenden Einnahmen gezwungen, ihre Beteiligung an der Loveparade abzusagen. Die Ausstattung eines Fahrzeuges mit Technik, Sicherheitskräften und Logistik für die Parade kostet ca. 50.000 Euro. Nur die Beteiligung der Berliner Messegesellschaft hat in letzter Minute die Veranstaltung im Jahr 2003 noch ermöglicht. Im Gegenzug wurden die Raver an der Strecke von der Berliner Messe exklusiv bewirtet. Eine verstärkte Überwachung der Schwarzhändler sowie eine Einzäunung empfindlicher Grünflächen im Tiergarten ergänzte 2003 die Maßnahmen der Loveparade und erzürnte viele Besucher.
2004–2005
In den Jahren 2004 und 2005 fand keine Loveparade in Berlin statt. Stattdessen fand 2004 eine einwöchige Sonderveranstaltung namens Love Week statt, in der mehrere Discotheken Sonderveranstaltungen organisierten. Außerdem organisierte das Szene-Magazin Partysan am 10. Juli des Jahres unter dem Motto „Fight The Power“ eine Demonstration für den Erhalt der Loveparade, die teilweise über die alte Paradenstrecke am Kurfürstendamm führte. Nach Veranstalterangaben nahmen etwa 20.000 Menschen an dieser Parade teil. 2005 fand die Loveparade wegen Sponsoring-Problemen dann ebenfalls nicht mehr statt.
Trotz dieser Widrigkeiten versuchten die Macher weiterhin, jedes Jahr eine Loveparade zu organisieren. Die Firma Planetcom GmbH beantragte im September 2005 beim Amtsgericht Charlottenburg die Insolvenz, welche mangels Masse am 29. November 2005 abgelehnt wurde. Die angeschlagene Planetcom GmbH wurde dann aber vor einer endgültigen Löschung aus dem Handelsregisterbuch mit einer Finanzspritze der Fitness-Studio-Kette „McFit“ gerettet und ist nun wieder Inhaberin der Rahmenvereinbarung.
Für 2006 war eine Berlin Dance Parade geplant, die jedoch nach dem Comeback der Loveparade abgesagt wurde.
2006
Auf einer Pressekonferenz am 21. Februar 2006, sowie durch eine Presseerklärung kündigte die Loveparade Berlin GmbH die Rückkehr der Loveparade am 15. Juli 2006 an. Somit fand die Loveparade nach zweijähriger Auszeit wieder statt. Das Motto dieser Loveparade lautete The Love is Back. 2006 waren nicht nur Techno, sondern die gesamte Bandbreite elektronischer Musik vertreten, so wie es die Loveparade ursprünglich schon 2003 für die Jahre 2004 und 2005 geplant hatte. Die Abschlusskundgebung fand ohne die Rede von Dr. Motte statt, der mit dem Konzept der Mitbestimmung seitens der Internetgemeinde bezüglich Wagenauswahl sowie anderen Neuerungen nicht einverstanden war. Dr. Motte unterstützte daraufhin die Fuckparade mit einem Redebeitrag.
Der Hauptsponsor McFit beteiligte sich mit einer Summe von drei Millionen Euro (Quelle: McFit, Schaller) an den wesentlichen Kosten. Die Loveparade wurde als Marketinginstrument Teil der Marketingstrategie des Fitnessstudio-Unternehmens. Die Parade hatte mit dem Geld verschiedene Neuerungen eingeführt. So wurden die Kosten für Bereitstellung und Aufbau der insgesamt 38 Wagen, die an dem Zug teilnahmen, erstmals von der Loveparade Berlin GmbH getragen. Unabhängig von ihrer Finanzkraft hatten dadurch alle Clubkulturträger die gleichen Chancen, sich zu präsentieren. Die Sponsoren mieteten hierzu beim Veranstalter einzelne Wagen an und stellten sie den Clubs oder DJs zur Verfügung. Die Gestaltung der Trucks oblag den teilnehmenden Clubkulturträgern und den jeweiligen Sponsoren.
Im Gegenzug wurden 2006 die Werbeflächen der Trucks für die Sponsoren etwas vergrößert; ein Drittel der Fläche stand den Sponsoren und zwei Drittel den Clubkulturträgern zur Verfügung. Der Hauptsponsor hatte sich auf zwei Wagen visuell präsentiert. Zudem konnten die Raver mittels Voting im Internet über die Teilnahme der DJs, Clubs und Clubkulturträger mit 50-prozentiger Gewichtung mitentscheiden und diese nicht nur, wie bislang, nach der Veranstaltung bewerten. Die anderen 50 % der Gewichtung wurde von einem so genannten Float-Committee bestimmt, das sich aus diversen Fachleuten aus der Szene der electronic-dance-music ohne Sponsoren zusammengesetzt hatte.
2007
Am 4. Januar 2007 gab der Geschäftsführer der Loveparade GmbH, Rainer Schaller, an, den Termin 7. Juli 2007 für die Parade zu beantragen. Damit würde die Parade eine Woche früher als üblich stattfinden. Am 21. Februar wurde die Veranstaltung allerdings abgesagt, da laut Veranstalter noch keine schriftliche Genehmigung des Berliner Senats vorliege und so die benötigte Planungssicherheit nicht gegeben sei. Der Betreiber äußerte sich jedoch zuversichtlich, dass eine Parade 2007 in einer alternativen europäischen Stadt veranstaltet werden könne. Unter anderem hatte die Stadt Köln bereits Verhandlungen aufgenommen, die sich mit dem Verweis auf langjährige Erfahrungen mit öffentlichen Großveranstaltungen anbot. Im Gespräch waren ebenfalls die Städte Stuttgart und Leipzig sowie das Ruhrgebiet mit Essen und Dortmund.
Am 21. Juni 2007 wurde vom Betreiber und der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Metropoleruhr GmbH[6] offiziell verkündet, was bereits seit einigen Wochen ein offenes Geheimnis gewesen war: „Aus der Loveparade wird die Loveparade Metropole Ruhr! Die Stadt Essen wird am 25. August 2007 unser erster Veranstaltungsort sein.“[7]
Die Loveparade in Essen besuchten laut Veranstalterangaben genau wie die im Vorjahr in Berlin veranstaltete Parade rund 1,2 Millionen Besucher.[8] Während 2006 in Berlin hingegen die Polizei nur 500.000 Besucher zählte, wurden in Essen auch von der Polizei 1,2 Millionen Besucher gezählt.
2008
Die Loveparade 2008 fand am 19. Juli in Dortmund auf dem Rheinlanddamm statt. Auf einem zwei Kilometer langen Teil der Bundesstraße 1 zogen 37 Paradewagen – sogenannte Lovemobiles oder Floats – ihre Kreise. Zum ersten Mal auch mit einem türkischen Truck „Turkish Delights“.[9] Das Motto dieser Loveparade lautete passend dazu „Highway to Love“. Die Strecke mündete an den Dortmunder Westfalenhallen auf die dortigen Parkplatzflächen, auf denen dann die Abschlusskundgebung stattfand.
Gegen 17:30 Uhr wurde am Rande der Veranstaltung vom Oberbürgermeister Gerhard Langemeyer eine geschätzte Besucherzahl von 1,6 Millionen Besuchern und Teilnehmern bekannt gegeben.[10][11] Die Zahl von 1,6 Millionen Teilnehmern wurde durch die Veranstalter und die Polizei bestätigt.[12] Damit war die Loveparade in Dortmund trotz zeitweise starken Regens die bisher größte Veranstaltung in ihrer Geschichte.
Ein Forschungsprojekt, welches die Besucherzahlen der Loveparade in Essen und Dortmund untersucht hat, kam zu dem Ergebnis, dass die Schätzungen deutlich zu hoch liegen. Demnach geht die Studie davon aus, dass bei der Loveparade in Dortmund ca. 850.000 Personen im Verlaufe des Tages unterwegs waren.[13][14] Auch die Schätzungen der Loveparade in Berlin sollen zu hoch liegen.
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Besucherinnen der Loveparade 2008
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Lovemobile auf der Loveparade 2008
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Menschenmassen unter der Bundesstraße 54
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Abschlusskundgebung
2009
Die ursprünglich in Bochum geplante Loveparade 2009 wurde am 14. Januar 2009 abgesagt. Hauptgrund für die Absage der Techno-Veranstaltung war die mangelnde Kapazität des Bochumer Hauptbahnhofes. Die Stadt teilte mit, er habe nicht die Voraussetzung, den Ansturm von mehreren 100.000 Besuchern zu bewältigen. Bis zuletzt gab es in Bochum außerdem keine passende Strecke für das Großereignis.[15]
2010
Am 16. April 2010 wurde bekannt gegeben, dass die Finanzierung der Loveparade in Duisburg gesichert sei. Bestandteil der Refinanzierung der kommunalen Kosten, die mehrere Monate intensiv diskutiert wurden, war auch ein Unterstützeraufruf der Stadt Duisburg. Am 24. Juli 2010 fand die Loveparade in Duisburg auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs Duisburg Gbf nahe des Hauptbahnhofes Duisburg unter dem Motto „The Art of Love“ statt. Sie galt außerdem im Vorfeld als eine der wichtigsten und größten Veranstaltungen zur RUHR.2010 im Rahmen der Feiern des europäischen Kulturhauptstadtjahres, auch wenn sie weder finanziell noch organisatorisch von dessen Organisatoren unterstützt wurde.[16]
Vor dem Großereignis gingen Mitarbeiter des Veranstalters Lopavent davon aus, dass sich 400.000 bis 500.000 Menschen zeitgleich auf der abgesperrten Party-Fläche mit 230.000 Quadratmetern aufhalten könnten, obwohl nur 250.000 Menschen genehmigt waren.[17] Nach Schätzungen wurden jedoch eine Million Besucher in Duisburg erwartet.
Ein Unglück, dass sich kurz vor und während der Abschlussveranstaltung ereignete, hatte bis zum 28. Juli 2010 nach Angaben der Duisburger Staatsanwaltschaft 21 Todesopfer zur Folge. 16 Personen starben noch am Unglücksort. Der Unglücksort liegt im Bereich einer Rampe, die von der Unterführung der Karl-Lehr-Straße auf das Veranstaltungsgelände führt. Die Veranstaltung wurde nach dem Unglück bis 23 Uhr weitergeführt, um eine Massenpanik bei einem plötzlichen Abbruch zu vermeiden. Während der gesamten Veranstaltungsdauer wurden 511 Personen verletzt, etwa 40 davon schwer. Die Unglücksursachen und weitere Details wurden Gegenstand eines Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft.[18]
Am 25. Juli 2010 wurde vom Veranstalter Rainer Schaller während einer Pressekonferenz mitgeteilt, dass die Loveparade künftig nicht mehr fortgeführt werde.[19]
Organisation
Veranstalter der Loveparade war die Loveparade GmbH. Rainer Schaller war seit Januar 2006 neuer Geschäftsführer und Mitgesellschafter der Firma. Er war auch Hauptsponsor der Loveparade 2006 mit seiner Fitnesskette McFit. Der Geschäftszweck der Loveparade GmbH war zudem der Schutz des in verschiedenen Ländern rechtlich geschützten Markennamens Loveparade. Weitere Gesellschafter waren Matthias Roeingh alias Dr. Motte, Ralf Regitz, Sandra Mohlzahn, Wilhelm Röttger und Andreas Scheuermann. Seit dem 31. Oktober 2006 war Rainer Schaller alleiniger Inhaber und Geschäftsführer der Lopavent GmbH, während die ehemaligen Mitgesellschafter (s. o.) aus der Loveparade GmbH ausgeschieden sind (durch Anteilsaufkäufe bzw. -übernahme).
Organisator der Loveparade war die Firma Planetcom. Planetcom hatte mit dem Berliner Senat einen Vertrag über die Durchführung der Loveparade bis zum Jahr 2006 abgeschlossen. Danach wurde die Nutzung der Straße des 17. Juni neu verhandelt; seit dem November 2005 liegen Anträge der Konkurrenz-Parade „B-parade/Berlin Dance Parade“ für die Jahre 2009 bis einschließlich 2020 für die Durchführung dieser Parade am jeweils zweiten Wochenende im Juli beim Senat vor. Eigentümer und Geschäftsführer der Nachfolgefirma von Planetcom „Lopavent GmbH“ war ebenfalls Rainer Schaller, der die Planetcom GmbH zunächst aus der bestehenden Insolvenz herausholte, um sie dann umzufirmieren.
Kritik
Kommerzialisierung
Kritiker warfen den Veranstaltern einen ungehemmten kommerzialisierten Ausverkauf vor. So wurden zum Beispiel dem Privatsender RTL 2 die Fernsehübertragungsrechte verkauft. Die etwa achtstündige Live-Übertragung wurde jedoch in ein Sendeformat eingebunden, welches unter anderem mit Wet-T-Shirt-Contests und ähnlichem eher an eine Ballermannübertragung als an eine Technoveranstaltung erinnerte. Aber auch andere Kompensationen der Veranstalter, wie zum Beispiel das Soundsystem, wurden kritisiert. Selbst der SFB sprang auf diesen Hype mit auf und übertrug mit Gotthilf Fischer als Moderator von der Loveparade. Damit die Macher der Loveparade nicht dagegen einschreiten konnten, stellte sich der SFB mit seinem Ü-Wagen kurzerhand außerhalb des Geländes auf. Unbekannte sollen Fischer während der Veranstaltung unbemerkt Ecstasy-Pillen in sein Bier getan haben.[20]
Gleichzeitig zog die Veranstaltung Tausende von Schwarzmarkthändlern an, die zum Teil minderwertige Verpflegung, Trillerpfeifen oder T-Shirts mit gefälschten Loveparade-Logos etc. im Schutz der Büsche neben der Strecke im Tiergarten verkauften. Durch die Einfriedung des Geländes ging der Schwarzhandel 2006 stark zurück.
Vor allem die tatsächlichen Raver fühlten sich von massenweise Besuchern, die durch penetrantes unmusikalisches Pfeifen im betrunkenen Zustand auffielen, mehr an Fußballstadien als an ein Fest der Liebe und der Tanzkultur erinnert. Größere Unternehmen, wie zum Beispiel Lego, nutzten die Parade als PR-trächtiges Motiv für ihre Produkte oder profitieren vor Ort schlicht vom Besucheransturm in der Gastronomie. Diese Entwicklungen hatten in den Augen vieler älterer Raver nichts mehr mit den eigentlichen Zielen der Parade zu tun.
Zudem konnte seit Mitte der 1990er-Jahre kaum noch einer der Protagonisten der Technoszene die Gebühren und Lizenzen für ein eigenes Soundmobil selbst aufbringen. Einige Clubs, Labels und DJs gaben zuletzt oft nur noch ihren Namen für die Wagen, weil sie die hohen Sicherheitsauflagen, die Lizenzgebühren und Vorgaben einiger Sponsoren kaum noch erfüllen konnten. Das gesamte Erscheinungsbild wurde von speziellen Agenturen bestimmt. Diese verkauften insbesondere die Werbeflächen meistbietend an verschiedene Sponsoren. Oft bestimmten die Sponsoren nicht nur über das optische Erscheinungsbild, sondern nahmen Einfluss auf einen möglichst massenkompatiblen Sound. Auf den Wagen tanzten kaum noch Raver, sondern professionelle Gogo-Girls. Andere der heißbegehrten Wagenplätze wurden an Geschäftspartner vergeben oder zu hohen Geldbeträgen verkauft.
Dieser Entwicklung wurde 2006 durch das neue Konzept der Parade weitgehend begegnet. Sponsoren, Werbeflächen und Sendeformate waren dezenter als in den Vorjahren, finanzielle Risiken für die Szene gab es kaum.
Demonstrationsrecht
Andere Kritiker warfen der Loveparade einen Missbrauch des Demonstrationsrechts nach dem Versammlungsgesetz vor. Auf diese Weise übertrug die Loveparade der Stadt Berlin alljährlich sechsstellige Belastungen für die Einsatzkosten von Polizei, Rettungsdiensten und Reinigungskräften. Für Argwohn auf Seiten der Öffentlichkeit sorgte dabei nicht nur das offensichtliche Fehlen einer politischen Aussage – eigentlich Kern jeder Versammlung –, sondern die geschäftlichen Aktivitäten rund um die Loveparade. Es dürfte sich um die weltweit einzige Demonstration gehandelt haben, die von extra zu diesem Zweck gegründeten Firmen organisiert wurde und dank eines eingetragenen Markennamens durch vielfältige Lizenzgebühren getragen wurde. Dazu gehörten der Verkauf von Fanartikeln und CDs, Teilnahmegebühren für Fahrzeuge, Standgebühren für Straßenverkäufer und Übertragungsgebühren für Fernsehsender – dies alles geschah auf öffentlichem Grund bei einer öffentlichen Meinungskundgabe.
Erst 2001 wurde diese Frage vom Oberverwaltungsgericht Berlin, bestätigt durch das Bundesverfassungsgericht, vorläufig entschieden und der Loveparade der Versammlungsstatus „aberkannt”. Anders als hinsichtlich der Fuckparade ist damit davon auszugehen, dass es sich bei der Love Parade nicht um eine Demonstration bzw. Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes handelt.
Müll und Umweltbelastung
Im Senat von Berlin und der lokalen Öffentlichkeit gab es in den Jahren 1998 bis 2001 zahlreiche Auseinandersetzungen (unter anderem mit dem Berliner Zoo) über die Parade, vor allem wegen ihrer Auswirkung auf den Zustand des Tiergartens als Naherholungszone für die Stadtbevölkerung durch die Raver. Die wirtschaftlichen Interessen der Stadt Berlin, sowie eine geänderte Organisation haben letztlich aber doch immer wieder eine Durchführung ermöglicht.
Die Kosten für die Beseitigung von Müll am Streckenverlauf und rund um die Siegessäule sowie die Wiederinstandsetzung der Grünanlagen nach Beschädigungen durch die Teilnehmermassen und von ihnen verrichteter Notdurft nach den Veranstaltungen wurden bis zur Statusänderung der Parade von der Allgemeinheit getragen und entsprechend polarisierten die Meinungen in der Öffentlichkeit. Die Einnahmen der Öffentlichen Hand aus dem Umsatz der Berliner Hotel- und Gastronomiebetriebe wurden gegen die Mehrkosten der Folgen gestellt und zum Teil erbittert diskutiert.
Seit der Einordnung der Parade als kommerzielle Veranstaltung trägt die Loveparade die Müllkosten selbst. Ein besonderer Bonus für die eingesetzten Mitarbeiter der Berliner Stadtreinigungsbetriebe ist ein mittlerweile Kult gewordenes Loveparade-Shirt mit jährlich wechselndem Aufdruck:
- 1999: „We kehr for you.“
- 2003: „Spurensicherung.“
- 2006: „The Love is back. The BSR auch.“
- 2008: „Schau mir auf den Besen, Kleines.“
Teilnehmerstruktur
Aufgrund der immer größer werdenden Teilnehmermengen blieb eine Verschiebung der Teilnehmerstruktur nicht aus. Während auf der einen Seite die Technobewegung in ihrem Kern immer weiter verschwand, traten in Berlin immer mehr Touristen und Schaulustige auf, die weder begeisterte Techno-Anhänger waren, noch die der Technoszene eigene Tanzkultur und Kommunikationsgepflogenheiten kannten. In Raver-Kreisen ist es allgemein üblich, freundlich und zuvorkommend mit kleinen Problemen und Enge umzugehen, während szenefremde Besucher begannen, sich zum Teil um die besten Plätze zu prügeln oder als Randalierer aufzutreten. Die Verrohung der Sitten und Pöbeleien von Bier trinkenden „Fans“, die in den ersten Jahren der Bewegung undenkbar gewesen wären, haben viele Anhänger der Loveparade in der Folge zu kleineren und authentischeren Raves und Technoparaden wie der Fuckparade getrieben.
Loveparade international
Auch in anderen Städten der Welt werden Loveparades und andere Techno-Großevents gefeiert. So wurde die Loveparade auch in Tel Aviv, Kapstadt, Wien, Mexiko-Stadt, San Francisco und Santiago de Chile jährlich zelebriert. Das Motto ist dabei immer das Gleiche wie in Berlin. Des Weiteren hat die Loveparade viele Organisatoren inspiriert, eine eigene Parade zu starten. Sie wird auch „Mutter der Paraden“ genannt. So sind viele meist deutlich kleinere Umzüge – mit der Ausnahme der Street Parade in Zürich mit ebenfalls bis zu einer Million Teilnehmenden – über die ganze Welt verteilt.
Weitere vergleichbare Veranstaltungen sind:
- Zürich – Street Parade
- Genf – Lake Parade
- Paris – Techno Parade
- Hamburg/Kiel – Generation Move
- München – Union Move (bis 2001)
- Berlin – Karneval der Kulturen
- Hannover – Reincarnation
- Bremen – Vision Parade
Als Alternativbewegung zur Loveparade entstand 1997 die bis heute stattfindende Fuckparade in Berlin. In Zürich findet als Gegenparade zur Street Parade seit 1996 am selben Tag die Antiparade statt. In Wien, wo es bis 2006 ebenfalls Love-Parades gab, findet seit 2007 jährlich die Freeparade (zuvor von 2001 bis 2004 die Free Republic-Parade) statt, ein als Demonstration angemeldeter Umzug durch die Stadt mit antikapitalistischen und anti-repressiven Forderungen, vollständig unkommerzieller Gestaltung, etwa 15, elektronische Musik, meist aus dem Freetekno-Spektrum, spielenden Soundsystem-Wägen und rund 5.000 Teilnehmern.
Mottos der Loveparade
Das jeweilige Motto der Loveparade seit ihrem Entstehen:
Datum | Motto | Hymne | Stadt |
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1. Juli 1989 | Friede, Freude, Eierkuchen | Berlin | |
7. Juli 1990 | The Future Is Ours | Berlin | |
6. Juli 1991 | My House Is Your House And Your House Is Mine | Berlin | |
4. Juli 1992 | The Worldwide Party People Weekend | Berlin | |
3. Juli 1993 | Fifth Anniversary | Berlin | |
2. Juli 1994 | The Spirit Makes You Move | Berlin | |
8. Juli 1995 | Peace on Earth | Berlin | |
13. Juli 1996 | We Are One Family | Berlin | |
12. Juli 1997 | Let the Sunshine In Your Heart | Sunshine | Berlin |
11. Juli 1998 | One World One Future | Loveparade 1998 | Berlin |
10. Juli 1999 | Music Is The Key | Music Is The Key | Berlin |
8. Juli 2000 | One World One Loveparade | Loveparade 2000 | Berlin |
21. Juli 2001 | Join the Love Republic | You Can’t Stop Us | Berlin |
13. Juli 2002 | Access Peace | Access Peace | Berlin |
12. Juli 2003 | Love Rules | Love Rules | Berlin |
2004 (ausgefallen) | — | — | — |
2005 (ausgefallen) | — | — | — |
15. Juli 2006 | The Love Is Back | United States Of Love | Berlin |
25. August 2007 | Love Is Everywhere | Love Is Everywhere (New Location) | Essen |
19. Juli 2008 | Highway To Love | Highway To Love | Dortmund |
2009 (ausgefallen) | — | — | Bochum (geplant) |
24. Juli 2010 | The Art Of Love | The Art Of Love | Duisburg |
Weblinks
- Offizielle Seite Loveparade/Lopavent GmbH
- Love Parade 1989–2002 und Street Parade 1992–2001 im Vergleich
- Das 1LIVE-Love-Parade-Special zur Loveparade 2010
- Dr. Motte zum 20. Jubiläumsjahr der Loveparade: Wir donnerten unseren Sound in die Stadt. In: Spiegel Online
- "Loveparade wird zum Tanz auf dem Drahtseil"; "Eine Million Raver werden zur Loveparade erwartet. Doch das Party-Gelände kann maximal die Hälfte zeitgleich aufnehmen."; Artikel auf http://www.derwesten.de/ vom 20.07.2010 von Ingmar Kreienbrink
- Artikel "Die Loveparade-Panik im Internet" auf heise.de
Einzelnachweise
- ↑ sueddeutsche.de: Loveparade - wie viele waren wirklich da?
- ↑ Zahlen nach Angaben des Veranstalters.
- ↑ Als die Liebe tanzen lernte Die Zeit vom 25. Juni 2009
- ↑ Plötzlich war jeden Tag Party Tagesspiegel vom 8. November 2009
- ↑ We call it Techno, Dokumentation 2008
- ↑ Wirtschaftsförderung -metropoleruhr GmbH, 26. August 2007
- ↑ loveparade.de
- ↑ Loveparade 2007 in Essen Techno im Pott auf sueddeutsche.de
- ↑ Floatplan der Loveparade 2008 (PDF-Datei)
- ↑ 1,6 Millionen Menschen auf der Loveparade in Dortmund auf tagesschau.de
- ↑ Besucherzahlen nach loveparade.de
- ↑ focus.de
- ↑ [1]
- ↑ [2]
- ↑ Die Loveparade fällt dieses Jahr komplett aus. In: Die Welt
- ↑ Zweifel am Sicherheitskonzept der Loveparade tagesschau.de vom 25. Juli 2010
- ↑ http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,708426,00.html
- ↑ Der Spiegel: Massenpanik auf der Love Parade. Ticker zur Duisburger Katastrophe. Stand: 28. Juli 2010, 12.44 Uhr, abgerufen am 28. Juli 2010.
- ↑ Veranstalter verkündet Aus für Loveparade auf heute.de
- ↑ Gotthilf Fischer im Ecstasy-Rausch Der Spiegel vom 22. Juli 2000