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Schwaben

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Karte des Schwäbischen Kreises 1572

Schwaben steht sowohl für die Volksgruppe der Schwaben, die teils mit den Alemannen gleichgesetzt, teils als Untergruppe derselben betrachtet wird, als auch für die Landschaft Schwaben, die im Mittelalter auch als politische Gebietskörperschaft existierte.

Begriffliche Unterscheidungen

Der Begriff Schwaben tritt in den folgenden Bedeutungen auf:

  • als Bezeichnung einer Volksgruppe bzw. von Sprechern eines bestimmten Dialekts
    • wurde der Begriff zunächst abgeleitet aus dem Germanischen Volksstamm der Sueben. In den romanischen bzw. lateinischen Quellen wird dieser Volksstamm teils den Alemani zugerechnet, teils mit ihnen gleich gesetzt, woraus sich der Begriff Alemannen ableitet. Alemannen und Schwaben können aus historischer Sicht also als ein und dasselbe betrachtet werden.
    • Heutzutage werden als Schwaben vor allem die Sprecher der schwäbischen Dialekte verstanden. Dabei wird oft zwischen den "alemannisch" sprechenden Badenern, Elsäßern und Schweizern sowie den "schwäbisch" sprechenden Oberschwaben, Württembergern und Bayrisch-Schwaben unterschieden.
    • In der Schweiz und im Elsass verwendet man den Begriff Schwaben abwertend für alle Deutschen, was in der Schweiz auf die Zeit des Schwabenkrieges zurückgeht. Zudem werden im Elsaß bestimmte Eigenheiten mancher Deutscher als Schwoowweziich (Schwabenzeug) bezeichnet, was unter anderem daher rührt, dass man ihnen während ihrer Zeit als Reichslande 1870-1918 versucht hat, die schwäbische Kehrwoche nahezubringen.
    • Schwaben ist auch die Bezeichnung für eine deutschstämmige Minderheit im Westen Rumäniens mit dem Zentrum Temeswar bzw.Temeschburg, siehe Banater Schwaben. Dies geht auf die Ansiedlung von Schwaben als Kolonisten in diesen Gebieten vor allem nach der Vertreibung der Osmanen zurück.
    • Donauschwaben bezeichnet eine deutschstämmige Minderheit in der Vojvodina (heute Teil von Serbien), Slawonien (Kroatien) und Südungarn. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die meisten Donauschwaben aus der Vojvodina vertrieben. Viele kamen in jugoslawischen oder sowjetischen Arbeitslagern ums Leben. Auch ihre Vorfahren wurden ursprünglich als Kolonisten (nicht nur aus Schwaben) ins Land geholt, als die Gebiete zur habsburgischen Donaumonarchie gehörten.
    • Davon abgeleitet werden die Deutschen (oft auch Österreicher) noch heute im ehemaligen Jugoslawien scherzhaft-salopp, selten auch abwertend, als Schwaben (Švabi) bezeichnet.
  • Die Landschaft Schwaben hat im heutigen Sprachgebrauch keine klaren Grenzen mehr; je nach Verwendung kann sie einen Teil Baden-Württembergs, Bayerns oder auch das gesamte alemannische Sprachgebiet bezeichnen, das auch das Elsaß, die deutschsprachige Schweiz und Vorarlberg einschließt.
    • Der Name Suebia bezeichnete ursprünglich das Siedlungsgebiet der Sueben nach ihrer Landnahme im heutigen Südwesten des deutschsprachigen Gebiets. Auch nachdem ein Großteil der suebischen Stämme im Zuge der Völkerwanderung ins heutige Galizien bzw. den Norden Portugals weiter gezogen war, blieb der Name mit dem Voralpenland verbunden und wurde auf dessen Bewohner übertragen.
    • Das auf dem Gebiet des vormaligen Königreichs Alemannien im Frühmittelalter neu errichtete fränkische Herzogtum Schwaben umfaßte nahezu das ganze alemannische Sprachgebiet, also auch die deutschsprachigen Teile der Schweiz.
    • Mit dem Ende Schwabens als zusammenhängendes Herzogtum und der nachfolgenden Unabhängigkeit der Schweiz wurde diese zunehmend nicht mehr als Teil der Landschaft Schwaben verstanden.
    • In der Nachfolge des Herzogtums Schwabens entstanden unter den habsburgischen Kaisern die Reichslandvogteien Nieder- und Oberschwaben, später zur Landvogtei Schwaben zusammengefaßt, die wiederum schließlich an Österreich verpfändet und mit anderen Gebieten zu Vorderösterreich zusammengefasst wurde.
    • Heutzutage wird als Schwaben oder Schwabenland vor allem das Gebiet verstanden, das von den Sprechern der schwäbischen Dialekte bewohnt wird. Dieses Gebiet verteilt sich auf die Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg. Innerhalb Baden-Württembergs bewohnen die Schwaben vor allem einen Großteil des ehemaligen Landes Württemberg, während im nördlichen Teil Württembergs Franken wohnen. In Bayern sind die Schwaben überwiegend im Regierungsbezirk Schwaben (siehe unten) vertreten.
    • Im Bundesland Freistaat Bayern gibt es einen Bezirk Schwaben als kommunale Gebietskörperschaft und einen Regierungsbezirk Schwaben als staatlichen Verwaltungsbezirk. Beide sind für das gleiche Gebiet zuständig, haben jedoch sehr unterschiedliche Aufgaben. Das Gebiet entspricht dem des ehemaligen Fürstbistums Augsburg, das bei der Säkularisation Bayern zugeschlagen wurde.

"Schwaben" und "Alemannen"

Um sich von den "deutschen" Schwaben abzugrenzen, wird der Begriff Schwaben in der Schweiz nur noch für die Baden-Württemberger bzw. abfällig (teils auch spöttisch als Schaben) für alle (Bundes-)Deutschen benutzt.

Aus ähnlichem Grund distanzierte sich später auch das Badische Herrscherhaus mit Erfolg, um sich der ständigen Annektionsgefahr seitens des pietistischen Württembergs zu entziehen und um im Zeitalter der Nationenbildung nach den Napoleonischen Kriegen dem (katholischen) Staat Baden ein Profil als eigenständige Nation zu geben. So sind auch noch heute aus der Sicht vieler Badener nur die Württemberger Schwaben, sie selber aber Badener. Hier wird also - zu Zwecken der Abgrenzung - der politische Begriff 'Baden' dem Stammesbegriff 'Schwaben' gegenübergestellt.

Diese Distanzierungen und kleinen Unterschiede haben Rückwirkungen auf andere Begriffe: In Bezug auf die Fasnet wird daher der Begriff "schwäbisch-alemannisch" verwendet. Der Begriff "Schwäbisches Meer" für den Bodensee wird zumindest seit dem Unabhängigkeitskrieg der Schweiz (Schwabenkrieg) nur noch auf deutschen Seite verwendet. Die Anwohner der Bodenseeregion selbst verstehen sich - in Abgrenzung zu den alt-württembergischen Schwaben - als Oberschwaben (mit Ausnahme der bei der Säkularisierung an Baden gefallenen Gebiete, die sich als Badener betrachten).

Im schwäbischen Teil Bayerns (Regierungsbezirk Schwaben) wird dagegen der Begriff Schwaben sehr gern benutzt, um sich vom altbaierischen und fränkischen Teil Bayerns abzugrenzen. Die Bevölkerung des österreichischen Vorarlberg wiederum bezeichnet sich zwar gerne als österreichische Alemannen, jedoch nicht als Schwaben.

Was man heute oft Badenern an den Kopf wirft, ist übrigens ursprünglich ein Schimpfwort gegen Schwaben: Gelbfüßler. Ursprünglich wurde das Schimpfwort Gelbfüßler auf die Schwaben zumeist von ihren bayerischen Nachbarn angewendet. Im Volksbuch von den Sieben Schwaben ist einer der Sieben der Bopfinger Gelbfüßler. Seinen Namen verdankt er der Anekdote, nach der die Bopfinger eine Ladung Eier, um mehr im Wagen unterzubringen, mit bloßen Füßen platt traten. Bopfingen liegt auf der Ostalb, also weit weg vom heutigen Baden. (Dr.Post vom Arbeitsbereich Badisches Wörterbuch der Uni Freiburg zu "Gelbfüßler")

Geschichte

Im frühen Mittelalter waren aus den im Siedlungsgebiet der Alemannen vorherrschenden punktuellen, ortsbezogenen Einflussbereichen flächige Gebietsherrschaften geworden. Es entstand das Königreich Alemannien, das aber bald von den Franken unter Chlodwig I. und Theudebert I. erobert bzw. annektiert wurde. Aus den Gebieten Alemanniens entstand im Ostfränkischen Reich dann das Herzogtum Schwaben.

Über eine lange Zeit stritten die Welfen und die Staufer um die Vorherrschaft in diesem Herzogtum, die schließlich die Staufer für sich entscheiden konnten. Der welfische Hausbesitz im Schussengau um Ravensburg und Altdorf fiel schließlich durch Erbvertrag von Welf VI., Herzog von Spoleto, an dessen Neffen Friedrich I. Barbarossa.

Unter Kaiser Friedrich II. wurde das staufische Hausgut, als das sie auch das Herzogtum Schwaben betrachteten, Krongut der staufischen Kaiser. Während der Zeit des Interregnums von 1250 bis 1273 waren die einzelnen Teilherrschaften Schwabens sozusagen herrenlos, da es keinen Herzog gab, und verwalteten sich selbst. Als 1273 Rudolf I. von Habsburg deutscher Kaiser wurde, schrieb er viele der Regierungsprivilegien schwäbischer Städte und Stifte als Reichsfreiheit fest. Damit hörte das Herzogtum Schwaben als politische Einheit auf zu existieren und zerfiel in einzelne Grafschaften und die reichsstädtischen und reichsklösterlichen Herrschaften.

Die meisten dieser freien Reichsstädte, Reichsstifte und anderen kleineren und größeren (das Gebiet des Reichsklosters Weingarten umfasste halb Oberschwaben) Herrschaften hatten bis zur Mediatisierung bzw. Säkularisation nach dem Reichsdeputationshauptschluss von 1803 bestand.

Zur Geschichte des Herzogtums Schwaben (915-1258) siehe auch Schwaben (Herzogtum).

Siehe auch: Oberschwaben, Schwäbische Dialekte, Schwäbische Eisenbahn, Oberschwäbische Barockstraße, Schwäbische Bäderstraße, Kaukasiendeutsche.

Schwäbische Persönlichkeiten: Sebastian Sailer, Thaddäus Troll, Willy Reichert, Oscar Heiler, Walter Schultheiß, Werner Veith, Oscar Müller, Willy Sailer.

Schwaben als Namensgeber

  • Der Zeppelin LZ 10 der DELAG wurde 1911 auf den Namen „Schwaben“ getauft

Der Schwabe an sich!

... ist (so die Eigenwahrnehmung vieler Schwaben) ein äußerst fleißiger Zeitgenosse, der zwar manchen als etwas "verdruckst" (verklemmt) erscheint, aber bei näherer Kenntnis ein geselliger und lustiger Typ und eher "verdruckt" (voll trockenem Humor, mit unbewegtem Gesicht vorgebracht) als "verdruckst" ist.

Das Bild des Schwaben wird sowohl innerhalb als auch außerhalb Baden-Württembergs meist vom "altwürttembergischen", protestantisch-pietistischen Schwaben geprägt, der im "lutherischen Spanien" Württemberg über Jahrhunderte zur Sparsamkeit und Sauberkeit erzogen wurde und trotzdem sein Gemüt als "Viertelesschlotzer" bewahrte.

Diese Schwaben unterscheiden sich aber sehr von den festfreudigen Menschen Oberschwabens, geprägt vom Gegensatz und Dialog zwischen dem barock-katholisch geprägten Land und den meist eher bürgerlich-protestantischen oder paritätischen Städten mit traditioneller Weltoffenheit.

Wiederum eigene Landstriche mit eigenen Menschen bilden die vor der Industrialisierung sehr armen, landwirtschaftlich benachteiligten Gebiete der (pietistischen) Schwäbischen Alb und des (katholischen) Allgäu.

Den "Schwaben an sich" gibt es also ebenso wenig wie den Alemannen oder Badener an sich.

Literatur

  • Hermann Wax, Etymologie des Schwäbischen - Geschichte von mehr als 4.300 schwäbischen Wörtern, Ulm 2005, ISBN 3-9809955-1-8
  • Thaddäus Troll, Deutschland deine Schwaben. Vordergründig und hinterrücks betrachtet rororo 1970