Das Heerlager der Heiligen ist ein 1973 erschienener Roman von Jean Raspail.
Landung der Armada
Eine Hungersnot in Indien ist der Auslöser für die Entwicklung der Ereignisse des Romans. In ihrer Not besetzen die Hungernden Schiffe und machen sich auf den Weg nach Westen. Die Bemühungen der europäischen Botschaften und der indischen Regierung, das Auslaufen der Flotte zu verhindern scheitert. Nach einer 40 Tage[1] dauernden Schiffspassage strandet die aus mehreren hundert Schiffen bestehende Flotte, unter der Führung der India Star an einem Ostersonntagmorgen an der südfranzösischen Küste. Schon als die Flotte der gewaltlosen Hungernden ohne eine Reaktion der Seestreitkräfte der NATO Gibraltar, die Einfahrt zum Mittelmeer passierte, hatte eine leichte Panik in Frankreich und Europa ergriffen. Am nächsten Morgen gehen fast eine Million Menschen aus der indischen Gangesregion an der Küste von Südfrankreich an Land. Die gesamte Infrastruktur in den betroffenen Departements von Südfrankreich bricht zusammen. Fast die gesamte dort wohnende Bevölkerung, außer ein paar Alte und Kranke, flieht nach Norden.
Einer der Zurückgebliebenen ist Calgues, ein emeritierter Literaturprofessor. Sein Haus liegt wie ein alter römischer Vorposten oberhalb der Küste. Auf dem dunkel gebeizten Holz der massiven Eichentür seines Hauses ist die Jahreszahl 1673 eingraviert.[2] Er beobachtete mit einem Teleskop von Oben das Treiben unten an der Küste. Ihm kommen die Kreuzfahrer in den Sinn, die am Vorabend der Schlacht singend gegen Jerusalem zogen. Beim siebten Trompetenstoß waren die Mauern von Jericho kampflos eingestürzt.[3]
Auf dem Leitschiff, dem sechzig Jahre alten Postdampfer India Star hätte eigentlich der Organisator der Armada sich befinden sollen. Ballan Franzose und atheistische Philosoph - er wurde aber bei der Abfahrt des Schiffes von der einströmenden Menge erdrückt. Noch am Vortag der Abfahrt führte er im französischen Konsulat in Kalkutta ein humanitäres Gespräch mit dem Konsul und dem römisch-katholischen Bischof für die Gangesregion.[4]
Reaktion der Regierung
Am Ostermontag versammelt der französische Präsident in seinem Amtssitz Elysée-Palast Minister, Stabchefs der drei Waffengattungen, Polizeiführer und regionale Präfekten. Über das Radio werden beruhigende Nachrichten verbreitet. Auf den Radiosendern, wo bisher nur Popmusik, einfältiges Geschwätz, Berater für Gesundheit, Herz und Sex das Feld beherrschten, lief plötzlich Mozarts Kleine Nachtmusik, so als ob das bedrohte Europa sein glanzvolles Gesicht bewahren wollte.[5] Der Präsident und Oberbefehlshaber der Streitkräfte verfügt zum Schutze des Eigentums der nach Norden geflohenen Inländer, die Verlegung von vier Divisionen des Heeres in die Region Provence-Alpes-Côte d’Azur. Die Soldaten erscheinen nicht zum Dienst oder desertieren nach Dienstantritt.
In dem 1973 erschienen Buch heißt der amtierende Papst Benedikt XVI. Er hat nicht nur wie Paul VI. die Papstkrone verschenkt, sondern auch noch alle weiteren Schätze und Immobilien des Vatikans verkauft. Von dem Verkauferlös konnte nicht einmal der Landwirtschaftsetat von Pakistan für ein Jahr ausgeglichen werden.[6] Er haust in einer schäbigen Wohnung in der Nähe des Vatikans. Überall herrscht die neue Religion der Ökumene und Gutgläubigkeit. Schon kurz nach der Landung der Schiffe der Migranten treffen sich höhere französische Kirchenführer zum Hungerstreik für die Migranten in einer Abtei, deren Leiter eigens zu diesem Zweck von einem buddhistischen Kongress in Kioto zurückgekehrt ist.
Die Landung der Schiffe markiert in dem Roman eine welthistorische Wende. Raspail berschreibt das Ende der säkularen und christlich geprägten Kultur des Abendlandes nach zweitausend Jahren. Es ist möglich geworden durch die Bevölkerungentwicklung in den materiell armen Ländern des Südens und dem erloschenen Selbstbehauptungswillen der Menschen und Institutionen in Europa. Die französische Republik der Aufklärung hat, so der katholische Monarchist Raspail, das Vaterland der Franzosen verraten. [7]
Vision
Die Vision von Raspail aus dem Jahre 1973 hat sich teilweise zur Realität entwickelt. Alleine auf den Kanarischen Inseln landeten im Jahr 2006 rund 30.000 Bootsflüchtlinge. Das größte jüdische online-Magazin in deutscher Sprache haGalil hat das 1973 erschienene Buch als rechtsextrem eingestuft.[8] Andererseits verhindert die israelische Marine die Versorgung von Menschen im Gazastreifen mittels gecharteter Hilfsschiffe aus der Türkei.
Das Buch beginnt mit einer relativ freien Übersetzung aus der Offenbarung des Johannes Kapitel 20 Vers 7 bis 9: Die Zeit der tausend Jahre vollendet sich. Es werden die Völker von den vier Enden der Erde ausgehen und ihre Zahl ist wie der Sand am Meer. Sie werden heraufziehen auf die Breite der Erde und das Heerlager der Heiligen und die geliebte Stadt umringen. Aus dem Lager der Heiligen in der Einheitsübersetzung der Bibel wurde das Heerlager der Heiligen und auch der Titel des Buches. Den letzten Satz des Verses 9 des Kapitels 20 aus der Offenbarung des Johannes der Bibel lässt Raspail jedoch weg: Aber Feuer fiel vom Himmel und verzehrte sie.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Jean Raspai: Das Heerlager der Heiligen, 1973, S. 77
- ↑ Raspail: dito S. 13
- ↑ Raspail: dito S. 13
- ↑ Raspail: dito S. 33
- ↑ Raspail: dito S. 16
- ↑ Raspail: dito S. 24
- ↑ FAZ: Das schlechte Gewissen können wir kaufen vom 12. Oktober 2005, abgerufen am 23. Juli 2010
- ↑ haGalil Rechte Bücherkost: Wenn Lesen verblödet vom 4.10.2006, abgerufen am 24. Juli 2010