Stahlbeton

Baustoff
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Stahlbeton ist ein Verbundwerkstoff aus Beton und Betonstahl, der die Vorteile von Beton (relativ hohe Druckfestigkeit) und von Stahl (hohe Zugfestigkeit) miteinander kombiniert.

Tragverhalten von Stahlbeton

Tragverhalten

Unbewehrter Beton versagt bei Zugbeanspruchung (z.B. [[Spannung (Mechanik) |Biegezug]]) aufgrund seiner Sprödigkeit ohne ankündigende Rissbildung schlagartig. Dies geschieht im Vergleich zur Druckbeanspruchung schon bei geringer Belastung, da die Zugfestigkeit mit ca. 10% der Druckfestigkeit relativ klein ist. Aus diesem Grund werden die zugbeanspruchten Bereiche des Betons mit Betonstahlbewehrungen versehen, die einbetoniert sind. Da der Beton auf Zug den großen Dehnungen des Stahls nicht folgen kann, reißt er im Zugbereich. Im Bereich eines Risses sind dann nur noch die Bewehrungsstäbe wirksam. Zug- bzw. biegezugbeanspruchte Bauteile können daher so bemessen und hergestellt werden, dass sich das Bauteilversagen durch eine intensive Rissbildung und signifikante Verformungen vorankündigt. Bei Bauteilen, die auf Druck beansprucht werden, können Stahleinlagen die Tragfähigkeit auf Druck erhöhen.

Der Verbund zwischen dem Beton und dem Betonstahl entsteht durch die Haftung des Bindemittels Zement (Haftverbund), durch die Reibung zwischen Stahl und Beton (Reibungsverbund) und durch den infolge der Rippung des Betonstahls erzeugten Formschluß (Scherverbund). In ungerissenem Stahlbeton sind die Dehnungen der beiden Baustoffe gleich groß. Dieser Zustand, ohne Relativverschiebungen zwischen Beton und Stahl, wird auch als vollkommener Verbund bezeichnet.

Voraussetzung für eine wirtschaftliche Verwendung des Verbundwerkstoffs Stahlbeton sind die in etwa gleich großen Wärmeausdehnungskoeffizienten (ca. 10-5) von Stahl und Beton, was bei Temperaturänderungen in etwa gleich große Wärmedehnungen der beiden Materialien zur Folge hat. Dadurch kommt es nicht zu nennenswerten Eigenspannungen aus Temperatur im Verbundwerkstoff Stahlbeton.

Risse

Aufgrund des Tragverhaltens sind Risse bei dem Verbundbaustoff Stahlbeton im Regelfall möglich und zulässig. Nur Sonderbauteile, wie Bodenplatten von Tankstellen, müssen rissfrei sein, was durch entsprechende Bauteilgeometrien und Dehnfugen sichergestellt wird. Sonst dürfen die Risse, je nach Umweltbedingungen und Nutzung des Bauteils, rechnerisch nicht breiter als 0,1 bis 0,4 mm sein. Eine konstruktive Maßnahme gegen zu große Rißbreiten ist das Einlegen einer ausreichenden Bewehrung, die die Risse zwar nicht verhindert, aber dafür sorgt, dass statt einiger weniger, breiter Risse entsprechend mehr schmale und somit ungefährliche Risse entstehen. Von diesen unvermeidbaren konstruktiven Rissen sind Oberflächenrisse zu Unterscheiden die grundsätzlich unerwünscht sind und häufig betontechnologische Gründe haben, wie eine ungünstige Betonzusammensetzung, einen nicht ordnungsgemäßen Betoneinbau, eine ungenügende Nachbehandlung der Frischbetonoberfläche oder zu hohe Hydratationswärmeentwicklung.

Bauchemie des Stahlbetons

Der im Beton enthaltene Zementstein schützt den Bewehrungsstahl durch sein alkalisches Milieu mit einen pH-Wert von 10-11 vor Korrosion. Dadurch ist bei ausreichender Betondeckung ein dauerhafter Korrosionsschutz des Stahls sichergestellt.

Geschichte

Grundlage der Entwicklung waren die Erfindung des Romanzements im Jahre 1798 durch den Engländer J. Parker und des Portlandzements durch den Franzosen J. Aspdin im Jahre 1824.

In der Mitte des 19.Jahrhunderts wurden erstmals in Frankreich Betonbauteile durch Stahleinlagen verstärkt. 1855 baute J.L. Lambot ein Boot aus eisenverstärktem Zementmörtel, seit 1861 stellte der Gärtner Joseph Monier Pflanzkübel aus Zementmörtel her, die er mit einem Eisengeflecht verstärkte, damit sie nicht so leicht zerbrachen. 1867 erhielt er darauf ein Patent. Bis heute heißen die verwendeten Eisenteile Moniereisen. Ältere Bezeichnungen für Stahlbeton sind Eisenbeton und Monierbeton. Bereits 1861 veröffentlichte F. Coignet Grundsätze für die Verwendung von bewehrtem Beton und stellte 1867 auf der Weltausstellung in Paris Träger und Röhren aus bewehrtem Beton aus. Der Gutspächter Joseph Loius Lambot meldete 1855 ein Patent für einen neuen "Holzbauwerkstoff" an, der er "Ferciment" nannte. Seiner Patentschrift kann folgendes entnommen werden: "Meine Erfindung hat ein neues Erzeugnis zum Gegenstand, das dazu dient, das Holz im Schiffsbau und überall dort zu ersetzen, wo es feuchtigkeitsgefährdet ist, .. Ich gebe diesem Netz (aus Draht und Stäben) eine Form, die im bestmöglichen Maße dem Gegenstand angepasst ist, den ich herstellen will und bette es anschließend in hydraulischen Cement oder ähnliches wie Bitumen, Teer oder ihren Gemischen ..." Dieses Patent wurde dann von Coignet erweitert. Parallel zu den französischen Ingenieuren führte ein amerikanischer Rechtsanwalt namens Thadeus Hyatt seit 1855 Versuche über die Verwendung von Stahleinlagen in Beton durch. In seinem Grundpatent von 1878 schrieb er unmissverständlich: " ... Hydraulic cements and concretes are combined with metal bars and rods, so as to form slabs, beams and arches. The tensible strength of the metal ist only utilized by the position, in which it is placed in slabs, beams etc. ...". Damit erkannte Hyatt eindeutig die richtige Tragwirkung. In Deutschland hat Emil Mörsch 1902 im Auftrag der Firma Wayss und Freytag eine erste wissenschaftlich begründete und brauchbare Darstellung der Wirkungsweise des Eisenbetons, wie der Stahlbeton bis 1920 genannt wurde, veröffentlicht. Dazu führte er als einer der Ersten umfangreiche Versuchsreihen durch. Emil Mörsch war schließlich von 1916 bis 1948 Professor für Statik der massiven Tragwerke, gewölbten Brücken und Eisenbetonbau an der Technischen Hochschule Stuttgart und hat dort die Bemessungsverfahren für Stahlbeton entscheidend mitgeprägt.


Siehe auch: Übergreifungsstoß Spannbeton