Cartellverband der katholischen deutschen Studentenverbindungen

deutscher Dachverband römisch-katholischer Studentenverbindungen
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Der Cartellverband der katholischen deutschen Studentenverbindungen (CV) ist ein Dachverband von katholischen, nichtschlagenden, farbentragenden Studentenverbindungen in Deutschland. Der CV ist Mitglied im Europäische Kartellverband der christlichen Studentenverbände (EKV).

Gegründet wurde der CV am 6. Dezember 1856 von der K.D.St.V. Aenania zu München und der K.D.St.V. Winfridia zu Breslau (heute: K.D.St.V. Winfridia (Breslau) zu Münster).

Organisation

Der CV hat 127 Mitgliedsverbindungen in Deutschland, Italien, der Schweiz, Polen, Belgien, Frankreich und Japan; diese Verbindungen haben zusammen rund 32.000 Mitglieder, davon etwa 6000 Studenten. Der CV ist damit der bei weitem größte interdisziplinäre Akademikerverband Europas.

Der CV ist ein Zusammenschluss einzelner Verbindungen unter Wahrung des Subsidiaritätsprinzipes, das heißt größtmöglicher Beibehaltung ihrer Eigenständigkeit. Alle Mitgliedsverbindungen des CV sind gleichberechtigt und haben auf Sitzungen das selbe Stimmrecht. Lediglich für den »protokollarischen« Ablauf gilt das Anciennitätsprinzip, wobei die Verbindungen nach ihrem Beitrittsdatum sortiert werden. Die Aktivitates der einzelnen Verbindungen bilden gemeinsam den Studentenbund, die Altherrenschaften bilden gemeinsam den Altherrenbund.

In Städten, in denen es mehrere Mitgliedsverbindungen gibt, gründen die ansässigen Verbindungen Ortsverbände, die die Arbeit der Verbindungen untereinander koordinieren sollen. Einer der ältesten Ortsverbände ist der Freiburger Cartellverband.

In den meisten deutschen Städten sowie in einigen Städten im Ausland existieren CV-Zirkel. Hier können die Cartellbrüder, speziell die im Berufsleben stehenden Alten Herren, den Kontakt untereinander halten, selbst wenn es in der Stadt keine CV-Verbindung gibt. Der älteste CV-Zirkel ist der 1876 gegründete CV-Zirkel "Confluentia Koblenz".

Der Cartellverband ist Herausgeber der eigenen Verbandszeitschrift "Academia", die im zweimonatigen Rhytmus erscheint. Die über 100 Seiten starke Zeitschrift erscheint im 98. Jahrgang (2005); die Auflage wird mit 31.974 Exemplaren in 2005 angegeben. Es werden neben den üblichen Mitteilungen zum Verband auch umfangreiche Beiträge zu Staat, Gesellschaft und Wissenschaft veröffentlicht.

Vorort

Im jährlichen Wechsel übernimmt eine einzelne Verbindung oder ein Ortsverband den Vorort, den Vorsitz im CV. Das Vorortspräsidium besteht aus dem Vorortspräsidenten und weiteren Fachreferenten. Der Vorort vertritt auf Feierlichkeiten den Gesamtverband und führt dabei die CV-Standarte bei sich. Das Vorortspräsidium steht dem Studentenbund vor.

Willensbildende Organe des CV

Oberstes beschlussfassendes Organ ist die Cartellversammlung. Einzelne Sitzungen finden nach Studentenbund und Altherrenbund getrennt statt. Hier hat jede Aktivitas beziehungsweise jede Altherrenschaft eine Stimme. Bei gemeinsamen Sitzungen von Aktiven und Alten Herren hat jede Verbindung zwei Stimmen, je eine für die Altherrenschaft und eine für die Aktivitas.

Neben den Tagungen ist die Cartellversammlung auch ein wichtiges gemeinsames Element der Cartellverbindungen. Über vier Tage findet ein umfangreiches Festprogramm statt, zu dem der zentrale Kommers des CV, ein Festball und die gemeinsame Heilige Messe sowie ein umfangreiches Rahmenprogramm gehören.

Geschäftsführende Organe des CV

Das oberste leitende Organ ist der CV-Rat. Den Vorsitz führt der Vorsitzende des Altherrenbundes. Die drei anderen Mitglieder sind der Vorortspräsident und je ein von der Cartellversammlung gewählter Altherren- und Studentenvertreter. Er hat die organisatorische Oberleitung über andere von der Cartellversammlung beauftragte Organe. Zu diesen Einrichtungen zählen die CV-Ämter, darunter das Seelsorge-, das Schatz-, das Hochschul-, das Sozial- und das Rechtsamt.

CV-Gerichte

Der Cartellverband hat eine eigene Verbandsgerichtsbarkeit auf Verbindungsebene, Ortsverbandsebene, Reginalebene und Verbandsebene.

Dem CV nahestehende Organisationen und Stiftungen

Der CV verfügt seit 1974 über die eigene Weiterbildungseinrichtung CV-Akademie; an dem Angebot können auch Nichtmitglieder teilnehmen. Die Studienstiftung Eugen Bolz unterstützt die demokratische und staatsbürgerliche Bildung von Studenten. Mit Hilfe der Felix Porsch-Johannes Denk-Stiftung werden gezielt junge Wissenschaftler beim Studium im In- und Ausland mit Stipendien gefördert. Der Alfons Fleischmann Studentenheimverein unterstützt den Bau von Studentenwohnheimen an Hochschulen in den neuen Bundesländern. Die CV Afrikahilfe unterstützt verschiedene Projekte in Afrika und fördert afrikanische Studenten im Heimatland wie auch mit Stipendien für Auslandssemester.

Geschichte

Gründung

Im Rahmen des Kulturkampfes, in dem gerade der preußische Staat den Einfluss der katholischen Kirche zurückdrängen wollte, wurden in der Mitte des 19. Jahrhunderts als Gegenbewegung der katholischen Studenten an verschiedenen Universitäten katholische Verbindungen gegründet.

Die 1851 in München gegründete Aenania suchte bereits früh den Kontakt zu katholischen Verbindungen an anderen Hochschulen. So ging man 1856 ein Cartellverhältnis mit der gerade in Breslau gegründeten Winfridia ein, was heute als Geburtsstunde des Cartellverbandes angesehen wird. 1864 traten Guestfalia Tübingen und Austria Innsbruck bei.

In den Anfangsjahren stießen die CV-Verbindungen auf erheblichen Widerstand der etablierten Corps und Burschenschaften sowie der Universitätsverwaltungen, was teilweise zum Verbot des Farbentragens und bis zur Auflösung der Alsatia Münster (später Saxonia Münster) 1878 führte. Trotzdem wuchs der CV in den folgenden Jahrzehnten.

Siehe auch: Der Weiße Ring (CV), Katholischer Deutscher Verband farbentragender Studentenkorporationen und Singularitätsprinzip.

Nationalsozialismus

Auf der Cartellversammlung 1932 beschloss man, dass die Mitgliedschaft im CV mit einer Mitgliedschaft in der NSDAP oder dem Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund unvereinbar seien, solange die deutschen Bischöfe den Nationalsozialismus verurteilten. Bereits ein Jahr später wurde aber das strikte Verbot der Parteizugehörigkeit in Folge des Reichskonkordats zurückgenommen. Ab 1933 begann der Prozess der Gleichschaltung mit Einführung des Führerprinzips und der daraus resultierenden Annäherung an den Nationalsozialistischen deutschen Studentenbund, was zu einer Abspaltung der österreichischen Verbindungen in den Cartellverband der Katholischen Österreichischen Studentenverbindungen führte. Als die Politik der Verbandsführung auf zunehmenden Widerstand stieß, wurden 1935 der Studentenbund und 1938 der Altherrenverband aufgelöst.

Nach dem Krieg

Nach dem Kriegsende erfolgte die Wiederbegründung der einzelnen Verbindungen, zunächst nach Besatzungszonen getrennt. 1950 konnte dann in Mainz die erste Cartellversammlung nach dem Krieg abgehalten werden.

Ziele

  • Der CV fördert akademische Ausbildung und fördert in vielfältiger Weise das akademische Leben.
  • Die Mitglieder der Vereinigungen, die dem Cartellverband zusammengeschlossen sind, sind Katholiken; sie engagieren sich in Kirche, Staat, Gesellschaft, Hochschulen und Universitäten.
  • Der CV als Organisation und die Mitglieder der in ihm organisierten Vereinigungen gestalten die Gesellschaft im gemeinsamen, zusammenwachsenden Europa im Sinne der christlichen Grundwerte.

Prinzipien und Wahlspruch

Wahlspruch des CV ist: In necessariis unitas, in dubiis libertas, in omnibus caritas (»Im Notwendigen herrsche Einmütigkeit, im Zweifelhaften Freiheit, über allem aber Nächstenliebe«). Neben diesem Grundsatz ist die gemeinsame Basis für alle Cartellbrüder (Mitglieder der Studentenvereinigungen im CV) eine in vier Prinzipien gegliederte Lebenseinstellung:

  • Religio: Die Förderung des katholischen Seins, die Förderung der Toleranz der christlichen Konfessionen untereinander und die aktive Gestaltung des eigenen Lebens aus dem katholischen Glauben in Verantwortung vor Gott, den Menschen und der Schöpfung.
  • Scientia: Für den CV ist die Pflege der Wissenschaft eine wichtige Aufgabe, der er sich verpflichtet fühlt. Dazu gehört für die Cartellbrüder ein erfolgreicher Studienabschluss begleitet von zahlreichen Qualifikationen.
  • Amicitia: Als prägendes Element des Verbandes ist die persönliche Freundschaft quer durch alle Generationen als Lebensbundprinzip eine Selbstverständlichkeit, die über das Studium hinaus geht. Der Umgang miteinander ist von der Verantwortung für diese lebenslange geistige und materielle Verpflichtung geprägt.
  • Patria: Jeder demokratische Staat lebt durch die Verantwortung eines jeden Bürgers für den Staat. Die aktive Mitgestaltung auf allen Ebenen des Gemeinwesens ist eine Bürgerpflicht. Die Verwurzelung in der Geschichte und die demokratische Entwicklung Deutschlands sind wesentliche Grundlage für die Weiterentwicklung dieses Gemeinwesens zu einem vereinten Europa als gemeinsames Vaterland.

Diese vier Prinzipien sind nochmals explizit in den Satzungen der meisten Mitgliedsverbindungen festgehalten.

Bekannte Cartellbrüder (Auswahl)

Heinz-Josef Algermissen, Rainer Barzel, Papst Benedikt XVI. (bürgerlich Joseph Alois Ratzinger), Friedrich Berentzen, Hans Berentzen, Franziskus von Bettinger, Theodor Berchem, Wilhelm Boden, Eugen Bolz, Heinrich Brauns, Heinrich Brüning, Paul Josef Cordes, Wilhelm Cuno, Johannes Joachim Degenhardt, Julius Döpfner, Engelbert Dollfuß, Johannes Dyba, Konstantin Fehrenbach, Reinhold Frank, Clemens August Graf von Galen, Hans Globke, Thomas Gottschalk, Johannes Gründel, Robert Grosche, Otto von Habsburg-Lothringen, Franz Hengsbach, Georg von Hertling, Friedhelm Hofmann, Friedrich Wilhelm Fürst von Hohenzollern, Meinrad Prinz von Hohenzollern, Lorenz_Jaeger, Philipp Jenninger, Kuno Kamphausen, Walter Kasper, Jakob Franz Alexander Kern, Klaus Kinkel, Claus Kleber, Albert Kramer, Joseph Lortz, Heinrich Lübke, Hans Lukaschek, Herrmann von Mallinckrodt, Reinhard Marx, Rupert Mayer, Friedrich Merz, Walter Mixa, Hans Müllejans, Werner Müller, August Naegle, Papst Pius XII. (bürgerlich Eugenio Pacelli), Felix Porsch, Oscar Andrés Rodríguez Maradiaga, Cuno Raabe, Jürgen Rüttgers, Leo Scheffczyk, Paul-Werner Scheele, Anton Schlembach, Oscar Schneider, Christoph Schönborn, Anselm Schott, Karl Joseph Schulte, Franz Senn, Theodor Steinbüchel, Edmund Stoiber, Franz-Josef Strauß, Richard Stücklen, Erwin Teufel, Bernhard Uhde, Clemens Verenkotte, Willo Welzenbach, Friedrich Wetter, Joseph Wintrich, Matthias Wissmann.

Mitgliedsverbindungen

siehe Liste der Mitgliedsverbindungen des CV

CV-Ticket

Viele der Mitgliedsverbindungen bieten ein so genanntes CV-Ticket an. Dahinter verbirgt sich für Abiturienten und Studieninteressenten die Möglichkeit, sich an 41 Hochschulstandorten in Deutschland umzuschauen und zwar unter fachkundiger studentischer Führung.

Siehe auch: Studentenverbindung, Liste der Dachverbände von Studentenverbindungen, Liste verbindungsstudentischer Begriffe, Ultramontanismus


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