Capoeira

brasilianische Kampfkunst bzw. ein Kampftanz
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Allgemein

Capoeira ist eine brasilianische Kampfkunst. Ursprünglich praktizierten es die Sklaven, um unauffällig für den Ernstfall zu trainieren. Von den Sklavenhaltern war Kampftraining verboten, so dass die Ausübung von den Sklaven als volkstümliche Tänze getarnt wurden. Capoeira enthält daher nicht nur kämpferische Elemente, sondern auch sehr viel Akrobatik und Spielerei.


Geschichte

Belegt ist die Existenz der Capoeira nur bis ins 18. Jahrhundert. Die Literatur geht davon aus, dass sie in Brasilien aus afrikanischen Tänzen und Kulten entstand. Auch in anderen Regionen, wo afrikanische Sklaven verschleppt wurden, entstanden dem Capoeira ähnliche Kampfkünste, wie dem Maní auf Kuba. Die frühe Capoeira ist allerdings nicht mit der heutigen vergleichbar, sondern vielmehr als eine Art Straßenkampftechnik zu begreifen. Capoeiristas taten sich in Banden zusammen, auch Maltas genannt, und beherrschten so ganze Straßenviertel. Dabei kämpften sie gegen rivalisierende Maltas und den Obrigkeitskräften. Diese Form der Capoeira war besonders in den Hafenstädten Rio de Janeiro, Recife und Salvador verbreitet, die auch gemeinhin als die Brutstätten der Capoeira angesehen werden. Die Capoeira ist also eine urbane Erscheinung. In der Kaiserzeit war die Capoeira zwar nicht explizit verboten, die Capoeiristas wurden dennoch verfolgt und wegen Störung der öffentlichen Ordnung beispielsweise verhaftet. In der Republik (ab 1889) gab es schließlich einen Capoeira-Paragrafen, der die Ausübung der Capoeira mit Verbannung von 6 Monaten bis 2 Jahre bestrafte. Dies kam nicht zuletzt dadurch, weil die Capoeiristas als Monarchisten angesehen wurden, die aus Dankbarkeit für die Befreiung der Sklaven sich der Krone verpflichtet fühlten. Das Capoeira-Verbot wurde 1937 durch den nationalistischen Diktator Getulio Vargas aufgehoben, der mit der Capoeira einen nationalen Sport etablieren wollte. Auf diese Idee kam er, nachdem er eine Vorführung von Mestre Bimba sah. Dieser wollte aus Elementen der Straßenkampftechnik Capoeira eine moderne Kampfkunst formen. Diese nannte er Luta Regional Baiana. Auch heute noch wird die Capoeira in zwei Formen aufgeteilt: Regional und Angola. Dazu später mehr. Außerdem entsann er eine Methode Capoeira zu vermitteln. Vorher wurden die Techniken durch Nachahmen erlernt. Nachdem das Verbot aufgehoben wurde, eröffnete Mestre Bimba in der bahianischen Hauptstadt Salvador die erste Capoeira-Schule.


Die Roda

Traditionell läuft das Spiel in der so genannten Roda (portugiesisch für Kreis, sprich: hoda) ab: Alle Teilnehmer stehen in einem Kreis, wobei sich an einer Stelle dieses Kreises die Musiker versammeln. Zentral sind dabei die Berimbau-Spieler, da das Berimbau den Rhythmus der Musik bestimmt. Von dort wird das Spiel begonnen. Dabei kniet man vor den Instrumenten, schaut sich kurz an, gibt sich die Hand und gelangt in die Mitte der Roda, in der Regel mit einem Rad. Die Umstehenden klatschen den Rhythmus und singen den Refrain. Innerhalb des Kreises spielen zwei Capoeiristas (oder Capoeiras auf portugiesisch) miteinander. Zwischen beiden wird kein Wettkampf ausgefochten, sondern sie führen eine Art körperlicher Dialog aus, die Worte sind dabei die verschiedenen Offensiv- und Defensiv-Bewegungen. Auf jede Offensiv-Bewegung folgt eine Defensiv-Bewegung des anderen. Diese Sequenzen von wechselseitigen Bewegungen werden so zu Sätzen. Im Vordergund steht dabei die Kooperation und nicht die Konfrontation. Am Ende gibt steht kein Gewinner oder Verlierer, sondern die Spieler entscheiden selbst, wann sie den Dialog beenden. Jeder der Umstehenden kann auch vorher in das Spiel kaufen, dabei muss man sehr wachsam vorgehen. Die Capoeira ist äußerst vielseitig, da sie Akrobatik, Kampfsport, Rhythmik, Reaktionsfähigkeit, Improvisation und Kreativität vereinigt. Der Spieler befindet sich in ständiger Bewegung: Zum einen, da der Grundschritt bereits ein Wiegeschritt ist (die Ginga), zum anderen, weil es sehr viele tiefe Bewegungen in der Hocke, bzw. Akrobatik kopfüber (Rad, Kopfstand etc.) gibt. Dadurch stellen sie dem anderen kein leicht zu treffendes Ziel dar.


Musik

Ein sehr wichtiger Aspekt ist der Rhythmus, auch Toque genannt, der mit den traditionellen Instrumenten Berimbau, Atabaque und Pandeiro erzeugt wird. Der Rhythmus bestimmt die Art des Capoeira-Spiels: Es werden hauptsächlich drei Rhythmen in der Roda verwendet:

1. Angola: dieser Toque zeichnet sich durch ein langsameres Tempo und größere Musikalität aus. Das Spiel wirkt sehr theatralisch und spielt sich eher auf dem Boden ab. Akrobatik und hohe Tritte sind dabei verpönt.

2. Benguela: Etwas schneller als Angola. Das Spiel ist flüssiger und erlaubt auch Akrobatik, allerdings keine Luftakrobatik. Direkte Tritte, die auf den Gegner abzielen, sind hier nicht passend.

3. Sao Bento Grande: Schneller, kraftvoller Toque. Das Spiel ist schnell und athletisch. Alle Arten von Tritten und Akrobatik sind erlaubt.

Daneben gibt es noch eine Vielzahl von Toques, die aber nur zu bestimmten Anläßen gespielt werden. Fundamental für die Capoeira sind neben dem Instrumenten die Lieder. Jeder der drei genannten Toques verlangt nach einem Typ von Gesang: Ein Angolaspiel wird mit langen getragenen Lieder, mit langen Strophen, die oftmals eine ganze Geschichte erzählen, begonnen. Diese werden Ladainhas genannt. Bei der Benguela werden auch Lieder mit langen Strophen gesungen, die aber kürzer als Ladainhas sind. Beim Sao Bento Grande sind es kurze Stücke, wo sich der Vorsänger mit den Roda-Umstehenden im schnellen Tempo abwechselt. Die Lieder werden in Portugiesisch gesungen.


Schlußbetrachtung

Inzwischen ist Capoeira weltweit verbreitet. Es gibt verschiedene Schulen, die sich stark in Trainingsmethoden, Schwerpunkt und Stil unterscheiden. Dabei unterscheidet man zwischen Angola- oder Regional-Schulen. In Regional wird aber auch durchaus Angola vermittelt, umgekehrt ist das nicht der Fall. Daneben setzt sich auch eine Art dritter Weg durch, der versucht Elemente aus der Angola und der Regional miteinander zu verbinden. Dieser Stil wird Contemporanea bezeichnet. Eine weitere Entwicklung ist das Austragen von Wettkämpfen, wie in anderen Kampfkünsten. Im Gegensatz zu denen zählt dabei aber nicht das Werten von Treffern oder knockouts, sondern das Umsetzen des oben angesprochenen Dialogs. Dies macht jedoch eine objektive Beurtellung schwierig.