Business Intelligence
Der Begriff Business Intelligence (deutsch etwa Geschäftsanalytik), Abk. BI, wurde Anfang bis Mitte der 1990er Jahre populär und bezeichnet Verfahren und Prozesse zur systematischen Analyse (Sammlung, Auswertung und Darstellung) von Daten in elektronischer Form. Ziel ist die Gewinnung von Erkenntnissen, die in Hinsicht auf die Unternehmensziele bessere operative oder strategische Entscheidungen ermöglichen. Dies geschieht mit Hilfe analytischer Konzepte und IT-Systeme, die Daten über das eigene Unternehmen, die Mitbewerber oder Marktentwicklung im Hinblick auf den gewünschten Erkenntnisgewinn auswerten. Mit den gewonnenen Erkenntnissen können Unternehmen ihre Geschäftsabläufe, Kunden- und Lieferantenbeziehungen profitabler machen, Kosten senken, Risiken minimieren und die Wertschöpfung vergrößern. Der Begriff wird dem Fachgebiet der Wirtschaftsinformatik zugerechnet.
Im Oktober 1958 erschien der Beitrag „A Business Intelligence System“ von Hans Peter Luhn im IBM Journal, mit hoher Wahrscheinlichkeit die Geburtsstunde des Begriffes „Business Intelligence“. Ab 1989 machte sich Howard Dresner, ein Analyst der Gartner Group den Begriff zu eigen. Er schuf später auch den weiterführenden Begriff Business Performance Management.
Der englische Ausdruck „intelligence“ bedeutet in diesem Kontext nicht „Intelligenz“, sondern die aus dem Sammeln und Aufbereiten erworbener Informationen gewonnenen Erkenntnisse. Das entspricht der Bedeutung von Intelligence im Namen des amerikanischen Geheimdienstes, der CIA Central Intelligence Agency. Business bedeutet Geschäft im weiteren Sinne als Gesamtheit aller unternehmensinternen und -externen wirtschaftlichen Subjekte und Vorgänge, die für das eigene Unternehmen relevant sind.
Business Intelligence in der Praxis
In der Praxis versteht man in den meisten Fällen unter „Business Intelligence“ die Automatisierung des Berichtswesens (Reporting). Die in den ERP-Systemen anfallenden Unternehmensdaten werden genutzt, um unter verschiedenen Blickwinkeln die Situation des Unternehmens zu analysieren und ggf. zu bewerten. Die Analyse erfolgt nicht in den ERP-Systemen, sondern in einer davon getrennten Datenbasis, dem Data-Warehouse (DWH). Gründe hierfür können sein:
- ungeeignete Strukturierung der Daten im ERP-System
- keine Auswertungsmöglichkeit über mehrere ERP-Systeme, zum Beispiel bei der Aggregation für einen Konzernbericht
- unzureichende Möglichkeit, fremde Daten z. B. von Wettbewerbern oder Forschungsinstituten einzubeziehen
- Belastung des ERP-Systems durch analytische Auswertungen
- laufende Änderung der Daten im ERP-System.
Die erste Aufgabe eines BI-Projekts ist daher, Daten des oder der ERP-Systeme für die Analyse in eine eigene Datenbank, das Data-Warehouse, zu stellen. Dies erfolgt durch Extraktion der Daten aus dem ERP-System, ihrer Transformation und dem Laden in das Data-Warehouse (ETL-Prozess).
Die zweite Aufgabe besteht darin, die für das Berichtswesen notwendigen analytischen Auswertungen einzurichten. Dies kann von einfachen Aggregationen von z. B. Umsatzzahlen einzelner Artikel in den letzten Tagen, Wochen, Monaten gesamt und in den einzelnen Sparten entwickelt bis hin zu komplizierten statistischen Analysen mittels Data-Mining z. B. Trendanalysen von Kundenverhalten gehen.
Siehe auch: Business Intelligence Competency Center
Phasen
Die technologische Grundlage der Unternehmensdatenanalyse (Business Intelligence) lässt sich in drei Phasen einteilen: In der ersten Phase (data delivery) werden Eckdaten festgelegt und erhoben (quantitativer und qualitativer Art, strukturiert oder unstrukturiert). Diese Datenerfassung erfolgt entweder über ein „operatives“ System (OLTP) oder in einem Data-Warehouse. In der zweiten Phase (discovery of relations, patterns, and principles) werden die Daten in Zusammenhang miteinander gebracht, sodass Muster und Diskontinuitäten sichtbar werden und mit etwaigen zuvor aufgestellten Hypothesen verglichen werden können, z. B. in Form von multidimensionalen Analysen oder Data-Mining. In der dritten Phase (knowledge sharing) werden die Erkenntnisse dann im Unternehmen kommuniziert, d. h. in das Wissensmanagement integriert. Die Verbreitung der gewonnenen Erkenntnisse soll dazu dienen, Entscheidungsgrundlagen für Maßnahmen und Aktionen zu liefern.
Begriffsverständnis
Im engeren Sinn bezeichnet BI nur die Methodik der Datenerfassung, im weiteren Sinn versteht man unter Business Intelligence die Gesamtheit von Managementgrundlagen wie z. B. Wissensmanagement, Customer-Relationship-Management oder Balanced Scorecard, die bei einem prozessorientierten Begriffsverständnis auch die permanente Datenpflege und Anpassung an ein veränderndes Umfeld umfassen (strategic alignment). Das Institut für Business Intelligence versteht unter „Business Intelligence“ die Integration von Strategien, Prozessen und Technologien, um aus verteilten und inhomogenen Unternehmens-, Markt- und Wettbewerberdaten erfolgskritisches Wissen über Status, Potentiale und Perspektiven zu erzeugen.
Werkzeuge
Business Intelligence bedient sich der analytischen Informationssysteme. Der Datenbestand einer Analyse wird aus einem Data-Warehouse bzw. Auszügen daraus (Data-Marts) gespeist. Analysemethoden sind u. a. OLAP, Data Mining, Text Mining, Web Mining oder Case-Based-Reasoning, wobei die meisten dieser Verfahren auf klassischer Statistik beruhen.
Anbieter
Der Softwaremarkt für Business Intelligence in Deutschland wuchs von 2007 auf 2008 um 6,2 Prozent und bringt es nach einer Studie des Business Application Research Centers (BARC) auf ein Gesamtvolumen von 754 Millionen Euro.
Die Veröffentlichung „BI-Markt trotzt der Krise“[1] (hier wurden die Umsätze von 136 BI-Anbietern in Deutschland erhoben) ergab, dass die vier marktführenden Anbieter wie bereits im Vorjahr zusammen etwa die Hälfte des Gesamtumsatzes erwirtschafteten. Demnach wuchsen diejenigen Anbieter besonders stark, die die Themen In-Memory, Flexibilität, Fachanwender-Orientierung, Planung und/oder Open-Source adressieren.
Die beim amerikanischen Analysten Gartner im Januar 2010 geführten 15 internationalen Software-Anbieter für Business-Intelligence-Lösungen sind in alphabetischer Folge:
- Actuate
- arcplan
- Board International
- IBM (Cognos)
- Information Builders
- Microsoft
- MicroStrategy
- Oracle
- Panorama Software
- QlikTech
- SAP
- SAS Institute
- Tableau - neu seit 2010
- Targit - neu seit 2010
- Tibco Spotfire
- HiQube Altair Engineering, Inc.
Im Jahr 2007 fand eine wahre Übernahmeschlacht auf dem BI-Markt statt. Oracle kaufte Hyperion, SAP übernahm Business Objects, Cognos übernahm Applix und IBM erwarb Cognos. Diese Konsolidierung hat zur Folge, dass die zugekauften Systeme aufwändig in die bestehenden integriert werden müssen bzw. einzelne Produktlinien wohl eingestellt werden.
Neben oben genannten lizenzkostenpflichtigen Systemen gibt es auch Open-Source-Lösungen (in alphabetischer Reihenfolge):
- BIRT: Business-Intelligence- and Reporting-Tools (BIRT) ist ein Open Source Reporting System der Eclipse Foundation, dessen Entwicklung am meisten durch die Firma Actuate betrieben wird
- Bizgres: Business Intelligence mit PostgreSQL
- JasperForge: Open Source Projekt der Jaspersoft Business Intelligence Suite
- KNIME: Open Source Platform für Datenintegration, -analyse und -exploration sowie Reporting
- Palo: in Deutschland entwickelte Open-Source-OLAP-Datenbank mit kostenfreiem Microsoft Excel-Addin
- Pentaho: Open Source Business Intelligence Suite – Integratives Paket verschiedener Open-Source-BI-Tools
- RapidMiner (vormals YALE): freie Open-Source Software für Business Intelligence, Knowledge Discovery und Data Mining
- SpagoBI: The Business Intelligence Free Platform
- Waikato Environment for Knowledge Analysis (Weka): freie Open-Source-Software für Data Mining
die auch andere freie Tools einbindet (u.a. Weka, R und BIRT)
Neben den Anbietern von BI-Software existieren spezialisierte BI-Beratungen, die die Implementierung der Software übernehmen. Teilweise unterhalten die Hersteller auch Beratermannschaften, der sogenannte Business Benefit ist laut BI Survey 8 jedoch höher, wenn Unternehmen auf spezialisierte Beratungsunternehmen zurückgreifen.[2]
Marktanalysten/ Forschungseinrichtungen
Business Analytics
Der Begriff "Business Analytics" oder "Advanced Analytics" ist eine Erweiterung der BI, dessen Ziel es jedoch weniger ist, durch die Analysen aktuelle Probleme auf zu zeigen, sondern stärker auf die Zukunft und Prognosen der Entwicklung zu setzen. [3]
Ein Unterbereich von Business Analytics ist Predictive Analytics, welches verschiedene Analyste-Tools enthält und vorhandene Daten, ähnlich dem Data Mining analysiert, um weiterführende Kenntnisse zu gewinnen. [3]
Literatur
- Andreas Bauer, Holger Günzel, H.: Data-Warehouse-Systeme – Architektur, Entwicklung, Anwendung, dpunkt, 2008, ISBN 3-89864-540-1
- Carsten Bange: OLAP & Business Intelligence – Softwarewerkzeuge im direkten Vergleich, Oxygon, 2005, ISBN 3-937818-05-7
- Carsten Bange, Nigel Pendse, Barney Finucane, Steffen Vierkorn: The BI Verdict ; 2009
- Frank Bensberg: BI-Portfolioplanung - Handlungsfelder und methodische Aspekte, Tagungsbeitrag zur Multikonferenz Wirtschaftsinformatik 2008
- P. Chamoni, P. Gluchowski (Hrsg.): Analytische Informationssysteme: Data Warehouse, On-Line Analytical Processing, Data Mining, Berlin 1998
- Egger, Fiechter, Straub et al.: SAP Business Intelligence, Aktuell zu SAP NetWeaver 2004s, Mai 2006, ISBN 3-89842-790-0
- P. Gluchowski, H.-G. Kemper: Quo Vadis Business Intelligence?, in: BI-Spektrum, Ausgabe 1, 2006, S. 12–19
- M. Grothe, P. Gentsch: Business Intelligence – Aus Informationen Wettbewerbsvorteile gewinnen, München, Addison-Wesley, 2000
- U. Hambuch: Erfolgsfaktor Metadatenmanagement: Die Relevanz des Metadatenmanagements für die Datenqualität bei Business Intelligence, Saarbrücken 2008 ISBN 3639078799
- Hermann Heben, Dr. Markus Kottbauer: Business Intelligence für Controller, Freiburg und Wörthsee, Verlag für ControllingWissen, 2008, ISBN 978-3-7775-0032-4
- Heidi Heilmann, Hans-Georg Kemper, Henning Baars: Business & Competitive Intelligence, ISBN 3-89864-374-3
- Bernd Held, Hartmut Erb: Advanced Controlling mit Excel. Unternehmenssteuerung mit OLAP und PALO, m. CD-ROM., Franzis, Poing 2006, ISBN 978-3-7723-7585-9
- K. Hildebrand (Hrsg.): Business Intelligence, HMD 222, dpunkt.verlag, Heidelberg 2001, ISBN 3-89864-128-7.
- Jan Holthuis: Der Aufbau von Warehouse-Systemen, Konzept – Datenmodellierung – Vorgehen, Deutscher-Universitäts-Verlag, ISBN 3-8244-6959-6
- H.-G. Kemper, W. Mehanna, C. Unger: Business Intelligence – Grundlagen und praktische Anwendungen: eine Einführung in die IT-basierte Managementunterstützung, Wiesbaden 2004 ISBN 3-528-05802-1
- R. Kimball: The Data Warehouse Toolkit, 2002, 2. Auflage, John Wiley & Sons
- J. Marx Gómez, C. Rautenstrauch, P. Cissek: Einführung in die Business Intelligence mit SAP NetWeaver 7.0, Berlin 2008 ISBN 3-540-79536-7
- P. Mertens: Business Intelligence – Ein Überblick, in: Information Management & Consulting 17 (2002) Sonderausgabe
- H. Schrödl: "Business Intelligence mit Microsoft SQL Server 2008", Hanser Verlag, München. 2008. ISBN 3-446412-10-7
- A. Seufert, P. Lehmann: Business Intelligence – Status Quo und zukünftige Entwicklungen. In: HMD-Handbuch der modernen Datenverarbeitung, Schwerpunktheft Business & Competitive Intelligence 247/2006, S. 21–32.
- Töpfer, J.; Winter R.: "Active Enterprise Intelligence", Springer, 2008, ISBN 978-3-540-78496-8
- P. Zische: Business Intelligence für kleine Unternehmen, W3L, 2004, ISBN 3-937137-51-3
Quellen
- ↑ BARC-News, “http://www.barc.de/de/news/barc-news/article/2009/07/01/bi-markt-trotzt-der-krise-waechst-2008-um-62-prozent.html BI-Markt trotzt der Krise, wächst 2008 um 6,2 Prozent, 2009,” Pressemitteilung Business Application Research Center (BARC) 1. Jul 2009.
- ↑ is-report, “Anwenderwille: Mehr Business Intelligence mit besserer Performance. Ergebnisse des BI Survey 8” is-report Sonderausgabe Oktober 2009, S.10-13
- ↑ a b "Der Blick zurück reicht nicht mehr" von Werner Kurzlechner auf CIO.de
Weblinks
- Business Intelligence Magazine – Das Wirtschaftsmedium für effektive Unternehmensführung auf Basis analytischer Konzepte und Systeme
- Lünendonk-Liste – Führende Anbieter von Business Intelligence Standard-Software in Deutschland.
- Computerwoche- Die Top20 Anbieter für BI-Software
- Controlling-Portal- Ein Vergleich der Open Source BI-Lösungen JasperSoft, Palo und Pentaho
- Business Intelligence Spektrum – BI-SPEKTRUM ist die unabhängige Informationsquelle für Entscheider über softwaretechnische und betriebswirtschaftliche Prozesse.
- Bessere BI-Performance - Fünf Technologie-Trends in Theorie und Praxis