Hans Günther Adler (* 2. Juli 1910 in Prag; † 21. August 1988 in London; Pseudonym H. G. Adler) war ein österreichischer Schriftsteller. Bekannt wurden vor allem seine Studien über die Juden im KZ Theresienstadt. Sein Werk gilt bis heute als Standardwerk.[1]
Leben und Wirken
Hans Günther Adler studierte von 1930 bis 1935 an der Deutschen Universität in Prag Musik-, Kunst- und Literaturwissenschaften sowie Philosophie und Psychologie. Nach seiner 1935 erfolgten Promotion arbeitete er als Sekretär, als Lehrer und war beim tschechischen Rundfunk für Sendungen in deutscher Sprache tätig. Ab August 1941 war er in einem Zwangsarbeiterlager für Juden interniert und danach kurzzeitig in der jüdischen Kultusgemeinde Prag tätig. Zusammen mit seiner Frau und deren Eltern wurde er Anfang Februar 1942 in das Theresienstädter Ghetto deportiert. Kein einziger von Adlers Angehörigen überlebte die Shoa.
Während der Gefangenschaft nahm er sich vor, diese Lagerwelt umfassend zu schildern. Er wurde Mitte Oktober 1944 nach Auschwitz überstellt und bereits Ende Oktober 1944 nach Niederorschel gebracht ( Außenkommando Niederorschel des Konzentrationslagers Buchenwald). Von dort wurde er Mitte Februar 1945 in das KZ Langenstein-Zwieberge eingeliefert und dort Mitte April 1945 befreit.
Nach seiner Befreiung nannte er sich nur noch H. G. Adler wegen der Namensähnlichkeit mit SS-Sturmbannführer Hans Günther, dem Vertreter von Adolf Eichmann in Prag für das “Protektorat Böhmen und Mähren”.
Als Sozialarbeiter sorgte er nach dem Krieg zusammen mit Přemysl Pitter für jüdische sowie für deutsche Kriegswaisen, die in von deutschen Adeligen konfiszierten Schlössern in Böhmen zusammen untergebracht waren. Er arbeitete auch für das Prager Jüdische Museum. Er floh 1947 nach England und lebte seither in London. Von 1973 bis 1985 war er Präsident des P.E.N.-Zentrums deutschsprachiger Autoren im Ausland.
In seinem Buch Theresienstadt 1941-1945 äußerte Adler Kritik an der „jüdischen Selbstverwaltung“ und den Judenältesten. Diese Deutung wird neuerdings von Jiří Kosta hinterfragt.[2]
Werke
- Theresienstadt. 1941-1945. Das Antlitz einer Zwangsgemeinschaft, Geschichte Soziologie Psychologie. Tübingen: Mohr, 1955. (Theresienstadt: das Antlitz einer Zwangsgemeinschaft. Göttingen, Edition:reprint vom Wallstein Verlag, 926 Seiten. 2005. ISBN 9783892446941)
- Die verheimlichte Wahrheit. Theresienstädter Dokumente, 1958
- Der Kampf gegen die „Endlösung der Judenfrage“, 1958
- Die Juden in Deutschland. Von der Aufklärung bis zum Nationalsozialismus, 1960
- Unser Georg und andere Erzählungen, 1961
- Der Fürst des Segens, 1964
- Die Erfahrung der Ohnmacht, 1964
- Sodoms Untergang, Bagatellen, 1965
- Kontraste und Variationen, Essays, 1969
- Ereignisse, Kleine Erzählungen und Novellen, 1969
- Der verwaltete Mensch - Studien zur Deportation der Juden aus Deutschland, Mohr-Verlag, Tübingen, 1974, ISBN 3-16-835132-6
- Fenster, Gedichte, 1974
- Viele Jahreszeiten, Gedichte, 1975
- Die Freiheit des Menschen, Essays, 1976
- Spuren und Pfeiler, Gedichte, 1978
- Transsubstantations, Gedichte, 1978
- Zeiten auf der Spur, Gedichte, 1978
- Blicke, Gedichte, 1979
- Stimme und Zuruf, Gedichte, 1980
- Panorama. Roman in 10 Bildern, Piper-Verlag, 1988, ISBN 3-492-10891-1
- Der Wahrheit verpflichtet. Interviews, Gedichte, Essays Hrsg. von Jeremy Adler, Bleicher-Verlag, Gerlingen, 1998, ISBN 3-88350-660-5
- Eine Reise, Roman, mit einem Nachwort von Jeremy Adler, Aufbau Taschenbuch Verlag, Berlin, 2002, ISBN 3-7466-1854-1
- Theresienstadt 1941 - 1945. Das Antlitz einer Zwangsgemeinschaft, Wallstein Verlag, Göttingen, 2005, ISBN 3-89244-694-6
Publikationen
- Franz Baermann Steiner: Unruhe ohne Uhr, 1954
- mit Hermann Langbein (Hrsg.), E. Lingens-Rainer (Hrsg.): Auschwitz. Zeugnisse und Berichte, 1962 und 1979
- Franz Baermann Steiner: Eroberungen, lyrischer Zyklus, 1964
Auszeichnungen
- Leo-Baeck-Preis, 1958
- Charles-Veillon-Preis, Lausanne, 1969
- Buber-Rosenzweig-Medaille, Berlin, 1974
- Korrespondierendes Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, 1979
- Ehrendoktor der Pädagogischen Hochschule Westberlin, 1980
- Bundesverdienstkreuz, 1985
- Österreichisches Ehrenkreuz der Wissenschaft und Kunst, 1985
Literatur
- Heinz L. Arnold (Hrsg.): H. G. Adler (= Text + Kritik (Heft 163)). edition text & kritik, München 2004, ISBN 3-88377-767-6.
- Franz Hocheneder: H. G. Adler (1910-1988), Privatgelehrter und freier Schriftsteller. Eine Monographie. Böhlau Verlag, Wien 2009, ISBN 978-3-205-78152-3 [3]
Weblinks
- H.G. Adler Das Theresienstadt-Lexikon
- Rezension zu Theresienstadt 1941 - 1945 und zu Arnolds H. G. Adler bei H-Soz-u-Kult
- Oleg Jurjew: Geschichte im Guckloch. In: Der Tagesspiegel (Berlin), JURJEWS KLASSIKER
- Literatur von und über H. G. Adler im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Einzelnachweise
- ↑ Brockhaus Enzyklopädie, Bd. 18, 1973, s. v. Theresienstadt, Seite 635
- ↑ Jiří Kosta: H. G. Adlers Opus magnum über das Ghetto Theresienstadt. Kritik eines Standardwerkes, Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 58(2010), H. 2, S. 105–133.
- ↑ Vgl. Kurt Schilde: Rezension zu: Hocheneder, Franz: H. G. Adler (1910-1988), Privatgelehrter und freier Schriftsteller. Eine Monographie. Wien 2009. In: H-Soz-u-Kult, 2. Juli 2010.
Personendaten | |
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NAME | Adler, Hans Günther |
KURZBESCHREIBUNG | österreichischer Schriftsteller |
GEBURTSDATUM | 2. Juli 1910 |
GEBURTSORT | Prag |
STERBEDATUM | 21. August 1988 |
STERBEORT | London |