Oskar Pastior (* 20. Oktober 1927 in Sibiu/Siebenbürgen) ist ein deutscher Schriftsteller.
Leben
Oskar Pastior wurde als Angehöriger der deutschen Minderheit in Rumänien geboren. Sein Vater war Zeichenlehrer. Von 1938 bis 1944 besuchte er ein Gymnasium in Sibiu. Im Januar 1945 wurde er in die Sowjetunion deportiert, wo er in verschiedenen Lagern als Zwangsarbeiter eingesetzt wurde. Erst 1949 wurde ihm die Rückkehr nach Rumänien gestattet. Dort lebte er in den folgenden Jahren von Hilfs- und Gelegenheitsarbeiten. Während des anschließenden dreijährigen Wehrdienstes in der rumänischen Armee holte er in Fernkursen seine Reifeprüfung nach. Danach arbeitete er als Betontechniker in einer Baufirma. Von 1955 bis 1960 studierte er Germanistik an der Universität Bukarest und legte dort sein Staatsexamen ab. Ab 1960 war er Redakteur bei der deutschsprachigen Inlandsabteilung des Rumänischen Staatsrundfunks. Bereits seine ersten Lyrikveröffentlichungen im Rumänien der Sechzigerjahre erregten Aufsehen und brachten ihm zwei bedeutende rumänische Literaturpreise ein. 1968 nutzte Pastior einen Studienaufenthalt in Wien zur Flucht in den Westen. Er ging nach München und anschließend nach Berlin, wo er seit 1969 als freier Schriftsteller lebt.
Oskar Pastior ist in der deutschen Gegenwartsliteratur überragender Vertreter einer Dichtung, zu deren Hauptanliegen Sprachspiel und Wortartistik zählen, wobei die Grenzen zur Nonsense-Dichtung häufig fließend sind. Pastior ist stark beeinflusst von der Lautpoesie des Dadaismus, aber auch von der extremem Kunstfertigkeit der Autoren der Gruppe OULIPO.
Oskar Pastior ist seit 1977 Mitglied des Bielefelder Colloquiums Neue Poesie, seit 1984 der Akademie der Künste (Berlin), seit 1989 der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt und seit 1993 der Vereinigung OULIPO. Außerdem gehört er der Künstlergilde in Esslingen und der Europäischen Autorenvereinigung "Die Kogge" an. Er erhielt u.a. folgende Auszeichnungen: 1965 den Literaturpreis der Zeitschrift "Neue Literatur" in Bukarest, 1967 den Lyrikpreis des Rumänischen Schriftstellerverbandes, 1969 den Andreas-Gryphius-Förderpreis, 1978 den Förderpreis des Kulturkreises im Bundesverband der Deutschen Industrie, 1980 den Marburger Förderpreis für Literatur, 1981 ein Villa-Massimo-Stipendium, 1983 den Preis des SWF-Literaturmagazins, 1986 den Ernst-Meister-Preis, 1988 die Ehrengabe des Kulturkreises im Bundesverband der Deutschen Industrie, 1990 den Hugo-Ball-Preis, 1997 den Horst-Bienek-Preis für Lyrik, 1998 den Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturpreis, 2000 den Walter-Hasenclever-Literaturpreis, 2001 den Peter-Huchel-Preis und die Ehrendoktorwürde der Universität Sibiu sowie 2002 den Erich-Fried-Preis.
Werke
- Fludribusch im Pflanzenheim, Bukarest 1960
- Offne Worte, Bukarest 1964
- Ralph in Bukarest, Bukarest 1964
- Gedichte, Bukarest 1965
- Vom Sichersten ins Tausendste, Frankfurt am Main 1969
- Gedichtgedichte, Darmstadt [u.a.] 1973
- Höricht, Lichtenberg 1975
- An die neue Aubergine, Berlin 1976
- Fleischeslust, Lichtenberg 1976
- Der krimgotische Fächer, Erlangen 1978
- Ein Tangopoem und andere Texte, Berlin 1978
- Wechselbalg, Spenge 1980
- 33 Gedichte, München [u.a.] 1983 (zusammen mit Francesco Petrarca)
- Sonetburger, Berlin 1983
- Anagrammgedichte, München 1985
- Ingwer und Jedoch, Göttingen 1985
- Lesungen mit Tinnitus, München [u.a.] 1986
- Römischer Zeichenblock, Berlin 1986
- Teure Eier, Paris 1986
- Jalousien aufgemacht, München [u.a.] 1987
- Modeheft des Oskar Pastior, München 1987
- Anagramme, Berlin 1988 (zusammen mit Galli)
- Kopfnuß, Januskopf, München [u.a.] 1990
- Neununddreißig Gimpelstifte, Berlin 1990
- Eine Scheibe Dingsbums, Ravensburg 1990
- Feiggehege, Berlin 1991
- Urologe küßt Nabelstrang, Augsburg 1991
- Vokalisen & Gimpelstifte, München [u.a.] 1992
- Eine kleine Kunstmaschine, München [u.a.] 1994
- Das Unding an sich, Frankfurt am Main 1994
- Gimpelschneise in die Winterreise-Texte von Wilhelm Müller, Weil am Rhein [u.a.] 1997
- Das Hören des Genitivs, München [u.a.] 1997
- Come in to frower, Tokyo [u.a.] 1998 (zusammen mit Veronika Schäpers und Silke Schimpf)
- Der Janitscharen zehn, Berlin 1998
- Standort mit Lambda, Berlin 1998
- Pan-tum tam-bur, Frankfurt am Main 1999 (zusammen mit Uta Schneider)
- Saa uum, Frankfurt am Main 1999
- O du roher Iasmin, Weil am Rhein [u.a.] 2000
- Villanella & Pantum, München [u.a.] 2000
- Ein Molekül Tinnitus, Berlin 2002 (zusammen mit Gerhild Ebel)
- Werkausgabe, München [u.a.]
- Bd. 2. "Jetzt kann man schreiben was man will!", 2003
- Bd. 3. "Minze Minze flaumiran Schpektrum", 2004
- Zeit. Wort, Weilerswist 2003 (zusammen mit Johannes Kühn und Robert Gernhardt)
Ausstellungskataloge
- Anselm Glück, Oskar Pastior, Essen 1986
Übersetzungen
- Tudor Arghezi: Im Bienengrund, Bukarest 1963
- Tudor Arghezi: Schreibe, Feder ..., Bukarest 1964
- Tudor Arghezi: Von großen und kleinenTieren, Bukarest 1966
- Ştefan Bånulescu: Verspätetes Echo, Berlin 1984 (übersetzt zusammen mit Ernest Wichner)
- Lucian Blaga: Ausgewählte Gedichte, Bukarest 1967
- Lucian Blaga: Chronik und Lied der Lebenszeiten, Bukarest 1968
- George Coşbuc: Die Geschichte von den Gänsen, Bukarest 1958
- Radu Dumitru: Das letzte Lächeln, Frankfurt am Main 1991
- Mihail Eminescu: Der Prinz aus der Träne, Bukarest 1963
- Panaït Istrati: Kyra Kyralina. Die Disteln des Bărăgan, Bukarest 1963
- Wiel Kusters: Ein berühmter Trommler, München [u.a.] 1998 (verfasst zusammen mit Joep Bertrams)
- Wiel Kusters: Carbone notata, Berlin 1988
- Gellu Naum: Oskar Pastior entdeckt Gellu Naum, Hamburg [u.a.] 2001
- Gellu Naum: Rede auf dem Bahndamm an die Steine, Zürich 1998
- Tudor Opriş: Wunderwelt, Bukarest 1963
- Marin Sorescu: Abendrot Nr. 15, München [u.a.] 1985
- Marin Sorescu: Aberglaube, Berlin 1974
- Marin Sorescu: Der Fakir als Anfänger, München [u.a.] 1992
- Marin Sorescu: Noah, ich will dir was sagen, Frankfurt am Main 1975
- Gertrude Stein: Ein Buch mit Da hat der Topf ein Loch am Ende, Berlin 1987
- Gertrude Stein: Reread another, Basel [u.a.] 2004
- Petre Stoica: Und nirgends ein Schiff aus Attika, Berlin 1977
- Tristan Tzara: Die frühen Gedichte, München 1984
- Urmuz: Das gesamte Werk, München 1976
Literatur
- Auskünfte von und über Oskar Pastior, Bamberg 1985
- Festschrift für Oskar Pastior, München 1987 ISBN 3-926602-02-3
- Jürgen H. Koepp: Die Wörter und das Lesen, Bielefeld 1990 ISBN 3-925670-27-0
- Burkhard Tewes: Namenaufgeben, Essen 1994 ISBN 3-89206-595-0
- Grazziella Predoiu: Rumäniendeutsche Literatur und die Diktatur, Hamburg 2004 ISBN 3-8300-1712-X
- Grazziella Predoiu: Sinn-Freiheit und Sinn-Anarchie, Frankfurt am Main [u.a.] 2004 ISBN 3-631-51864-1
Weblinks
- Vorlage:PND
- Pastior-Texte im Internet
- Pastior-Seite von lyrikline
- Laudatio zum Erich-Fried-Preis
- Pastior-Essay von Franz Josef Czernin
- Pastior-Essay von Gerhard Mahlberg
Personendaten | |
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NAME | Pastior, Oskar |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Schriftsteller |
GEBURTSDATUM | 20. Oktober 1928 |
GEBURTSORT | Sibiu (dt.Hermannstadt) Siebenbürgen/Rumänien |