Johannes Schlaf

deutscher Dramatiker, Erzähler und Übersetzer (1862 - 1941)
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Johannes Schlaf (* 21. Juni 1862 in Querfurt; † 2. Februar 1941 ebenda) war ein deutscher Dramatiker, Erzähler und Übersetzer. Er trat auch unter dem Pseudonym Bjarne P. Holmsen auf. Als Übersetzer trug er entscheidend zur Verbreitung der Werke von Walt Whitman, Émile Verhaeren und Émile Zola im deutschsprachigen Raum bei.

Leben

Schlaf wuchs als Sohn eines kaufmännischen Angestellten in Querfurt auf und kam als 12-Jähriger mit seiner Familie nach Magdeburg. Ab 1875 besuchte er das Domgymnasium Magdeburg und legte 1884 sein Abitur ab. Bereits 1882 war Schlaf dem Schülerverein Bund der Lebendigen um Hermann Conradi beigetreten. Schlaf entwickelte sehr bald mystisch-naturphilosophische Vorstellungen. Von 1884 bis 1888 studierte Schlaf Altphilologie und Germanistik in Halle und Berlin.

In seiner Studienzeit in Berlin lernte er Arno Holz kennen, mit dem er eine künstlerische Arbeitsgemeinschaft gründete. Bis 1892 entstanden diverse Dichtungen, die in den Sammelbänden Papa Hamlet (1889) und Neue Gleise (1892) erschienen. Sie gelten als erste Beispiele des konsequenten Naturalismus. 1889 schuf Schlaf zusammen mit Holz das Drama Familie Selicke, das zeitgleich am Magdeburger Stadttheater und der Freien Bühne Berlin 1890 uraufgeführt wurde.

1892 entstand das Drama Meister Oelze, dessen Uraufführung 1900 in Magdeburg stattfand. Die naturalistischen Prinzipien wurden dabei von ihm in Richtung intimes Theater und Impressionismus weiterentwickelt, wobei die früheren sozialkritischen Tendenzen seiner Arbeit aufgegeben wurden. Im selben Jahr erlitt Schlaf einen Nervenzusammenbruch. Bis 1898 hielt sich der mittellose Schlaf mehrfach in Nervenheilanstalten auf. Außerdem kam es zum Zerwürfnis mit Holz aufgrund seiner zwischenzeitlich erfolgten Abwendung vom Naturalismus.

1899 ging Schlaf von Magdeburg wieder nach Berlin und schloss sich dort der Gruppe um Rudolf Steiner (dem Klub der Kommenden) an. Im Jahr 1900 erschien sein Werk Das dritte Reich.[1]

Seit 1904 wohnte Schlaf als freier Schriftsteller in Weimar. Hier entstanden zahlreiche Romane, aber auch philosophische Schriften und die Übersetzung der für die Jugendbewegung bedeutsamen Grashalme von Walt Whitman für Reclam, die Schlaf 1907 abschloss. Als eine Verkörperung der Ideale von Whitman und Nietzsche sah er den Wanderdichter und Naturpropheten Gusto Gräser vom Monte Verità, den er in mehreren Erzählungen porträtierte.

Schlaf sah sich selbst als Wissenschaftler und Kulturphilosoph, wobei sein Werk insoweit auf kosmogonische, in einem geozentrischen Weltbild mündende Spekulationen ausgerichtet war. In den 20er und 30er Jahren des 20. Jahrhunderts befasste sich Schlaf im Wesentlichen mit kosmologischen und astronomischen Problemen. Diese Arbeiten fanden jedoch kaum Beachtung.

Schlaf verschloss sich nicht den nationalsozialistischen Anschauungen. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurde er im Mai 1933 in die „gesäuberteDeutsche Akademie der Dichtung, eine Sektion der Preußischen Akademie der Künste, berufen.[1] Im Oktober desselben Jahr gehörte er zu den 88 Schriftstellern, die das Gelöbnis treuester Gefolgschaft für Adolf Hitler unterzeichneten.[1]

1937 kehrte er in seine Geburtsstadt Querfurt zurück, wo er am 2. Februar 1941 im Alter von 78 Jahren starb.

Ein Teilnachlass von Johannes Schlaf befindet sich in der Handschriftenabteilung der Stadt- und Landesbibliothek Dortmund.

Werke (in Auswahl)

  • Detlev von Liliencron
  • Papa Hamlet, mit Arno Holz, 1889
  • Die Familie Selicke, Drama, mit Arno Holz, 1890
  • In Dingsda, Prosaverse, 1892
  • Meister Oelze, Drama, 1892
  • Gertrud, Drama, 1898
  • Das dritte Reich, Roman, 1900 [1]
  • Der Kleine, Roman, 1904
  • Kritik der Taineschen Kunsttheorie, 1906
  • Religion und Kosmos, 1911
  • Das Recht der Jugend, Erzählung, 1913
  • Tantchen Mohnhaupt und Anderes. Dingsda-Geschichten, 1913
  • Professor Plassmann und das Sonnenfleckenphänomen. Weiteres zur geozentrischen Feststellung, 1914
  • Auffallende Unstichhaltigkeit des fachmännischen Einwandes. Zur geozentrischen Feststellung, 1914
  • Zwei Erzählungen, 1918
  • Die Erde - nicht die Sonne. Das geozentrische Weltbild, 1919
  • Gedichte in Prosa, 1920
  • Miele. Ein Charakterbild, 1920
  • Die Greisin. Vorfrühling, Erzählungen, 1921
  • Das Gottlied, 1922
  • Seele, 1922
  • Ein Wildgatter schlag' ich hinter mir zu ... Vaterländisches aus Dingsda, 1922
  • Radium, Erzählungen, 1922
  • Die Wandlung, Roman, 1922
  • Der Weihnachtswunsch und anderes. Neue Erzählgn aus Dingsda, 1924
  • Deutschland, 1925
  • Die Nacht der Planeten, 1925
  • Die andere Dimension, Erzählungen, 1926
  • Die Mutter, Dichtung, 1927
  • Das Spiel der hohen Linien, Dichtungen, 1927
  • Kosmos und kosmischer Umlauf. Die geozentrische Lösung des kosmischen Problems, 1927
  • Die Sonnenvorgänge, 1930
  • Zur Aprioritätenlehre Kants, 1934
  • Vom höchsten Wesen, 1935
  • Ein wichtigstes astronomisches Problem und seine Lösung, 1937
  • Aus meinem Leben. Erinnerungen, 1941

Übersetzungen

Literatur

  • Heinz-Georg Brands: Theorie und Stil des sogenannten 'konsequenten Naturalismus' von Arno Holz und Johannes Schlaf. Kritische Analyse der Forschungsergebnisse und Versuch einer Neubestimmung Bonn: Bouvier 1978. (= Abhandlungen zur Kunst-, Musik- und Literaturwissenschaft; 277) ISBN 3-416-01443-X
  • Ulrich Erdmann: Vom Naturalismus zum Nationalsozialismus? Zeitgeschichtlich-biographische Studien zu Max Halbe, Gerhart Hauptmann, Johannes Schlaf und Hermann Stehr. Mit unbekannten Selbstzeugnissen. Frankfurt am Main u.a.: Lang 1997. ISBN 3-631-30907-4
  • Guido Heinrich in Magdeburger Biographisches Lexikon, Magdeburg 2002. ISBN 3-933046-49-1
  • Lothar Hempe: Johannes-Schlaf-Bibliographie. Verzeichnis der von 1889 bis 1937 selbständig erschienenen Erstdrucke in chronologischer Reihenfolge. Stuttgart: Privatdr. 1938.
  • Dieter Kafitz: Johannes Schlaf - weltanschauliche Totalität und Wirklichkeitsblindheit. Ein Beitrag zur Neubestimmung des Naturalismus-Begriffs und zur Herleitung totalitärer Denkformen. Tübingen: Niemeyer 1992. (= Studien zur deutschen Literatur; 120) ISBN 3-484-18120-6
  • Hanno Möbius: Der Positivismus in der Literatur des Naturalismus. Wissenschaft, Kunst und soziale Frage bei Arno Holz. München: Fink 1980. ISBN 3-7705-1790-3
  • Gaston Scheidweiler: Gestaltung und Überwindung der Dekadenz bei Johannes Schlaf. Eine Interpretation seines Romanwerks. Frankfurt am Main u.a.: Lang 1990. (= Europäische Hochschulschriften; Reihe 1, Deutsche Sprache und Literatur; 1158) ISBN 3-631-42226-1
  • Raleigh Whitinger: Johannes Schlaf and German naturalist drama. Columbia: Camden House 1997. (= Studies in German literature, linguistics, and culture) ISBN 1-57113-107-8
  • Joachim Jahns, Große Querfurter ..., Dingsda-Verlag Querfurt 1990, ISBN 3928498002
  • Rüdiger Bernhardt, Johannes Schlaf - der Dichter aus Dingsda, Dingsda-Verlag Querfurt 2002, ISBN 3928498134

Einzelnachweise

  1. a b c d Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945, S. Fischer, Frankfurt am Main 2007. ISBN 978-3-10-039326-5, S. 524.