Vierte Internationale

trotzkistische Organisation
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Die Vierte Internationale ist eine internationale Vereinigung von kommunistischen Parteien, die 1938 gegründet wurde.

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Häufiges Logo der Vierten Internationale

Der Name Vierte Internationale leitet sich aus dem Anspruch her, anstelle der auch als Dritte Internationale bezeichneten Kommunistischen Internationale die internationale Vereinigung der kommunistischen Revolutionäre zu werden, so wie diese Dritte Internationale auf die Zweite Internationale, d.h. die 1890 gegründete Sozialistische Internationale folgte. Als Erste Internationale sieht man die Internationale Arbeiterassoziation an, die 1864 von englischen Gewerkschaften initiiert wurde, der sich Karl Marx voller Enthusiasmus anschloss, und die nach der Pariser Commune faktisch an dem Zwist mit den von Bakunin geführten Anarchisten zerbrach, wenn auch der Generalrat der IAA noch einige Jahre lang in New York existierte.

Geschichte

Vorläufer

Die Vierte Internationale war die Fortführung der von Leo Trotzki initiierten und geführten Internationalen Linken Opposition in der Komintern und ihren Sektionen, deren wichtigsten politischen Kämpfe sich drehten um die Politik und das innere Regime der Sowjetunion nach dem Zurückfluten der durch den Ersten Weltkrieg ausgelösten revolutionären Welle, die strategische Ausrichtung der chinesischen Revolution in den 1920er Jahren, der Kampf gegen den Faschismus in Deutschland, für eine revolutionäre Klassenpolitik im spanischen Bürgerkrieg von 1936 bis 1939, und der Kampf gegen den Krieg, der durch den Sieg des Faschismus in Deutschland auf die Tagesordnung gesetzt wurde.

Dazu natürlich auch die Verteidigung Trotzkis (und aller seiner Genossen), der bei den großen Moskauer Schauprozessen der Hauptangeklagte in absentia war. Mit dem von Trotzkis Sohn Leo Sedow verfassten Rotbuch über den Moskauer Prozeß und der von John Dewey geführten internationalen Untersuchungskommission (Mexiko, April 1937) gelang es, alle Anschuldigungen in das Reich der Phantasie zu verweisen.

Gründung

Nach der katastrophalen Niederlage der Arbeiterbewegung in Deutschland und dem Ausbleiben einer Kurskorrektur seitens der KPD und der Komintern, erklärte Trotzki, "Man kann nicht länger mit Stalin, Manuilski, Losowski und Co. in ein und derselben 'Internationale' bleiben", und überzeugte seine Mitkämpfer davon, organisatorisch mit den Kommunistischen Parteien zu brechen, den Kurs auf die Bildung von neuen Parteien und einer neuen Internationale zu nehmen.

Die Erwartung, dass sich der Stalinismus im Zweiten Weltkrieg völlig diskreditieren würde, und danach die Sektionen der Vierten Internationale an der Spitze von revolutionären Massenerhebungen stehen würden, erfüllte sich nicht. Die Geschichte war mal wieder anders gekommen als vorgesehen, und die Sektionen der 4. Internationale sind -- außer in Sri Lanka (Ceylon), Bolivien, Vietnam und tw. Belgien -- nirgendwo über den Status einer kleinen Kaderpartei oder Splitterpartei hinausgekommen.

Spaltung

Der Druck dieser Lage und die Auseinandersetzung um die daraus folgende Politik führten 1953 zu einer Spaltung der Vierten Internationale, deren beiden Flügel für einige Jahre eine getrennte Existenz fortführten, identifiziert durch die Bezeichnung ihres obersten internationalen Führungsgremiums, IS für Internationales Sekretariat bzw. IK' für Internationales Komitee.

Prominente Vertreter des IS waren Pierre Frank (Frankreich), Michel Pablo (Griechenland) und später Ernest Mandel (Belgien). Auf der anderen Seite ragten heraus James P. Cannon aus den USA und Gerry Healy aus England und Pierre Lambert (Frankreich). Die frühere US-amerikanische Sektion, die SWP (Socialist Workers Party) war allerdings seit dem Voorhis-Gesetz aus der Vierten Internationale ausgeschieden, um nicht diesem Gesetz zufolge praktisch völlig unter Polizeiaufsicht zu stehen.

Wiedervereinigung

1963 vereinigten sich beide Flügel wieder und nannten ihr Führungsgremium "Vereinigtes Sekretariat", was dann in den Abkürzungen "VS" (deutsch) oder "USec" (englisch) zur Identifizierung dieser Organisation diente.

Die politische Basis der Wiedervereinigung war nicht nur ein gemeinsames Verständnis für die historischen Grundlangen der Vierten Internationale, sondern auch Übereinstimmung in der Bewertung des Aufstands in Ungarn 1956 und vor allem in der positiven Haltung zur kubanischen Revolution, und deren Führung mit Fidel Castro und Ernesto "Che" Guevara an der Spitze.

Gegnerschaft v.a. zur Führung der kubanischen Revolution brachte große Teile vor allem um das "Internationale Komitee" dazu, die Wiedervereinigung abzulehnen und sich nicht an ihr zu beteiligen. Es gab nämlich auf beiden Seiten auch Widerstand gegen die Wiedervereinigung, die in Absplitterungen auf beiden Seiten mündeten, die jeweils auch wieder unter dem Namen Vierte Internationale auftraten und weiter auftreten, und sich im Verlaufe der Jahrzehnte durch weitere Spaltungen vermehrt haben.

Heute

Heute gibt es mindestens drei internationale Organisationen, die sich als die Vierte Internationale verstehen:

Außerdem gibt es zahlreiche Organisationen, die die Vierte Internatioale als nicht-existent ansehen, und diese deswegen wiederaufbauen wollen. Siehe die Liste_der_trotzkistischen_Internationalen.

Siehe auch

Liste der trotzkistischen Internationalen, Internationale, Kommunistische Partei, Trotzkismus, Leo Trotzki, Linke Opposition

Literatur

  • Daniel Bensaid: The Formative Years of the Fourth International, 1933-1938, (Notebooks for Study and Research, No. 9). Amsterdam 1998.
  • Daniel Bensaid: Was ist Trotzkismus? Karlsruhe 2004. ISBN 3899001087
  • François Moreau: Francois Moreau, Combats et debats de la Quatrieme Internationale (IIRE Working papers No 8-10). Amsterdam 1990.
  • Pierre Frank: Die Geschichte der IV. Internationale. Hamburg 1974.