Schwere Panzer-Abteilung

deutscher Kampfverband im Zweiten Weltkrieg
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Schwere Panzerabteilungen waren bataillonsgroße deutsche Panzerverbände des Zweiten Weltkrieges. Es handelte sich um selbstständige Einheiten, die ausschließlich mit schweren Kampfpanzern der Typen Tiger und Tiger II ausgestattet waren und zur Schwerpunktbildung herangezogen wurden.

Geschichte

Entwicklung

Erst Ideen bezüglich einer Organisationseinbindung von schweren Panzereinheiten stellte der Oberbefehlshaber des Heeres, Generaloberst Walther von Brauchitsch, in einem Memo im November 1938 auf, in welchem er jeder Panzerbrigade eine schwere Panzerkompanie zuweisen wollte. Diese Pläne wurden ad acta gelegt, als zum Kriegsbeginn die Organisation der Panzerdivisionen geändert wurde und nun jede Panzerabteilung aus zwei leichten und einer mittlere Kompanie bestand.

Obwohl die Gefechtserfahrungen während des Polenfeldzuges und des Westfeldzuges die Defizite der deutschen Panzer teilweise deutlich aufgezeigt hatten, besaß die Entwicklung eines schweren Panzers aufgrund der schnellen Erfolge keine Priorität. Dies änderte sich nach Beginn des Rußlandfeldzuges, als die − noch relativ selten und taktisch ungünstig eingesetzten − sowjetischen T-34 und KW-1 die deutschen Panzer deklassierten. Gleichzeitig mit dem Rollout des daraufhin beschleunigt entwickelten schweren Panzerkampfwagens Tiger entstand im Frühjahr 1942 der Plan, jedem Panzerregiment eine schwere Kompanie mit insgesamt neun Panzern zuzuordnen.

Als sich herausstellte, dass der aufwändig herzustellende Tiger niemals so hohe Produktionsziffern erreichen würde, um den Panzer IV zu ersetzen und seine teilweise stark eingeschränkte Mobilität der Blitzkrieg-Taktik der regulären Panzerdivisionen entgegenstand, wurden die „Schweren Panzerabteilungen“ geschaffen.

Gliederung

Organisation D
 
Gliederung der Organisation D

Die anfänglich gewählte Gliederungsstruktur bestand aus einem Mix von Tigern und dem Panzerkampfwagen III Ausf. N. Diese noch als experimentell geltende Formation wurde als „Organisation D“ bezeichnet. Jede Abteilung besaß drei Kompanien mit jeweils neun Tigern und zehn Panzern III. Zusammen mit den zwei Tigern des Bataillons-Führungsstabes und den fünf Panzern III des Leichten Zuges bestand eine schwere Panzerabteilung gemäß Kriegsstärkenachweis sollmäßig aus 29 Tigern und 35 Panzern III. Da es jedoch aufgrund der schleppend anlaufenden Panzerproduktion nicht gelang, bei der Organisation D die dritte Kompanie aufzustellen, bestanden die ersten Einheiten aus 20 Tigern und 25 Panzern III. Der Tiger hatte die Aufgabe, gegnerische Panzer auszuschalten, während der Panzer III mit seiner kurzen 7,5-cm-Kanone weiche Ziele wie Infanterie oder Panzerabwehrwaffen bekämpfen sollte.

Organisation E
 
Gliederung der Organisation E

Die ersten Gefechtserfahrungen zeigten, dass durch die Kombination von Tigern und Panzern III eine hohes Maß an Flexibilität gegeben war. Demgegenüber zeigte sich jedoch sehr deutlich, dass der Panzer III nur unzureichend gepanzert war und im Gegensatz zum Tiger überdurchschnittlich hohe Verluste zu verzeichnen hatte. Aufgrund dessen und der Tatsache, dass durch die Serienproduktion jetzt mehr Tiger zur Verfügung standen, befahl im März 1943 der Generalinspekteur der Panzertruppe, Generaloberst Heinz Guderian, die schweren Panzerabteilungen als reine Tiger-Einheiten zu gliedern. Diese bestanden nun aus drei Kompanien mit jeweils 14 Tigern, was zusammen mit den drei Stabs-Panzern einen Sollbestand von 45 Tigern ergab. Der Sollbestand wurde fast immer nur nach einer Auffrischung erreicht, so dass normalerweise die Einheiten weniger Panzer aufwiesen. Diese als „Organisation E“ bezeichnete Gliederung, die letztendlich für Durchbrüche besser geeignet war und zugleich weniger Logistikaufwand bedeutete, wurde bis Kriegsende nicht mehr verändert.[1]

Unterstützungseinheiten

Zusätzlich bestand eine schwere Panzerabteilung sollmäßig aus folgenden Unterstützungseinheiten: [2]

Militärisches Gerät     1943     1945
Flakpanzer IV - 8
Sd.Kfz. 7/1  (mit 2-cm-Flak-Vierling 38) 6 3
Schützenpanzerwagen Sd.Kfz. 251 10 11
Bergepanther - 5
Sd.Kfz. 9  (18-Tonnen-Zugkraftwagen) 8 7
Sd.Kfz. 10  (1-Tonnen-Zugkraftwagen) 8 13
Sd.Kfz. 2  (Kettenkrad) - 14
Motorräder  (Wehrmachtsgespann und Solokräder) 42 6
Kübelwagen 64 38
Lastkraftwagen  (u.a. Opel Blitz) 135 118
Maultier - 6
Kranfahrzeug 3 3
Gesamt 276 232


Aufstellung

Im Mai 1942 wurden mit der schweren Panzerabteilung 501, 502 und 503 die ersten Einheiten aufgestellt. Die Ausbildung erfolgte durch die „schwere Panzereinsatz- und Ausbildungsabteilung 500“ auf dem Truppenübungsplatz Bergen und Truppenübungsplatz Sennelager, wo man aufgrund fehlender Ausbildungsfahrzeuge hauptsächlich den Panzerkampfwagen IV verwendete. Das Personal wurde aus bestehenden Einheiten entnommen, wobei es auch vorkam, dass schon existierende Panzerbataillone zu schweren Panzerabteilungen umgegliedert wurden. Aufgrund der Tatsache, dass es sich ausschließlich um erfahrenes Personal handelte, wurden die schweren Panzerabteilungen als Eliteeinheiten angesehen.[3]

Die ersten fünf aufgestellten Abteilungen wurde noch als Organisation D gegliedert, während die nachfolgenden als Organisation E gegliedert und die bis dahin aufgestellten auf die neue Organisationsstruktur umgegliedert wurden. Die letzte Aufstellung einer schweren Panzerabteilung für das Heer erfolgte im Juni 1944 mit der sPzAbt. 510. Im späteren Verlauf des Krieges wurden die Verbände auf den Nachfolger des Tigers, den Tiger II umgerüstet. Infolge der niedrigen Produktionsziffern waren aber nur wenige Einheiten gleichzeitig mit dem Königstiger voll ausgerüstet.[4]

Am Ende des Krieges existierten beim Heer folgende Verbände:

Daneben existierte noch eine vollständige Abteilung beim Panzerregiment der Division Großdeutschland. Einige Tiger erhielt auch die „Pz.Abt. (Fkl) 301“, die mit Funklenkpanzern Goliath ausgerüstet war.

Neben der Wehrmacht besaß auch die Waffen-SS folgende schwere Panzerabteilungen:

Im Laufe des Krieges erhielten noch die Panzerregimenter der SS-Divisionen Leibstandarte, Das Reich und Totenkopf eine schwere Kompanie, welche mit Tiger ausstattet waren.[5]

Einsatz

Einsatzdoktrin

Die schweren Panzerabteilungen waren selbstständige Verbände, welche der Schwerpunktbildung dienten. Der Tiger galt dabei als Durchbruchswaffe. Dafür unterstellte man die Abteilungen für eine temporäre Dauer Großverbänden, meistens einem Armeekorps. Die schweren Panzer sollten die Verteidigung des Gegners durchstoßen und so den nachrückenden Verbänden das Weiterkommen ermöglichen. Allerdings wurden die Verbände so gut wie nie gemäß ihrer Doktrin als Schwerpunktwaffe eingesetzt.

Der erste Großeinsatz erfolgte in der Schlacht im Kursker Bogen, wo die zwei teilnehmenden schweren Panzerabteilungen taktisch ungünstig eingesetzt wurden, da die sPzAbt. 503 ihre drei Kompanien an drei verschiedene Divisionen abgeben musste und die sPzAbt. 505 nicht einer Panzerdivision, sondern einer Infanteriedivision unterstellt war. Auch im weiteren Verlauf des Krieges konnte kaum ein konzentrierter Einsatz erfolgen, sondern die Verbände wurden fast ausschließlich einzeln eingesetzt. Es zeigte sich, dass die eingeschränkte Mobilität des Tigers infolge seiner mechanischen Unzuverlässigkeit und seiner geringen Reichweite der Funktion als Durchbruchswaffe entgegenstand. Durch die veränderten Kriegsverhältnisse mussten die schweren Panzerabteilungen immer mehr in der Verteidigung eingesetzt werden. Dabei erfolgte oft die Verwendung in der stationären Verteidigung, wofür die Tiger aber nicht geeignet waren. Bessere Ergebnisse erzielten sie, wenn sie als mobile Reserve zurückgehalten und bei gegnerischen Durchbrüchen zum Gegenangriff gebracht wurden.[6]

Ein erster konzentrierter Einsatz als Teil einer gepanzerten Streitmacht mit Unterstützungstruppen bestehend aus Artillerie und mechanisierter Infanterie erfolgte erst im Februar 1945 im Rahmen des Unternehmen Südwind, das auch gleich erfolgreich abgeschlossen werden konnte. Einen strategischen Durchbruch gab es aber zu keinem Zeitpunkt des Krieges. Die Einsatzdoktrin als Schwerpunkt- und Durchbruchswaffe wurde trotz der stark veränderten strategischen Situation nicht verändert, obwohl die Kriegslage eine Überarbeitung dieser Doktrin notwendig erscheinen ließ.[7]

Verweise

Literatur

  • Thomas L. Jentz: Tiger I & II. Kampf und Technik. Podzun-Pallas Verlag, Wölfersheim 2000, ISBN 3-7909-0691-3.
  • Christopher Wilbeck: Sledgehammers. Strengths and Flaws of Tiger Tank Battalions in World War II. Aberjona Press, Bedford PA 2004, ISBN 0-9717650-2-2 (engl.).
  • Gordon Williamson: German Army Elite Units 1939-45. Osprey Publishing, Oxford 2002, ISBN 1-84176-405-1, (Men-at-arms 380), (Auch: ebenda 2003), (engl.).

Einzelnachweise

  1. Gliederung → Wilbeck: Sledgehammers. S. 19-21
  2. Wolfgang Schneider: Tigers in Combat I. Stackpole Books 2004, ISBN 9780811731713, S. 2 (engl.)
  3. Wilbeck: Sledgehammers. S. 30-31
  4. Wilbeck: Sledgehammers. S. 24
  5. Jentz: Tiger I & II: Kampf und Technik. S. 27-29
  6. Wilbeck: Sledgehammers. S. 36 u. 183-184
  7. Wilbeck: Sledgehammers, S. 182-191