Die Me 262 war das erste einsatzfähige Militärflugzeug mit Strahltriebwerken; es wurde als Jäger (Schwalbe) und als Jagdbomber (Sturmvogel) produziert.
Das Flugzeug mit seinem revolutionärem Antrieb, dem Luftstrahltriebwerk (landläufig: "Düsenantrieb"), stellte weltweit den Höhepunkt der Luftfahrtentwicklung während des Zweiten Weltkriegs dar.
Geschichte
Die Entwicklung dieses Düsenflugzeuges begann im Herbst 1938 bei der Firma Messerschmitt, welche durch das Reichsluftfahrtministerium den Auftrag erhielt, ein luftstrahlgetriebenes Jagdflugzeug zu entwickeln.
Das Projekt erhielt die Bezeichnung P.1056 und wurde im Juni 1939 abgeschlossen.
Bis zum März 1940 wurde ein Holzmodell erstellt, das vom Reichsluftfahrtministerium begutachtet wurde und zum Auftrag über drei Prototypen führte. Das Reichsluftfahrtministerium erteilte dem Projekt die Nummer 262.
Im April 1941 waren die drei Prototypen fertig gestellt - hatten aber keine
Triebwerke, da die BMW-003 Strahltriebwerke noch nicht serienreif waren. Das lag vor allem an der ablehnenden Haltung des damaligen Generalluftzeugmeisters Udet.
Daher wurde in Ermangelung geeigneter Strahltriebwerke zunächst auf einen zentral im Bug angebrachten Junkers Jumo- 210G-Kolbenmotor zurückgegriffen. Der Erstflug der Me 262 V-1 in dieser Konfiguration erfolgte am 18. April 1941. Bei einem Probeflug der V-1 mit BMW-003 Strahltriebwerken im März 1942 fiel ein Triebwerk aus, aber dank des zusätzlich installierten Kolbenmotors konnte die Maschine wieder sicher zurückkehren.
Am 18. Juli 1942 erfolgte in Leipheim der erste erfolgreiche Flug der Me 262 nur mit Strahltriebwerk. Zum Einsatz kam die Turbine Jumo 004 von Junkers.
1943 stimmte Adolf Hitler der Massenproduktion zu, unter der Voraussetzung, dass das Flugzeug hauptsächlich als Kampfbomber (der sog. Blitzbomber) eingesetzt werden sollte.
Die ersten Fronteinsätze erfolgten im Sommer 1944 an der Invasionsfront der Normandie. Die Aufstellung der ersten Jagd-, Kampf- und Nachtgeschwader begann im Herbst 1944.
Während des Krieges wurden insgesamt 1433 Me 262 gebaut, von denen aber nur etwa 200 - 250 gleichzeitig bei den Kampfeinheiten im Einsatz standen. Viele der produzierten Düsenjäger konnten nicht mehr an die Fronteinheiten ausgeliefert werden, viele wurden am Boden zerstört, außerdem waren meist nicht mehr als 100 Maschinen (oft auch weniger) gleichzeitig einsatzbereit. Die Gründe hierfür waren die massiven Bombenangriffe der Alliierten und der Mangel an Treibstoff und Ersatzteilen sowie das Fehlen von ausgebildeten Piloten.
Taktische Eigenschaften
Aufgrund der Eigenschaft von Strahltriebwerken (bei der Me 262 rund 7000 PS), bei niedriger Geschwindigkeit im Vergleich zu Propeller-Antrieben wenig Schub, bei hoher Geschwindigkeit dagegen vergleichsweise viel Schub zu entwickeln, war die Me 262 für Kurvenkämpfe gegen die alliierten Propellerjäger ungeeignet. Aufgrund ihrer hohen Geschwindigkeit hatte sie dagegen den Vorteil der taktischen Initiative, der gegen die Überzahl alliierter Jäger besonders nützlich war. General der Jagdflieger Adolf Galland äußerte, dass ein Me 262-Düsenjäger von größerem Wert sei als fünf Propellerjäger vom Typ Messerschmitt Bf 109.
Die grossen Bomberverbände der Alliierten, die einerseits durch starke Abwehrbewaffnung, andererseits durch Langstreckenbegleitjäger geschützt waren, wurden für die konventionelle Tagjagd zu einer nicht zu bewältigenden Herausforderung. Durch einen mit grossem Fahrtüberschuss (Geschwindigkeitsdiffernz zu den Bombern ca. 300 Km/h, zu den Begleitjägern ca. 100 Km/h) und einer noch nie dagewesenen Bewaffnung (nur wenige Treffer durch die 4 30 mm Bordkanonen genügten für die Zerstörung eines schweren Bombers) angreifenden Jäger sahen viele Piloten wieder eine Möglichkeit, ihre Aufgabe zu erfüllen. Ausserdem konnten die 24 ungelenkten Raketen ausserhalb der Reichweite der Bomberschützen in den dicht beisammen fliegenden Bomberverband abgefeuert werden, mit der hohen Wahrscheinlichkeit eines zerstörerischen Treffers.
In Hochgeschwindigkeits-Testflügen wurde durch Messerschmitt festgestellt, dass die Me 262 bei Geschwindigkeiten von über Mach 0,83 zunehmend kopflastig wurde und Mach 0,86 die oberste Grenze für einen Sturzflug waren, in dem ein Abfangen noch möglich war. Daher ist es extrem unwahrscheinlich, dass wie von Hans Guido Mutke behauptet die Me 262 tatsächlich jemals Überschallgeschwindigkeit erreicht hat. Diese Machzahlen waren höher als die, die die meisten alliierten Jäger erreichen konnten, aber da die Me 262 im Sturz schnell beschleunigte und anders als die meisten späteren Düsenjäger nicht mit einer Luftbremse ausgestattet war, waren der taktischen Nutzung des Sturzfluges praktische Grenzen gesetzt.
Die alliierten Jäger griffen beim Landeanflug an, diese Taktik versprach den größten Erfolg.
Dieser musste ziemlich lang sein - die Me 262 war schnell, hatte (wie schon oben erwähnt) keine Luftbremse, ausgezeichnete Aerodynamik und keinen (im Bedarfsfall) bremsenden Propeller. Dazu kam die schlechte Beschleunigung der Strahltriebwerke (ein Problem, das im Prinzip bis heute weiter besteht); außerdem neigten die Jumos dazu, beim allzu abrupten Gasgeben einen Flammabriss zu erleiden (das Triebwerk ging aus und verlangte nach einem Neustart, was kurz vor der Landung recht problematisch war).
So lauerten die Mustangs und Thunderbolts in niedriger Höhe in der Nähe der Me 262-Flugplätze, um sich dann auf das relativ wehrlose Flugzeug zu stürzen. Deswegen mussten andere Jagdeinheiten mit Fw 190 oder Me 109 Kolbenjägern speziell zum Schutz dieser Flugplätze abgestellt werden .
Verbände
- Erprobungskommando 262 (Ekdo.- 262) III./ZG 26
- Einsatzkommando Schenk (E-51) 3./KG 51 "Edelweiß"
- I./KG 51
- II./KG 51
- IV./(Erg.)51
- Kommando Nowontny III./JG 6
- Ergänzungsjagdgeschwader 2 - EJG 2
- Kampfgeschwader (Jagd) 54 - KG(J)54
- I./KG(J)54
- II./KG(J)54
- III./KG(J)54
- Kommando Welter 10./NJG 11
- Nahaufklärungsgruppe 6 - NAGr.6
- Jagdgeschwader 7 - JG 7
- I./JG 7
- II./JG 7
- III./JG 7
- Jagdverband 44 - JV 44 (Galland's "Experten")
Versionen und Bewaffnung
Me 262 A-1a "Schwalbe" - Abfangjäger
- Jumo-004 Triebwerke
- vier Maschinenkanonen MK 108 - 30 mm, starr im Rumpfbug
- die beiden oberen Maschinenkanonen mit je 100 Schuss,
- die beiden unteren Maschinenkanonen mit je 80 Schuss.
Me 262A-1b
- wie A-1a aber mit BMW-003 Triebwerken - nur wenige Prototypen
Me 262A-2 "Sturmvogel" - Jagdbomber
- zwei 30mm MK 108 mit je 100 Schuss
- Aufhängevorrichtungen für max. 1.000 kg Bomben
Me 262A-5 bzw A-1a/U3 - Aufklärer
- wie A-1a aber mit Fotoausrüstung im unteren Bug
Me 262B-1a - zweisitziger Trainer
- Bewaffnung wie A-1a aber reduzierte interne Kraftstoffkapazität, Abwurftanks zum Ausgleich
Me 262B-1a/U1 - Umbau der Trainer in Nachtjäger
- wie B-1a aber zusätzlich :
- zwei schräg nach oben gerichtete 30mm MK 108 ("schräge Musik") hinter dem Führersitz
- FuG 218 oder FuG 240 Abfangradar und FuG350 passiver Empfänger
Me 262B-2 - endgültige Nachtjagdversion
- wie B-1a/U1 aber leicht verlängerter Rumpf für größere interne Kraftstoffkapazität
Me 262C - projektierter schnell steigender Abfangjäger
- Bewaffnung wie A-1a
- zwei BMW 003 oder Jumo 004 Triebwerke
- zusätzlich zwei Raketentriebwerke um besonders schnell steigen zu können
-> Analog zur A-1a/A-1b gab es auch andere Versionen in "a"(Jumo)- und "b"(BMW)-Ausführung
Versuchsweiser Waffeneinbau
- Je zwei MK 108 und MK 103 30 mm Kanonen sowie zwei 20 mm MG 151/20 im Bug (A-1a/U1)
- eine Maschinenkanone MK 214 - 55 mm oder BK5 50 mm (A-1a/U4)
Regulär eingesetzte Zusatzbewaffnung
- 24 x R4M-Raketen Kaliber 55 mm oder
- 73-mm-Föhn-Raketen oder
- R 100 BS Kaliber 210 mm oder
- Drahtgesteuerte X-4-Raketen
Literatur
- Mano Ziegler: Turbinenjäger Me 262, Die Geschichte des ersten einsatzfähigen Düsenjägers der Welt.
- Manfred Griehl: Messerschmitt Me 262 - Vol II
- Heinrich Hecht: The world's first turbojet fighter Me 262
Siehe auch
Weblinks
- Lexikon der Wehrmacht: Me 262
- Luftarchiv.de: Me 262
- Bau von flugfähigen Rekonstruktionen des Me 262
- Bericht über die Me 262
- Luftarchiv - "Die Geschichte meines ersten Überschallfluges am 9. April 1945 über Innsbruck" von Dr. med. Hans Guido Mutke