Kardinal

Titel der römisch-katholischen Kirche, der vom Papst nach seinem Ermessen verliehen wird
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Kardinal ist ein vom Papst verliehener (sog. "kreieren") religiöser Titel, der den Träger zur Papstwahl berechtigt und ihn zur besonderen Mitverantwortung an der Gesamtleitung der Kirche ("Senat des Papstes") verpflichtet.

Wappen eines Erzbischofs im Kardinalsrang (Erkennbar durch das erzbischöfliche Kreuz hinter dem Wappenschild und dem roten Kardinalshut mit 30 seitlichen Quasten
Kardinalskleidung

Herkunft des Begriffs

Der Ausdruck Kardinal kommt zum einen vom lateinischen cardinalis = wichtig, vorzüglich. Zum anderen bezieht er sich ursprünglich auf einen an einer römischen Hauptkirche (cardo) - auch außerhalb Roms - angestellten Geistlichen (in cardinatus cardinalis), dem eine Kirche oder Diakonie als Titelkirche (tituli cardinales) in Rom anvertraut ist.

Es handelt sich um die älteste kirchliche Ehrenfunktion, die unmittelbar auf den Papst, den Summus Pontifex, folgt (höchster Würdenträger nach dem Papst). Sie geht auf die älteste Zeit der Kirchengeschichte zurück, nämlich auf Papst Silvester I. (314-336) - presbyteri et diaconi cardinales.

Kirchenrechtliche Bestimmung

Ein Kardinal ist normalerweise von der Weihe her zugleich ein Bischof; es gibt jedoch auch Ausnahmen, so dass auch gewöhnliche Priester aufgrund besonderer Verdienste zu Kardinälen ernannt werden können. Diese müssen jedoch nach Codex Iuris Canonici zu Bischöfen geweiht werden. Der Papst kann jedoch (wie bei Kardinal Leo Scheffczyk geschehen) auf Wunsch des angehenden Kardinals diese Verpflichtung aufheben. Der Papst ist nicht verpflichtet, den Namen des von ihm ernannten Kardinals bekannt zu geben, in solchen Fällen spricht man von einem Kardinal in pectore. Diese Vorgangsweise wird regelmäßig bei Kardinälen aus Ländern gewählt, in denen die Kirche verfolgt wird.

Man unterscheidet drei Klassen (ordines):

  • Kardinalbischöfe,
  • Kardinalpriester, und
  • Kardinaldiakone.

Die Kardinäle bilden das Kardinalskollegium der Heiligen Römischen Kirche unter der Leitung des Kardinaldekans (Seit Mai 2005 Angelo Kardinal Sodano). Die Kardinäle werden vom Papst ernannt und feierlich in einem Konsistorium "kreiert". Sie sind seine unmittelbaren Gehilfen in der Leitung der Gesamtkirche. Die wahlberechtigten Kardinäle wählen während der Vakanz des Apostolischen Stuhles im Konklave den neuen Papst. Wahlberechtigt sind seit einer 1968 durch Papst Paul VI. erlassenen Regelung alle Kardinäle, die am Tag vor der Vakanz das 80. Lebensjahr noch nicht überschritten haben. Die Höchstzahl der wahlberechtigten Kardinäle darf seit einer von Paul VI. erlassenen und am 22. Februar 1996 durch Papst Johannes Paul II. bestätigten Regelung nicht mehr als 120 betragen. Diese Zahl wurde durch die im Februar 2001 und im Oktober 2003 gehaltenen Konsistorien vorübergehend jeweils auf 135 erhöht.

Historisches

Seit dem 4. Jahrhundert waren die Kardinäle zuerst Berater und Mitarbeiter des Papstes im Dienste der "tituli" (Titelkirchen) der Stadt Rom, d.h. der ersten Pfarreien. Kardinäle waren die Vorsteher der "tituli cardinales", also der wichtigsten "Titelkirchen". Bis heute ist jedem Kardinal eine Titelkirche in Rom zugeordnet. Somit gehören Kardinäle auch zum Klerus der Stadt Rom. Seit 1150 versammeln sich die Kardinäle im "sacrum collegium", dem der Dekan vorsteht. Seit dem Jahr 1059 sind die Kardinäle die ausschließlichen Papstwähler.

Kleidung

Kardinäle tragen zu besonderen Anlässen eine scharlachrote ("porpora") Soutane (Talar) und die Mozetta (Schulterumhang) sowie das scharlachrote Birett (Kopfbedeckung), das in einer besonderen Zeremonie vom Papst verliehen wird. Hinzu kommen das Zingulum (Gürtelband) und das Pileolus (Scheitelkäppchen) aus roter Moiréeseide. Die rote Farbe soll darauf hinweisen, dass sie bereit sein sollen, jederzeit als Märtyrer für den Glauben zu sterben. Außerhalb der Liturgie trägt der Kardinal eine schwarze Soutane mit roter Paspelierung (Nahtbesatz) und roten Knöpfen. Der früher übliche große Kardinalshut, mit jeweils zu den Seiten herabhängenden 15 roten Quasten (fiocchi) erscheint heute nur noch im Wappen des Kardinals.

Recht und Ehrenrechte des Kardinals

Der Kardinal besitzt das Recht, in seiner eigenen Kirche begraben zu werden, er kann überall in der Welt das Bußsakrament spenden, er darf (bei Verfehlungen gegen das kirchliche Recht) nur vor das Gericht des Papstes gezogen werden und kann den Ort zur Zeugenvernehmung selbst bestimmen. Über seine Titelkirche übt er keinerlei Leitungsgewalt aus, wohl aber beratende Schirmherrschaft. Zu den Ehrenrechten gehört der sog. "Kardinalspurpur", der in Wirklichkeit scharlachrot ist, und seit 1630 die Anrede "Eminenz". Der Titel "Kardinal" wird zwischen Vor- und Nachname geführt.

Berühmte Kardinäle

Liste traditioneller Kardinalssitze

Verschiedene und besonders wichtige Bischofssitze werden für gewöhnlich mit einem Kardinal besetzt. Ist dies nicht der Fall, so wird der Bischof fast immer kurz nach seinem Amtsantritt in das Kardinalskollegium berufen. Zu diesen Bischofssitzen gehören:

Derzeitige Kardinäle aus deutschsprachigen Ländern

(für eine vollständige Liste aller lebenden Kardinäle siehe Liste der Kardinäle)

Deutschland

Österreich

Schweiz

Literatur

  • Karl Gerold Fürst: Cardinalis. Prolegomena zu einer Rechtsgeschichte des römischen Kardinalskollegiums. München 1967
  • Christa Kramer von Reisswitz: Die Papstmacher. Die Kardinäle und das Konklave. Dezember 2003
  • Agnelo Rossi: Il Collegio Cardinalizio. Rom 1990
  • Arne Karsten (Hg.): Jagd nach dem roten Hut. Kardinalskarrieren im barocken Rom.
 Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht) 2004, 304 S.