Hellerau ist ein Stadtteil, früher Vorort von Dresden und die erste deutsche Gartenstadt.
Die Idee
Fußend auf dem Gartenstadtgedanken von Ebenizer Howard, gründete der Unternehmer Karl Schmidt 1909 in der Nähe von Dresden die Gartenstadtsiedlung Hellerau zusammen mit dem Neubau seiner "Dresdner Werkstätten für Handwerkskunst". Die Einheit von Wohnen und Arbeit, Kultur und Bildung, in einem von der Lebensreform geprägten Organismus, ist der gebaute Anspruch der Gartenstadt Hellerau.
Der von Karl Schmidt beauftragte Architekt Richard Riemerschmid plante den Bau der Werkstätten und dazu eine Wohnsiedlung, mit Kleinstwohnhäusern für die Arbeiter, geräumigen Landhäusern, Markt, Geschäften, Wasch- und Badehaus, Praxen, Ledigenwohnheim, Schule und Schülerwohnheim. Heinrich Tessenow, Hermann Muthesius und Curt Frick gehören mit zu den renommierten Architekten, die in Hellerau ganze Straßenzüge beplanten.
Reformbegeisterte aus ganz Europa kamen, um Zeuge der real praktizierten Lebensreform zu werden. Einige besuchten Hellerau nur für kurze Zeit, andere blieben.
Zu denjenigen die blieben, gehörte auch Emil Jaques-Dalcroze, ein Musikpädagoge aus der Schweiz, der mit Aufführungen seiner selbst entwickelten "Rhythmischen Gymnastik" in Deutschland Menschen zu begeistern suchte.
Wolf Dohrn, rechte Hand von Karl Schmidt und Umsetzter der Gartenstadtidee, beauftragte den damals jungen Architekten Heinrich Tessenow mit dem Bau der von Emil Jaques-Dalcroze benötigten "Bildungsanstalt für Rhythmische Gymnastik".
Das Festspielhaus
Mit dem Entwurf dieses Ensembles, dem gewaltigen Festspielhaus, den den brunnenbestandenen Vorplatz fassenden pavillongleichen Pensionshäusern, einer rückwärtigen Freiluftarena und den umlaufenden Licht- und Sonnenhöfen, setzte Tessenow bedingungslos die Vorstellungen von Emil Jaques-Dalcroze und die Bühnenentwürfe seines Bühnenbildners Adophe Appia um. In den Folgejahren bis 1914 versammelte sich hier zu den jährlich stattfindenden Festspielen die gesamte Kulturelite Europas: Upton Sinclair, Emil Nolde, George Bernhard Shaw, Franz Kafka, Oskar Kokoschka, Henry van den Velde, Stefan Zweig ... um nur einige zu nennen.
Ende der Sturm- und Drangzeit
Der Tod Wolf Dohrns und der Ausbruch des Ersten Weltkrieges beendete die Sturm- und Drangzeit Helleraus.
Mit einzelnen reformpädagogischen Konzepten und kulturellen Projekten konnte Hellerau in den Folgejahren kurzfristig noch an die anfänglichen Glanzzeiten anknüpfen.
Ende der dreißiger Jahre wurde die Bildungsanstalt für Rhythmische Gymnastik von den Nationalsozialisten in einen Kasernenhof umgebaut, und nach 1945 von den russischen Besatzungsmächten weiter militärisch genutzt.
Hellerau und das Festspielhaus heute
Mit zeitgenössischen Darbietungen und jungen kulturschaffenden Institutionen vor Ort entwickelt sich das Festspielhaus zunehmend zu einem der wichtigen Veranstaltungsorte in Dresden.
Die Deutschen Werkstätten knüpften in benachbarten neuen Werkhallen längst an ihre alte handwerkliche Traditionen an und sind international erfolgreich im hochwertigen Innenausbau tätig.
Die historischen Räumlichkeiten der Werkstätten sind ein Pool für Ingenieur- und Dienstleistungsunternehmen geworden, die sich der Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit verschrieben haben.
Ganz Hellerau ist heute ein Flächendenkmal, nicht ausschließend, dass auch Modernes entsteht; ist es doch gerade die Tradition von Hellerau Neues und Zukunftsweisendes hervorzubringen.
Die "Interessengruppe Hellerau" wurde unter dem Dach des Kulturbundes der DDR gegründet, um das Architekturdenkmal zu schützen. 1990 wurde das "Bürgerkomitee Hellerau" gegründet, daraus entstand der Verein "Bürgerschaft Hellerau".