Wiederaufbau des Berliner Schlosses

Bauprojekt zur Wiederherstellung der historischen Mitte Berlins
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Das Humboldt-Forum soll hinter drei rekonstruierten Außenfassaden des Berliner Stadtschlosses entstehen und ein Forum für Kultur, Kunst und auch Wissenschaft als Freiraum bieten, in dem sich – angesichts des geistigen Erbes von Alexander und Wilhelm von Humboldt – Bildung, Wissen und Kultur entfalten und zugänglich machen lässt.

Datei:Berlin Schlossplatz Gelände Humboldt-Forum Spreeinsel Spree Abbruch Palast der Republik Stadtschloss Karl-Liebknecht-Straße Berliner Dom Foto 2009 Wolfgang Pehlemann Wiesbaden IMG 0955.jpg
Schlossplatz: Baugelände für das Humboldt-Forum nach Abbruch des Palastes der Republik (2009) – Blick von der Rathausstraße zur Karl-Liebknecht-Straße

Städtebauliche Situation

 
Ehemalige Lage des Stadtschlosses

Bauherr ist die Bundesrepublik Deutschland. Nach dem Willen der Verantwortlichen soll der Neubau des Humboldt-Forums in zentraler Stelle in Berlin am Schlossplatz errichtet werden. Der 2006–2008 erfolgte Abriss des Palasts der Republik aus den 1970er Jahren ermöglicht einen Neubau an der Position des alten Schlosses.

Das Gebäude soll im baulichen Volumen, der Lage und dem größten Teil der Fassadengestaltung dem barocken Berliner Stadtschloss entsprechen. Die Hauptausrichtung mit der vorgesehenen Fassadenreplik des ursprünglichen Schlosses soll nach Westen erfolgen, die modernere Ansicht wird der Planung nach östlich der Spree zugewandt sein. Die räumliche Nähe zur benachbarten Humboldt-Universität kommt der Einbeziehung der Wissenschaft in das Konzept für das Humboldt-Forum entgegen.

Entwicklung und Planung

 
Alexander von Humboldt als Forschungsreisender in Übersee (Friedrich Georg Weitsch, 1806)

Basierend auf dem Beschluss des Deutschen Bundestages vom 4. Juli 2002[1] nach Anhörung internationaler Fachleute und unter Beteiligung von Land und Stadt Berlin wurde in den Jahren 2003 bis 2007 ein umstrittenes Vorhaben zum Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses auf den Weg gebracht. Der Name Humboldt-Forum wurde im Vorfeld der Planungen für das noch genauer zu entwickelnde Nutzungskonzept des Neubaus vorgeschlagen. Er soll an das Wirken der Brüder Alexander und Wilhelm von Humboldt erinnern und in diesem Sinne auf den Humanismus, „die große Geschichte deutscher und Berliner Wissenschaft, aber auch auf die Faszination des kulturell Entfernten“ verweisen.[2]

Sowohl der damalige Bundestagsbeschluss als auch der vom 13. November 2003 beinhalten das Festhalten an einer Replik der drei barocken Fassaden (Nord-, West- und Südseite) des Berliner Stadtschlosses sowie drei Rekonstruktionen der barocken Fassaden innerhalb des Schlüterhofes. Da der Bund als Bauherr für die Bebauung des Schlossplatzes in Berlin mit dem Humboldt-Forum einzustehen hat, stimmte am 4. Juli 2007 das Bundeskabinett dem Forum-Neubau nach dem Konzept des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung zu.

Am 26. November 2007 wurde zusammen mit dem damaligen Bundesbauminister Wolfgang Tiefensee in Berlin ein Architektenwettbewerb für das Gebäude des Humboldt-Forums ausgelobt und am 21. Dezember 2007 veröffentlicht. Das Forum solle im Zentrum Berlins zur städtebaulichen Neugestaltung beitragen und einen internationalen kulturellen Dialog der Kunst und der Wissenschaft in einem dafür nach hohen Maßstäben angemessenen Neubau ermöglichen. Nach Architektenauswahl im Juni 2008 für den eigentlichen Wettbewerb (2. Phase) sollte die Jury im November 2008 über die eingereichten Architektenentwürfe entscheiden. In die Jury wurden 15 Preisrichter berufen, darunter u. a. die Architekten David Chipperfield (London), Giorgio Grassi (Mailand), Petra Kahlfeldt (Berlin), Peter Kulka (Dresden), Vittorio Magnago Lampugnani (Mailand) und Hans-Günter Merz (Stuttgart und Berlin) sowie Gesine Weinmiller (Berlin).

Da die dreiseitige Gestaltung der Fassaden des Humboldt-Forums als Replik des seinerzeitigen Berliner Stadtschlosses und des Schlüterhofes sowie eine Kuppel-Ausbildung als Wettbewerbsvorgabe festgelegt waren, war nur die Gestaltung des Neubaus nach Osten und im Inneren – mit Ausnahme des Schlüterhofs – offen. Die Grenzen zwischen Ausstellungs- und Tagungsräumen sollten fließend sein, um der Öffnung für weltweite Kultur- und Themen-Präsentationen Rechnung zu tragen.

Der Architektenwettbewerb wurde am 28. November 2008 durch Prämierung der Entwürfe zum Neubau des Humboldt-Forums abgeschlossen. Zugelassen für die zweite Wettbewerbsphase waren 30 Entwürfe. Nach zweitägigen Beratungen des Preisgerichtes und nach einstimmigem Entscheid gaben der Jury-Vorsitzende Vittorio Lampugnani und Minister Wolfgang Tiefensee vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung bekannt, dass im Architektenwettbewerb für den Neubau des Humboldt-Forums der Entwurf des Architekturbüros Francesco Stella aus Vicenza (Norditalien) mit dem ersten Preis prämiert wurde. Der Preis ist mit 100.000 Euro dotiert. Ein zweiter Preis wurde nicht vergeben, hingegen wurden vier Bewerber mit dem dritten Preis für ihre Entwürfe ausgezeichnet sowie ein Sonderpreis für einen Glasbau anstelle einer Kuppelausbildung über dem Humboldt-Forum ausgereicht. Der Entwurf Stellas sieht neben den vorgeschriebenen Schlossfassaden eine Rekonstruktion der Stüler-Kuppel mit der Schlosskapelle vor. Die Ostfassade zur Spree hin wird ein zurückhaltender, durch eine Fuge vom historisierenden Neubau getrennter Block mit Loggien bilden. Der Baubeginn wird für 2010 angestrebt, die Fertigstellung für 2013.[3]

Am 10. September 2009 erklärte die Vergabekammer des Bundeskartellamtes, basierend auf einen Einspruch des im Wettbewerb unterlegenen Hans Kollhoff, dass die Entscheidung der Wettbewerbskommission für den Entwurf von Francesco Stella nicht den Ausschreibungskriterien entsprach und der im Juni 2009 abgeschlossene Vertrag des Vertrag des Bundesamts für Bauwesen und Raumordnung mit Stella damit nichtig ist.[4] Trotz der vom Bundesbauministerium umgehend angekündigten Beschwerde beim Oberlandesgericht Düsseldorf gegen die Entscheidung der Vergabekammer[5] ist damit der weitere Fortgang der Bauarbeiten wieder offen.

Bauwerk

Dem neuen Humboldt-Forum werden ca. 55.000 m² Flächen zur Verfügung stehen, wovon der größte Anteil voraussichtlich durch den Bund für außereuropäische Sammlungen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz genutzt werden sollen. Da der nicht vom Bund verplante Flächenbereich von ca. 5.000 m² kleiner ausfällt als ursprünglich vorgesehen, reduziert sich auch der Berliner Baukostenanteil.

Baukosten

Es gibt unterschiedliche Angaben über die zu erwartenden Kosten. Der Bundesbauminister möchte mit 552 Mio. Euro Baukosten einschließlich Aufwendungen für die Erstausstattung auskommen; das Land Berlin trägt 32 Mio. Euro.

Nicht bekannt ist, ob hierbei die Kosten für den Umzug der außereuropäischen Sammlungen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz vom alten Standort in den Neubau berücksichtigt sind.

Als bereits eingeplanter Anteil werden rund 80 Mio. Euro an Spenden erwartet – wie bei der Dresdner Frauenkirche sind einige US-Amerikaner an Spendensammlungen bereits aktiv beteiligt. Zu den engagierten US-amerikanischen Persönlichkeiten gehören u. a. der frühere Außenminister Henry Kissinger und der Immobilienhändler Richard B. Cohan, die auch dafür sorgen, dass sich die Spendenaktion in den USA verbreitet.

Keiner der 30 Entwürfe in der Endrunde des Architektenwettbewerbes zum Neubau des Humboldtforums blieb im festgelegten Kostenrahmen.[6]

Nutzung

Das Humboldt-Forum soll als offene Begegnungsstätte internationale Kultur und Kunst mit der Möglichkeit präsentieren, neben Ausstellungen auch Veranstaltungen durchzuführen. Es gilt zudem als Gegenstück zur Museumsinsel, die über 5000 Jahre europäischer Geschichte zeigt: Im Humboldt-Forum soll die außereuropäische Sammlung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz gezeigt werden, die bisher im Museumszentrum Berlin-Dahlem untergebracht ist.

Seit 1989 existiert mit dem Haus der Kulturen der Welt in Berlin bereits eine Institution mit einem ganz ähnlichen Themenschwerpunkt. Das von der Bundesregierung finanzierte Zentrum für zeitgenössische außereuropäische Kunst hat seinen Sitz bisher in der Kongresshalle im Tiergarten. Wie das Haus der Kulturen der Welt zu dem geplanten Humboldt-Forum in Bezug stehen soll, ist noch nicht geklärt.[7]

Verkehrskonzept

Derzeit (Stand: 2010) werden verschiedene Verkehrslösungen für die durch das Humboldt-Forum erweiterte Museumsinsel diskutiert. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung möchte die Durchquerung des Lustgartens mit einem Verkehrsstrom von bis zu 35.000 Fahrzeugen pro Tag beibehalten. Der ADAC hat ein Alternativkonzept zur Umfahrung entwickelt, das allerdings für den Bereich Marx-Engels-Forum gravierende Nachteile mit sich bringt. Daher wurden weitere Alternativen vorgeschlagen, die den Verkehr weitläufig umleiten, um ein zusammenhängendes, verkehrsberuhigtes Forum zu schaffen, das aus Museumsinsel mit Lustgarten sowie Marx-Engels-Forum und Nikolaiviertel besteht.[8]

Literatur

Einzelnachweise

  1. Beschluss des Deutschen Bundestages vom 4. Juli 2002 (pdf-Datei)
  2. Julian Nida-Rümelin: Vorkonzept für eine künftige Nutzung des Berliner Schloss-Areals „Humboldt-Forum“, 29. Oktober 2001, Materialien der Internationalen Expertenkommission Historische Mitte Berlin (pdf-Datei)
  3. Tiefensee: Berliner Stadtschloss bis Ende 2013 fertig. Der Tagesspiegel, 22. November 2008
  4. Andreas Kilb: Berliner Stadtschloss: Blamiertes Preußen. FAZ, 11. September 2009
  5. Pressemitteilung Nr.: 277/2009 des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung vom 11. September 2009
  6. Vgl. Das Schloss könnte aus dem Rahmen fallen. In: Der Tagesspiegel vom 29. November 2008
  7. Zeit Online: „Bye-bye, Abendland“, 3. Juli 2009
  8. Nähere Informationen bei www.berlinertourguide.com