Der Hymen (griechisch ὑμήν "Haut, Häutchen", auch auf Hymenaios, den griechischen Hochzeitsruf, bezogen) – im Deutschen das Jungfernhäutchen, manchmal auch (falsch) „das“ Hymen, veraltet auch die Scheidenklappe[1] – ist eine dünne Membran, die die Vaginalöffnung teilweise überdeckt.
Entwicklung
In den frühen Stadien der fetalen Entwicklung weist die weibliche Vagina keinerlei Öffnung auf. Der Hymen entwickelt sich aus der dünnen Gewebeschicht, die die Vagina vom Sinus urogenitalis trennt, stammt ebenso wie der untere Anteil der Vagina von den Sinovaginalhöckern ab und besteht aus Zellen des Sinus wie der Vagina. Der Hymen öffnet sich normalerweise schon vor der Geburt. Größe und Form desselben unterscheiden sich individuell sehr stark.
Einige der üblichsten Formen sind:
- Anular: der Hymen bildet einen Ring um die Vaginalöffnung.
- Septal: der Hymen bildet ein oder mehrere Gewebebänder über die Vaginalöffnung.
- Cribriform: der Hymen erstreckt sich über die gesamte Vaginalöffnung, weist aber viele kleine Löcher auf.
- Parous Introitus: bezieht sich auf die Öffnung, die nach der Geburt eines Kindes verbleibt, und bezeichnet lediglich Reste des Hymens an den Seiten der Vaginalöffnung.
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Geschlechtsentwicklung in der Embryonalphase
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verschiedene Formen des Hymens
Nur in Ausnahmefällen ist die Vaginalöffnung als eine besondere Form einer Gynatresie völlig vom Hymen verschlossen, was der Mediziner als Hymenalatresie oder Atresia hymenalis (lat.: Hymen imperforatus, engl.: imperforate hymen oder hymenal atresia) bezeichnet. Da in diesem Falle nach Einsetzen der Regelblutung das Menstruationsblut nicht abfließen kann, kommt es hier allmählich zur Bildung eines sogenannten Hämatokolpos oder Hämatometra (die Scheide bzw. die Gebärmutter sind mit Blut gefüllt). Das lässt sich mit einem kleinen chirurgischen Eingriff beheben, hierbei wird in Narkose der Hymen eröffnet.
Defloration
Viele Menschen haben die Vorstellung, dass der Hymen beim ersten Geschlechtsverkehr, der Defloration, einreiße. Daher wird sein Unbeschädigt sein in Kulturen, in denen auf die weibliche Keuschheit bis zur Ehe großer Wert gelegt wird, als Beleg für die Jungfräulichkeit und für Reinheit gewertet; als Nachweis gilt das Blut des zerrissenen Hymens in der Hochzeitsnacht.
Tatsächlich haben aber über die Hälfte der Frauen bei ihrem ersten Geschlechtsverkehr keine Blutungen,[2] auch der Hymen wird nicht immer beschädigt.
Der Hymen kann durch körperliche Betätigungen wie Radfahren, Gymnastik, durch Stürze oder Masturbation beschädigt oder eingerissen werden. Der Hymen kann durch die Verwendung von Tampons bei der Menstruation reißen, da Tampons durch die Verwendung zum Teil eine erhebliche Größenzunahme erfahren, die das Entfernen ohne Verletzung des Hymens unmöglich machen kann. Es gibt Frauen, welche bereits ohne Hymen geboren werden. Manchmal ist der Hymen auch so stabil, dass eine chirurgische Öffnung notwendig ist, um schmerzfreien Geschlechtsverkehr zu ermöglichen. Eine solche operative Hymenentfernung wird als Hymenektomie bezeichnet. Wegen der vielfältigen Variationen kann der Zustand des Hymen daher nicht als Beweis oder Gegenbeweis der Jungfräulichkeit dienen.
Bei einer gynäkologischen Untersuchung wird auf den Erhalt des Hymens geachtet. Oft ist er so elastisch, dass auch bei einer Jungfrau die vorsichtige vaginale Untersuchung unter Erhalt des Hymens möglich ist.
Bei der chirurgischen Wiederherstellung des Hymens (Hymenalrekonstruktion) wird der Hymenalsaum operativ wieder aufgebaut, so dass er beim Geschlechtsverkehr einreißt und zu bluten beginnt, um den gewünschten „Beweis der Jungfräulichkeit“ liefern zu können.
Hymen bei Säugetieren
Bei den meisten Säugetieren ist der Hymen nur in Form einer kleinen Ringfalte an der Grenze zwischen Scheidenvorhof und Scheide ausgebildet.
Einzelnachweise
- ↑ Fr. Kopsch: Rauber Kopsch Lehrbuch und Atlas der Anatomie des Menschen, Abteilung 4 Eingeweide, 13. Auflage, Georg Thieme Verlag Leipzig, 1929
- ↑ J. McCann, A. Rosas, S. Boos: Child and adolescent sexual assaults (childhood sexual abuse). In: Jason Payne-James, Anthony Busuttil, William Smock (Hrsg): Forensic Medicine: Clinical and Pathological Aspects. Greenwich Medical Media, London 2003, S. 460.
Weblinks
- Hymen-Galerie – medizinische Zeichnungen unterschiedlicher Hymentypen
- Evaluating the child for sexual abuse; S. Lahoti et al; Am Fam Physician. 2001 Mar 1;63(5):843-4, 846; PMID 11261865 (Beschreibung sinnvollen ärztlichen Vorgehens bei Verdacht auf sexuellen Missbrauch, Gegenüberstellung normaler anatomischer Verhältnisse und nach Schädigungen)