KZ-Außenlager Hailfingen-Tailfingen

Außenstelle des KZ Natzweiler-Struthof von November 1944 bis Februar 1945
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KZ-Außenlager Hailfingen-Tailfingen
Koordinaten: 48° 32′ 24″ N, 8° 51′ 48″ O
Karte: Deutschland
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Außenlager

Das KZ-Außenlager Hailfingen-Tailfingen war von November 1944 bis Februar 1945 eine Außenstelle des KZ Natzweiler-Struthof.

Lage

 
Sportplatz Tailfingen

Das Gelände des ehemaligen Militärflugplatzes liegt unscheinbar zwischen Gäufelden-Tailfingen und Hailfingen. Der kleine Wald „Vordere Mark“ besteht heute noch, allerdings fiel ein Großteil dessen Fläche dem Bau des Flugplatzes zum Opfer. Der Hangar mit den jüdischen Häftlingen stand auf dem heutigen Gelände des Sportplatzes Tailfingen.

Nachtjägerflugplatz

Mit dem Bau des Nachtjägerflugplatzes wurde 1938 begonnen. Für weitere Baumaßnahmen wurde von November 1944 bis zur Evakuierung im Februar 1945 ein Außenlager des KZs Natzweiler-Struthof eingerichtet. 600 jüdische Häftlinge wurden aus dem KZ Stutthof bei Danzig nach Tailfingen gebracht.

Arbeits- und Lebensbedingungen

Die 600 Häftlinge mussten in nahegelegenen Steinbrüchen Zwangsarbeit verrichten. Zusätzlich wurden sie zum Bau und Ausbesserung der Start- und Landebahn, Straßen- und Gleisbau und der Errichtung von Hallen eingesetzt. Untergebracht wurden die Häftlinge in einer Flugzeughalle auf dem Flugplatz.

Verbleib der Häftlinge und Toten

Aufgrund der katastrophalen Arbeits- und Lebensbedingungen starben dort nachweislich mindestens 186 Menschen. Anfangs wurden die Toten ins Krematorium nach Reutlingen und Esslingen gebracht, später in einem Massengrab auf dem Gelände verscharrt.

Als die Alliierten näherrückten, wurden Mitte Februar 1945 die Bauarbeiten abgebrochen und der Platz geräumt. Ein Transport ging nach Vaihingen an der Enz. Mindestens 48 der 111 Häftlinge, die am 13. Februar dorthin transportiert wurden, starben in den Wochen bis zum 6. April 1945. Die SS schaffte die Häftlinge, die sie für transportfähig hielt, wenige Tage vor der Befreiung von dort ins Außenlager des Konzentrationslagers Dachau nach Allach. Von dort wurden viele Häftlinge auf sogenannte Evakuierungsmärsche geschickt, die für viele Gefangene den Tod zur Folge hatten.

Ein letzter Transport verließ Hailfingen am 14. Februar 1945. Die bis dahin in Hailfingen gebliebenen 296 Häftlinge wurden nach Dautmergen deportiert; von ihnen starben dort nachweislich neun. Bis zur Befreiung starben in den nachfolgenden Lagern nachweislich 84 Gefangene. Von 267 Häftlingen sind inzwischen Todesdatum und Todesort bekannt. Es ist allerdings davon auszugehen, dass die tatsächlichen Opferzahlen weit höher liegen. Das Schicksal von etwa 200 Häftlingen ist bis heute ungeklärt. Von 124 jüdischen Häftlingen weiß man, dass sie überlebt haben.

Man muss davon ausgehen, dass weniger als die Hälfte, möglicherweise sogar nur ein Viertel der 600 KZ-Häftlinge die Befreiung durch die Alliierten erlebt haben.

Am 2. Juni 1945 wurden die Toten des Massengrabes geborgen. Es wurde festgestellt, dass einige lebendig begraben worden waren oder Strangulationsmerkmale aufwiesen. Die Bewohner der umliegenden Ortschaften wurden mit den Toten konfrontiert und zum Teil von französischen Besatzungssoldaten misshandelt, infolge dessen zwei Menschen starben.

Am Tag darauf wurden 72 tote KZ-Häftlinge in Tailfingen beigesetzt. Zu ihrer Ehre wurden die Särge auf Militärlastwagen geladen und zum Friedhof Tailfingen gefahren, wo im Auftrag der französischen Besatzung ein Holzkreuz aufgestellt wurde.

Verbleib des Geländes

 
Informationstafel, 1988/1989
 
Mahnmal
 
Mahnmal - Detail

Nach der Befreiung des Außenlagers wurde das Gelände als Gokart-Bahn und für Windhund-Rennen genutzt. Es wurde auch eine Wiederherstellung als Zivilflugplatz erwogen, aber nie durchgeführt. Die Lage des Massengrabs ist ungeklärt. Da die Hinweistafel im Winter 88/89 beschmiert worden war, wurde sie erneuert, indem man den nahezu identischen Text (erweitert um den Hinweis der Erneuerung der Tafel) auf die Rückseite der bestehenden Tafel aufbrachte. Vorder- und Rückseite weisen eine unterschiedliche Lage des Massengrabs auf.

Reste der Anlage wurden gem. § 2 des Denkmalschutzgesetzes als archäologisches Kulturdenkmal ausgewiesen, 2007 auf der Gemarkung Tailfingen, 2008 auf der Gemarkung Hailfingen. Da die Start- und Landebahn als "Geschützter Grünbestand" ausgewiesen ist, ist sie verwuchert und mit Wald bedeckt. Aufgrund der Tatsache, dass auf dem Gelände nur eine Hinweistafel steht, war dieses Außenlager bisher wenig präsent.

Auf dem Tailfinger Friedhof haben die Söhne von Ignac Klein in den 1960er Jahren einen Grabstein errichtet.[1]

1986 wurde die Grabstätte auf dem Tailfinger Friedhof neu gestaltet.

Als KZ-Gedenkstätte Hailfingen-Tailfingen wurde am 6. Juni 2010 am westlichen Ende des ehemaligen Flugplatzes ein Mahnmal für alle KZ-Haftlinge eingeweiht und im Tailfinger Rathaus eine Ausstellungs- und Dokumentationsstelle eingerichtet. Dafür entstand Ende 2008 ein Dokumentarfilm "Das KZ-Außenlager Hailfingen/Tailfingen" von Bernhard Koch in Zusammenarbeit mit Gegen Vergessen - Für Demokratie. Außerdem erschien 2008 im Metropol-Verlag (Berlin) das Gedenkbuch "Jeder Mensch hat einen Namen - Gedenkbuch für die 600 jüdischen Häftlinge des KZ-Außenlagers Hailfingen/Tailfingen" von Volker Mall und Harald Roth.

Die Stadt Rottenburg hat im Mai 2010 auf dem Flugplatzgelände ein Mahnmal zur Erinnerung an die jüdischen Opfer aufgestellt, das am 6. Juni 2010 eingeweiht wurde.

Literatur

  • Dorothee Wein / Volker Mall / Harald Roth: Spuren von Auschwitz ins Gäu. Das KZ-Außenlager Hailfingen / Tailfingen. Verein Gegen Vergessen für Demokratie e.V. Sektion Böblingen / Herrenberg / Tübingen (Hrsg.). Markstein Verlag für Kultur- und Wirtschaftsgeschichte. Filderstadt 2007, ISBN 978-3-935129-31-2.
  • Dorothee Wein / Volker Mall / Harald Roth: Hailfingen, in : Benz/Distel (Hrsg.), Der Ort des Terrors, Bd. 6, C.H. Beck, München 2007, S. 99-103, ISBN 978-3-406-52966-6
  • Volker Mall / Harald Roth: "Jeder Mensch hat einen Namen" - Gedenkbuch für die 600 jüdischen Häftlinge des KZ-Außenlagers Hailfingen/Tailfingen, Metropol-Verlag, Berlin 2009, ISBN 978-3-940938-39-8.
Commons: KZ-Außenlage Hailfingen-Tailfingen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus. Eine Dokumentation, Bd.I, Bonn 1995, S. 36f., ISBN 3-89331-208-0