Ring (Algebra)

algebraische Struktur, für die Addition, Multiplikation und ggf. mehr (Ringaxiome) definiert sind
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Ring

berührt die Spezialgebiete

ist Spezialfall von

umfasst als Spezialfälle

Die Ringtheorie ist ein Teilgebiet der Algebra, das sich mit den Eigenschaften von Ringen beschäftigt. Ein Ring ist eine algebraische Struktur, in der, ähnlich wie in den ganzen Zahlen , Addition und Multiplikation definiert und miteinander bezüglich Klammersetzung verträglich sind.

Die Namensgebung Ring bezieht sich nicht auf etwas anschaulich Ringförmiges, sondern auf einen organisierten Zusammenschluss von Elementen zu einem Ganzen. Diese Wortbedeutung ist in der deutschen Sprache ansonsten weitgehend verloren gegangen. Einige ältere Vereinsbezeichnungen (wie z. B. Deutscher Ring, Weißer Ring) oder Ausdrücke wie „Verbrecherring“ weisen noch auf diese Bedeutung hin. Das Konzept des Ringes geht auf Richard Dedekind zurück; die Bezeichnung Ring wurde allerdings von David Hilbert eingeführt.[1][2]

Definitionen

Ring

Ein Ring ist eine Menge   mit zwei inneren binären Verknüpfungen „+“ und „·“, sodass gilt

  und   für alle   erfüllt sind.

Das neutrale Element 0 von   heißt Nullelement von R.

Ein Ring heißt kommutativ, falls er bezüglich der Multiplikation kommutativ ist.

Ring mit Eins

Gilt schärfer anstelle der zweiten Bedingung:

  •   ist ein Monoid

so bezeichnet man das neutrale Element bezüglich der Multiplikation als Eins oder Einselement 1 des Ringes und nennt R einen Ring mit Eins oder unitären Ring.

Abschwächung der Axiome

Wenn ein Ring eine Eins besitzt, dann muss nicht gefordert werden, dass die Addition kommutativ ist. Diese Eigenschaft folgt dann aus den restlichen Ringaxiomen. Für alle   gilt:

 

 

Addiert man diese Gleichung von links mit   und von rechts mit  , so erhält man:

 

Insgesamt wurden mit Ausnahme des Assoziativgesetzes der Multiplikation alle Axiome eines unitären Rings benutzt. Die Argumentation ist also auch für nicht-assoziative unitäre Ringe gültig.

Unterring

Eine nichtleere Untermenge   eines Ringes   heißt Unterring von  , wenn   zusammen mit den beiden auf   eingeschränkten Verknüpfungen von   wieder ein Ring ist.

U ist genau dann ein Unterring von R, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:

  •  
  •  
  •  

Achtung: Auch wenn R ein Ring mit Eins ist, so muss die Eins nicht notwendigerweise in U enthalten sein! U kann auch ein Ring ohne Eins sein - etwa   - oder eine andere Eins haben, etwa   für  .

Natürlich ist - wie bei Untergruppen - der Durchschnitt von Unterringen wieder ein Unterring, und wie dort wird auch der von   erzeugte Unterring definiert, nämlich als Durchschnitt aller A umfassenden Unterringe von R.

Oberring

Ein Ring   heißt Oberring oder Erweiterung eines Ringes  , wenn   ein Unterring von   ist.

Invertierbarkeit, Einheit

Existiert in einem Ring mit Eins zu einem Element   ein Element  , so dass   (bzw.  ) gilt, so nennt man   ein Linksinverses (bzw. Rechtsinverses) von  . Besitzt   sowohl Links- als auch Rechtsinverses, so nennt man   invertierbar oder Einheit des Ringes. Die Menge der Einheiten eines Ringes   mit Eins wird gewöhnlich mit   bezeichnet.   bildet bezüglich der Ringmultiplikation eine Gruppe – die Einheitengruppe des Ringes. Ist  , so ist R ein Schiefkörper, ist R darüber hinaus kommutativ, so ist R ein Körper.

In kommutativen Ringen mit Eins (insbesondere Integritätsringen) definiert man alternativ die Einheiten auch als diejenigen Elemente, die die Eins teilen. Dass   die Eins teilt, heißt nämlich dass es   gibt mit  . Man sieht, dass die Eigenschaft, Teiler von Eins zu sein, und die Eigenschaft, invertierbar zu sein, hier dasselbe bedeuten. Diese Alternativdefinition funktioniert aber erst in kommutativen Ringen, da erst dort die Teilbarkeit erklärt wird.

Ideal

Hauptartikel: Ideal (Ringtheorie)

Zu einem Ring   heißt eine Teilmenge   von   Linksideal (bzw. Rechtsideal), wenn gilt:

  •   ist eine Untergruppe von  .
  • Für alle   und   ist ebenfalls   (bzw.  

Ist   sowohl Links- als auch Rechtsideal, so heißt   Ideal.

Jedes (Links- bzw. Rechts-)Ideal   ist ein Normalteiler in  , da   eine kommutative Gruppe ist und damit jede Untergruppe normal. Ideale sind außerdem besondere Unterringe von  , die in Ringen die Rolle der Normalteiler in Gruppen übernehmen. Enthält in einem Ring mit Eins ein (Links-, Rechts-)Ideal die Eins, so umfasst es ganz  . Da   auch Ideal ist, ist   das einzige (Links-, Rechts-)Ideal, das die Eins enthält.   und   sind die sogenannten trivialen Ideale.

Ringhomomorphismus

Hauptartikel: Ringhomomorphismus

Für zwei Ringe R und S heißt eine Abbildung

 

Ringhomomorphismus (kurz Homomorphismus), falls für alle   gilt:

  und
 

Die Verknüpfungen auf der linken Seite sind natürlich jene in  , die auf der rechten jene in  .

nullteilerfreier Ring

In einem nullteilerfreien Ring ist ein Produkt genau dann 0, wenn mindestens einer der beiden Faktoren 0 ist. Deshalb ist in nullteilerfreien Ringen das Kürzen von Gleichungen möglich. Das heißt, dass für   die Implikation

 
gilt.

Beispiele

Das wichtigste Beispiel eines Ringes ist die Menge   der ganzen Zahlen mit der üblichen Addition und Multiplikation. Es handelt sich dabei um einen nullteilerfreien kommutativen Ring mit Einselement, also einen Integritätsring.

Ebenso bildet   der rationalen Zahlen mit der üblichen Addition und Multiplikation einen Ring. Da in diesem Fall nicht nur  , sondern auch   eine abelsche Gruppe bildet, liegt sogar ein Körper vor; es handelt sich dabei um den Quotientenkörper des Integritätsringes  .

Kein Ring ist die Menge   der natürlichen Zahlen mit der üblichen Addition und Multiplikation, da die Addition über den natürlichen Zahlen nicht invertierbar ist.

Weitere wichtige Beispiele von Ringen sind Restklassenringe, Polynomringe und quadratische Matrizen mit fixer Dimension. Insbesondere Restklassenringe und quadratische Matrizen liefern Beispiele von Ringen, die nicht nullteilerfrei sind. Quadratische Matrizen sind darüber hinaus ein Beispiel eines Rings, bei dem die Multiplikation nicht kommutativ ist.

Ein Beispiel eines Rings ohne Eins sind die geraden ganzen Zahlen, ebenso bilden alle ganzen Zahlen, die Vielfache einer gegebenen ganzen Zahl größer eins sind, einen Ring ohne Eins. Allgemein ist jedes echte Ideal eines Rings ein Ring ohne Eins.

Eigenschaften

  • Die allgemeine Durchführbarkeit der Subtraktion ergibt sich aus den Gruppenaxiomen der Addition.
  • Jeder Ring R ist ein Modul über sich selbst (mit sich selbst als zugrundeliegendem Ring). Die Ideale im Ring R sind gerade die Untermoduln dieses Moduls R.

Spezialfälle

Idempotenter Ring
Ein idempotenter Ring ist ein Ring, der zusätzlich das Idempotenzgesetz   erfüllt. Jeder idempotente Ring ist kommutativ.
Boolescher Ring
Ein Boolescher Ring ist ein idempotenter Ring mit Eins.
Lokaler Ring
Ein lokaler Ring ist ein Ring, in dem es genau ein maximales Linksideal (oder Rechtsideal) gibt. Nicht wenige Autoren verlangen, dass ein lokaler, kommutativer Ring zusätzlich noethersch sein muss und nennen einen nichtnoetherschen Ring mit genau einem maximalen Ideal einen quasi-lokalen Ring. In der Wikipedia lassen wir diese Zusatzforderung weg und sprechen ggf. explizit von noetherschen lokalen Ringen.
Integritätsring
Ein Integritätsring oder Integritätsbereich ist ein nullteilerfreier, kommutativer Ring mit einer Eins, die verschieden ist von der Null. Jeder endliche Integritätsring ist ein Körper.
Faktorieller Ring, ZPE-Ring
Ein faktorieller Ring oder ZPE-Ring ist ein Integritätsring, in dem alle Elemente außer der Null eine eindeutige Zerlegung in Primfaktoren besitzen.
Hauptidealring
Ein Hauptidealring ist ein Integritätsring, in dem jedes Ideal ein Hauptideal ist. Jeder Hauptidealring ist ein ZPE-Ring.
Euklidischer Ring
In einem euklidischen Ring gibt es eine Division mit Rest. Dadurch kann der größte gemeinsame Teiler zweier Elemente mit Hilfe des euklidischen Algorithmus berechnet werden. Jeder euklidische Ring ist ein Hauptidealring.

Verallgemeinerungen

Halbring
Bei einem Halbring ist   keine abelsche Gruppe sondern nur eine Halbgruppe, die auch oft (je nach Definition) kommutativ und/oder ein Monoid   sein soll, für den dann zusätzlich   für alle   gelten muss (die Definitionen sind nicht einheitlich).
Fastring
Bei einem Fastring wird nur eines der beiden Distributivgesetze gefordert und die Addition muss nicht kommutativ sein.

Siehe auch

Literatur

  • Siegfried Bosch: Algebra. Springer-Verlag, Berlin 2006, ISBN 978-3-540-29880-9.
  • Robert Wisbauer: Grundlagen der Modul- und Ringtheorie. Ein Handbuch für Studium und Forschung. Fischer, München 1988, ISBN 3-88927-044-1.
  • Serge Lang: Algebra. Revised 3rd Edition, Springer-Verlag, 2002, ISBN 0-387-95385-X.
  • Hideyuki Matsumura: Commutative Ring Theory. Cambridge University Press, Cambridge 1989, ISBN 0-521-36764-6.
  • David Eisenbud: Commutative Algebra with a View Toward Algebraic Geometry. Springer-Verlag, New York 1996. ISBN 0-387-94269-6.

Einzelnachweise

  1. Earliest Known Uses of Some of the Words of Mathematics (R) (17. Juli 2007)
  2. The development of Ring Theory (17. Juli 2007)