Myers-Briggs-Typenindikator

Persönlichkeitsmodell
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Der Myers-Briggs-Typindikator, kurz MBTI (von englisch Myers-Briggs type indicator - nach Katharine Briggs und Isabel Myers) ist ein Werkzeug der Psychologie zur Einschätzung der Persönlichkeit. Es stellt eine Form der Temperament-Kategorisierung dar.

Der MBTI ist eine Weiterentwicklung der Typologie von Carl Gustav Jung, der seine Beobachtungen niederschrieb. Katherine Briggs und deren Tochter Isabel Myers griffen diese auf und führten Messreihen durch. Sie nutzten die Ergebnisse um ein Institut zu gründen, das Persönlichkeitseinschätzung kommerziell angeboten hat. Der Begriff MBTI ist in diesem Sinne eine Schutzmarke des amerikanischen Unternehmens CPP Inc. und der Begriff MBTI blieb in Europa weithin unbekannt.

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Temperamente mit den vier
Hauptklassen nach Keirsey

Durch die Publikationen von David Keirsey gewann die Jung'sche bzw. Myers-Briggsche Einschätzung eine erweiterte Bekanntheit. Die Temperamenteinschätzung wird gern im Personalwesen eingesetzt, da es charakteristische Korrelationen von MBTI-Typus und beruflicher Eignung gibt.

Ähnlich wie in der Astrologie existiert die Kritik der selbsterfüllenden Einschätzungen. Wer sich einem Typ zuordnet, passt sich dem beschriebenen Eigenschaftsprofil zunehmend an. Neben einem Haupttyp kann man leicht Übereinstimmungen mit einigen anderen der 16 Unterklassen finden, und so je nach Tagesform und Situation über mehrere Klassen changieren. Es ist jedoch offenbar, dass Menschen nicht in allen vier Dimensionen der MBTI Einschätzung variabel sind, sodaß die Zuordnung eng beschränkt bleibt.


Klassifikation

Carl Gustav Jung bemerkte in seinem täglichen Umgang mit Patienten, dass der Umgang mancher Menschen mit der Welt schlicht anders ist als sein eigener. Er notierte diese Beobachtungen und deren charakteristischen Merkmale, benannte sie und machte sich die Kenntnis der Temperamenteinschätzung wieder für seine Arbeit zu nutze. Grundlegend für das Modell ist die Einschätzung des Temperaments in vier Dimensionen, die in der MBTI-Notation mit vier Buchstaben notiert werden, und jeweils die dominierende Richtung in dieser bezeichnet. Die Abfolge der Buchstaben entspricht der Signal-Reaktion Verarbeitung im Gehirn, geteilt in zwei Wahrnehmungsfunktionen und zwei Beurteilungsfunktionen (bei Jung waren es zwei plus eine).

  • I bis E - Introversion bis Extraversion
Dies beschreibt die Motivation zur Sinneserfahrung. Diese Unterscheidung ist weit geläufig. Ein aussenorienter Mensch ist kontaktfreudiger und handlungsbereiter, ein innenorienter Mensch konzentrierter und intensiver. Man spricht auch von der Tendenz zur Weite (E) bis Tiefe (I) der Sinneserfahrung.
  • N bis S - Intuition bis Sensing
Dies beschreibt die Filterung der Sinneseindrücke, der sensorische Geist wichtet die "Rohdaten" bzw. reinen Eindrücke am höchsten, der intuitive Geist kann auch auf einen sechsten Sinn zurückgreifen, und Stimmungen erfassen, die mehr aus der Erfahrung denn den realen Informationen stammen.
  • F bis T - Feeling bis Thinking
Dies beschreibt die Strukturierung der Eindrücke zu einem Handlungsmodell, der Denker (thinking) kategorisiert stark und führt auf wenige Grundelemente zurück von denen gesicherte Handlungsvorschläge existieren, von denen der stärkste verwendet wird. Der Fühlende (feeling) aktiviert weit mehr Erinnerung, und bezieht auch Seitenbedingungen mit ein, die in komplexen sozialen Situationen wichtig sein können.
  • J bis P - Judging bis Perceiving
Dies beschreibt die Sicherheit über das erkannte Modell, dass in Aktionen umgesetzt wird. Wenn das erkannte (perceived) Modell als weitgehend korrekt angesehen wird, kann man es viel straffer umsetzen. Wenn man Unwaegbarkeiten im Modell sieht, die sich erst im weiteren Verlauf klären werden, so muss man im weiteren Verlauf korrigierend beurteilen (judging).

Jeder Mensch ist in der Lage, entsprechend den vorliegenden Ereignissen angepasst zu handeln, jedoch bevorzugen die Menschen bestimmte Herangehensweisen. Dies wird hier als Temperament bezeichnet. Grundsätzlich sind Menschen von Natur aus eher defensiv eingestellt, arbeiten eher introviert und korrigierend. Die Zivilisation fördert jedoch die Ausbildung offensiver straffer Charaktere.

Über Gruppenstudien wurden Tests entwickelt, die ohne Einzelgespräch schon eine Abschätzung des MBTI-Typus erlauben. Wenn ein solcher Test I(3) S(5) T(6) J(5) ergibt, dann schreibt man kurz iSTj als Kurzbezeichung. Jedes Vierertupel hat dabei auch Eigennamenstock, die jedoch zeitbezogen und landesbezogen verschieden sein können, und Assoziationen mit typischen Beobachtungen des sozialen Lebens nahelegen sollen. Der iSTj heisst so auch "Inspektor" und beschreibt besonders verlässliche Zeitgenossen.

Testbogen

Der Test zur Abschätzung des MBTI erfolgt in der Regel zweistufig, in dem zuerst ein Testbogen ausgefüllt werden, und das Ergebnis anschliessend mit dem Probanden diskutiert wird. Der Testbogen selbst enthält eine lange Serie dichotomer Fragen, der Beantwortung auch ausbleiben kann - als Antwortmöglichkeiten stehen also je Frage "eher ja", "eher nein" und "weiss nicht".

Von den möglichen Fragestellungen werden für den Testbogen jene mit möglichst diskrimierendem Wert verwendet, deren Antwort häufig von einem erwarteten Mittelwert abweicht. Es darf so verschiedene Testbögen geben, sinnvoll sind diese jedoch nur, wenn sie mittels eines Gruppentests geeicht wurden. Neben den offiziellen MBTI-Testbögen der Firma CPP ist weithin noch der "Keirsey Temperament Sorter" bekannt, der geeicht wurde und kostenlos zur Verfügung steht. Es gibt verschiedene Webseiten, die den Keirsey-Test in vielen Sprachen online stellen.

Die Diskussion des Testergebnisses sollte immer erfolgen, da die Zusammenstellung und Wertung der Teilfragen letztlich willkürlich ist. Die Jung'sche Beobachtung verschiedener Temperamentklassen bleibt jedoch bestehen, bei denen sich Charakteristika der Herangehensweisen an Aufgaben gruppieren lassen und zuordnen lassen, letztlich typisch sind. Ohne Einzelgespräch erfolgt dies, in dem man die Beschreibungen der 16 Temperamentypen nachliest, und der Proband selbst den passendsten wählt. Das Ergebnis des Testbogens gibt dabei einen Hinweis, welcher Temperamenttyp am wahrscheinlichsten ist, nur selten wählt man abweichend einen Typus als passendsten, bei dem ein Vorzeichen einer Dimension verkehrt ist.

Die Einfachheit dieser Testmethode ist zugleich vorteilhaft wie kritikwürdig. Insbesondere wird kein Maß der Variabilität der Herangehensweisen aufgestellt, die bei allen Menschen vorhanden aber meist stark beschränkt ist. Die Mittelantwort heisst "weiss nicht" und nicht "mal so mal so", auf letzteres sind die Testbögen nicht geeicht.

Anwendung

Die Anwendung der MBTI-Tests bei Arbeitseinstellungen ist insbesondere im angloamerikanischen Raum gebräuchlich. Dies basiert auf statistischen Erhebungen, in denen deutliche Korrelationen zwischen dem Arbeitsfeld, dem Temperament und der Zufriedenheit der Arbeitenden mit dem Arbeitsfeld gefunden wurden. Hier ergibt sich die Vermutung, dass eine zum Job passende Persönlichkeit langfristig bessere Arbeitsleistungen liefert, z.B. seltener krank wird.

Kritik an der Verwendung bei Einstellungstests ergibt sich in soweit, dass Menschen sich auch an ihre Umwelt anpassen und mit der Zeit in die Anforderungen des Arbeitsfeldes hineinwachsen. Der MBTI beschreibt nicht andere wichtige Faktoren der langfristigen Anpassung wie Intelligenz und Disziplin. Der MBTI Wert ist nur ein Wert unter mehreren zur besseren Persönlichkeitseinschätzungen über die persönliche Menschenkenntnis hinaus.

Die Verfügbarkeit von Testbögen hat auch die Anwendung von MBTI-artigen Systemen ausserhalb der beruflichen Eignung hervorgebracht. So werden im angloamerikanischen Raum auch in der Eheberatung diese Tests eingesetzt, um den Partnern Hinweise geben zu können, auf welche Temperamentsunterschiede Rücksicht genommen werden muss. Die Erfolge haben jedoch teils auch zu einer Überbewertung des MBTI geführt.

Für den privaten Gebrauch kann mit anderen Testbögen verglichen werden, die etwa in Zeitschriften abgedruckt werden. Diese sind häufig ebenfalls dichtom aufgebaut, die Punkte werden aufsummiert und ergeben eine Klassenzuordnung. In der Regel wurden diese Testbögen nicht mit Gruppentests geeicht, sodass die Klassenzuordnung schon fragwürdig ist, und die in der Klassenzuordnung gegebenen Verhaltenstipps sind in der Regel ebenfalls nicht durch Studien belegt.

Demgegenüber existieren im MBTI-Umfeld jahrzehntelange Erfahrungen einschliesslich fundierter Studien zu Korrelationen der definierten Typen mit fast jedem anderen Feld der Psychologie bzw. Soziologie. Der Grad der Anwendbarkeit des MBTI kann so fallweise belegt oder auch widerlegt werden. Wenn er auch nicht allein stehen kann, so bringt die Kenntnis über den eigenen und anderer MBTI-Typen mehr als beliebige Zeitschriftentests oder Astrologie.

Gunter Dueck greift in einigen seiner Werke auf das MBTI-Modell (wobei er die Ausführungen von David Keirsey benutzt) zurück und entwirft darauf basierend sogar sein eigenes Charakter-Modell.