Gerhard „Gerd“ Müller (* 3. November 1945 in Nördlingen), genannt Der Bomber der Nation, Der Bomber oder Kleines dickes Müller, ist ein ehemaliger deutscher Fußballspieler.
Gerd Müller | ||
Gerd Müller 2006
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Personalia | ||
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Voller Name | Gerhard Müller | |
Geburtstag | 3. November 1945 | |
Geburtsort | Nördlingen, Deutschland | |
Größe | 176 cm | |
Position | Angriff |
Sein Markenzeichen war die blitzschnelle Drehung auf engstem Raum mit überraschendem Torschuss selbst aus ungünstigsten Positionen. Das geschickte Ausnutzen von Unaufmerksamkeiten der gegnerischen Abwehr („Abstaubertore“) machte ihn ebenso bekannt. Berühmt ist sein Zusammenspiel mit Franz Beckenbauer, der ihn mit vielen Traumpässen bediente. Seine Auftritte im sogenannten Jahrhundertspiel gegen Italien während der WM 1970 sowie im WM-Finale von 1974 sind legendär. Wegen seiner Torgefährlichkeit stellten viele Mannschaften gleich zwei Gegenspieler zu seiner Manndeckung ab.
Karriere
Vereine
Müller begann seine Fußballkarriere beim TSV 1861 Nördlingen, für den er in der Saison 1962/1963 in der A -Jugend 180 der insgesamt 204 Treffer erzielte. Nachdem er sich beim TSV 1860 München beworben hatte, kam zur Vertragsunterzeichnung ein Vertreter Bayern Münchens dem der 60er um wenige Stunden zuvor. Müller glaubte bis zur Unterschrift, die Herren aus München seien vom TSV 1860. Doch die Bayern waren ihm genau so recht. Und so wechselte er 1964 zum FC Bayern München in die Regionalliga Süd (damals die zweithöchste Spielklasse). 1965 stieg der Verein in die Bundesliga auf. In der Aufstiegssaison erzielte Gerd Müller in seinem ersten Jahr beim FC Bayern gleich 33 Tore bei 26 Einsätzen.
Mit dem FC Bayern gewann der Stürmer viermal die Deutsche Meisterschaft, viermal den DFB-Pokal, dreimal den Europapokal der Landesmeister, einmal den Europapokal der Pokalsieger sowie den Weltpokal. Er wurde siebenmal Torschützenkönig der Bundesliga, zweimal Europas Torschützenkönig, zweimal Deutschlands Fußballer des Jahres und einmal - als erster Deutscher - Europas Fußballer des Jahres. Gerd Müller erzielte in fünf Spielzeiten je 30 oder mehr Tore, in der Saison 1971/72 erzielte er 40 Tore, eine seither nicht mehr erreichte Anzahl.
In den europäischen Vereinswettbewerben erzielte er 66 Tore in 74 Spielen und führte damit die Rangliste lange Zeit (nur Raul und Inzaghi sind knapp besser) deutlich an. 35 gelangen ihm im Europapokal der Landesmeister-Wettbewerb, in dem er mit einer Quote von 1,0 die beste Quote der Top-12-Torschützen aufweist, 20 im Europapokal der Pokalsieger-Wettbewerb, 7 im Messepokal- und 4 im UEFA-Pokal-Wettbewerb.[1]
Im Jahr 1979 wechselte er in die North American Soccer League (NASL) zu den Fort Lauderdale Strikers, für die er bis 1981 spielte. Im Herbst 1979 wollte Müller während der NASL-Winterpause für ein halbes Jahr nach München zurückkehren. Er trainierte bereits mit der Mannschaft des TSV 1860 München, der Wechsel scheiterte jedoch an finanziellen Forderungen seitens Fort Lauderdale.[2] Anschließend folgte noch ein Jahr bei dem Klub Smiths Brothers Lounge, bei dem er 1982 seine Karriere beendete.
Nationalmannschaft
Seine Karriere in der A-Nationalmannschaft begann am 12. Oktober 1966 in Ankara gegen die Türkei. Vor seinem zweiten A-Länderspiel stand er im Aufgebot der U-23-Nationalmannschaft, die am 16. November 1966 in Bukarest durch seinen Treffer zu einem 1:1 kam. In seinem zweiten A-Länderspiel am 8. April 1967 in Dortmund gegen Albanien erzielte er die ersten vier seiner 68 Tore in der Nationalelf - eine Zahl, die ihm noch drei weitere Male gelang. Zudem gelangen ihm in vier Spielen jeweils drei Tore. Damit ist er der Spieler, dem es am häufigsten gelang mindestens drei Tore in einem Spiel zu erzielen. Nur in 24 seiner 62 Länderspiele schoss er kein Tor. Er ist bis heute der erfolgreichste Torschütze der deutschen Nationalmannschaft, gefolgt von Miroslav Klose (48 Treffer), Jürgen Klinsmann und Rudi Völler (jeweils 47 Treffer).
Der erste Höhepunkt seiner Länderspielkarriere war das Halbfinale der WM 1970 in Mexiko gegen Italien, in dem er zwei Tore in der Verlängerung schoss (Endstand 3:4). Als Müller bei diesem Spiel zwei Verteidigern auf der Torlinie den schon geklärten Ball noch vom Fuß ins Tor spitzelte, kommentierte dies Fernsehreporter Ernst Huberty mit den Worten: Wenn Sie jemals ein echtes Müller-Tor gesehen haben, dann jetzt. Wegen seiner Klasse und Spannung wurde das Spiel selbst als Jahrhundertspiel bekannt, Müller wurde bei dem Turnier mit 10 Treffern Torschützenkönig.
1972 wurde Gerd Müller mit der DFB-Auswahl Europameister; bei diesem Turnier wurde er wieder mit vier Treffern Torschützenkönig.
Die Länderspielkarriere endete am 7. Juli 1974 mit dem Gewinn der Fußballweltmeisterschaft in seinem Heimatstadion in München, wo er im Finale gegen die Niederlande das Siegtor zum 2:1 schoss. Sein Rekord von insgesamt 14 erzielten Treffern bei Weltmeisterschaften hielt 32 Jahre, bis er bei der Fußball-WM 2006 vom brasilianischen Spieler Ronaldo übertroffen wurde, der drei Weltmeisterschaften benötigte, um 15 Tore zu schießen. Müller hingegen erzielte bei nur zwei WM-Teilnahmen 14 Tore. Noch besser war Just Fontaine bei der WM 1958 mit 13 Toren und Sándor Kocsis bei der WM 1954 mit 11 Toren.
Nach der Weltmeisterschaft 1974 erklärte Gerd Müller (gemeinsam mit Paul Breitner) seinen Rücktritt aus der Nationalmannschaft. Er begründete dies damals mit Verärgerung über den Umgang des DFB mit den Spielerfrauen (Platzierung in den Stadien, Nichteinladung zum Festbankett). Inzwischen ist er davon abgerückt und sagt, der Entschluss zum Rücktritt sei bereits vor der WM gefallen und habe persönliche Gründe gehabt.
Erfolge
Auszeichnungen
- Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland 1977
- Mitglied der FIFA 100-Liste von Pelé
- Europas Fußballer des Jahres 1970
- Deutschlands Fußballer des Jahres 1967, 1969
- WM-Torschützenkönig 1970 (10 Tore)
- EM-Torschützenkönig 1972 ( 4 Tore)
- Europäischer Torschützenkönig (2): 1970, 1972
- Bundesliga-Torschützenkönig (7): 1967, 1969, 1970, 1972, 1973, 1974, 1978
- Champions-League-Torschützenkönig (4): 1973, 1974, 1975, 1977
- Torschütze des Monats März, Juni, November 1972, September, Oktober 1976[3]
Statistik
Gerd Müller erzielte 68 Tore in 62 Länderspielen (eine Quote von 1,097, die bei einer vergleichbaren Anzahl von Spielen nur knapp von Sándor Kocsis übertroffen wird), 365 Tore in 427 Bundesligaspielen und wurde am häufigsten Torschützenkönig der Bundesliga (sieben Mal). Er hält nicht nur den Rekord innerhalb einer Bundesliga-Saison mit 40 Treffern (1971/72), sondern auch die zweitbeste (38 Tore 1969/70) und drittbeste (36 Tore 1972/73) Marke. Von 1966/67 bis 1977/78 befand sich Gerd Müller 12 Saisons in Folge unter den Top 3 der Bundesliga-Torschützenliste und erzielte dabei jedes Mal mindestens 20 Tore. Gerd Müller erzielte in fünf Spielzeiten mindestens 30 Tore; dies gelang, allerdings nur jeweils einmal, noch den Spielern Uwe Seeler, Lothar Emmerich, Jupp Heynckes und Dieter Müller. Gerd Müller war lange Zeit der einzige Bundesliga-Spieler, der es innerhalb einer Saison schaffte – bei mindestens 20 geschossenen Toren – mehr Tore zu erzielen als Spiele zu absolvieren (1969/70, 1971/72, 1972/73, 1975/76, 1976/77). In der Fußball-Bundesliga 2008/09 schaffte Grafite ebenfalls, mehr Tore zu schießen als Spiele zu absolvieren. Er traf 28 Mal bei 25 Einsätzen, allerdings auch acht Mal per Elfmeter. Dazu hält Müller den Vorsprung-Rekord (18 Tore) zwischen dem Ersten und Zweiten der Bundesliga-Torschützenliste (40:22 in der Saison 1971/72 und 38:20 1969/70). Er ist der bislang erfolgreichste Stürmer der deutschen Fußballgeschichte.
Er hat bei zwei WM-Teilnahmen, Mexiko (1970) und Deutschland (1974), 14 Tore erzielt und belegte in der ewigen WM-Torschützenliste 32 Jahre lang Platz 1. Bei der WM 2006 in Deutschland wurde er vom Brasilianer Ronaldo abgelöst, der bei vier Weltmeisterschaften (drei gespielten) insgesamt 15 Tore erzielte. Bei Europameisterschaften erzielte Müller 16 Tore (in 12 Spielen, einschließlich Qualifikationsrunden). Zählt man nur die Tore bei Endrunden, ist Müller nicht bei den Besten zu finden, da die EM-Endrunden bis einschließlich 1976 nur aus Halbfinale und Finale bestanden. Insgesamt erzielte Gerd Müller in Pflicht- und Freundschaftsspielen 1.455 dokumentierte Tore in 1.204 Spielen (1,21 Tore/Spiel).
Gerd Müller wurde 1970 (mit 38 Toren) und 1972 (mit 40 Toren) jeweils zum besten Torschützen aller europäischen Ligen gekürt. Im Gegensatz zur Phase von 1996/97 bis heute, in der die Torschützenkönige aus stärkeren Ligen durch Multiplikation mit dem Faktor 2 oder 1,5 bevorzugt werden, schoss Müller damals tatsächlich die meisten Tore aller Spieler in Europa.[4] Außerdem ist Müller neben Edmund Conen der einzige Deutsche, der in einem Weltmeisterschaftsspiel einen klassischen Hattrick erzielen konnte. In zwei weiteren Länderspielen gelangen ihm Hattricks, darunter sogar vier Tore hintereinander zwischen der 49. und 65. Minute beim Spiel Deutschland gegen die Sowjetunion am 26. Mai 1972. In acht seiner 62 Länderspiele schoss Gerd Müller drei oder mehr Tore.
Sonstiges
Nachdem er in Fort Lauderdale, Florida (USA), erfolglos ein Restaurant betrieben hatte, kehrte er nach Europa zurück. Er verfiel der Alkoholkrankheit, die er jedoch überwinden konnte. Anfang der 1990er Jahre erhielt er – vermittelt durch Franz Beckenbauer – eine Stelle als Trainer im Amateur- und Jugendbereich des FC Bayern München. Zurzeit ist er Co-Trainer der zweiten Mannschaft des Vereins. Sein Vertrag läuft noch bis 2010.
- Müller erhielt 1972 und 1976 den Bronzenen, 1975 den Silbernen und 1973 und 1974 den Goldenen Bravo Otto der Jugendzeitschrift BRAVO.
- Der brasilianische Fußballspieler Luis Antonio Correa da Costa gab sich in Anlehnung an Gerd Müller den Künstlernamen „Müller“.
- Gerd Müller engagierte sich für das Team der Augsburger Benefiz-Fußballelf Datschiburger Kickers, die sich dem Fundraising für wohltätige Zwecke verschrieben hat.
- Mit dem Lied „Dann macht es bumm“ betätigte er sich als Sänger.
- Müller ist verheiratet und hat eine Tochter.
- Müller erfuhr durch die vom Stadtrat Nördlingen einstimmig beschlossene Umbenennung des Stadions im Rieser Sportpark in „Gerd-Müller-Stadion“ am 19. Juli 2008 die Würdigung seiner sportlichen Leistungen durch seine Geburtsstadt.
Weblinks
- Commons: Gerd Müller – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
- Literatur von und über Gerd Müller im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Einzelnachweise
- ↑ Players' Records of Goals and Matches in European Cups
- ↑ Claudius Mayer: Geschichte eines Traditionsvereins – TSV München von 1860 (erweiterte 3. Auflage). Gotteswinter Verlag, München 2007, S. 190
- ↑ Torschütze des Monats
- ↑ Golden Boot ("Soulier d'Or") Awards
Personendaten | |
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NAME | Müller, Gerd |
ALTERNATIVNAMEN | Gerhard Müller (eigentlicher Name) |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Fußballspieler |
GEBURTSDATUM | 3. November 1945 |
GEBURTSORT | Nördlingen |