Schöne Neue Welt (engl. Brave New World) ist ein 1932 entstandener dystopischer Roman von Aldous Huxley. (ISBN 3-596-20026-1).
Der Roman wurde schon im Erscheinungsjahr von Herberth E. Herlitschka in die deutsche Sprache übersetzt. Zuerst als „Welt - wohin?“ erschienen, wurde der Titel in „Wackere neue Welt“ und in späteren Auflagen in „Schöne Neue Welt“ geändert. In der deutschen Fassung ist die Handlung nach Berlin und Norddeutschland verlegt und auch einige Namen von Figuren der Handlung wurden verändert -- im Original sind viele Personen nach bekannten britischen Kapitalisten benannt, in der deutschen Ausgabe entsprechend nach deutschen Kapitalisten. So wird etwa aus Mustafa Mond ein Mustafa Mannesmann. 1978 erschien eine neue deutsche Übersetzung von Eva Walch, die wieder die originalen Orte und Namen verwendete.
Inhalt
In seinem Roman beschreibt Huxley eine Welt, in der es gelungen ist, eine perfekt funktionierende Gesellschaft zu erschaffen. Mit Hilfe einer Zuchttechnik ist es gelungen, die menschliche Rasse zur Perfektion zu bringen; diese Perfektion hat jedoch auch einen hohen Preis, denn außer den Alpha-Menschen, der intelligentesten Form der gezüchteten Menschen, haben alle Menschen eine vorbestimmte Aufgabe in der Gesellschaft. Alle Menschen dieser Welt werden in einer Art von Massenproduktion im Labor gezüchtet, exakt abgestimmt auf den Bedarf der Gesellschaft.
Dieser Gesellschaft wird eine „primitive“ Indianerkultur entgegengesetzt, in der die Menschen auch nicht wirklich „frei“ sind. Die wichtigste Frage in diesem Buch ist, ob es wirklich erstrebenswert wäre, alle „Probleme“ (Krankheiten, Armut, Trauer, Liebeskummer, Konkurrenz, …) aus der Welt zu schaffen, wenn dies möglich wäre.
Die beschriebene Gesellschaft zeichnet sich aus durch:
- Strikte Zuchtwahl
- Konditionierung als Erziehungsmaxime
- Kastensystem
- Totalitäres, jedoch nicht gewalttätiges politisches System
- „Nebenwirkungslose“ Glücksdrogen („Soma“)
- Bildungsferne (siehe unten)
- Gruppenzwang
- Amüsiersucht
- Hedonismus als Religion
- Sexuelle Promiskuität
- Glück durch Verzicht auf Freiheit
- Konsumzwang
- Massenproduktion (orientiert am Fordismus, Henry Ford ist Grundlage der Zeitrechnung und "Quasi-Gottheit" im Roman)
Das Buch ist stark inspiriert von William Shakespeare. Der Titel des Buches ist ein Zitat; es lautet „Schöne neue Welt, die solche Bürger trägt“ und entstammt dem Shakespeare-Stück „Der Sturm“
Der Mensch in der „Schönen neuen Welt“
Wie oben bereits erwähnt, werden Menschen nicht geboren – schon bei dem Gedanken an Dinge wie Eltern, Familie und die natürliche Geburt wird dem Bürger der Schönen Neuen Welt unwohl – sondern in Fabriken je nach Bedarf in fünf Klassen (Alpha–Epsilon) produziert. Die Entwicklung der Embryonen, die niederen Kasten angehören werden, wird durch die Einwirkung von radioaktiver Strahlung, chemischer Substanzen – wie zum Beispiel Alkohol – sowie Sauerstoffmangel so beeinflusst, dass diese später eine schlechtere physische Verfassung haben. Zu den Methoden ist anzumerken, dass bei Erscheinen des Romans die Genetik noch nicht auf dem heutigen Stand war und das Gebiet der Molekulargenetik noch nicht erschlossen, sonst wären vermutlich Mittel der Genmanipulation beschrieben worden.
Jeder wird seiner „Produktionsklasse“ entsprechend konditioniert, diese Konditionierung beinhaltet als grundlegende Lektionen:
- Man ist zufrieden, dass man eben dieser Klasse angehört, und keiner anderen
- Alle Klassen sind unverzichtbar für die Gemeinschaft
- Man kann nur in der Gemeinschaft glücklich sein, Einsamkeit ist etwas Schlechtes
Die Konditionierung findet über zwei Methoden statt. Einerseits die Belohnung bzw. Bestrafung von Handlungen (nach dem von Iwan Pawlov beschriebenem Phänomen im Buch engl. „Pavlovian conditionning“ genannt), andererseits über das Abspielen von Tonbändern mit einfachen, eingängigen Botschaften während des Schlafes der Kinder und Jugendlichen, die Schlafschule (im Buch engl. „hypnopaedia“ genannt). Sie stabilisiert die Gesellschaft, indem sie garantiert, dass alle Menschen mit dem System zufrieden sind. Das so vermittelte gemeinsame, einheitliche Weltbild lässt das Individuum nahtlos in die Gesellschaft übergehen, nur dort fühlt es sich geborgen.
Die gesellschaftlichen Normen fordern von den Bürgern zahlreiche sexuelle Kontakte mit kontinuierlich wechselnden Partnern, die ausschließlich dem Vergnügen dienen – die meisten Frauen sind "Empfängnisfrei" (sterilisiert), die übrigen nehmen nach einem festen Ritual Verhütungsmittel ein. Liebe und Leidenschaft wurden abgeschafft, da sie nach der Meinung der Weltregierung die Stabilität gefährden. Kunst und Literatur wurden durch das „Fühlkino“ (im Buch engl. „Feelies“) ersetzt, eine Art 3D-Rundum-Kino, in dem auch körperliches Empfinden an den Zuschauer übertragen wird. Der Handlungsverlauf der gezeigten Stücke ist allerdings ohne tiefere Bedeutung, da ohne Leiden und sonstige negative Dinge jegliche Grundlage für einen anspruchsvollen Inhalt fehlt, er scheint häufig mehr oder weniger pornographischer Art zu sein oder auch Propagandazwecken zu dienen. Falls trotz dieser an hedonistischen Richtlinien orientierten Lebensweise doch einmal Probleme auftreten sollten, so werden diese durch die Einnahme von Soma, einer so gut wie unschädlichen Droge, aus der Welt geschafft, mit der man für viele Stunden in einer Art Schlafrausch auf einen glückseligen Urlaub von der Wirklichkeit gehen kann.
Das Altern geschieht ohne jegliche negative Nebenwirkungen: die Menschen spüren das Alter nicht und sehen bei ihrem Tode noch wie 35 aus. Allerdings ist die Lebenszeit eines Menschen dadurch auch deutlich verringert, die Menschen bleiben sehr vital bis sie irgendwann in einem Alter zwischen 60 und 70 Jahren sehr schnell sterben. Auch die Angst vor dem Tod wurde durch die Konditionierung beseitigt.
Bildungsferne
In „Brave New World“ bedeutet Bildungsferne eine Gesellschaft, deren Bildung sich auf eine höchst pragmatische, für die Gemeinschaft nützliche Bildung beschränkt. Humanistische Bildung ist dabei völlig zu vernachlässigen, da sie den Menschen zum Nachdenken anregt und ihm eine kritischere Sicht auf die Welt ermöglicht. Da es nicht im Interesse der Brave-New-World-Gesellschaft ist, den Menschen für die Defekte dieser Gesellschaft zu sensibilisieren, wird jede Bildung, die man sich durch Überlieferung (z.B. Bücher, Geschichte, Kultur) aneignet, unterdrückt. "Geschichte ist Mumpitz" lautet daher einer der Leitsätze der Weltregierung. Ein vages Gefühl, wie schlimm die Welt früher doch war, ist für die allermeisten Bürger die einzige Geschichtskenntnis.
Kulthandlungen
An die Stelle der Religion tritt ein Verehrungskult auf den Automobilbauer Henry Ford, der mit hohlen, aber feierlichen Gesängen beginnt und zum Schluss stets in eine Sexorgie mündet. Wichtige Persönlichkeiten werden als "seine Fordschaft" angesprochen. Symbol des Kultes ist der Buchstabe T in Erinnerung an das Modell T des Ford-Konzerns und auch in Anlehnung an das christliche Kreuz, welches sogesehen zu einem T verstümmelt wurde.
Weblinks
- Englische Zusammenfassung
- Rezension von Corinna Hein (Kulturwissenschaftlerin) bei Buchwurm.info